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SWR2 MANUSKRIPT

ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE

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SWR2 MusikGlobal

Heiko Plank

Musik zwischen Bühne und Werkstatt

Von Johannes S. Sistermanns

Sendung: Dienstag, 22. Mai 2018, 23.03 Uhr Redaktion: Anette Sidhu-Ingenhoff

Produktion: SWR 2018

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Bitte beachten Sie:

Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.

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(2)

2 Ansage Autor:


Heute: Heiko Plank -
Musik zwischen Bühne und Werkstatt am Mikrofon Johannes S. Sistermanns

Musik 1

Freistil (K: Heiko Plank) 5:24

Heiko Plank, plank (Musiker) Autor 1

Heiko Plank, den wir hier auf der ‚plank’ spielen hören, ist eine

Musikerpersönlichkeit, die hierzulande nicht sehr häufig anzutreffen ist. In Personalunion ist er Instrumentenerfinder, Hersteller, Komponist, Improvisator und Spieler auf dem von ihm entwickelten elektro-akustischen Saiten-

Instrument, das er ‚plank’ nennt. Hierauf werden wir später unbedingt noch sehr ausführlich eingehen.

Interview 1 Heiko Plank 1. Musikerlebnis 1:18 
Ich liebte natürlich Musikhören. Ich liebte vorm Radio Zeit zu

verbringen. Ich liebte Aufnahmen zu sortieren. In meinem Elternhaus gab es eine Tonbandmaschine, Schallplattenspieler. Es gab dann das revolutionäre, eine CD, bzw. einen Cassettenrecorder noch. Natürlich hat man Musik eingefangen. Man saß vorm Radio und wartete die Zeit ab, bis der Moderator nicht mehr sprach und hat dann verschiedene Musik gesammelt, einfach gehortet. Und daraus hat man etwas

herausgefiltert, was einen besonders inspiriert hat. Und das war bei mir Klassische Musik, es war aber auch Jazz Musik, die ich dann mochte, Swing Musik. Und dann bin ich zur Gitarre gekommen. Eben durch brasilianische Musik, die man schon damals unglaublich gut performet hatte, mit einfachsten Mitteln, mit Kisten, auf denen man trommelte und hervorragende Rhythmik, nie gehörte, so erzeugte, und einen

Gitarrenstil hatte, der mit nichts zu vergleichen war: rhythmisch, impulsiv, harmonisch, sogar stimmführungstechnisch sehr sehr

spannend war. Und darin habe ich mich dann verloren, schon in jungen Jahren.

Autor 2

Alles beginnt bei Heiko Plank zunächst einmal mit einer Gitarre. Er ist 15 Jahre, als er zum ersten Mal eine Gitarre bewusst in die Hand nimmt.

Autodidaktisch ist der Beginn. Zwei für ihn besondere Gitarrenlehrer führen ihn dann professionell in solistisches Gitarrenspiel. Eine parallele

Berufsausbildung in einem gänzlich anderen Metier kann ihn nicht aufhalten, sein privates Gitarrenstudium weiter zu treiben. Seine Spielfreude führt ihn in eine berufsbegleitende Ausbildung zur Orchesterleitung von Zupfinstrumenten an die Bundesakademie Trossingen. Er wird Dirigent für Zupforchester. Heute hat Heiko Plank sowohl eine eigene Klasse als Dozent für Gitarre als auch

(3)

3 eine intensive künstlerische Praxis im Komponieren und Improvisieren.

Haben wir eingangs ein Klangstück von ihm in der Begegnung mit Sándo Szabo als einem Aufeinandertreffen von Bariton-Gitarre und plank im Jahre 2016 gehört, gehen wir kurz mit seiner Komposition ‚Zeitreise’ in seine

Anfänge, die seine ersten Pfade eines eigenen Klangerfindens auf der Gitarre hörbar machen.

Musik 2

Zeitreise (K: Heiko Plank) Heiko Plank, Gitarre


CD: Handgemacht (Heiko Plank) Ohne Label

Autor 3 1:25

In dieser Anfangszeit gibt es eine Musik und einen Musiker, der all das für Heiko Plank verkörpert und vereint, was ihn auch hin zur Gitarre zieht. Viele musikalische Momente versammelt er auf der CD ‚Stillleben – fisch auf sauerkraut’. Und was reizt ihn daran?

