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Rheinische Notar-Zeitschrift

Die persönliche Haftung des Gesellschafters einer GmbH

(von Notarassessor Dr. Michael Lergon, Köln)

A. Einleitung

B. Haftung der Mitglieder der Vorgründungsgesell- schaft

C. Haftung der Mitglieder der Vorgesellschaft I. Haftung bei Nichteintragung der GmbH

1. Fehlende Eintragungsabsicht (unechte Vorgesellschaft)

2. Aufgabe der Gründung und Fortführung der Geschäftstätigkeit

3. Aufgabe der Gründung und Beendigung der Geschäftstätigkeit (Verlust-

deckungshaftung)

a) Einverständnis der Gesellschafter mit der Geschäftsaufnahme

b) Entstehungszeitpunkt und Fälligkeit des Verlustdeckungsanspruchs c) Umfang der Haftung

d) Verzicht, Erlass und Verjährung e) Ausnahmen von der Binnenhaftung II. Haftung bei Eintragung der GmbH

(Vorbelastungshaftung)

III. Handelndenhaftung (§ 11 Abs. 2 GmbHG) IV. Enthaftung durch Gesellschafterwechsel in

der Vorgesellschaft D. Aufbringung des Stammkapitals

I. Nichterfüllung der Bareinlageverpflichtung 1. Schuldrechtliche Verwendungsabsprachen 2. Voreinzahlungen

II. Differenzhaftung (§ 9 GmbHG) III. Haftung für verdeckte Sacheinlage IV. Gründungshaftung (§ 9 a GmbHG)

1. Falsche Angaben (§ 9 a Abs. 1, 3 GmbHG) 2. Schädigung durch Einlagen oder Grün-

dungsaufwand (§ 9 a Abs. 2, 3 GmbHG) V. §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 82 Abs. 1 GmbHG VI. Staffelregress bei Kaduzierung (§ 22 Abs. 1

GmbHG)

VII. Ausfallhaftung des ausgeschlossenen Gesell- schafters (§ 21 Abs. 3 GmbHG)

VIII. Ausfallhaftung (§ 24 GmbHG) E. Erhaltung des Stammkapitals

I. Erstattungsanspruch (§ 31 Abs. 1 GmbHG) 1. Rechtsnatur und Inhalt

2. Umfang des Erstattungsanspruchs 3. Erlass und Verjährung

II. Ausfallhaftung bei Erstattung (§ 31 Abs. 3 S. 1 GmbH)

1. Voraussetzungen

2. Art und Umfang der Haftung 3. Erlass und Verjährung

III. Verschuldenshaftung bei Auszahlung von Gesellschaftsvermögen unter Verletzung von § 30 GmbHG

IV. Haftung wegen existenzvernichtenden Ein- griffs

V. Haftung als faktischer Geschäftsführer analog

§ 43 Abs. 2 GmbHG

F. Haftung bei eigenkapitalersetzender Gesell- schafterleistung

I. Voraussetzungen

1. Die Rechtsprechungsregeln 2. Die Novellenregeln

3. Gegenstand der Gesellschafterleistung 4. Einschränkung des Anwendungsbereichs II. Rechtsfolgen

III. Erstattungspflicht der Mitgesellschafter (§ 31 Abs. 3 GmbHG)

G. Durchgriffshaftung

I. Vermögensvermischung II. Rechtsmissbrauch III. Unterkapitalisierung IV. Konzernhaftung

1. Vertragskonzern 2. Faktischer Konzern

H. Haftung wegen Treuepflichtverletzung I. Kapitalmaßnahmen

I. Bareinlage II. Voreinzahlung III. Sacheinlage

IV. Ausschluss des Gesellschafters (§§ 21, 22 GmbHG)

V. Ausfallhaftung (§ 24 GmbHG) J. Weitere besondere Verpflichtungsgründe K. Haftung des Gesellschafters bei Umwandlungen

nach dem Umwandlungsgesetz

I. Verschmelzung zur Neugründung einer GmbH

1. Gründungshaftung (§§ 9 a GmbHG, 36 Abs. 2 S. 1 UmwG)

2. Vorbelastungshaftung

(2)

3. Differenzhaftung (§§ 9 GmbHG, 36 Abs. 2 S. 1 UmwG)

4. Ausfallhaftung (§§ 24 GmbHG, 36 Abs. 1 S. 1 UmwG)

5. Kapitalerhaltungshaftung

II. Spaltung zur Neugründung einer GmbH 1. Abspaltung

2. Aufspaltung 3. Ausgliederung

III. Verschmelzung zur Aufnahme einer GmbH IV. Formwechsel

L. Haftung des Rechtsnachfolgers eines Gesell- schafters (§ 16 Abs. 3 GmbHG)

I. Das Merkmal der „rückständigen Leistung“

II. Kapitalaufbringungshaftung III. Kapitalerhaltungshaftung M. Sonderfälle

I. Haftung bei der Mantel- und Vorratsgesell- schaft

II. Treuhandkonstellationen III. GmbH & Co. KG N. Fazit

A. Einleitung

Nicht jeder Gründer bzw. Gesellschafter einer GmbH ist sich bewusst, dass sein finanzielles Risiko im Zusam- menhang mit der Beteiligung nicht ausschließlich im Verlust seiner Stammeinlage zu sehen ist. Obwohl die Beschränkung der Haftung, die der GmbH ihren Namen gibt, ausdrücklich in § 13 Abs. 2 GmbHG formuliert ist, muss er unter Umständen mit einer Inanspruchnahme durch die Gläubiger seiner Gesellschaft, die Gesellschaft oder durch einen Mitgesellschafter rechnen. In § 13 Abs. 2 GmbHG heißt es: „Für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen“. Aus dieser Vorschrift und ins- besondere dem Wort „nur“ wird im Grundsatz gefolgert, dass eine persönliche Haftung des Gesellschafters ge- genüber den Gläubigern nicht besteht. Doch schon im Hinblick auf die entstehende GmbH und eine Begren- zung der Haftung des Gesellschafters hilft die Regelung des § 13 Abs. 2 GmbHG nicht, da die Vorschrift aus- schließlich die eingetragene GmbH betrifft und auf die Vorgesellschaft nicht entsprechend angewendet wird1. Die analoge Anwendung von § 13 Abs. 2 GmbHG – so wird argumentiert – wäre eine unzulässige Vorwegnahme der erst nach Abschluss des registergerichtlichen Prü- fungsverfahrens und anschließender Eintragung „ver- dienten“ Haftungsbeschränkung2. Welche Haftungs- gefahren mit der Errichtung einer GmbH verbunden sind, wird der Notar den Beteiligten je nach Lage des Falles erläutern und seine Hinweise regelmäßig in der Urkunde festhalten3. Entsprechendes gilt für die Durch- führung anderer beurkundungsbedürftiger Maßnahmen nach der Gründung wie z. B. Kapitalerhöhung oder Um- wandlung. Nachfolgend ist im Einzelnen aufzuzeigen, welche Haftungsgefahren für den Gesellschafter be-

stehen können. Wenn in diesem Zusammenhang von

„Haftung“ des Gesellschafters die Rede ist, so ist ge- meint, dass der Gesellschafter für die Erfüllung einer Schuld mit dem eigenen Vermögen einstehen muss. Dies erfasst zum einen die Fälle in denen der Gesellschafter letztlich selbst verpflichtet wird aber auch jene Fälle, in denen zwar eine eigenständige Schuld des Gesell- schafters gegenüber den Gläubigern besteht, diese je- doch in strenger Akzessorietät zur Gesellschaftsschuld steht und den Charakter einer Garantieverpflichtung für die Erfüllung der Gesellschaftsschulden hat.

B. Haftung der Mitglieder der Vorgründungs- gesellschaft

Von der Vorgesellschaft zu unterscheiden ist die Vor- gründungsgesellschaft. Letztere kommt aufgrund eines von den Beteiligten geschlossenen Gründungsvertrages zustande, in dem sie sich zur Errichtung einer GmbH verpflichten4. Zweck dieser Gesellschaft ist, durch ge- meinsames Handeln die Gründung der in Aussicht ge- nommenen GmbH vorzubereiten. Sie ist im Grundsatz eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts („GbR“) in der Form der Innengesellschaft. Betreibt sie ausnahms- weise in diesem Stadium bereits ein Handelsgewerbe im Sinne von § 1 HGB, erfüllt sie die Voraussetzungen einer offenen Handelsgesellschaft („oHG“)5. Handeln die Be- teiligten für die künftige GmbH, wird weder diese noch die Vorgesellschaft daraus berechtigt und verpflichtet.

Vielmehr treffen die Rechtswirkungen aus solchem Handeln entsprechend den Grundsätzen des betriebs- bezogenen Geschäfts den wahren Träger des Unterneh- mens, also die Vorgründungsgesellschaft als GbR, oHG oder den einzelnen Gründer6. Daneben haften die Ge- sellschafter mangels abweichender Vereinbarung mit dem Gläubiger als Mitglieder des Verbandes nach den allgemeinen Regeln der GbR (§§ 705 ff. BGB) und der

1 BGHZ 134, 333 (336).

2 BGH DStR 1996, 515 (516); Gummert, DStR 1997, 1007.

3 Eine Haftung der Gesellschafter in der Gründungsphase des Unter- nehmens bliebe abgesehen von der Verpflichtung zur Leistung der Stammeinlage theoretisch, wenn sich die Gesellschafter bzw. die Vor- Gesellschaft bis zur Eintragung des Unternehmens nicht geschäftlich betätigte, da in diesem Falle naturgemäß nur die mit der Gründung verbundenen Kosten entstehen würden. In der Praxis liegen aller- dings zwischen der Errichtung einer GmbH und ihrer Entstehung durch die Eintragung im Handelsregister nicht selten mehrere Mo- nate. Viele Unternehmen nehmen spätestens mit dem Gang zum Notar – also mit notarieller Beurkundung des Gesellschaftsvertrages – ihre Geschäftstätigkeit auf. Unvermeidlich ist die sofortige Auf- nahme der geschäftlichen Aktivität z. B. im Rahmen einer Sach- gründung oder einer gemischten Bar- und Sachgründung, wenn der Einbringungsgegenstand ein laufender Geschäftsbetrieb ist.

