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Rheinische Notar-Zeitschrift

Heilung von Formmängeln gemäß § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB (§ 313 Satz 2 BGB a. F.) und § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG

(von Notarassessor Georg Specks, Bonn)

A. Einführung

B. Sinn und Zweck der Heilungsregelungen I. § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB

1. Die Ansichten in Literatur und Recht- sprechung

2. Die Gesetzesberatungen a) Erste Kommission b) Zweite Kommission

c) Der Justizausschuss des Bundesrates und die XII. Kommission des Reichstages 3. Die weitere Rechtsentwicklung

a) § 98 GBO alte Fassung

b) Heutige Rechtslage (§ 925 a BGB) 4. Schlussfolgerungen

II. § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG

1. Zweck der Formerfordernisse nach § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GmbHG 2. Zweck der Heilung

C. Heilungsvoraussetzungen

I. Wirksames Verfügungsgeschäft 1. § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB

a) Wirksame Auflassung

aa) Erforderliche Genehmigungen bb) Wirksame Auflassungsvollmacht

(1) Vollmachterteilung im Rahmen eines nichtigen Kausalgeschäfts (a) Rechtsprechung und Schrift-

tum

(b) Stellungnahme

(2) Vollmachtserteilung mittels nur beglaubigter Erklärung

b) Eintragung c) Berechtigung

d) Erwerbsvorgänge nach ausländischem Recht

e) Eigentumserwerb nach § 90 ZVG 2. § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG

a) Rechtsprechung und herrschende Ansicht im Schrifttum zur Heilung bei bedingter Abtretung

b) Mindermeinung c) Stellungnahme

aa) Wortlaut und Systematik bb) Sinn und Zweck

II. Fortbestehende Willensübereinstimmung 1. Ansicht der Rechtsprechung und Literatur

a) § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB b) § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG 2. Rechtliche Bedenken

III. Bezug zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft

IV. Teilvollzug

1. Mehrere betroffene Grundstücke oder Ge- schäftsanteile

2. Rückübertragungs- oder Weiterüber- tragungspflicht

3. Treuhand- und Auftragsverhältnisse a) Übertragungstreuhand

b) Vereinbarungstreuhand

c) Erwerbstreuhand/Auftragsverhältnisse aa) Grundstück als Treugut

bb) Geschäftsanteil als Treugut

V. Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft inner- halb einer Urkunde

D. Heilungsfolgen

I. Bezug und Umfang der Heilungswirkung 1. Nur Formmängel

2. Gesamter Kausalvertrag

3. Zwangsvollstreckungsunterwerfung 4. Amtspflichtverletzung des Notars II. Heilungszeitpunkt

E. Heilung von Formmängeln bei „vorvertraglichen Vereinbarungen“

I. Vorvertrag zwischen den Parteien des Grund- stücksvertrages

II. Erwerbs- und Veräußerungspflichten gegen- über Dritten

F. Heilung von Formmängeln bei Aufhebungsverein- barungen

I. Vollzogener Vertrag

II. Aufhebung vor Entstehung eines Anwart- schaftsrechts

III. Aufhebung nach Entstehung eines Anwart- schaftsrechts

1. Formfragen

a) Rechtsprechung und Schrifttum b) Stellungnahme

2. Heilung

G. „Verhinderung“ der Heilung I. Kondiktion der Auflassung

II. Kondiktion der Abtretungserklärung nach § 15 Abs. 3 GmbHG

H. Schlussbemerkungen

Specks, Heilung von Formmängeln RNotZ 2002, Heft 5 193

(2)

A. Einführung

Die Heilungsregelungen in § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB (§ 313 Satz 2 BGB a. F.1) und § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG knüpfen an die in § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB (§ 313 Satz 1 BGB a. F.) und § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG geregelten Beurkundungspflichten an. § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt – vereinfacht gesagt –, dass der schuldrecht- liche Grundstücksübereignungsvertrag der notariellen Beurkundung bedarf.2 § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG be- stimmt Entsprechendes für den Vertrag, durch welchen die Verpflichtung eines Gesellschafters einer GmbH zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Ein Vertrag, der unter Missachtung der in § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB oder § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG bestimmten Formerfordernisse geschlossen wurde, ist nach § 125 Satz 1 BGB (form-)nichtig.

Nach § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB wird jedoch ein ohne die Form des § 311 b Abs. 1 Satz 1 geschlossener und damit nach § 125 Satz 1 BGB formnichtiger Vertrag seinem ganzen Inhalt nach wirksam, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen, d. h. das dingliche Übereignungsgeschäft vollzogen wird. Ent- sprechendes regelt der Gesetzgeber im Hinblick auf eine aus § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG, § 125 Satz 1 BGB re- sultierende Formnichtigkeit. Auch hier wird das schuld- rechtliche Geschäft wirksam, wenn das dingliche Über- tragungsgeschäft, die Abtretung des Geschäftsanteils, das nach § 15 Abs. 3 GmbHG ebenfalls der notariellen Beurkundung bedarf, erfolgt.

Dieses „Gültigwerden“ bezeichnet man in Anlehnung an vergleichbare Regelungen aus dem Schenkungs- und Bürgschaftsrecht (§§ 518 Abs. 2 und 766 Satz 2 BGB) als Heilung. Im Folgenden soll diese Heilung näher erläutert werden. Dabei wird es zunächst (unter B.) darum gehen, welchen Sinn und Zweck die Heilungsregelungen haben.

Dann werden (unter C.) die Voraussetzungen und (unter D.) die Folgen der Heilung erörtert. Im Anschluss daran werden Fragen der Heilung von Formmängeln bei Vor- verträgen (unter E.) und bei Aufhebungsvereinbarungen (unter F.) sowie die Möglichkeiten der Beteiligten be- sprochen, den Eintritt der Heilungswirkung zu verhin- dern (unter G.).