Interview 2 Heiko Plank Anfänge 0:45

Die CD ‚Stillleben – fisch auf sauerkraut’, daran hat mich interessiert, dass ich in den 60iger Jahren geboren bin, 64. Und wie sie wissen, war 66/67 in Brasilien, der Bossa Nova kam auf. Es war für die neue Musik sozusagen, neue Harmonien, neue Klänge, neue Rhythmik. In Europa passierte zeitgleich Stockhausen, Kagel, Cage, was für uns Neue Musik war. Und ich als Kind dazwischen, fasziniert zwischen Gitarrenklang, Möglichkeiten der Neuen Musik, kompositorisch mit all ihren Facetten, war genau mitten drin. Und so ist die CD eine Hommage an für mich einen der hervorragenden Vertreter dieses Genre in Brasilien, Baden Powell de Aquino. Eine schöne Hommage und eine Brücke zu schlaen zwischen Europa und Brasilien mit Gitarrenmusik.

Musik 3


Tempo Feliz (K: Baden Powell) 4:25

Heiko Plank, plank (Musiker)
 CD: Stillleben ‚fisch auf sauerkraut’

Ohne Label

Interview 3 Autor / Heiko Plank Hobeln 0:47 - Hobelgeräusche freistehend / Gespräch

Autor in der Werkstatt

Das ist jetzt was gewesen, Heiko Plank?

Heiko Plank

Jetzt habe ich ein Brett abgerichtet mit dem Hobel.

(4)

4 Autor in der Werkstatt

Und was ist das für ein Holz?

Heiko Plank

Das ist jetzt ein Birnenholz, was wir hier haben. Ein Brettchen, das mal ein Griffbrett werden soll für mein neues Instrument.

Autor in der Werkstatt

Das ist ein allerersten Anfangen.

Heiko Plank

Ja, genau. Das Abrichten ist, dass man die Geometrie erzeugt, also ein Rechteck, das im rechten Winkel sich befindet, um es einspannen zu können und dann letztendlich mit der Fräse weiter zu bearbeiten.

Interview 4 Autor / Heiko Plank Fräse_2 0:46 Autor in der Werkstatt

Was höre ich gerade? Was ist das für eine Maschine?

Heiko Plank

Das ist eine C+C gesteuerte Fräsmaschine, die jetzt ein Programm abfährt. Damit schaffe ich z. B. die Matrix oder die Form oder die Präzision in der plank. Z. B. ein Griffbrett muss sehr genau sein, um zu intonieren. Und diese Fräse hat eine Genauigkeit von 100stel in diesem Bereich könnt man sagen, kann ich Griffbretter fräsen. Ich mach das jetzt seit 10 Jahren. Das was man in 10 Jahren bauen kann, habe ich glaube ich gebaut.

Autor 4

Ich stehe zusammen mit Heiko Plank in seiner Werkstatt, einer zur Werkstatt ausgebauten Doppelgarage irgendwo im Odenwald. In dieser

Werkstattsituation hat er die letzten Jahre sein Instrument weiter entwickelt.

Es kommt einiges zusammen, was ihn ab 2006 verstärkt nach einem neuen Instrumentalklang jenseits der herkömmlichen Gitarre hat suchen und forschen lassen.

Interview 5 Heiko Plank plank_Vorlauf 0:53

Als ich mit der klassischen Gitarre fertig war, nach dem Studium, hat man eine gewisse Literatur, die man spielen kann. Aber man stößt halt relativ schnell an Grenzen des Instruments. Also A: eine akustische Gitarre ist nicht laut. Man hat nur einen kleinen Raum, den man bespielen kann. Man kann auch keine Tontechnik wirklich daran anschließen, die man live performen kann, in der Qualität, die ich möchte wohl, klar. Und da es ja nur vage Vorstellungen gab, in welche

(5)

5 Richtung hätte man bauen müssen, also musste ich selber probieren.

Und ich begann schon relativ früh, im Alter von 26 habe ich schon erste Modifikationen an der Gitarre wahrgenommen, die man machen kann und hab sie auch umgesetzt. Bis hin zu 2007/6, wo das dann Ernst wurde, wo ich dann wirklich etwas gefunden hatte, was dann verfolgenswert war.