4 Dieser Vertrag ist nur dann beurkundungsbedürftig im Sinne von § 2 Abs. 1 GmbHG, wenn die Beteiligten eine Verpflichtung zur Grün- dung der GmbH eingehen. Wird hingegen die Gründung als nicht verpflichtendes Ziel in Aussicht genommen, ist der Vertrag formfrei, BGH WM 1992, 29 (31); BGH GmbHR 1988, 98.

5 BGHZ 91, 148 (151); BGH WM 1984, 1507; Henze, Handbuch zum GmbH Recht, 2. Aufl. 1997, Rn. 182; bei der Ein-Mann-Gründung werden auch unterschiedliche Gründungsphasen unterschieden, wo- bei deren dogmatische Erfassung Schwierigkeiten bereitet. Vor no- tarieller Beurkundung kann keine Vorgründungsgesellschaft ange- nommen werden, weil der zur GmbH-Gründung entschlossene Ge- sellschafter keine GbR oder oHG mit sich errichten kann, vgl.

DNotI-Report 1995, 65 (66).

6 BGH NJW 1998, 1645; OLG Koblenz NZG 2003, 32 ff.; Baumbach/

Hueck, GmbHG, 17. Aufl. 2000, § 11 Rn. 33 m. w. N.

(3)

oHG (§ 128 HGB) unbeschränkt mit ihrem persönlichen Vermögen7. Die Ansprüche gegen die Gesellschafter verjähren in direkter bzw. analoger Anwendung von

§ 159 Abs. 1 HGB fünf Jahre nach Auflösung der Ge- sellschaft8. In dieser Phase der Gründung können die Gesellschafter ihre persönliche Haftung folglich nur durch eine Vereinbarung mit dem Gläubiger aus- schließen. Die Rechtsprechung hat in diesem Zusam- menhang anerkannt, dass diese haftungsbeschränkende Abrede schon durch schlüssiges Verhalten zustande kommen kann, wobei inzwischen feststeht, dass ein Han- deln allein unter dem Zusatz „GmbH i.Gr.“ hierfür nicht ausreicht9. An die Klarheit der haftungsbeschränkenden Vereinbarung sollten die Beteiligten im eigenen Interesse hohe Anforderungen stellen und es nicht bei einer Haf- tungsfreizeichnung durch schlüssiges Verhalten be- wenden lassen, da sie als Mitglieder des Verbandes re- gelmäßig nach allgemeinen zivilprozessualen Grund- sätzen die Beweislast für die haftungsbeschränkende Vereinbarung tragen. Mit notarieller Beurkundung des (GmbH-)Gesellschaftsvertrages endet die Vorgrün- dungsgesellschaft regelmäßig durch Zweckerreichung (§ 726 BGB). Sind weitere Zwecke zwischen den Ge- sellschaftern vereinbart, besteht die Vorgründungs- gesellschaft u. U. neben der Vorgesellschaft bzw. der GmbH fort. Zwischen der Vorgründungsgesellschaft und der Vorgesellschaft besteht keine rechtliche Kontinuität, so dass Rechte und insbesondere Pflichten der Vor- gründungsgesellschaft nicht automatisch auf die Vor- gesellschaft übergehen10. Wünschen die Gesellschafter der Vorgründungsgesellschaft eine Haftungsbefreiung für entstandene Verbindlichkeiten, bedarf es einer ge- sonderten Vereinbarung zwischen der Vorgesellschaft oder der GmbH einerseits und der Vorgründungsgesell- schaft andererseits (§§ 414, 415 BGB), wozu es nach

§ 415 Abs. S. 1 BGB der Genehmigung bzw. Zustimmung des Gläubigers bedarf11. Neben dieser Haftung nach den allgemeinen für die jeweilige Rechtsform geltenden Regeln greift eine Haftung des Vorgründungsgesell- schafters als Handelnder im Sinne von § 11 Abs. 2 GmbHG im Stadium der Vorgründungsgesellschaft nicht ein12.

Formulierungsvorschlag13:

Die Erschienenen werden darauf hingewiesen, dass die GmbH erst mit dem Abschluss des notariellen Gesell- schaftsvertrages errichtet wird und die Beteiligten des Vorvertrages für zuvor für die Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten ohne besondere Vereinbarungen mit dem jeweiligen Vertragspartner unbeschränkt persönlich haften.

C. Haftung der Mitglieder der Vorgesellschaft Mit Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages ist die GmbH errichtet und es entsteht die sog. Vorgesell- schaft, die auch Vor-GmbH bezeichnet wird. Die Vorge- sellschaft ist weder GbR noch oHG, sondern es besteht heute weitgehende Übereinstimmung, dass die Vorge- sellschaft Vorstufe und notwendige Durchgangsstation auf dem Weg zur GmbH ist, weshalb sie als Rechtsform eigener Art angesehen wird14. Auf die Vorgesellschaft

sind die Regeln des GmbH-Rechts entsprechend an- wendbar, soweit nicht die mit der registergerichtlichen Prüfung verfolgten gesetzgeberischen Ziele einer ana- logen Anwendung entgegenstehen15. Nach allgemeiner Auffassung ist die Vorgesellschaft fähig, Träger von Rechten und Pflichten zu sein; solche gehen mit der Ein- tragung im Handelsregister automatisch auf die GmbH über16. Sie ist grundbuch-17, konto-, insolvenz- sowie par- teifähig18. Entstehen nach der Errichtung durch vor- zeitige Geschäftsaufnahme Verbindlichkeiten sind diese vorrangig aus dem Gesellschaftsvermögen zu bedienen19. Umstritten ist, welche Rechtsfolgen die Feststellung des Gesellschaftsvertrages durch nur einen Gründer hat (sog.

Einmann-GmbH). Die wohl h. M. erkennt die Einmann- Vorgesellschaft – mit unterschiedlicher Begründung – als teilrechtsfähige Vorgesellschaft an und behandelt diese ebenso wie die Mehrpersonen-Gesellschaft20. Andere wollen die Einmann-Vorgesellschaft mit der Rechtsfigur des Sondervermögens erfassen21. Widerspruchsfrei ist keiner der genannten Ansätze. Während das Modell des Sondervermögens die Rechtslage bei Scheitern der Ein- tragung der GmbH ohne logische Brüche erfasst, bereitet es Schwierigkeiten, auf dieser Basis den Rechtsübergang im Falle der Eintragung der GmbH zu erklären. Dies hingegen ist die Stärke der erstgenannten Auffassung, die allerdings nicht ohne Ausnahmen auskommt, wenn die Eintragung der GmbH endgültig scheitert. In diesem Falle bedürfte es streng genommen eines Auflösungsbe- schlusses und einer Liquidation, was – soweit ersichtlich – niemand fordert. Die besseren Argumente sprechen für die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit. Der Gesetz- geber hat die Einmann-Gründung ausdrücklich zuge- lassen und damit der Mehrpersonen-Gründung gleich- gestellt. Diese Gleichbehandlung muss sich auch bei der Qualifikation ihrer Rechtsnatur widerspiegeln22. Zudem sind zwingende Gründe nicht ersichtlich, die es er- fordern, die Einmann-Vorgesellschaft nicht der Mehr- personen-Vorgesellschaft gleichzustellen. Im Falle des

7 BGHZ 91, 148 (151); BGH GmbHR 1984, 41; Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts/Priester Band 3, GmbH, 1996, § 15 Rn. 36.

8 Auf die GbR wird § 159 Abs. 1 HGB entsprechend angewendet, vgl.

Palandt/Sprau, BGB, 62. Aufl. 2003, vor § 723 Rn. 3.

9 BGH NJW 1983, 2822; Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 33a m. w. N.

10 BGHZ 91, 148 (151); Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 33b.

11 BGH GmbHR 1998, 633.

12 BGHZ 91, 148 (152 f.).

13 Vgl. die Formulierungsvorschläge bei: Meyding/Heidinger, ZNotP 1999, 190 ff.; Jäger, MDR 1996, 656 ff.; Keim, GmbH Diktat- und Arbeitsbuch für Rechtsanwälte und Notare, 1994, S. 83.

14 Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 15. Auflage 2000, § 11 Rn. 2.

15 Ständige Rechtsprechung seit BGHZ 20, 281 (285) betreffend Ge- nossenschaft; Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 6; Ro- wedder/Schmidt-Leithoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 4. Auflage 2002, § 11 Rn. 13.

16 BGHZ 105, 300 (303 f.); BGHZ 80, 129 (140, 144).

17 Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl. 2001, Rn. 990 ff.

18 BGH GmbHR 1998, 185 f.; BGHZ 91, 148 (151); BGHZ 80, 129;

BGHZ 79, 239 (241).

19 Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 21; Beck’sches Hand- buch der GmbH/Schwaiger, 3. Aufl. 2002, § 2 Rn. 33.

20 OLG Dresden GmbHR, 1997, 215 (217); Scholz/Emmerich, GmbHG, 8. Auflage 2000, § 1 Rn. 43 ff. m. w. N.; Scholz/K. Schmidt, a. a. O, § 11 Rn. 146 m. w. N.; DNotI-Report 1995, 65 (66).

21 Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl. 1992, § 11 Rn. 17; Lutter/

Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14), § 11 Rn. 18.

22 Scholz/K. Schmidt, a. a. O., (Fn. 20), § 11 Rn. 147; Roth/Altmeppen, GmbH-Gesetz Kommentar, 3. Aufl. 1997, § 11 Rn. 73.