B. Sinn und Zweck der Heilungsregelungen I. § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB

1. Die Ansichten in Literatur und Rechtsprechung Auf die Frage, warum der Gesetzgeber die Heilung eines Formmangels gemäß § 313 Satz 2 BGB a. F./§ 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB angeordnet hat, hat man in der Lite- ratur und in der Rechtsprechung im Wesentlichen mit zwei Erklärungen geantwortet.3Zum einen führt man an, durch die Auflassung und die Eintragung seien die Zwecke des § 313 Satz 1 BGB a. F./§ 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB ganz oder zumindest im Wesentlichen erreicht.

Zum anderen meint man, die Heilungsregelung diene dazu, im Interesse der Rechtssicherheit sachenrechtlich abgeschlossene Verhältnisse aufrechtzuerhalten; § 313 Satz 2 BGB a. F./§ 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB bewahre die Beteiligten eines formnichtigen Grundstücksgeschäfts

davor, bis zum Ablauf der Verjährungsfrist gegenseitigen Bereicherungsansprüchen ausgesetzt zu sein. Diese bei- den Gesichtspunkte (Erreichung der Formzwecke und Rechtssicherheit) werden dabei im Schrifttum in unter- schiedlicher Akzentuierung angeführt. Während manche meinen, beide Aspekte seien einschlägig,4argumentieren andere allein mit einer völligen oder partiellen Errei- chung der Formzwecke.5 Wiederum andere stellen in erster Linie oder allein auf den Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ab.6 Der Bundesgerichtshof vertritt in seiner neueren Rechtsprechung die Ansicht, § 313 Satz 2 BGB alte Fassung rechtfertige sich in erster Linie in dem Ziel der Rechtssicherheit im Sinne der Aufrechter- haltung sachenrechtlich abgeschlossener Verhältnisse.7 Zum Teil argumentiert er aber auch mit der Wahrung des Übereilungsschutzes; der Zweck des § 313 Satz 1 BGB alte Fassung, zu schützen und zu warnen, sei nachträglich noch durch eine in der Form des § 925 BGB erklärte Auflassung erreicht.8

2. Die Gesetzesberatungen a) Erste Kommission

Der Bundesgerichtshof knüpft mit seinen Ausführungen an Überlegungen in der ersten Kommission im Rahmen der Gesetzesberatungen an. Die Motive hatten die Hei- lung damit gerechtfertigt, dass es zu weit führe, wenn „bei vollzogener Uebertragung des Eigenthumes unter Um- ständen noch 30 Jahre lang kondizirt werden könnte.“9 Durch die Heilungsregelung werde „jede Schwierigkeit einer späteren Rückforderung ausgeschlossen und doch die Aussicht auf wohlüberlegtes, alle Verhältnisse be- rücksichtigendes Handeln gewährleistet.“10

b) Zweite Kommission

Auch die zweite Kommission begründete die Heilungs- regelung unter anderem mit dem Aspekt der Rechts-

1 § 311 b Abs. 1 BGB und § 313 BGB a. F. entsprechen sich; die Schuldrechtsreform hat inhaltlich insoweit zu keiner Änderung ge- führt.

2 § 311 b Abs. 1 BGB gilt entsprechend für einen Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu erwerben (§ 11 Abs. 2 ErbbauVO) sowie für einen Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, Sondereigentum einzuräumen, zu erwerben oder aufzuheben (§ 4 Abs. 3 WEG).

3 Siehe die ausführliche Übersicht über die in der Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansichten bei Pohlmann, Die Heilung form- nichtiger Verpflichtungsgeschäfte durch Erfüllung, 1992, S. 40 ff.

4 Korte, Handbuch der Beurkundung von Grundstücksgeschäften, 1990, 11. Kapitel Rn. 6 ff.; Schlüter, JuS 1969, 10 (15).

5 Soergel/Wolf, 12. Aufl., 1990, § 313 BGB Rn. 95; U. Hübner, Perso- nale Relativierung der Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften nach dem Schutzzweck der Norm, FS H. Hübner, 1984, S. 487, 493; Flume, Allg. Teil des BGB, Band 2, 3. Aufl. 1979, § 15 III 4 c) aa), S. 278, meint, mit der Auflassung sei eine „gleichwertige Form“ beachtet.

6 Pohlmann, Heilung (Fn. 3), S. 81, S. 93 unter 5. und S. 182; Stau- dinger/Wufka, Neub. 2001, § 313 BGB Rn. 262; Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., 2002, § 313 BGB Rn. 46; MünchKomm/Kanzleiter, 4. Aufl., 2001, § 313 BGB Rn. 74.

7 BGHZ 124, 321 (323 f.); BGH NJW 1978, 1577 im Anschluss an Kanzleiter, DNotZ 1973, 519 (523 f.); BGHZ 73, 391 (397), 82, 398 (405); Hagen, DNotZ 1984, 267 (289).

8 BGHZ 85, 245 (250); ebenfalls zusätzlich auf die Wahrung des Über- eilungsschutzes abstellend BGHZ 82, 398 (403 f.); allein auf diesen Aspekt abstellend BGHZ 32, 11 (13).

9 Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Amtliche Ausgabe, Berlin und Leipzig, 1888 (im Folgenden kurz: Motive Band 2), S. 150 f.