Autor 5

Eine Gitarre hat einen Hohlraum aus Holz, die Saiten bringen vor allem diesen inneren Gitarrenhohlraum oder Luftraum zur Schwingung, zusammen mit dem Gitarrenholz selbst. Und genau das ist, was Heiko Plank so nicht mehr als Resonanzraum akzeptieren wollte.

Interview 6 Heiko Plank plank_Instr_1 1:06 Die plank als solche definiert sich dadurch, dass der Klang aus der Mitte des Holzes kommt. Material, insbesondere festes Material, ist ein sehr guter Klangübertrager, Geräuschübertrager.

plank_Instr_2

Die ‚plank’ ist im Grunde ein gitarrenähnliches Instrument. Sprich: Ich schlage die Saite klassisch an. Die Saite schwingt, die Schwingung wird über den Steg ganz normal auf den Holzkorpus übertragen und versetzt dadurch das gesamte Instrument, sprich Hals, Träger in Schwingung.

Diese Schwingungseinheit hat einen langen Sustain, einen warmen Holzklang. Und da Holz ein besserer Übertrager ist als Luft, habe ich ein Tonabnehmersystem entwickelt, das direkt integriert in die Mitte des Korpusses diese Schwingung abnimmt.

plank_Instr_3

Ein keiner Klang wird erzeugt und durch diese direkte Abnahme aus dem Holz ohne Luft als Übertrager bekomme ich einen sehr intimen, direkten großen Klang.

Musik 4

plank_leere Saiten KlangBeispiel 0:26

Autor 6

Das ist der große Klang der plank, des 8saitigen, massiven Holzinstruments ohne Hohlraum für Luft, wie bei einer Gitarre sonst üblich. Denn diese Saitenschwingung wird vom Holzkorpus aufgenommen, über ein Tonabnehmersystem in diesem Holzkorpus abgenommen und über

Lautsprecher verstärkt wiedergegeben. Und auf diese spezielle Entwicklung hat Heiko Plank sein Patent angemeldet und 2016 auch zuerkannt

bekommen. 2014 wird er mit seiner plank Instrumental-Entwicklung für den

„Pfalzpreis Kunsthandwerk“ nominiert.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit jetzt auf den Klang der plank richten. In dem mit ‚drifting waves’ überschriebenen nächsten Musiktitel, wird geradezu

(6)

6 beispielhaft die Resonanz der plank mit ihren Mitten-, Höhen- und vor allem Bassfrequenzen realisiert. Der so gefilterte Saitenklang erfährt hier Wärme und Schwingungsweite durch den Holzkorpus.

Musik 5


drifting waves (K: Heiko Plank) 0:00 – 2:45 7:50 Heiko Plank, plank (Musiker)


CD: Stillleben ‚fisch auf sauerkraut’

Ohne Label

Interview 7 Heiko Plank Resonanz 0:20

Der Resonanzaspekt ist mit einer der wichtigsten, würde ich mal sagen.

Letztendlich ist ‚ne schwingende Saite ohne Resonanz fast wie ein Sinuston, übertrieben, überspitzt formuliert. Aber sie hat keinen

Charakter, keinen besonderen, außer, dass es ‚ne Schwingung ist. Eine Schwingung wird erst zum Klang durch ‚ne Resonanz.

Interview 8 Heiko Plank Raum 0:40

Die plank ist ein Raum. Sie ist ein massives Instrument ohne Hohlraum, aber es ist ja ein Klangkörper letztendlich. Und ich bin unabhängig von Räumen, weil, durch die Tontechnik kann ich jeden Hall dazu mischen, den ich möchte. Ich kann jede Frequenz verändern auch, sprich ein Hall der bisschen klirrig ist, ein Raum, der ein bisschen zu obertonreich ist, den kann ich dämpfen. Ich kann im Grunde diesen Raum designen. Sie hat natürlich einen Naturgrundklang, der schon sehr gut ist. Im Grunde muss man am Mischpult gar nichts mehr verändern, aber jeder Raum hat eine Charakteristik und der kann ich entgegenwirken oder sogar verstärkend wirken.