(4)

Scheiterns ist davon auszugehen, dass die Gesellschaft ohne Liquidation erlischt und deren Vermögen durch Gesamtrechtsnachfolge auf den Alleingesellschafter übergeht23.

I. Haftung bei Nichteintragung der GmbH

Genügt das Gesellschaftsvermögen zur Begleichung der Verbindlichkeiten nicht, ist im Hinblick auf die Haftung der Gesellschafter der Vorgesellschaft nach wohl h. M.

zunächst danach zu differenzieren, ob die GmbH später zur Eintragung gelangt oder ob die Eintragung der Ge- sellschaft unterbleibt24. Erfolgt die Eintragung, findet die sog. Vorbelastungshaftung Anwendung. Für die Fälle, in denen eine Eintragung unterbleibt, ist weiter danach zu differenzieren, ob den Gründern die Eintragungsabsicht von Anfang an fehlte oder ob die Gründung erst später scheiterte bzw. aufgegeben wurde.

1. Fehlende Eintragungsabsicht (unechte Vorgesellschaft)

Praktisch selten und rechtlich unproblematisch sind die Fälle, in denen eine Eintragung unterbleibt, weil die Mitglieder der Vorgesellschaft trotz ordnungsgemäßen Gründungsvertrages nie wirklich beabsichtigten, die Eintragung zu betreiben. Bei dieser Sachlage handelt es sich in Wahrheit nicht um eine Vorgesellschaft, die es rechtfertigt, das GmbH-Recht entsprechend anzu- wenden. Vielmehr wird der Zusammenschluss als sog.

unechte Vorgesellschaft bezeichnet. Auf die unechte Vorgesellschaft werden die Vorschriften angewendet, die für die Gesellschaftsform gelten, die tatsächlich be- trieben wird, also entweder die Regelungen der oHG oder der GbR25. Dies entspricht allgemeiner Auffassung und findet seine Rechtfertigung im Numerus-clausus- Gedanken der Gesellschaftsformen26. Im Ergebnis haftet der Gesellschafter der unechten Vorgesellschaft den Gläubigern unmittelbar, persönlich und unbeschränkt.

2. Aufgabe der Gründung und Fortführung der Geschäftstätigkeit

Hat ursprünglich die Eintragungsabsicht bestanden und ist diese später fallengelassen worden, ist die Frage der Haftung der Gesellschafter danach zu beantworten, wie die Gesellschafter auf die Beendigung ihrer Ein- tragungsabsicht reagiert haben. Praktische Schwierig- keiten bereitet dabei zunächst die Feststellung der Auf- gabe der Eintragungsabsicht27. Führen die Gesellschafter in einem solchen Fall die geschäftlichen Aktivitäten der Vorgesellschaft fort, wird allgemein angenommen, dass von diesem Zeitpunkt an die bis dahin bestehende Vor- gesellschaft in eine oHG oder GbR umgewandelt ist und damit auch rückwirkend die Besonderheiten der An- wendung einzelner Regelungen des GmbH-Rechts ent- fallen28. Im Ergebnis werden die Gesellschafter so be- handelt, als habe die Eintragungsabsicht niemals be- standen und es läge von Anfang an eine unechte Vorge- sellschaft vor29. Auch in diesem Falle haften die Gesell- schafter demnach persönlich und unbeschränkt.

3. Aufgabe der Gründung und Beendigung

der Geschäftstätigkeit (Verlustdeckungshaftung) Für den Fall, dass die Gesellschafter gleichzeitig mit Aufgabe der Eintragungsabsicht bzw. deren Scheitern auch den Geschäftsbetrieb unverzüglich einstellten, war die Ausgestaltung der Haftung lange Zeit heftig um- stritten30. Die Spannbreite der unterschiedlichen Auf- fassungen in Rechtsprechung und Literatur reichte von einer völligen Ablehnung der Haftung über vermittelnde Meinungen bis hin zu einer unbeschränkten Gründungs- haftung. Zusätzlich war unter denjenigen, die eine Haf- tung des Gesellschafters bejahten, streitig, ob der An- spruch des Gläubigers sich unmittelbar gegen den Ge- sellschafter richtet (sog. Außenhaftung) oder ob nur die Gesellschaft in Anspruch genommen werden kann und dieser sodann Ansprüche gegen den Gesellschafter zu- stehen (sog. Binnenhaftung). Die höchstrichterliche Rechtsprechung ging bis Mitte der 90er-Jahre davon aus, dass neben der Vorgesellschaft deren Gesellschafter den Gläubigern der Gesellschaft unmittelbar persönlich, je- doch beschränkt auf die übernommene und noch nicht geleistete Stammeinlage, haften31. 1997 änderte der BGH seine Rechtsprechung zu dieser Frage in wesentlichen Punkten32. Das „neue“ Haftungsmodell des BGH besteht im Prinzip aus einer einheitlichen und unbeschränkten Binnenhaftung der Gesellschafter der Vorgesellschaft.

Danach haften die Gesellschafter der Vorgesellschaft für deren Verbindlichkeiten in Gestalt einer bis zur Ein- tragung andauernden sog. Verlustdeckungshaftung, die sich im Falle der Eintragung der Gesellschaft als sog.

Vorbelastungshaftung33 fortsetzt. Beide Tatbestände, also Verlustdeckungshaftung und Vorbelastungshaftung, führen im Ergebnis zu einer reinen Binnenhaftung, d. h.

zu einer Verantwortlichkeit der Gesellschafter gegen- über ihrer Gesellschaft. Den Gläubigern ist es grund- sätzlich nicht möglich, die Gesellschafter unmittelbar

23 BayObLG NJW-RR 1987, 812 f.; LG Berlin GmbHR 1988, 71;

Scholz/Emmerich, a. a. O., (Fn. 20), § 1 Rn. 45; Scholz/K. Schmidt, a. a. O., (Fn. 20), § 11 Rn. 148.

24 Henze, a. a. O. (Fn. 5), Rn. 218, 221 ff.; Meyding/Heidinger, ZNotP 1999, 190 (197); Goette, Die GmbH nach der BGH-Rechtsprechung, 2. Aufl. 2002, § 1 Rn. 45.

25 BGH DStR 2002, 2232 (2233); BGHZ 51, 30 (32); BGHZ 22, 240 ff.;

Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 29; Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 21), § 11 Rn. 18 f.; Goette, ZNotP 1997, 82 (85).

26 Goette, a. a. O., (Fn. 24), § 1 Rn. 66.

27 Siehe unten Abschnitt C.I.3. b) a. E.

28 BGH DStR 2002, 2232 ff.; BGHZ 80, 129 (142 f.); BGHZ 134, 333 (334); Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 21), § 11 Rn. 18 ff.; Scholz/

K. Schmidt, a. a. O., (Fn. 20), § 11 Rn. 89 f. und 143. Dogmatisch wird man dieses Ergebnis der „rückwirkenden Änderung der Gesell- schaftsform“ mit einer konkludenten Schuldübernahme durch die Gesellschafter in Gestalt der Aufgabe der Eintragungsabsicht kons- truieren müssen.

29 Dies gilt jedoch nicht für die Anwendung von § 28 HGB, vgl. BGH NJW 2000, 1193.

30 Zum früheren Meinungsstand Beck’sches Handbuch der GmbH/

Schwaiger, a. a. O., (Fn. 19), § 2 Rn. 34.

31 BGHZ 91, 148 (152); BGHZ 72, 45 (48 ff.); BGHZ 65, 378 (382).

32 BGHZ 134, 333 ff.; Anlass war eine Vorlage des BAG und des BSG zum gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe über die Rechtsfrage der Gründungshaftung im Sinne einer beschränkten Außenhaftung vor Eintragung der GmbH. In diesem Verfahren er- klärte der BGH, er halte an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest. Gleichzeitig schlug er das neue Haftungskonzept vor, dem sich BAG und BSG angeschlossen haben; vgl. GmbHR 1996, 763.

33 So die Terminologie in BGHZ 134, 333 ff.; zuvor Differenz- oder Unterbilanzhaftung BGHZ 80, 129 ff.

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und persönlich für Schulden der Gesellschaft haftbar zu machen. Sie sind gezwungen, die Vorgesellschaft in An- spruch zu nehmen. Hierfür müssen die Gläubiger der Vorgesellschaft aus einem gegen diese erwirkten Titel die gegen die Gesellschafter gerichteten Verlustdeckungs- ansprüche pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen, sodann Teilschulden einklagen und bei Ausfall eines oder mehrerer Gesellschafter die Ausfallhaftung gegen die übrigen Gesellschafter geltend machen. Diese Prozedur wird von den Kritikern des Binnenhaftungs- modells noch immer als unbefriedigend empfunden, weshalb sie weiterhin für eine unmittelbare Außenhaf- tung eintreten34. Angesichts der normativen Kraft der einmütigen Rechtsprechung sämtlicher obersten Ge- richtshöfe wird der Praktiker das Binnenhaftungs- konzept jedoch zu akzeptieren haben.

a) Einverständnis der Gesellschafter mit der Geschäftsaufnahme

Voraussetzung der Verlustdeckungshaftung ist u. a. – wie auch im Fall der Vorbelastungshaftung – das Ein- verständnis der Gesellschafter mit der vorzeitigen Ge- schäftsaufnahme35. Die Einordnung dieses Merkmals in das Haftungskonzept der Gründungshaftung bereitet Schwierigkeiten. Seine Rechtsnatur ist nicht eindeutig geklärt. Der BGH hat das Erfordernis der Zustimmung der Gründer im Rahmen der Vorbelastungshaftung im Sinne eines echten Tatbestandsmerkmals zunächst damit begründet, dass durch die vorzeitige Geschäftsaufnahme der eigentliche Zweck der Vorgesellschaft verlassen und damit die Haftung ausgelöst werde. Die dadurch u. U.