10 Motive Band 2 (Fn. 9), S. 191.

Specks, Heilung von Formmängeln 194 RNotZ 2002, Heft 5

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sicherheit. Es sei „. . . mit dem Interesse der Rechts- sicherheit unvereinbar, . . . dem Verkäufer während der ganzen Verjährungsfrist den Kondiktionsanspruch und damit das Recht zuzugestehen, auf Kosten des Erwerbers zu spekuliren.“11In der zweiten Kommission wurde aber auch in erheblichem Maße Kritik an der Heilungsre- gelung geäußert. Sie bezog sich im Wesentlichen auf den Umstand, dass durch die Heilungsregelung die Möglich- keit geschaffen wurde, ein Grundstück zu übereignen, ohne zuvor den der Übereignung zugrunde liegenden Kausalvertrag beurkunden zu lassen. Denn nach den vorgesehenen Regelungen wäre es den Beteiligten mög- lich gewesen, ohne weiteres, d. h. ohne Vorlage einer ge- richtlichen oder notariellen Urkunde über den Kausal- vertrag, ja selbst ohne Vorlage einer entsprechenden nur privatschriftlichen Urkunde, bei dem für die Entgegen- nahme der Auflassung (vgl. § 925 Abs. 1 BGB alte Fas- sung) zuständigen Grundbuchgericht die Auflassung zu erklären und somit mittels der anschließenden Ein- tragung des Eigentumswechsels über die Heilungsre- gelung einen wirksamen Kausalvertrag herbeizuführen.

Eine Minderheit in der zweiten Kommission hielt das für unvereinbar mit der Regelung, wonach der obliga- torische Grundstücksvertrag an sich zu seiner Gültigkeit der Beurkundung bedurfte. Die Kritiker meinten: „Der Zweck, durch die notarielle oder gerichtliche12Urkunde eine möglichst zuverlässige und vollständige Grundlage für die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien zu ge- währleisten, gehe ganz verloren, wenn der mündliche oder der privatschriftliche Vertrag mit all seinen Mängeln nachträglich durch die Auflassung und Eintragung gültig werden solle.“13Die Mehrheit in der zweiten Kommis- sion, die die Heilungsregelung befürwortete, räumte ein, dass dieser Einwand berechtigt war. Auch sie sah, dass die Beweisfunktion der Beurkundungspflicht durch die Heilungsregelung beeinträchtigt wurde. Dementspre- chend heißt es dazu in den Protokollen: „Zuzugeben sei, dass der Abs. 2 in vielen Fällen die Formvorschrift des Abs. 1 wesentlich abschwächen werde, insbesondere als letzterer dazu bestimmt sei, auf eine verständliche und vollständige Beurkundung des Vertrages hinzuwirken.“14 Man rechtfertigte die Heilung schriftlich oder mündlich abgeschlossener Grundstücksverträge aber unter an- derem mit folgender Überlegung: „Immerhin werde der Hauptzweck des Abs. 1, der Schutz vor Uebereilung, noch in ausreichendem Maße, wenigstens bezüglich der Frage, ob und zu welchem Preise gekauft oder verkauft werden solle, erreicht. Zwischen den formlosen Ab- schluss und das Gültigwerden des obligatorischen Ver- trages schiebe sich die Auflassung ein: der Bauer werde nüchtern, er gewinne Frist zur Ueberlegung, zur Rück- sprache mit der Frau.“15

c) Der Justizausschuss des Bundesrates und die XII.

Kommission des Reichstages

Welches gesetzgeberische Ziel aber letztlich hinter die- sen – die Heilungsregelung rechtfertigenden – Über- legungen stand, zeigt die weitere Gesetzgebungsge- schichte. Bayern, das sich schon zu Beginn der Gesetz- gebungsarbeiten für die Beurkundungsbedürftigkeit des obligatorischen Grundstücksübereignungsvertrages ein- gesetzt hatte,16sah seine Vorstellungen durch die Hei- lungsregelung bedroht.17Bayern hielt es für „dringend

wünschenswerth, dass die Formvorschrift des § 265 unter allen Umständen von den Parteien beobachtet werde.“18 Bayern hatte allerdings erkannt, dass die Heilungsre- gelung nicht unbedingt gestrichen werden musste, um dieses Ziel zu erreichen. Es genügte eine Vorschrift, die – dem heutigen § 925 a BGB entsprechend – die Parteien verpflichtete, bei der Auflassung den ordnungsgemäß beurkundeten Kausalvertrag vorzulegen oder diesen gleichzeitig zu errichten.19 Diese Regelung sollte nach der Vorstellung Bayerns in die Grundbuchordnung auf- genommen werden.20Dieser Vorschlag stieß bei Preußen auf Ablehnung, und zwar mit der Begründung, die Vor- lagepflicht mache die Heilungsregel „illusorisch“.21 Diese Begründung zeigt, dass Preußen die Beurkun- dungspflicht gar nicht absichern wollte. Preußen wollte offensichtlich vielmehr das genaue Gegenteil. Es wollte über die Heilungsregelung für die Parteien die Möglich- keit schaffen, bei der Übereignung eines Grundstücks auf die Beurkundung des Kausalvertrages zu verzichten.

Diese Position Preußens wird auch deutlich in einer Stellungnahme des preußischen Kommissars Struck- mann in den Beratungen der XII. Reichstagskommission;

er lehnte die – unter anderem vom deutschen Notar- verein angeregte – Streichung der Heilungsregelung mit folgender Begründung ab: „Die Streichung des Satzes 2 würde für die Rechtsgebiete, in denen der Grundbesitz sehr zersplittert ist, ein Zwang zu gerichtlicher oder no- tarieller Beurkundung der Verträge aber bis jetzt nicht besteht, zu einer ganz unerträglichen Belästigung und zu einer erheblichen Verteuerung der Vertragsschließung führen.“22

11 Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Band 1, Berlin 1897 (im Folgenden kurz:

Protokolle Band 1), S. 463.

12 § 313 Satz 1 BGB alte Fassung ließ in seiner ursprünglichen Fassung neben der notariellen auch die gerichtliche Beurkundung zu. Durch das Beurkundungsgesetz vom 28. 8. 1969 beseitigte der Gesetzgeber die Zuständigkeit der Gerichte (siehe § 56 BeurkG).

13 Protokolle Band 1 (Fn. 11), S. 462; in dem Argument klingt das spä- ter ausgeräumte Missverständnis an, dass sich die Heilungswirkung nicht nur auf formelle, sondern auch auf sonstige Mängel beziehe;

siehe zu dieser Diskussion Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bür- gerlichen Gesetzbuchs; Recht der Schuldverhältnisse I, §§ 241 – 432, Berlin, New York, 1978 (im Folgenden kurz: Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I), S. 418.