Interview 9 Heiko Plank Hören 0:34

Es ist ein Unterschied, ob ich Musik höre oder Musik mache. Wenn ich Musik höre, bin ich sofort inspiriert, interessiert, neugierig. Und da Musik ja überall ist, Klang ist überall, Geräusch ist überall, brauch man nur noch ein Filter. Im Grunde ist alles da, jeder Ton, jede Ebene ist da.

Und komponieren ist ja nur ein Organisieren von Tönen, die da sind, oder man nimmt eben eine Matrix, ein Muster da heraus, Tonleiter als Beispiel oder ein Tonsystem. Und das muss man im Grunde nur organisieren. Und das macht riesen Spaß.

Interview 10 Heiko Plank Polyphon komplex 1:02

‚drifting waves’ ist das Konzept, ich habe eine Stimme, die sich in eine Richtung bewegt. Und dann kommt eine zweite dazu, und die kann sich ja gar nicht in die gleiche Richtung bewegen, ohne dass man die

differenzieren könnte. Um sie differenzieren zu können, muss ich in die gegensätzliche Richtung laufen lassen. Dann habe ich die Möglichkeit, eine dritte hinzuzubringen, die kann im Bassbereich liegen, das ist praktisch, es könnte ein stehender Ton sein, also fast ein Orgelpunkt ähnlicher Charakter und kann noch eine Stimme hinzufügen. Im

(7)

7 günstigsten Falle eine Vierstimmigkeit erzeugen. Und die Stimmen müssen, um für den Hörer nachvollziehbar sein zu können, sich gegenläufig, kontrapunktisch bewegen, um differenziert hören zu können. Musik hat für mich eine tiefere Dimension. Es ist Bewegung, und es ist nicht Bewegung einer Tänzerin, es ist ein Ensemble, wie man das tanzt. Und es bewegt sich nicht alles gleich, sondern äußerst

unterschiedlich. Im günstigen Falle auch manchmal polyrhythmisch.

Autor 7

Das hier im Hintergrund war ein langer Ausschnitt aus der

Komposition/Improvisation ‚drifting waves’ von Heiko Plank, hier auf seinem 8saitigen Instrument plank gespielt. Hierbei wird die Resonanz der gespielten Saite durch das von ihm entwickelte Tonabnehmersystem im Holzkorpus abgenommen und über Lautsprecher verstärkt hörbar gemacht.

Musik 6

Präludium 2:30

(K: Johann Sebastian Bach, Bearb. Heiko Plank) Heiko Plank, plank (Musiker)

Autor 8

So hört sich eine von Johann Sebastian Bach inspirierte Komposition auf der plank an, der Heiko Plank den Titel PRÄLUDIUM gab. Frei paraphrasiert wurde es mit Motiven und Zitaten aus der 1. Cello-Suite von Johann Sebastian Bach.

Seit einigen Jahren haben sich Einladungen für ihn ergeben nach Russland, Italien, Rumänien, Ungarn und vor allem auch Spanien. Granada, Sevilla und Valencia sind Stätte, in denen er immer wieder konzertiert. Und eine

Komposition ist über einen längeren Zeitraum durch Internet initiiert und dann erarbeitet worden.

Interview 11 Heiko Plank Laika 1:40

Roberto Tardito, er hat mich übers Internet kontaktiert. Ich hatte ein paar ‚waves’ von meinen plank Klängen veröffentlicht in Facebook oder wo auch immer. Er hat mich angeschrieben, dass er ein italienischer Cantadore, ein Liedermacher ist, und so’n Klang
gesucht seit langer Zeit. Und hat mir eine Melodie eingesungen, Fragmente davon und ob mir etwas einfällt. Mir ist etwas eingefallen, er hat das dann auch

veröffentlicht auf CD und hat mich dann ein halbes Jahr später zu einer Tour durch Italien eingeladen. Ich dachte immer, es geht um eine Frau, weil ich dem Italienischen nicht so mächtig war zu der damaligen Zeit und hab später erfahren, dass ‚Laika’ ein Hund ist. Und zwar, hatten die Russen, glaube ich, Raumfahrtexperimente gemacht. Es man ging ja noch nicht an die bemannte Raumfahrt, sondern man hatte Tiere in den Weltraum geschossen. Und die Geschichte von ‚Laika’ ist die, dass der Hund aus unerklärlichen Gründen, er hatte Futter, Wasser, er hatte alles. Aber er ist gestorben. Er war tot.