eintretende erhebliche finanzielle Belastung könne nicht als mit der Gründung der GmbH verbundene selbst- verständliche Folge in Kauf genommen werden, sondern bedürfe des vorherigen Einverständnisses der Be- troffenen36. In einer neueren Entscheidung führt er indes aus, „es reicht vielmehr aus, dass diese (scil. Gesell- schafter) mit der vorzeitigen Geschäftsaufnahme ein- verstanden sind und den Geschäftsführer damit bevoll- mächtigen, nicht nur die Eintragung der Gesellschaft herbeizuführen, sondern darüber hinaus Verbindlich- keiten einzugehen“37. In der Literatur wird die für die Haftung erforderliche Zustimmung nicht als eigenes Tatbestandsmerkmal der Verlustdeckungshaftung ange- sehen, sondern als eine Vorfrage nach der Vertretungs- macht des Geschäftsführers. Mit anderen Worten geht es nach dieser Auffassung darum, ob der Geschäftsführer der Vorgesellschaft diese wirksam verpflichtete38. Folgt man dem letztgenannten Ansatz, stellt sich die An- schlussfrage nach der Vertretungsmacht des Geschäfts- führers einer Vorgesellschaft. Diese ist gesetzlich nicht geregelt und folglich umstritten39. Der BGH bestimmt den Umfang der Vertretungsmacht nach den Verhält- nissen der jeweiligen Vorgesellschaft und beschränkt diese im Grundsatz auf die zur Gründung erforderlichen Maßnahmen40. Erweiterungen der Vertretungsmacht könnten ausdrücklich oder stillschweigend im Gesell- schaftsvertrag oder durch einstimmigen Gesellschafter- beschluss erfolgen. Die Vereinbarung von Sacheinlagen im Gesellschaftsvertrag enthalte stets die konkludente Ermächtigung für Handlungen zu deren weiterer Er- haltung und Verwaltung. Andere Autoren wollen unter Gläubigerschutzgesichtspunkten für den Umfang der

Vertretungsmacht die Regel des § 37 Abs. 2 GmbHG anwenden, woraus eine unbeschränkte Vertretungsmacht des Geschäftsführers und damit eine unbeschränkte Haftung des Gesellschafters resultiere41. Im Hinblick auf die Verlustdeckungshaftung vertreten diese Autoren die Ansicht, dass der haftende Gesellschafter eine unter- nehmerische Tätigkeit nicht einmal gebilligt oder auch nur gekannt haben müsse, weil es hierauf nur im Innen- verhältnis ankomme42. Letztgenannter Literaturmeinung ist der BGH bislang zu Recht nicht gefolgt. Die Vorge- sellschaft ist ihrer Natur nach gerade nicht auf die so- fortige Geschäftsaufnahme gerichtet, sondern ihr Zweck besteht allein in der Herbeiführung der Eintragung, was den beteiligten Verkehrskreisen regelmäßig bekannt sein dürfte. Den Geschäftspartnern einer Vorgesellschaft ist daher zumutbar, die konkrete Vertretungsmacht des Ge- schäftsführers zu prüfen. Ein unbilliges Risiko wird ihnen damit im Übrigen auch nicht aufgebürdet, da der Ge- schäftspartner den nichtberechtigt Handelnden im Not- fall nach § 11 Abs. 2 GmbHG und § 179 Abs. 2 BGB in Anspruch nehmen kann. Kann die Mehrheit der Gesell- schafter die frühzeitige Aufnahme der Geschäfte be- schließen und ggf. welcher Mehrheit bedarf es hierzu?

Ist ein Gesellschafter bereits durch sein ablehnendes Stimmverhalten vor der Haftung geschützt43? Diese Fragen sind – ausgehend von der grundsätzlich einge- schränkten Vertretungsmacht des Geschäftsführers – wie folgt zu beantworten: Der Zweck der Vorgesellschaft ist grundsätzlich auf die Herbeiführung der Eintragung be- schränkt, so dass die vorzeitige Aufnahme der Geschäfte der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf, weil hier- durch der Zweck der (Vor-)Gesellschaft und damit der Gesellschaftsvertrag geändert wird44. Wirken nicht alle Gesellschafter an dem die Satzung ändernden Beschluss mit, handelt der Geschäftsführer ohne Vertretungs- macht. Eine Haftung des Gesellschafters entsteht in diesen Fällen nicht.

Nach dem BGH bedarf das Einverständnis der Gesell- schafter zur vorzeitigen Geschäftsaufnahme keiner be- sonderen Form, weil die Regelung der Organvertre- tungsmacht nur für die Vorgesellschaft Bedeutung habe

34 LAG Köln ZIP 1997, 1921; LSG Baden-Württemberg ZIP 1997, 1651; LAG Hessen GmbHR 1998, 783 (785); Altmeppen, NJW 1997, 3272 ff.; K. Schmidt, ZIP 1996, 353 (357); Scholz/K. Schmidt, a. a. O., (Fn. 20); § 11 Rn. 82 m. w. N.

35 BGH DStR 2002, 2232 (2233); BGHZ 134, 333 (335, 337); BFH DStR 1998, 1129; Lutter/Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14), § 11 Rn. 8, 20;

Henze, a. a. O. (Fn. 4), Rn. 218; Meister, Zur Vorbelastungs- problematik und zur Haftungsverfassung der Vorgesellschaft in der GmbH, FS Werner, 1984, 521 (525); Wiegand, BB 1998, 1065 (1071).

36 BGHZ 105, 300 (303).

37 BGH DStR 2002, 2232 (2233).

38 Goette, ZNotP 1997, 82 (84); Wiegand, BB 1998, 1065 (1070 f.).

39 Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 18 f. m. w. N.

40 BGHZ 80, 129 (139); Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 19;

Lutter/Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14), § 11 Rn. 8; Wiegand, BB 1998, 1065 (1071).

41 Scholz/K. Schmidt, a. a. O., (Fn. 20), § 11 Rn. 63 f.; Münchener Handbuch/Gummert, a. a. O. (Fn. 7), § 16 Rn. 49.

42 Scholz/K. Schmidt, a. a. O., (Fn. 20), § 11 Rn. 83; Münchener Hand- buch/Gummert, a. a. O., (Fn. 7), § 16 Rn. 60.

43 Gummert, DStR 1997, 1007 (1009).

44 BGHZ 80, 129 (139); Lutter/Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14), § 11 Rn. 6; Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 8; aus Sicht des Gesellschafters könnte zu Klarstellungszwecken eine Regelung im Gesellschaftsvertrag zu empfehlen sein, wonach die Vertretungs- macht des Geschäftsführers bis zum Tage der Eintragung auf die zur Gründung erforderlichen Maßnahmen beschränkt ist.

(6)

und nach der Eintragung § 37 Abs. 2 GmbHG eingreife45. Dem ist nicht zu folgen. Richtig ist vielmehr, dass die Änderung der Vertretungsmacht des Geschäftsführers eine Erweiterung des Zwecks der Vorgesellschaft dar- stellt, und damit die Satzung der (Vor-)Gesellschaft be- trifft. Entsprechend ist – nicht zuletzt um eine ordnungs- gemäße Belehrung der Beteiligten durch den Notar si- cherzustellen und die Beweisführung zu ermöglichen – gemäß § 2 GmbHG die notarielle Beurkundung dieser Satzungsänderung erforderlich46.

Von Bedeutung ist schließlich für den in Anspruch ge- nommenen Gesellschafter die Beweislast für die Zustim- mung zur vorzeitigen werbenden Tätigkeit bzw. deren Fehlen. Nach Ansicht des BGH muss im Haftungs- prozess grundsätzlich die GmbH darlegen und beweisen, dass der Gesellschafter der vorzeitigen Geschäftsauf- nahme zugestimmt hat47. Im Schrifttum wird dies von ei- nigen zu Unrecht anders gesehen48. Danach trägt der in Anspruch genommene Gesellschafter die Beweisbelas- tung für das Fehlen seiner Zustimmung. Zur Begründung wird angeführt, es handele sich bei der Zustimmung um Vorgänge, die in der Sphäre der Gesellschafter lägen, die sie ggf. entsprechend dokumentieren könnten. Folgt man der hier vertretenen Auffassung, wonach die Zustim- mung im Rahmen des Gesellschaftszwecks der Vorge- sellschaft entweder zu Beginn im Gesellschaftsvertrag erteilt wird oder später nur aufgrund einer zu beurkun- denden allseitigen Vertragsänderung erfolgen kann, ist die Beweisführung jederzeit durch öffentliche Urkunde möglich und die Beweisbelastung irrelevant. Selbst wenn man dem nicht folgt, kann die Beweislast nicht dem Gesellschafter zugeordnet werden. Dagegen spricht, dass es sich um den Beweis einer negativen Tatsache handelt – nämlich um das fehlende Einverständnis mit der Geschäftsaufnahme schon vor Eintragung. Diesen Beweis kann der Gesellschafter naturgemäß nicht er- bringen49. Faktisch führte dies zu einer Garantiehaftung der Beteiligten, die ernsthaft niemand vertritt.