14 Protokolle Band 1 (Fn. 11), S. 463.

15 Protokolle Band 1 (Fn. 11), S. 463.

16 Siehe dazu die entsprechenden Anträge des bayrischen Vertreters in der ersten Kommission, Schmitt, Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Allg. Teil, §§ 1 – 240, 1. Teilband, Berlin, New York, 1985, S. 643 f. und Jakobs/Schubert, Recht der Schuld- verhältnisse I (Fn. 13), S. 405

17 Ausführlich zur bayrischen Haltung Schubert, Bayern und das Bür- gerliche Gesetzbuch, Ebelsbach, 1980, S. 23 ff.

18 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I (Fn. 13), S. 412; ge- meint ist § 265 des zweiten Entwurfs.

19 Zur die Formvorschrift absichernden Funktion des § 925 a BGB vgl.

statt aller MünchKomm/Kanzleiter, 3. Aufl., 1997, § 925 a BGB Rn. 1.

20 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I (Fn. 13), S. 412; die Streichung der Heilungsregelung wurde von Bayern hilfsweise bean- tragt.

21 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I (Fn. 13), S. 414.

22 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I (Fn. 13), S. 420; auf gleicher Linie Bericht der XII. Kommission: „Wolle man . . . das Pu- blikum zwingen, auch beim unbedeutendsten Geschäft über ein Grundstück erst das obligatorische Geschäft vor dem Notare ab- zuschließen und alsdann die gerichtliche Auflassung folgen zu lassen, so müsste der hierdurch erforderliche doppelte Aufwand von Zeit, Mühe und Kosten in dem bei weitem größten Theile von Deutsch- land als ein schwerer Übelstand empfunden werden. Haben beide

Specks, Heilung von Formmängeln RNotZ 2002, Heft 5 195

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3. Die weitere Rechtsentwicklung a) § 98 GBO alte Fassung

Am Ende dieser preußisch-bayrischen Kontroverse stand eine „typisch föderale“ Kompromisslösung, die allerdings mit dem durch das BGB verfolgten Ziel der Rechtsver- einheitlichung in Widerspruch stand: Man einigte sich nämlich darauf, dass die Länder die Parteien verpflichten konnten, bei der Auflassung eine ordnungsgemäß errich- tete Urkunde über den Kausalvertrag vorzulegen (siehe

§ 98 GBO alte Fassung). Auf diese Weise konnte nun je- des Land selbst entscheiden, ob es Grundstücksüber- eignungen ohne die vorherige Beurkundung des obliga- torischen Vertrages zuließ oder nicht. Entsprechend sei- ner bei den Gesetzgebungsarbeiten vertretenen Position machte Bayern von dieser Ermächtigung Gebrauch.23 Ebenso verfuhren einige andere Länder (Baden, Würt- temberg, Lothringen, Bremen, Schaumburg-Lippe, El- saß-Lothringen und Reuß ä. L.).24Preußen und die an- deren Länder ordneten hingegen keine Vorlagepflicht an.

b) Heutige Rechtslage (§ 925 a BGB)

Die bislang nur in Bayern und den genannten anderen Ländern geltende Rechtslage wurde später durch die Verordnung über Auflassungen vom 11. 5. 1934 auf das gesamte Reichsgebiet ausgedehnt. § 1 der Verordnung bestimmte, dass die Notare neben den Grundbuchämtern für die Entgegennahme der Auflassung zuständig sind.25 Nach § 2 der Verordnung sollte die Erklärung einer Auf- lassung nur entgegengenommen werden, wenn die nach

§ 313 Satz 1 BGB (a. F.) erforderliche Urkunde vorgelegt oder gleichzeitig errichtet wird. Der demokratisch legiti- mierte Gesetzgeber hat die letztere Regelung später durch Gesetz vom 5. 3. 1953 in Form von § 925 a BGB in das BGB eingefügt.

4. Schlussfolgerungen

Aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich, dass § 313 Satz 2 BGB alte Fassung in seiner ursprünglichen ge- setzgeberischen Zielrichtung in erster Linie dazu dienen sollte, die materiell-rechtliche Grundlage dafür zu schaf- fen, Grundstücksübereignungen auch ohne Beurkun- dung des Kausalvertrages durchführen zu können. Damit sollte die durch § 313 Satz 1 BGB alte Fassung bestimmte Beurkundungspflicht – die, wie z. B. die Haltung des für das Schuldrecht zuständigen Redaktors der ersten Kom- mission, Franz von Kübel, zeigt, im Rahmen der Bera- tungen des BGB keineswegs unumstritten war26– einge- schränkt werden. Man rechtfertigte diese Möglichkeit,

„§ 313 Satz 1 BGB alte Fassung zu umgehen“, damit, dass mit der Auflassung eine qualifizierte formelle Hürde vorhanden war, die zumindest einen gewissen Schutz des Veräußerers vor Übereilung sicherstellen sollte. Vor die- sem Hintergrund lässt sich bei In-Kraft-Treten des BGB von einem durch § 313 Satz 1 BGB alte Fassung be- stimmten „Formzwang“ jedenfalls in den Reichs- gebieten, in denen der Landesgesetzgeber keinen Ge- brauch von der Ermächtigung in § 98 a. F. GBO gemacht hatte, nur sehr eingeschränkt sprechen.