(8)

8 Man vermutet, dass er aus Einsamkeit gestorben ist. Der Titel ist sehr poetisch, was mir Leute bestätigt haben. Schwer zu verstehen, auch für die Italiener, voller Metaphern, dass man im Weltraum keine Spuren im Sand hinterlassen kann. Nichts hat da ein Geräusch. Es ist totale Stille.

Es gibt keine Kommunikation. Und insofern ist es ein ganz trauriger aber doch schöner, melancholisch Mut machender Titel ‚Laika’. Und das wurde von Roberto Tardito und mir zusammen übers Internet, über 1200km Entfernung kreiert.

Musik 7

Laika 3:15

(K: Roberto Tardito/Heiko Plank) Heiko Plank, plank (Musiker) Roberto Tardito, Stimme CD: Aquarium

CD Baby © 2017 MTR Musik 8

Blautopf 2011 15:00

(K: Heiko Plank)


Heiko Plank, plank (Musiker) Andrea Edel, Flöte

Autor 9

Die nächste Komposition markiert für Heiko Plank eine fünfjährige

Entstehungszeit, die 2011 dann ihren Endpunkt erreicht hat. Mit dem Titel dieses Stückes ‚Blautopf 2011’ stellt er die metaphorische Referenz her zwischen individueller Entwicklung eines Lebensweges und den unendlichen Weiten der Unterwasser-Höhlengänge im Blautopfgebiet bei Ulm. Die

Blautopfhöhle ist Teil des größten Höhlensystems der Schwäbischen Alb.

Interview 12 Heiko Plank Blautopf_1 1:47

Blautopf ist eine klassische Geburt, eine ‚rite passage’ oder einfach ein Weg, den man als Mensch geht. Ich habe das Karsthöhlensystem Blautopf als bildlich Idee benutzt, um es überhaupt erklärbar zu machen. Man ist im Inneren des Blautopfs, den man ja gar nicht begehen kann, sondern nur betauchen kann. Da gibt es mehrere Hallen, u.a. auch den sogenannten Mörike-Dom, von dem Dichter Mörike. Und von dort aus bewegt man sich, als was auch immer, als kleines Fischlein, als ein Teilchen, in diesem Strom von Wasser, der aus dem Mörike Dom, aus dem Inneren des Berges nach außen dringt.

Und so begann ich mir vorzustellen, eine Musik zu schreiben, die erst einmal einen Weg beschreibt, akustisch, sprich man hat ein Geräusch, das sich ständig moduliert und verändert, Verengungen, Erweiterungen, Beschleunigungen, Verlangsamungen darstellt und das mit drei

Grundgeräuschen: einem perkussiven Geräusch, einem

minimalistischen Klang, eine Art pizzicato Geräusch und einem Reiben.

Und diese drei Geräusche werden so oft moduliert und übereinander in Spuren gesetzt, bis zu 41 Grundspuren, die ständig modulierend, oder

(9)

9 morphend sich miteinander verbinden und damit den Kanal, dieses Karsthöhlensystem wiedergeben. Und in dieses System bringe ich das Individuum, was auch immer, der Mensch, der Fisch, das kleinste Teilchen, das dieser Strömung ausgesetzt, einfach nach außen strebt, und irgendwann zwangsweise aus dem Geburtskanal austritt. Ja, und das war ‚ne fünfjährige Arbeit, die mich sehr gefordert hat.

Interview 13 Heiko Plank Blautopf_2 1:00

Ja, die Inspiration ist schnell da. Die hat man oder man hat sie nicht.