b) Entstehungszeitpunkt und Fälligkeit des Verlustdeckungsanspruchs

Der Verlustdeckungsanspruch der Vorgesellschaft gegen ihre Mitglieder entsteht „erst mit dem Scheitern der Ein- tragung“50. Diese Feststellung des BGH in der Urteils- begründung steht in gewissem Widerspruch zu dem Leit- satz der Entscheidung, wonach es sich bei dem Haftungs- konzept um eine einheitliche Gründungshaftung handelt, die bis zur Eintragung „andauert“. Letzteres impliziert, dass der Anspruch schon vor dem Scheitern der Gründung durch Anfall von Verlusten existent wird51. In der Lite- ratur spricht sich namentlich Ulmer für ein Entstehen des Anspruchs bereits bei Eintritt von Verlusten und die je- derzeitige Möglichkeit der Geltendmachung durch den Gläubiger aus52. Hintergrund dieser Auffassung ist offen- bar die Sorge, ein Gesellschafter könne sich angesichts von Verlusten seiner Haftung durch frühzeitiges Ausscheiden aus der Gesellschaft entledigen. Dies wird verhindert, wenn der Anspruch frühzeitig entsteht, also nicht erst bei Scheitern der Eintragung. Dem Gedanken einer perma- nenten Pflicht zur Deckung von Verlusten, die mit der Aufnahme der Geschäftstätigkeit beginnt und mit der Eintragung endet, ist in der Literatur zutreffend ent- gegengehalten worden, dass ein jederzeit fälliger und

durchsetzbarer Anspruch der Gesellschaft gegen ihre Ge- sellschafter weder sachgerecht noch praktikabel ist53. Der Anspruch würde u. a. die Festlegung eines Stichtages er- fordern, zu dem eine Bilanz zur Ermittlung des Verlustes aufgestellt werden müsste. Abgesehen von den Schwie- rigkeiten der Gläubiger, sich diese Informationen zugäng- lich zu machen, ist ein sachlicher Grund für die Festlegung eines solchen Bilanzstichtages nicht ersichtlich54. Würde dennoch ein Stichtag zwischen Errichtung der Gesell- schaft und dem Scheitern der Eintragung (willkürlich) festgelegt, böte die Bilanz naturgemäß nur eine Moment- aufnahme der wirtschaftlichen Situation des Unter- nehmens. Ein Verlust könnte durch den fortlaufenden Gründungsvorgang schon am nächsten Tag durch einen Gewinn des Unternehmens kompensiert werden. Dem- nach bestünde formal ein Anspruch gegen die Gesell- schafter, dem materiell kein Verlust gegenüber stünde. Es ist daher davon auszugehen, dass der Verlustdeckungs- anspruch erst mit Scheitern der Eintragung entsteht.

Entscheidend für den Verlustdeckungsanspruch ist dem- nach die Feststellung, dass die Eintragung der Gesellschaft

„gescheitert“ ist bzw. aufgegeben wurde. In einer neueren Entscheidung hat der BGH hierzu ausgeführt, dass sich dies in der Regel aus äußeren Umständen feststellen lasse55. Damit ist das Scheitern bzw. die Aufgabe der Ein- tragungsabsicht anhand von objektiven Kriterien zu er- mitteln. In diesem Sinne ist nach verbreiteter Auffassung die freiwillige oder erzwungene, nach außen erkennbare Aufgabe des Gründungsziels zu verstehen56. Die Grün- dung wird danach „aufgegeben“, wenn der Geschäfts- führer den Eintragungsantrag nicht stellt57, diesen zurück- nimmt, das Registergericht die Eintragung in 1. Instanz abgelehnt hat58oder das Insolvenzverfahren rechtskräftig eröffnet ist oder das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig abgelehnt59hat60.

45 BGHZ 80, 129 (139); Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 19;

Goette, a. a. O., (Fn. 24), § 1 Rn. 54.

46 Ulmer, ZGR 1981, 593 (601); tendenziell auch John, BB 1982, 505 (512).

47 BGH NJW 1998, 233; Goette, a. a. O., (Fn. 24), § 1 Rn. 63.

48 Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 21), § 11 Rn. 92 f.; Baumbach/Lau- terbach, a. a. O., § 11 Rn. 59 a.

49 Mit dieser Kritik an der Beweisbelastung des Gesellschafters:

Goette, a. a. O., (Fn. 24), § 1 Rn. 63; a. A. offenbar Schulze, GmbHR 2003, 468 f.

50 BGHZ 134, 333 (341); offengelassen in BSG ZIP 2000, 494 (497); in diesem Sinne noch Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 24), § 11 Rn. 95.

51 Gummert, DStR 1997, 1007 (1009).

52 Ulmer, ZIP 1996, 733 (738).

53 Monhemius, GmbHR 1997, 384 (388); Gummert, DStR 1997, 1007 (1010); Wiegand, BB 1998, 1065 (1067).

54 Monhemius, GmbHR 1997, 384 (388).

55 BGH DStR 2002, 2232 (2233).

56 Lutter/Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14), § 11 Rn. 10; Baumbach/

Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 28 ff.; Monhemius, GmbHR 1997, 384 (389).

57 BGH DStR 2002, 2232 (2233).

58 Gegen die Ablehnung ist die Beschwerde nach § 19 FGG zulässig, gegen die die weitere Beschwerde nach § 27 FGG möglich ist. Beide Beschwerden sind nicht fristgebunden, so dass die Ablehnung erst nach der letzen Instanz in formelle Rechtskraft erwächst.

59 Gegen den ablehnenden Beschluss des Insolvenzgerichts ist nach

§ 34 Abs. 1 InsO die sofortige Beschwerde zulässig, so dass der Be- schluss u. U. 2 Wochen (§ 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) nach seiner Verkün- dung rechtskräftig wird.

60 Drygala ZIP 2002, 2311 (2312 ff.); Monhemius, GmbHR 1997, 384 (389 f.); Lutter/Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14), § 11 Rn. 10 m. w. N.;

a.A. Scholz/K. Schmidt, a. a. O., (Fn. 20), § 11 Rn. 55; Rowedder/

Schmidt-Leithoff, a. a. O., (Fn. 15), § 11 Rn. 64.

(7)

c) Umfang der Haftung

Im Hinblick auf Inhalt und Umfang der Verlustdeckungs- haftung findet sich regelmäßig der Hinweis, dass die Re- geln der Vorbelastungshaftung entsprechende Anwen- dung finden61. Danach ist die Verlustdeckungshaftung der Höhe nach unbeschränkt und erfasst alle vom Gesell- schaftsvermögen nicht gedeckten Verluste. Die Gesell- schafter haften der Gesellschaft nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung62. Anders als im Rahmen der Vorbe- lastungshaftung besteht allerdings aufgrund der Verlust- deckungshaftung keine Pflicht der Gesellschafter zur Herstellung des vollen Stammkapitals, weil die Ver- lustdeckungshaftung an das Scheitern der Eintragung ge- knüpft ist und die Gesellschaft bei ihrem Eingreifen oh- nehin liquidiert wird63. Aufgrund des einlageähnlichen Charakters des Verlustdeckungsanspruchs ist auf ihn nach allgemeiner Ansicht auch § 24 GmbHG anwendbar64. Damit besteht für jeden Gesellschafter das Risiko der (sekundären) Haftung für die Ausfallbeträge seiner Mit- gesellschafter. Im schlimmsten Falle, also bei Insolvenz der Mitgesellschafter, ist der einzig solvente Gesell- schafter zur Zahlung aller Verbindlichkeiten verpflichtet.

d) Verzicht, Erlass und Verjährung

Auf die Zahlungsverpflichtung aufgrund der Verlust- deckungshaftung ist § 19 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG analog anzuwenden65. Dies bedeutet u. a., dass die Ge- sellschafter von der Verlustdeckungshaftung nicht durch Verzicht oder Erlassvertrag befreit werden können und gegen den Anspruch der Vorgesellschaft weder die Auf- rechnung noch die Geltendmachung eines Zurück- behaltungsrechts möglich ist (§ 19 Abs. 2 GmbHG). Der Anspruch aus der Verlustdeckungshaftung verjährt in Analogie zu § 9 Abs. 2 GmbHG in 5 Jahren ab Aufgabe bzw. Scheitern der Eintragung der Gesellschaft66. e) Ausnahmen von der Binnenhaftung

Das Prinzip der Verlustdeckungshaftung als reine Bin- nenhaftung wird in Ausnahmefällen durchbrochen. Liegt eine Einmann-Gründung67vor und scheitert deren Ein- tragung, wäre es eine bloße Förmelei, die Gläubiger zu- nächst auf die Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen die Einmann-Vorgesellschaft zu verweisen. Nach h. M. über- nimmt in dieser Situation der Gesellschafter ohnehin als Gesamtrechtsnachfolger sämtliche Verbindlichkeiten der Einmann-Vorgesellschaft und diese erlischt ohne Li- quidation68. Darüber hinaus wird in der Rechtsprechung und Literatur verbreitet eine unmittelbare Haftung der Gründer gegenüber den Gläubigern, also eine Au- ßenhaftung, angenommen, wenn die Vorgesellschaft ver- mögenslos69 ist oder nur ein einziger Gläubiger exis- tiert70. In einer neueren Entscheidung hat der BGH eine Durchbrechung der Binnenhaftung auch für den Fall an- genommen, dass die Gesellschafter keine Einigung über die Bewertung der Sacheinlagen erzielten und deshalb für die Dauer eines Jahres seit der Errichtung der Ge- sellschaft kein Eintragungsantrag gestellt wurde71. Me- thodisch geht es in den Fallgruppen der Vermögens- losigkeit und der Existenz nur eines Gläubigers um einen

„Durchgriffstatbestand“, der von seinen Vertretern aus Gründen der Prozessökonomie dann anerkannt wird, wenn keine schützenswerten Interessen sonstiger Ge-

sellschaftsgläubiger oder der Gründer entgegenstehen72. Im Lichte der Urteilsbegründung könnte man indes schlussfolgern, dass der BGH mit seiner neueren Ent- scheidung73 eine gewisse Korrektur seiner Recht- sprechung vorgenommen hat und nunmehr die Au- ßenhaftung zum Grundsatz und die Binnenhaftung zur Ausnahme erklärt. Scheitert die Eintragung der Gesell- schaft oder wird deren Eintragung aufgegeben, was an- hand äußerer Umstände zu ermitteln ist, so können sich die Gesellschafter vor einer unmittelbaren Inanspruch- nahme durch die Gläubiger der Vorgesellschaft nur schützen, wenn sie die Geschäftstätigkeit sofort ein- stellen und die Vorgesellschaft abwickeln74. Hierunter wird man die Durchführung eines Liquidationsverfah- rens entsprechend den Vorschriften der §§ 60 ff. GmbHG zu verstehen haben75. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob bei Vorhandensein mehrerer Gründer diese im Falle des „Durchgriffs“ nur anteilig im Verhältnis der übernommenen Stammeinlage oder als Gesamtschuld- ner haften76.