Angesichts dieser Zusammenhänge wäre es in his- torischer Hinsicht verfehlt, § 313 Satz 2 BGB alte Fas- sung als bloße „Reparaturvorschrift“ für Formmängel zu

verstehen, auch wenn der häufig – in Anlehnung an die

§§ 518 Abs. 2, 766 Satz 2 BGB – verwendete Begriff der Heilungsregelung darauf hindeuten mag. Verfehlt wäre es ebenso, die Heilung mit einer gänzlichen Erreichung der mit § 313 Satz 1 BGB alte Fassung verfolgten Ziele zu erklären. Allen Beteiligten war klar, wie stark § 313 Satz 2 BGB alte Fassung die Formvorschrift in § 313 Satz 1 BGB alte Fassung einschränkte. Die ursprünglich mit § 313 Satz 2 BGB alte Fassung verfolgte gesetz- geberische Zielrichtung hat sich allerdings mittlerweile dadurch erledigt, dass der Gesetzgeber bundeseinheitlich über die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 925 a BGB den Weg für eine Grundstücksübereignung ohne Beur- kundung des Kausalvertrages versperrt hat.27 § 925 a BGB ist zwar wie § 2 der Verordnung über Auflassungen vom 11. 5. 1934 und die früheren entsprechenden lan- desrechtlichen Regelungen „nur“ eine Ordnungsvor- schrift. Seine Missachtung würde weder die Wirksamkeit der Auflassung beeinträchtigen28noch der Anwendung des § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB entgegenstehen.29Im Er- gebnis hat die Regelung aber dazu geführt, dass es heute praktisch keine Fälle mehr gibt, in denen § 313 Satz 2 BGB alte Fassung bzw. § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB ein- greift, ohne dass zuvor eine Beurkundung des Kausalge- schäfts stattgefunden hat.30 In erster Linie findet die Heilungsregelung heute Anwendung in den Fällen, in denen die beurkundungsbedürftigen Abreden der Par- teien unrichtig oder unvollständig beurkundet wurden und dies über § 139 BGB i. V. m. § 125 Satz 1 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Kausalvertrages führt.31Der Sinn und Zweck der Heilungsregelung besteht in diesen Fällen

Parteien in gleichzeitiger Anwesenheit vor dem Richter die Auflas- sung bewilligt, so ist der Zweck des § 307, die Parteien vor übereilten, insbes. vor den sog. Wirtshausgeschäften zu bewahren, unzweifelhaft erreicht . . .“, vgl. Mugdan, Die gesamten Materialen zum BGB, Bd. 2, S. 1275.

23 Vgl. Art. 12 des Bayrischen Ausführungsgesetzes zur Grundbuch- ordnung vom 24. 3. 1897, wonach das Grundbuchamt die Erklärung der Auflassung nur entgegennehmen soll, wenn die nach § 313 BGB erforderliche Urkunde vorgelegt wird; entsprechendes galt für die bayrischen Notare, die gemäß Art. 82 des Bayrischen Aus- führungsgesetzes zum BGB vom 9. Juli 1899 neben den Grundbuch- ämtern für die Entgegennahme der Auflassung zuständig waren; vgl.

dazu Henle/Schmitt, Das Grundbuchwesen in Bayern, Handausgabe mit Erläuterungen von Wilhelm von Henle und Hermann Schmitt, München, 1910, und Henle/Schneider, Die Bayrischen Aus- führungsgesetze zum Bürgerlichen Gesetzbuche vom 9. 6. 1899, Handausgabe, herausgegeben von Wilhelm Henle und Heinrich Schneider, München, 1900; zur Ermächtigung der Landesgesetz- geber, die Zuständigkeit der Notare zur Entgegennahme der Auflas- sung zu bestimmen, vgl. Art. 143 EGBGB alte Fassung.

24 Vgl. Oberneck, Reichsgrundbuchrecht, Band 1, 4. Aufl., Berlin 1909, S. 474.

25 Siehe RGBl. I., S. 378.

26 Vgl. die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, hrsg.

von Werner Schubert, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 1, Allg. Teil, Berlin, New York, 1980, S. 293 ff., S. 303, 305 ff.; v. Kübel sprach in- soweit von einer „Bevormundung“.

27 Übereignungen aus anderen Gründen, z. B. zur Erfüllung eines Ver- mächtnisanspruchs, bleiben für den vorliegenden Zusammenhang außer Betracht.

28 Palandt/Bassenge (Fn. 6), § 925 a BGB Rn. 1.

29 BGH WM 1994, 746 (747).

30 Korte, Handbuch (Fn. 4), 11. Kapitel Rn. 17; der denkbare Fall, dass der Notar die Auflassung unter Missachtung des § 925 a BGB ent- gegennimmt, ist nur theoretischer Natur, siehe Kanzleiter, DNotZ 1973, 519 (523).

31 Vgl. Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf, 7. Aufl., 2000, Rn. 79;

zum Umfang des Formerfordernisses vgl. z. B. MünchKomm/Kanz- leiter (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 49 ff.; vgl. auch Tropf, ZNotP 1998, 258.

Specks, Heilung von Formmängeln 196 RNotZ 2002, Heft 5

(5)

in der sachgerechten Einschränkung der durch den Be- urkundungsmangel verursachten Formnichtigkeit. Es wäre insbesondere im Hinblick auf die Rechtssicherheit unangemessen, wenn jede unrichtige oder unvollständige Beurkundung unabhängig vom Vollzugsstadium des Vertrages dazu führen würde, dem Vertrag die Wirksam- keit zu versagen.

II. § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG

1. Zweck der Formerfordernisse nach § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GmbHG

Sinn und Zweck der Heilungsregelung des § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG erschließen sich erst auf der Grundlage der Ziele, die der Gesetzgeber mit den in § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GmbHG normierten Formvor- schriften verfolgt hat. Mit § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GmbHG wollte der Gesetzgeber verhindern, dass Ge- schäftsanteile „zu einem Gegenstande des Handelsver- kehrs“ werden.32 Außerdem soll durch die Form des Übertragungsaktes gewährleistet sein, „dass Zweifel und Unklarheiten über die Tatsache der Übertragung nicht entstehen können“,33 was insbesondere im Hin- blick auf § 16 GmbHG von besonderer Bedeutung ist.