Aber wenn du sie hast, liegt sie mal da und dann musst du natürlich schauen, wie schmeckt die, wie riecht die, kann ich die bearbeiten, hat es überhaupt einen Sinn, ist dieser Sinn verfolgbar oder nicht. Und dass braucht seine Zeit zum einen. Und zum anderen musste auch ein

Instrument entwickelt werden, um das zu realisieren. Mit einer

akustischen Gitarre hätte ich niemals live aufführen können, weil durch diese enorme Schalldichte und auch Lautstärke, die man mit 8-12 Lautsprechern, die ich konzipiert hatte dafür, nur Feedbacks, also Rückkoppelungen erzeugt hätte und damit das ad absurdum geführt hätte. Und somit musste ich ein Instrument entwickeln, das resistent ist gegen äußere Einflüsse und das einen Direktklang hat, den man mit Studiotechnik verbinden kann und ohne weitere Filter oder ohne weitere Umwandlung Klang live erzeugen kann.

Interview 14 Heiko Plank Intimität_innerer Raum 1:20 Musik machen ist Freiheit, Bewegung und Intimität für mich. Freiheit, weil man den Geist fliegen lassen kann. Man kann ja alles konstruieren.

Es ist wie, wenn man ein Autor in einem Roman ist. Ich kann die Hauptfigur aussuchen, ich kann mir die Handlung, die Örtlichkeit aussuchen. Das ist wunderbar, das ist Freiheit. Und mit dieser Freiheit kann ich mich bewegen. Ich kann aber auch nur frei sein, wenn man mich bewegen lässt. Das Paradoxe daran ist die Intimität daran

vielleicht. Auf der Bühne, Intimität ist schwierig, erst mal als Gedanke.

Aber eigentlich ist es das Wichtigste überhaupt. Man ist in seinem eigenen inneren Raum und lädt im Grunde die Leute dazu ein, dabei zu sein. Also man hat diesen inneren Raum, natürlich auch ein

Schutzraum und das ist eine Intimität, die ich haben muss. Anders gesprochen: es gibt ja auch die andere Aufführung, wo man etwas übt, durch viele Wiederholungen zu einer absoluten Perfektion treibt und das denn rausgeben muss. Dann kann man aber nicht im inneren Raum sein, weil ja da keine Intimität ist. Und für mich ist immer der wichtigste Punkt die Intimität in der Musik. Und das teile ich gerne. Oder anders: man kann sie beobachten, oder wahrnehmen, d.h. dass der Zuhörer aktiv ist, und das ist ja was wir wollen, einen aktiven Zuhörer, der an dieser Intimität teilhat.

Autor 10

Ein Musiker, der sich selbst vor allem eines erlaubt oder gibt: Zeit. Hierin liegt für ihn sehr viel. Die Zeit der eigenen Instrumentalentwicklung, die Zeit als Entwicklungspotential seiner Musik. Ja, seine Musik beansprucht eine Zeit der

(10)

10 Entstehung, wie dass sie auch eine Zeit beim Zuhören verlangt. Dabei kann er sich frei machen vom Quantifizieren, von musikalischen Zählzeiten. Liegt dem Vermessen von Zeit doch die Annahme zu Grunde, als könne man Zeit

zählen, aufteilen, unterteilen, positionieren. Es ist ein Wesenszug von musikalischen Pausen, Gruppierungen und Rhythmisierungen in westeuropäischer Musik, dass Zeit als messbar angesehen wird.

Mir scheint, Heiko Plank transzendiert Zeit in eine Vorstellung von innerem Raum. Und hierin liegt für ihn das Ereignis seiner Musik. Im Akzentuieren von fein ausgehörten Material-Resonanzen seines plank Instruments, polyphonen Gestalten, kontrapunktischen Melodieverläufen, changieren zwischen

Improvisation und Komposition mit ihren langen Ein- und Ausschwingverläufen hat er das Diktat zählbarer Zeit hinter sich gelassen. Und hier folgt Heiko Plank einem anderen Rhythmus, inneren Raum, gibt dem Atem entstehender Impulse weite Ebenen. Das von ihm entwickelte Instrument ist selbst der Ausdruck seiner Klangbesessenheit. Er ist, wie viele andere Stilrichtungen, Epochen oder Weltkulturen in der Musik auch, einem besonderen,

unverwechselbaren und äußerst persönlichen Klang auf der Spur. Seine so erspielte akustische Intimität ist Einladung an jeden Zuhörer, seine eigene Nähe zum Sound der plank herzustellen. Mag sein, dass dies alles mit entscheidende Gründe für die Jury waren, ihn 2016 auf dem International Acoustic Guitar Festival in Ungarn zu einem der außergewöhnlichsten Gitarristen der Welt auszuzeichnen.