II. Haftung bei Eintragung der GmbH (Vorbelastungshaftung)

Übersieht das Registergericht das Eintragungshindernis der Überschuldung bzw. Unterbilanz und kommt es zur Eintragung der Gesellschaft, setzt sich die als Binnen- haftung konzipierte Verlustdeckungshaftung als sog.

Vorbelastungshaftung fort77. Die Haftung trifft – ebenso wie die Verlustdeckungshaftung – nach wohl h. M. nur jene Gründer, die der vorzeitigen Geschäftsaufnahme zugestimmt haben78. Der Umfang der Vorbelastungshaf- tung bestimmt sich nach der auf den Zeitpunkt der Ein- tragung der GmbH im Handelsregister aufzustellenden Vorbelastungsbilanz79. In dieser Bilanz ist das Gesell- schaftsvermögen grundsätzlich mit seinen wirklichen Werten nach Fortführungsgrundsätzen zu bewerten

61 BGHZ 134, 333 (335); Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 30; Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 21), § 11 Rn. 95; Ulmer, ZIP 1996, 733 (737).

62 BGHZ, 134, 333 (229 ff.); Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 24 m. w. N.

63 Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 24.

64 Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 24 m. w. N.

65 Wiegand, BB 1998, 1065 (1068).

66 Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 24 67 BGHZ 134, 333 (341).

68 Siehe oben Abschnitt C. m. w. N.

69 BFH GmbHR 1998, 854.

70 BGHZ 134, 333 (341); OLG Dresden, GmbHR 1998, 186 (188);

Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 26 m. w. N.

71 BGH DStR 2002, 2232 (2233).

72 Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 24), § 11 Rn. 67.

73 BGH DStR 2002, 2232 ff.

74 BGH DStR 2002, 2232 (2233).

75 So auch Drygala ZIP 2002, 2311 (2314).

76 Für anteilige Haftung BAG NZA 1997, 1099; zweifelnd mit Tendenz zur Gesamtschuld: BAG NZA 1998, 27; Ulmer, ZIP 1996, 733 (737);

a. A. Scholz/K. Schmidt, a. a. O., (Fn. 20), § 11 Rn. 80 ff.; 124 ff.

(Gesamtschuld).

77 So die Terminologie in BGHZ 134, 333 ff.; zuvor Differenz- oder Unterbilanzhaftung BGHZ 80, 129 ff.

78 BGHZ 80, 129; BGHZ 72, 45; Lutter/Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14),

§ 11 Rn. 20; a. A. K. Schmidt, ZHR 1992, 93 ff., wonach die Gründer im Außenverhältnis für alles haftbar sein sollen, was der Geschäfts- führer im Namen der Vorgesellschaft veranlasst; die Grenze soll hier erst bei Missbrauch der Vertretungsmacht überschritten sein.

79 BGHZ 80, 182 (183 f.); a. A. Münchener Handbuch/Heinrich, a. a. O., (Fn. 7), § 13 Rn. 27 (Zeitpunkt der Anmeldung); differenzierend Scholz/K. Schmidt, a. a. O., (Fn. 20), § 11 Rn. 126.

(8)

(handelsrechtliche Grundsätze i. S. des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB), im Falle negativer Fortbestehensprognose dage- gen mit Veräußerungswerten80. Während ausstehende (Rest-)Einlagen dem Aktivvermögen zuzurechnen sind, sollen die Ansprüche aus der Vorbelastungshaftung ge- gen die Gesellschafter nicht geeignet sein, eine Unter- bilanz auszugleichen81. Ferner sind entsprechend der Rechtsprechung des BGH in dieser Bilanz sog. eigen- kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen zu passivieren, sofern eine qualifizierte Rangrücktrittsvereinbarung fehlt82. Beträgt im Zeitpunkt der Eintragung das Netto- vermögen der GmbH entsprechend der Vorbelastungs- bilanz weniger als die Stammkapitalziffer, so haften die Gesellschafter entsprechend dem Verhältnis ihrer Ge- schäftsanteile auf Zahlung der Differenz zwischen dem Nettovermögen und dem Stammkapitalbetrag in bar83. Im Falle einer Überschuldung kann die Haftung also er- heblich über den Nennbetrag des Stammkapitals hinaus gehen84. Zweifelhaft ist, ob die einmal entstandene Haf- tung durch nachhaltige Beseitigung der Unterbilanz au- tomatisch erlischt. In der früheren BGH-Rechtsprechung und der Literatur wird dies bejaht85. Dem wird man al- lerdings mit Rücksicht auf die jüngst geänderte Judikatur betreffend den Untergang des Erstattungsanspruchs aus

§ 31 Abs. 1 GmbHG im Falle der nachhaltigen Wieder- herstellung des Stammkapitals nicht mehr folgen kön- nen86. Der dem Fall des BGH zugrunde liegende Erstat- tungsanspruch und die Vorbelastungshaftung sind auf- grund ihres einlageähnlichen Charakters vergleichbar, so dass insoweit mit einer Gleichbehandlung durch die Rechtsprechung zu rechnen ist87. Erbringt der Gesell- schafter die Leistung nicht bei Fälligkeit, so ist die Schuld gemäß §§ 20 GmbHG, 246 BGB mit 4 % jährlich zu ver- zinsen. Die Vorschrift wird wegen des einlageähnlichen Charakters der Vorbelastungshaftung auf diese entspre- chend angewendet88.

III. Handelndenhaftung (§ 11 Abs. 2 GmbHG) Ist vor der Eintragung in das Handelsregister im Namen der (noch nicht existenten) GmbH gehandelt worden, so haften die Handelnden persönlich und solidarisch für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten. Gesetzliche Ver- bindlichkeiten werden von § 11 Abs. 2 GmbHG nicht er- fasst89. Die Haftung setzt die Errichtung der Gesellschaft voraus, was die notarielle Feststellung des Gesellschafts- vertrages und die Übernahme der Stammeinlagen er- fordert90. Als Handelnde im Sinne von § 11 Abs. 2 GmbHG sind nur solche Personen anzusehen, die ent- weder selbst oder mittelbar über Dritte als Geschäfts- führer gehandelt oder als solche aufgetreten sind91. Der Gründungsgesellschafter, der sich mit der Eröffnung oder Fortführung des Geschäftsbetriebes vor der Ein- tragung allgemein einverstanden erklärt oder die vor- zeitige Geschäftsaufnahme veranlasst, fördert oder erst ermöglicht, ohne sich selbst geschäftsführend zu be- tätigen, wird nicht als für die Vorgesellschaft Handelnder angesehen92. Daraus ergibt sich, dass die Handelnden- haftung im Prinzip keine Gesellschafterhaftung, sondern eine Haftung der Geschäftsführer ist, deren angebliche Druck- und Sicherungsfunktion zumindest zweifelhaft ist93. Die Bedeutung der Vorschrift ist in der Praxis in dem Maße gesunken, in dem die Haftung der Vorgesell- schaft und ihrer Gesellschafter anerkannt wurde. Sie ist

für den Gesellschafter als gegenstandslos anzusehen94. Der Handelnde haftet nach § 11 Abs. 2 GmbHG neben der Gesellschaft persönlich und unbeschränkt95. Seine Haftung erlischt, wenn die GmbH in das Handelsregister eingetragen wird96.

IV. Enthaftung durch Gesellschafterwechsel in der Vorgesellschaft

Fraglich ist, ob und ggf. in welchem Umfang die Vor- belastungs- bzw. Verlustdeckungshaftung auch denje- nigen trifft, der vor der Eintragung der GmbH bzw. deren Scheitern aus dieser durch Rechtsgeschäft ausscheidet.

Die Beantwortung dieser Frage setzt voraus, dass ein Gesellschafter vor Eintragung der GmbH durch Rechts- geschäft überhaupt aus dieser „ausscheiden“ kann. Im Ergebnis wird diese Möglichkeit in Rechtsprechung und Literatur bejaht. Meinungsstreit besteht allerdings da- rüber, wie der Gesellschafterwechsel zu vollziehen ist.

Der BGH verlangt einen die Satzung ändernden Vertrag aller Gründer, wonach der alte Gesellschafter aus der Gesellschaft austritt und ggf. ein neuer Gesellschafter an seiner Stelle eintritt97. Vereinzelt wird hiergegen ver- treten, dass ein Gesellschafterwechsel auch durch Ab- tretung der Beteiligung auf einen Dritten möglich sei98. Sofern die Übertragung nicht im Gesellschaftsvertrag für

80 BGH BB 2002, 959 f.; BGH DStR 1997, 1857 (1858); BGHZ 124, 282 (285).

81 BayObLG GmbHR 1992, 109; a. A. Haas, DStR 1999, 985 (987).

82 BGHZ 124, 282.

83 Ständige Rechtsprechung; BGHZ 134, 333 (338); BGHZ 105, 300 (302 ff.); BGHZ 80, 182 (183 f.); Baumbach/Hueck § 11 Rn. 56 m. w. N.

84 Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 59 m. w. N.

85 BGH NJW 1988, 139; Scholz/K. Schmidt, a. a. O., (Fn. 20), § 11 Rn. 131 a; a. A. Lutter/Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14), § 31 Rn. 11 m. w. N.