Ausgehend von diesen in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Zielen sind der Bundesgerichts- hof34 und das ganz überwiegende Schrifttum35 der An- sicht, dass die Formerfordernisse von § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GmbHG eine Erschwerungs- und Be- weisfunktion, im Gegensatz zum Formerfordernis des

§ 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB aber keine Warn- und Schutzfunktion haben.36

2. Zweck der Heilung

Als Sinn der Heilungsregelung des § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG gibt die Gesetzesbegründung an, dass ein ohne die nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG geforderte Form abgeschlossenes Verpflichtungsgeschäft „nachträglich gültig werden (muss), sobald der dingliche Abtretungs- vertrag hinzutritt. Andernfalls würde der materielle Rechtsgrund des Letzteren, wenn er nicht ebenfalls in dem Vertrag beurkundet wird, stets der Wirksamkeit entbehren, so dass auch der dingliche Vertrag selbst der Anfechtung ausgesetzt wäre.“37 Die Rechtsprechung zieht daraus in Übereinstimmung mit dem Schrifttum den Schluss, dass die Heilungsvorschrift den Bestand der formgerecht vollzogenen Abtretung bewirken und eine Rückforderung aus Gründen der Rechtssicherheit aus- schließen will.38

Vor dem Hintergrund der Ziele, die der Gesetzgeber mit den Formvorschriften in § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GmbHG verfolgt, ist die in § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG angeordnete Heilungswirkung folgerichtig.

Der Gesetzgeber musste, um die von ihm erstrebte Er- schwerung der Übertragung von GmbH-Anteilen mit formellen Mitteln zu erreichen, die Formbedürftigkeit nicht nur des Verfügungsgeschäfts, sondern auch die Formbedürftigkeit des Verpflichtungsgeschäfts anord- nen. Denn die Möglichkeit einer formfrei eingehbaren Verpflichtung zur Anteilsübertragung hätte die Mög- lichkeit eröffnet, mit solchen Verpflichtungen Handel zu treiben. Diese Möglichkeit sollte mit dem Mittel der

Formnichtigkeit versperrt werden.39Wenn aber auf der Ebene des Verfügungsgeschäfts die erforderliche Form beachtet ist, dann ist auch der mit § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG beabsichtigte Erschwerungseffekt gewahrt.40 Wenn der Gesetzgeber mit der Heilung den Bestand der Abtretung auch im Hinblick auf die bereicherungs- rechtlichen Vorschriften absichern will, dann tut er dies, da die mit den Formvorschriften verfolgten Ziele ge- wahrt sind. Anders als bei der Heilungsregelung des

§ 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB, bei der der Gesetzgeber die partielle Nichterreichung der mit § 313 Satz 1 BGB a. F./

§ 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB verfolgten Ziele – historisch gesehen sogar in sehr weitem Umfang – in Kauf nahm, beruht die Heilungsregelung des § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG auf einer Wahrung der mit der Form ver- folgten Ziele, zwar nicht auf der Ebene des schuld- rechtlichen, wohl aber auf der Ebene des dinglichen Geschäfts.41

C. Heilungsvoraussetzungen I. Wirksames Verfügungsgeschäft 1. § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB

Gemäß § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB wird der formnichtige Kausalvertrag wirksam, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen. Damit meint der Gesetzgeber nach allgemeiner und richtiger Ansicht, dass die Heilungswirkung mit dem Zeitpunkt des Eigen- tumsübergangs (§§ 873, 925 BGB) eintritt.42

32 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, I. Session, 1890/1892, 5. Anlagenband, S. 3729.

33 Vgl. vorherige Fußnote.

34 Ständige Rechtsprechung, vgl. BGH DNotZ 1999, 756 (757); 1998, 841 (842); BGHZ 130, 71 (74 ); BGH MittRhNotK 1996, 416 (417);

BGHZ 13, 49 (51 f.).

35 Scholz/Winter, 9. Aufl., 2000, § 15 GmbHG Rn. 37; Jasper in Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, 1996, § 24 Rn. 43; Baumbach/Hueck, 17. Aufl., 2000, § 15 GmbHG Rn. 20, 29;

Schlüter, Veräußerung und Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen als Formproblem, FS Bartholomeyczik, 1973, S. 359 (361 f.); Pohl- mann, Heilung (Fn. 3), S. 89 f.; Armbrüster, DNotZ 1997, 762 (767 ff.); ders., DNotZ 1999, 758 ff.; Haidenhain, NJW 1999, 3073 (3075); ders., ZIP 2001, 721 ff. mit dem Vorschlag, die Formvor- schriften in § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GmbHG aufzugeben; Witt, ZIP 2000, 1033 (1036); Schulz, GmbHR 2001, 282 (285); Loritz, DNotZ 2000, 90 (94 ff.) mit Kritik an der Erschwerungsfunktion.

36 A. A. (für Schutzfunktion) Häsemeyer, Die gesetzliche Form der Rechtsgeschäfte, 1971, S. 189 f.; Hachenburg/Zutt, 8. Aufl., 1992, § 15 GmbHG Rn. 9; Roth/Altmeppen, 3. Aufl., 1997, § 15 GmbHG Rn. 44; Kanzleiter, DNotZ 1994, 275 (282 f.); Köbl, DNotZ 1983, 207 (212); siehe auch Schwarz, Einige Überlegungen zum Zweck des Beurkundserfordernisses gemäß § 15 Abs. 3 und 4 GmbHG, Jubi- läums-Festschrift des Rheinischen Notariats, 1998, S. 371 ff.

37 Stenographische Berichte (Fn. 32), S. 3738.

38 BGHZ 127, 129 (136) im Anschluss an Pohlmann, Heilung (Fn. 3), S. 91, 93 f.; Scholz/Winter (Fn. 35), § 15 GmbHG Rn. 72.

39 Ähnlich Pohlmann, Heilung (Fn. 3), S. 91; Haidenhain, NJW 1999, 3073 (3076).