Bemerkenswert ist nicht nur, wie Heiko Plank sich dem Klang und seiner künstlerischen Praxis verschrieben und zugewandt hat, sondern, wie er gleichzeitig auch ein Sensorium für sein Lebensumfeld und die nächsten Nachbarn hat. Sie sind häufig Handwerker, tauschen sich fachlich aus oder liefern sogar kleine Tipps um Umgang mit Holz und anderen Fertigkeiten seiner plank-Entwicklung. Akustisch ist der Maler Enno Folkerts aus seiner Nachbarschaft im Odenwald bis in eine Komposition vorgestoßen. Es ist die Drip Painting-Technik eines Jackson Pollock sowie der Klang des über die gespannte Leinwand geführten Pinsels von Enno Folkerts, die Eingang in die letzte Musik dieser Sendung gefunden haben. Der Musiktitel ‚Angekommen’

bringt sowohl zum Ausdruck, das Heiko Plank nach seinem Umzug in den Odenwald und jetzt bereits vier Jahren vor Ort langsam angekommen ist, und auch auf aktive Kommunikation mit allernächster Nachbarschaft setzt.

Interview 15 Heiko Plank plank mit Maler 1:00

Ja, natürlich, es gibt auch Zusammenarbeit, z. B. das neueste Stück mit

‚nem Maler. Also ein Stück, für jemand, der ein Bild malt und ich habe dazu, weil er hat die Tapping und die Dripping Technik von Pollock benutzt, und ich habe dann auf dem Instrument dieses Tapping, die sich ja sehr ähnlich, also tropfenförmige Klänge, die man mit beiden Händen auf dem Griffbrett spielt, gemacht, jetzt mal als Versuch. Ich habe weitere Ideen. Es wird eine neue CD geben Ende des Jahres, wo viele Klänge von hier auch verarbeitet werden. Es ist ein sehr, wie sie mitbekommen haben, ruhiger Ort, hier gibt es wenig Lärm, auch wenig Lichtverschmutzung. Man hat ‚ne ganz andere Filterung von Musik, eine ganz andere Wahrnehmung von Stille. Erstmals für mich, weil in Kaiserslautern, durch unsere Air Base in Rammstein haben wir

(11)

11 Fluglärm. Und ich kenne es von Geburt an, dass alle paar Minuten ein Flieger über mein Haus ging, was, wenn man ein Tonstudio hat, schon einen zur Verzweiflung treiben kann.

Musik 9


Angekommen 3:46

(K: Heiko Plank)

Heiko Plank, plank (Musiker)

Autor 11 Absage

In SWR 2 MusikGlobal hörten Sie heute:

Heiko Plank - Musik zwischen Bühne und Werkstatt Ton und Technik: Judith Rübenach
 Redaktion: Anette Sidhu-Ingenhoff

Interview und am Mikrofon: Johannes S. Sistermanns

(12)

12 MUSIKLISTE:

Musik 1

Freistil (K: Heiko Plank) 5:24

Heiko Plank, plank (Musiker) Musik 2

Zeitreise (K: Heiko Plank) 1:25

Heiko Plank, Gitarre

CD: Handgemacht (Heiko Plank) Ohne Label

Musik 3

Tempo Feliz (K: Baden Powell) 4:25

Heiko Plank, plank (Musiker) CD: Stillleben ‚fisch auf sauerkraut’

Ohne Label Musik 4

plank_leere Saiten KlangBeispiel 0:26

Musik 5

drifting waves (K: Heiko Plank) 7:50

Heiko Plank, plank (Musiker) CD: Stillleben ‚fisch auf sauerkraut’

Musik 6

Laika 3:15

(K: Roberto Tardito/Heiko Plank) Heiko Plank, plank (Musiker) Roberto Tardito, Stimme CD: Aquarium

CD Baby © 2017 MTR Musik 7

Blautopf 2011 15:00

(K: Heiko Plank)

Heiko Plank, plank (Musiker) Andrea Edel, Flöte

Musik 8

Angekommen 3:46

(K: Heiko Plank)

Heiko Plank, plank (Musiker)

Referenzen

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