86 BGHZ 144, 336 (2. Leitsatz); der BGH hat in diesem Fall den Un- tergang des Erstattungsanspruchs ausdrücklich verneint.

87 Scholz/Winter, a. a. O., (Fn. 20), § 20 Rn. 3 m. w. N.

88 Scholz/Winter, a. a. O., (Fn. 20), § 20 Rn. 3 m. w. N.; es ist davon aus- zugehen, dass die Vorschriften auch auf die Verlustdeckungshaftung Anwendung finden.

89 Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 45 m. w. N.; a. A. Jestaed, MDR 96, 541 (543).

90 BGHZ 91, 148 Leitsatz; Henze, a. a. O. (Fn. 5) Rn. 192; Münchener Handbuch/Heinrich, a. a. O., (Fn. 7), § 13 Rn. 19.

91 BGHZ 91, 148 ff.; BAG GmbHR 1997, 694 ff.

92 BGH WM 1979, 1389 (1390); BGHZ 65, 378 (381); BGHZ 47, 25 (29); Henze, a. a. O. (Fn. 5), Rn. 208.

93 Kritisch: Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 11 Rn. 41 m. w. N.

94 Münchener Handbuch/Heinrich, a. a. O., (Fn. 7), § 13 Rn. 18; OLG Hamburg BB 1983, 1116 (1117); a. A. Henze, a. a. O. (Fn. 5), Rn. 210, wonach die Entscheidung BGHZ 51, 30 (35 f.) nicht überholt ist. In diesem Fall sah der BGH alle Gründungsgesellschafter als Han- delnde an, da sie „fortwährend aktiv zusammenwirkten“.

95 Münchener Handbuch/Heinrich, a. a. O., (Fn. 7), § 13 Rn. 23.

96 BGHZ 80, 182 (Leitsatz).

97 BGH GmbHR 1997, 405 ff.; BGHZ 29, 300 (303); BGHZ 21, 242 (246); OLG Frankfurt GmbHR 1997, 896 ff.; Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 21), § 11 Rn. 35; Rowedder/Rittner/Schmidt-Leithoff a. a. O., (Fn. 15), § 11 Rn. 61; unter denjenigen, die eine Änderung des Gesellschaftsvertrages unter Beachtung der Form des § 2 GmbHG für richtig erachten, ist allerdings umstritten, ob es im Rahmen der Be- schlussfassung der Einstimmigkeit bedarf oder ob eine3/4-Mehrheit ausreicht; für Einstimmigkeit: Lutter/Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14),

§ 2 Rn. 23; Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 21), § 2 Rn. 20; Baum- bach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 2 Rn. 13; a. A. Scholz/K. Schmidt, a. a. O., (Fn. 20), § 11 Rn. 47; Priester, ZIP 1987, 280 ff. Einhellig für zulässig gehalten wird die Abtretung eines künftigen Geschäftsan- teils, vgl. Lutter/Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14), § 15 Rn. 1 m. w. N.

98 K. Schmidt, GmbHR 1997, 869 ff.; Scholz/K. Schmidt, a. a. O., (Fn. 20), § 11 Rn. 41; unklar: OLG Düsseldorf MittRhNotK 1996, 189.

(9)

zustimmungsfrei erklärt wurde, bedürfe es allerdings wegen der persönlichen Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft der Zustimmung aller Gesellschafter.

Die Frage, welchen Einfluss der Gründerwechsel, sei es aufgrund Abtretung oder Vertragsänderung, insbe- sondere auf die Verlustdeckungs- und Vorbelastungshaf- tung hat, ist – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung bislang nicht entschieden. In der Literatur wird hierzu vereinzelt schlicht erklärt, es sei unbillig, wenn z. B. im Falle des drohenden Scheiterns der Vorgesellschaft ein solventer Gründer seine Haftung beseitigen könne, in- dem er seine Beteiligung auf einen (insolventen) Dritten übertrage. Zur Schließung dieser vermeintlichen Haf- tungslücke wollen einige Autoren § 16 Abs. 3 GmbH analog anwenden und den Veräußerer neben dem Er- werber haften lassen99. Der Vorschrift sei ein Grundsatz zu entnehmen, wonach der Veräußerer grundsätzlich für rückständige Leistungen hafte und die ergänzende Geld- einlagepflicht des Gründungsgesellschafters auf Aus- gleich der Vorbelastungen könne grundsätzlich als rück- ständige Leistung i. S. des § 16 Abs. 3 GmbHG aufgefasst werden. Dieser Ansicht wird man nicht folgen können.

Bei zutreffender Lesart bestimmt § 16 Abs. 3 GmbHG, dass für vor und nach der erforderlichen Anmeldung des Erwerbs fällige aufgrund der Mitgliedschaft zu erbrin- gende Leistungen der Erwerber (neben dem Veräußerer) haftet. Sinn der Norm ist nicht die Anordnung einer Haftung bzw. Enthaftung des Veräußerers, sondern die Anordnung der (Mit-)Haftung des Erwerbers. Im Übri- gen liegen auch die Voraussetzungen einer Analogie nicht vor. Die erforderliche Regelungslücke ist nicht ge- geben. Im Falle einer Vorbelastung der Gesellschaft werden in der Praxis nur schwer ehrliche Interessenten für die Beteiligung zu finden sein. Die damit ver- bleibenden Fälle unseriöser Übertragungen stellen letzt- lich einen Missbrauch der Verfügungsmöglichkeit mit Schädigungsabsicht dar. Diese sind über die §§ 823 Abs. 2, 826 BGB befriedigend zu lösen. Schließlich scheidet eine Analogie mangels der erforderlichen Ver- gleichbarkeit des gesetzlich geregelten Tatbestands mit dem hier zur Debatte stehenden aus. Rückständig im Sinne von § 16 Abs. 3 GmbHG ist eine Leistung erst dann, wenn sie fällig und gleichwohl nicht bewirkt wurde.

Nach nahezu einhelliger Ansicht wird die Verlustde- ckungs- bzw. Vorbelastungshaftung erst mit Scheitern der Eintragung bzw. im Zeitpunkt der Eintragung der Ge- sellschaft fällig, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Gesellschafter bereits aus der Gesellschaft ausgeschie- den ist100. Damit läuft § 16 Abs. 3 GmbHG für derartige Haftungsfälle ins Leere; konstruktiv scheidet damit eine Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters für An- sprüche aus der Verlustdeckungs- und Vorbelastungs- haftung aus. Erkennt man trotz dieser Bedenken jeden- falls dem Grunde nach eine Haftung des ausgeschie- denen Vorgesellschafters an, so ist damit noch nicht ent- schieden, nach welchem Haftungssystem und für welche Verbindlichkeiten dieser haftet. Zu Recht ist in der Lite- ratur jüngst darauf hingewiesen worden, dass der aus- scheidende Gesellschafter nur für diejenigen Schulden haften dürfe, die im Zeitpunkt seines Ausscheidens bei der Gesellschaft bestehen und nach dem zu diesem Zeit- punkt geltenden Haftungssystem, also je nach dem im

Rahmen der Binnen- oder Außenhaftung101. Bis zur endgültigen Klärung dieser Fragen durch die Recht- sprechung wird die notarielle Praxis allerdings die Mög- lichkeit der Verlustdeckungs- und Vorbelastungshaftung auch des ausgeschiedenen Gesellschafters zu berück- sichtigen haben.

Formulierungsvorschlag:

Die Erschienenen werden darauf hingewiesen, dass d im Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft in das

Handelsregister der Wert des Gesellschaftsvermögens nicht niedriger sein darf als das Stammkapital und je- der Gesellschafter zur Leistung eines insoweit be- stehenden Fehlbetrages ohne Beschränkung auf die übernommene Stammeinlage verpflichtet ist;

d im Falle der Aufgabe der Eintragungsabsicht die Ge- sellschafter die aus der aufgenommenen Geschäftstä- tigkeit aufgelaufenen Verluste in vollem Umfang ohne Beschränkung auf die übernommene Stammeinlage gegenüber der Vorgesellschaft ausgleichen müssen;

d auch der vor Eintragung der GmbH aus der Vorge- sellschaft ausscheidende Gesellschafter nach den vor- stehenden Grundsätzen haften kann;

d die Gesellschaft vor ihrer Eintragung in das Handels- register nicht als juristische Person GmbH besteht und die Personen, die zuvor im Namen der Gesellschaft handeln, unbeschränkt persönlich haften.

D. Aufbringung des Stammkapitals

Die Aufbringung des Stammkapitals ist neben der Er- haltung desselben eine der tragenden Säulen der Finanz- verfassung der GmbH102. Die Gesellschafter sind originär aufgrund ihrer Übernahmeerklärung verpflichtet, jeweils die übernommene Stammeinlage an die Gesellschaft zu leisten103. Eine positive gesetzliche Regelung zur Leis- tung der Stammeinlage wie z. B. in den §§ 54, 185 AktG enthalten ist, fehlt im Recht der GmbH. § 7 Abs. 2 und Abs. 3 GmbHG bestimmen, dass vor Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister auf jede Stammeinlage mindestens 1/4 ihres Nominalbetrages eingezahlt sein und – kumulativ – der Gesellschaft ein Vermögen be- stehend aus Bar- und/oder Sacheinlagen von mindestens 12.500E zur Verfügung stehen müssen. Sacheinlagen sind stets vollständig vor der Anmeldung zu erbringen (§ 7 Abs. 3 GmbHG). Eine abweichende Vereinbarung der Gesellschafter ist nur im Sinne einer Verschärfung der gesetzlichen Anforderungen möglich, z. B. durch Be- stimmung eines früheren Leistungszeitpunkts; im Übri- gen steht § 7 Abs. 2 und Abs. 3 GmbHG nicht zur Dis- position der Gesellschafter104. Die Einlagen müssen von den Gründern vor der Anmeldung so geleistet werden,

99 K. Schmidt, GmbHR 1997, 869 (874); Scholz/Winter, a. a. O., (Fn. 20), § 16 Rn. 33, 40; Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 16 Rn. 12; Münchener Handbuch/Jasper, a. a. O., (Fn. 7), § 24 Rn. 240;

unklar ist, ob dies nur für Fälle der Vorbelastungshaftung oder auch für die Verlustdeckungshaftung gilt.