40 Vgl. Schlüter, JuS 1969, 10 (15) Fußnote 47; Haidenhain, NJW 1999, 3073 (3075); abweichend Pohlmann, Heilung (Fn. 3) S. 91 und 59, wonach man die Heilung nur „schwerlich mit der Erreichung der Formzwecke begründen“ könne; nach BGHZ 127, 129 (136) sei der Formzweck durch die Anteilsübertragung nicht erreicht, er habe sich aber „erledigt“.

41 Kritisch insoweit Pohlmann, GmbHR 1995, 412 (414).

42 Vgl. z. B. BGHZ 73, 391 (395 ff.).

Specks, Heilung von Formmängeln RNotZ 2002, Heft 5 197

(6)

a) Wirksame Auflassung

Voraussetzung für eine Heilung nach § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB ist eine wirksame Auflassung.43

aa) Erforderliche Genehmigungen

Das bedeutet insbesondere, dass die Heilung dann, wenn die Auflassung bzw. das Verfügungsgeschäft genehmi- gungsbedürftig ist, erst mit Erteilung der Genehmigung eintreten kann.44

bb) Wirksame Auflassungsvollmacht

(1) Vollmachtserteilung im Rahmen eines nichtigen Kausalgeschäfts

Schwierige Fragen können sich hinsichtlich der Wirk- samkeit der Auflassung stellen, wenn die Beteiligten die Auflassung nicht selbst erklären, sondern diese aufgrund einer Auflassungsvollmacht erklärt wird. Im Hinblick auf

§ 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB, d. h. im Hinblick auf formelle Mängel,45ist die Wirksamkeit der Auflassungsvollmacht und damit der Auflassung insbesondere dann fraglich, wenn die Vollmacht im Rahmen eines nach § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB beurkundungsbedürftigen Geschäfts erteilt wurde, das nicht formgerecht beurkundet wurde.

(a) Rechtsprechung und Schrifttum

Die Lösung derartiger Fallkonstellationen ist streitig.

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die Formnich- tigkeit eines Vertrages im Zweifel gemäß § 139 BGB auch die Unwirksamkeit der im Vertrag enthaltenen Auflassungsvollmacht zur Folge hat.46 Die Vermutung des § 139 BGB sei aber dann widerlegt, wenn eine Partei die andere unwiderruflich zur Auflassung bevoll- mächtige, um so die Vollziehung des Vertrages – und da- mit dessen Heilung gemäß § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB – zu sichern.47Im Schrifttum wird diese Rechtsprechung zum Teil als zu eng kritisiert und in diesen Fällen für eine ge- nerelle Wirksamkeit der Auflassungsvollmacht plä- diert.48Wenn, so wird argumentiert, die Auflassungsvoll- macht bei Parteien, die den Kaufpreis in der Urkunde bewusst falsch angegeben hätten, wirksam bleibe, so müsse dies erst recht gelten, wenn den Vertragsparteien die Nichtigkeit des Vertrages nicht bewusst gewesen sei.49 Zum Teil wird der Rechtsprechung vorgeworfen, nicht im erforderlichen Maße im Hinblick auf § 139 BGB zu prü- fen, ob die Parteien die Auflassungsvollmacht auch dann erteilt hätten, wenn sie die Nichtigkeit des Kausal- vertrages gekannt hätten.50Andere Stimmen im Schrift- tum meinen, die aufgrund formfehlerhafter Bevoll- mächtigung erklärte Auflassung sei geeignet, die Heilung des Verpflichtungsgeschäfts herbeizuführen.51Begründet wird dies damit, dass der Fehler der Vertretungsmacht nicht auf der inhaltlichen Ebene der Bevollmächtigung liege, sondern allein die Form betreffe.52

(b) Stellungnahme

Richtiger Ansatzpunkt für die Lösung der Frage ist § 139 BGB. Danach ist das gesamte Rechtsgeschäft nichtig, wenn ein Teil des Rechtsgeschäfts nichtig ist und nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Voraussetzung für die An- wendung von § 139 BGB auf das Verhältnis zwischen

Auflassungsvollmacht und Kausalgeschäft ist demnach, dass beide Teile eines einheitlichen Rechtsgeschäfts sind.

Dafür ließe sich anführen, dass die Auflassungsvollmacht letztlich der Durchführung/Erfüllung53 des Kausalge- schäfts dient und schon deshalb eine rechtliche Einheit mit diesem bildet. Dabei bleibt aber zu beachten, dass nach der gesetzlichen Konstruktion sowohl das Er- füllungsgeschäft eines Kausalgeschäfts als auch die auf der Grundlage eines Kausalgeschäfts erteilte Vollmacht (jedenfalls was ihre Erteilung anbelangt) von diesem ab- strakt ist, d. h. mit diesem jedenfalls im Grundsatz keine rechtliche Einheit in dem Sinne bildet, dass Mängel des Kausalgeschäfts „automatisch“ auf das Erfüllungsge- schäft oder auf die auf der Grundlage des Kausalge- schäfts erteilte Vollmacht „durchschlagen“.54Mit der ge- nerellen Abstraktheit des Erfüllungsgeschäfts und der Vollmacht im Verhältnis zum Kausalgeschäft ist aller- dings die Frage der rechtlichen Einheit zwischen diesen Rechtsgeschäften noch nicht abschließend im ver- neinenden Sinne beantwortet. Denn jedenfalls nach der Rechtsprechung und einem Teil des Schrifttums bildet das Abstraktionsprinzip für die Parteien keine zwin- gende Schranke, die es ihnen verwehrte, Kausalgeschäft und Erfüllungsgeschäft bzw. Vollmacht zu einer rechtli- chen Einheit zu verknüpfen, sodass Mängel des Kausal- geschäfts eben doch auf das Erfüllungsgeschäft durch- schlagen.55Ausnahmen gelten nach dieser Ansicht u. a.

dort, wo das Verfügungsgeschäft bedingungsfeindlich ist, wie z. B. bei § 925 Abs. 2 BGB, und es den Parteien daher verwehrt ist, die Wirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts von derjenigen des Kausalgeschäfts abhängig zu ma- chen.56Folgt man der Rechtsprechung und hält den Par- teiwillen für maßgeblich, so spricht vor dem Hintergrund der Vertragsfreiheit nichts dagegen, die Frage, ob Kau- salgeschäft und Auflassungsvollmacht nach dem Willen der Parteien zu einer rechtlichen Einheit verknüpft sind, nicht mit einem generellen Ja oder einem generellen

43 Vgl. BGH NJW 1996, 395 (396 f.); BGHZ 29, 6 (9); RGZ 94, 147 (150); MünchKomm/Kanzleiter, § 313 BGB Rn. 76; Palandt/Hein- richs (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 47.