100 Siehe oben Abschnitt C.I.3. b).

101 Heidinger, GmbHR 2003, 189 (193).

102 BGHZ 28, 77 f.

103 Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 21), § 19 Rn. 6.

104 Scholz/Winter, a. a. O., (Fn. 20), § 7 Rn. 18; Lutter/Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14), § 7 Rn. 6.

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dass sie „endgültig zur freien Verfügung“ der Geschäfts- führer stehen. Für die Sacheinlage folgt dies unmittelbar aus § 7 Abs. 3 GmbHG. Für die Bareinlage schließt die h. M. dies aus dem Zweck der Vorschriften über Min- desteinlagen und dem Inhalt der nach § 8 Abs. 2 S. 1 GmbHG abzugebenden Versicherung der Geschäfts- führer105. Es besteht Einigkeit darüber, dass Zweck der Leistung zur „endgültig freien Verfügung“ die Ab- sicherung der realen Kapitalaufbringung ist106, woraus gefolgert wird, dass dem Merkmal eine Doppelfunktion zukommt. Zum einen bezieht es sich auf die Bewirkung der Einlage und bildet eine bei deren Leistung zu be- achtende Voraussetzung, ohne deren Vorliegen es nicht zur Erfüllung kommt. Zum anderen ist das Erfordernis als Gegenstand der Versicherung bei der Anmeldung der Gesellschaft Normativbedingung für die Entstehung der juristischen Person107. Nach der Aufgabe des sog. Vor- belastungsverbots durch die Rechtsprechung wird nicht mehr verlangt, dass die für die Gründung erforderliche Mindesteinlageleistung bis zur Eintragung der Gesell- schaft gegenständlich erhalten sein muss. Vielmehr reicht es aus, wenn die Mindesteinlage im Zeitpunkt der Ein- tragung noch wertmäßig vorhanden ist108. Folgerichtig ist für die Haftung des Gesellschafters für die Ein- lageverpflichtung die Funktion des Merkmals als Til- gungsvoraussetzung relevant. Leistet der Gesellschafter nicht zur „freien Verfügung“, wird er nicht von seiner Stammeinlageverpflichtung befreit.

I. Nichterfüllung der Bareinlageverpflichtung Die Beweislast für die ordnungsgemäße Einlageleistung trifft den Gesellschafter109. Für die Beweisführung gelten die allgemeinen Regeln, wobei ein Verweis auf die Ver- sicherung des Geschäftsführers (§ 8 Abs. 2 S. 1 GmbHG) allgemein zum Nachweis als nicht ausreichend angesehen wird110. Die Leistung zur endgültig freien Verfügung setzt voraus, dass der Gegenstand der Einlage völlig aus dem Herrschaftsbereich des Einlegers ausgesondert und der Gesellschaft zugeflossen ist111. Dies ist der Fall, wenn dem Geschäftsführer ein Barbetrag oder ein bestätigter Zentralbankscheck ausgehändigt wird. Anerkannt ist auch die Einzahlung auf ein Konto der (Vor-)Gesell- schaft und nach h. M. in Analogie zu § 188 Abs. 2 S. 2 AktG auch auf ein solches der Geschäftsführer112. Ein- deutig frei verfügbar ist die Leistung auf einem Konto, wenn das eingezahlte Geld bis zur Eintragung thesauriert wird und folglich im Zeitpunkt der Anmeldung unver- sehrt vorhanden ist. Problematisch ist die Rechtslage, wenn die Leistung auf ein debitorisches Konto erfolgt.

Nach der Auffassung des BGH kommt es für die Er- füllungswirkung in diesen Fällen darauf an, dass die Ge- sellschaft einen Rahmenkredit vereinbart hat und der Geschäftsführer in Höhe des überwiesenen Betrages über neue Liquidität verfügen kann113. Eine bloß geduldete Überziehung des Kontos reicht demnach nicht aus. Nach neuerer Rechtsprechung des BGH ist allerdings nicht er- forderlich, dass die neue Liquidität aus dem zurückge- führten Rahmenkredit stammt, sondern es genügt, wenn die Bank auf einem anderen Kreditkonto einen den Ein- lagebetrag übersteigenden neuen Kredit gewährt114. Risikobehaftet ist eine Leistung des Gesellschafters ohne eine klare und eindeutige Tilgungsbestimmung. Fehlt diese, ist dies nur unschädlich, wenn eine einzige Schuld

zu tilgen ist oder der geleistete Betrag ausreicht, sämt- liche Verbindlichkeiten zu erfüllen115. Unklarheiten der Tilgungsbestimmung gehen zu Lasten des Gesell- schafters und führen im Zweifel nicht zum Erlöschen der Einlageverpflichtung116. Ist eine Tilgungsbestimmung nicht oder nicht eindeutig abgegeben, so hat eine nach- trägliche Leistungsbestimmung oder deren Änderung nur dann erfüllende Wirkung, wenn der Einlagebetrag der Gesellschaft im Zeitpunkt der nachträglichen Be- stimmung noch unverbraucht zur Verfügung steht117. Dies ist im Falle der Insolvenz der Gesellschaft regel- mäßig nicht der Fall und bedeutet für den Gesellschafter, dass er seine Einlage nochmals und ohne Möglichkeit der Aufrechnung an den Insolvenzverwalter leisten muss.

Ist die Fälligkeit der Resteinlage nicht schon in der Sat- zung bestimmt, bedarf es ihrer Einforderung. Hierüber entscheidet im Grundsatz gemäß § 46 Nr. 2 GmbHG die Gesellschafterversammlung durch Beschluss, den der Geschäftsführer durch sog. Anforderung der Einlage auszuführen hat. Nach Aufgabe des sog. Vorbelastungs- verbots hat sich in der Rechtsprechung im Hinblick auf die Resteinlage die Auffassung durchgesetzt, dass Leis- tungen auf die Resteinlage, die freiwillig oder aufgrund des Gesellschaftsvertrages vor der Eintragung erbracht werden (sog. Mehrleistung), grundsätzlich zulässig sind.

Ihnen kommt nach h. M. selbst dann Tilgungswirkung zu, wenn die geleisteten Mittel im Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft bereits verbraucht sind118.

Der Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Einlage verjährt nach den allgemeinen Regelungen119. Nach der

105 Scholz/Winter, a. a. O., (Fn. 20), § 7 Rn. 33; Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 21), § 7 Rn. 46; DNotI-Report 1998, 197 (198) m. w. N.

106 BGHZ 113, 335 (348).

107 DNotI-Report 1998, 197 (198) m. w. N.; a. A. Priester, ZIP 1994, 599 (602 ff.); Wilhelm, ZHR 152 (1988), 333 (366); Lutter/Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14), § 7 Rn. 15 wonach das Merkmal lediglich die Trennungslinie zwischen Mittelaufbringung und Mittelverwendung markiert.

108 BGHZ 119, 177 (186); BGH NJW 1992, 3300; Goette, a. a. O., (Fn. 24), § 2 Rn. 4 ff.; Priester, ZIP 1994, 599; Hüffer, ZGR 1993, 474 (481); a. A. Schmidt, AG 1986, 106 (109); Lutter, NJW 1989, 2649 (2652); Wilhelm, ZHR 152 (1988), 333 (366), die lediglich fordern, dass die Mittel der Gesellschaft tatsächlich zugeführt sein müssen.

109 BGH GmbHR 1992, 601 (603).

110 Scholz/Winter, a. a. O., (Fn. 20), § 7 Rn. 27 b.

111 Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 21), § 7 Rn. 47.

112 Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 21), § 7 Rn. 31; Goette, a. a. O., (Fn. 24), § 2 Rn. 15.

113 BGH ZIP 1996, 1466 (1467); BGH ZIP 1991, 445; BGH ZIP 1990, 1400 (1401); Baumbach/Hueck, a. a. O., (Fn. 6), § 7 Rn. 5 a m. w. N.;

a. A. Scholz/Schneider, a. a. O., (Fn. 20), § 19 Rn. 108 a, der Til- gungswirkung nur verneint, wenn der Gesellschafter Kenntnis da- von hat, dass der Gesellschaft dennoch keine neue Liquidität zur Verfügung steht.

114 BGH BB 2002, 957 (1. Leitsatz).

115 Goette, a. a. O., (Fn. 24), § 2 Rn. 31.

116 BGH DStR 1995, 1763.

117 BGHZ 51, 157 (161 f.); BGH DStR 1995, 1158; Goette, a. a. O., (Fn. 24), § 2 Rn. 30.

118 BGHZ 105, 300; Münchener Handbuch/Gummert, a. a. O. (Fn. 7),

§ 51 Rn. 10; Joost, ZGR 1989, 554; a. A. Lutter/Hommelhoff, a. a. O., (Fn. 14), § 7 Rn. 8; Hachenburg/Ulmer, a. a. O., (Fn. 21), § 7 Rn. 42.

Nach den Letztgenannten kommt der Mehrleistung nur dann til- gende Wirkung zu, wenn die Verpflichtung des Gesellschafters zur Leistung über die gesetzliche Mindesteinlage hinaus in der Satzung festgelegt oder sonst erlaubt ist oder alle Gesellschafter der Mehr- leistung zugestimmt haben und diese noch wertmäßig im Vermögen der Gesellschaft vorhanden ist. Folgt man der h. M., greift dann je- doch die Vorbelastungshaftung, vgl. BGHZ 105, 300 (1. Leitsatz).

119 BGHZ 118, 83 (101).

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