44 MünchKomm/Kanzleiter (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 76; Staudinger/

Wufka (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 274; BGH WM 1980, 1032; MDR 1958, 593; RGZ 137, 324 (352 f.); 111, 239 (244 f.).

45 Zu materiellen Mängeln der Vollmacht vgl. BGH DNotZ 2002, 51;

Hermanns, DNotZ 2001, 1 (9 ff.).

46 BGH DNotZ 1990, 357; WM 1988, 48 (52); DNotZ 1988, 551; NJW 1985, 730; WM 1964, 182 (183); vgl. auch RGZ 94, 147 (149); 103, 295 (302); BGH NJW 1992, 3237 (3238).

47 BGH WM 1964, 182 (183); WM 1988, 48 (52); DNotZ 1990, 359 (360).

48 Brambring, DNotZ 1978, 149 (151); kritisch zur Rechtsprechung auch Heckschen, DNotZ 1990, 360 (361).

49 Brambring, DNotZ 1978, 149 (151).

50 Heckschen, DNotZ 1990, 360 (361).

51 Korte, Handbuch (Fn. 4), 11. Kapitel Rn. 52 ff., 55; Staudinger/

Wufka (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 149 m. w. N.; wohl auch Kuhn, RNotZ 2001, 305 (311); Reithman in Reithman/Meichssner/v. Heymann, Kauf vom Bauträger, 7. Aufl. 1995, D 142; a. A. Zimmermann, BWNotZ 1993, 35 (38).

52 So Korte, Handbuch (Fn. 4), 11. Kapitel Rn. 54.

53 Erfüllung ist hier im untechnischen Sinne gemeint; mangels wirk- samen Schuldverhältnisses liegt in diesen Fallkonstellationen eine Erfüllung im technischen Sinne, d. h. im Sinne des § 362 BGB, nicht vor.

54 Zur Abstraktheit der Vollmacht siehe z. B. Palandt/Heinrichs (Fn. 6), Einf. vor § 164 BGB Rn. 2 und § 167 BGB Rn. 4.

55 BGH NJW 1991, 917 (918); DNotZ 2002, 48 (50); 2002, 51 (54).

56 Vgl. BGH NJW 1992, 3237 (3238); Staudinger/Roth, 13. Aufl. 1996,

§ 139 BGB Rn. 55.

Specks, Heilung von Formmängeln 198 RNotZ 2002, Heft 5

(7)

Nein, sondern differenziert nach Art der Mängel des Kausalgeschäfts zu beantworten. Liegen materielle un- heilbare Mängel vor, so mag es nahe liegen, einen Willen der Parteien anzunehmen, dass auch die zur Durch- führung des Geschäfts dienende Vollmacht unwirksam sein soll.57Anders hingegen liegt es bei formellen heil- baren Mängeln des Kausalgeschäfts. Den Parteien inso- weit den Willen zur rechtlichen Einheit von Kausalge- schäft und Vollmacht zu unterstellen, hieße ihnen zu un- terstellen, dass sie ihr Vertragsverhältnis endgültig nicht auf eine wirksame Grundlage stellen wollen. Ein solcher Wille wird in aller Regel nicht vorliegen. Vielmehr ist in der Regel anzunehmen, dass die Parteien, wenn der Ver- trag schon an formellen Mängeln leidet, deren Heilung wollen, um so in den Genuss der vertraglichen Schutz- rechte zu kommen. Dieser Argumentation entspricht es im Ergebnis, dass im Schrifttum zum Teil eine Verknüp- fung von Kausalgeschäft und Erfüllungsgeschäft kraft Parteiwillens dort als ausgeschlossen angesehen wird, wo das Erfüllungsgeschäft heilende Wirkung entfaltet.58 Hält man die Vollmacht hingegen für unwirksam, bleibt nur die Möglichkeit, dass die Wirksamkeit der Auflas- sung, die der nicht wirksam Bevollmächtigte erklärt hat, und damit gegebenenfalls die Heilung des Vertrages durch eine Genehmigung des Vertretenen nach § 177 Abs. 1 BGB eintritt.59 Die Bejahung einer Genehmi- gungserklärung setzt aber voraus, dass sich der Er- klärende der schwebenden Unwirksamkeit bewusst ist oder mit einer solchen Möglichkeit zumindest rechnet.60 (2) Vollmachtserteilung mittels

nur beglaubigter Erklärung

Unwirksam und damit zur Herbeiführung der Heilung nicht geeignet ist eine Auflassung, die aufgrund einer wegen der faktischen Bindung des Vollmachtgebers be- urkundungsbedürftigen, tatsächlich aber nur beglaubig- ten Auflassungsvollmacht erklärt wird.61

b) Eintragung

Neben der Auflassung setzt § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB ferner voraus, dass der Erwerber als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden ist. Die Eintragung einer Auflassungsvormerkung genügt nicht.62 Die Ein- tragung muss sich auf das aufgelassene Grundstück be- ziehen. Daraus folgt, dass die Heilung in Fällen, in denen es bei der Auflassung zu einer irrtümlichen Falschbe- zeichnung gekommen ist, erst mit der Umschreibung des tatsächlich gemeinten Grundstücks eintreten kann.63 Geht die Eintragung – atypischerweise – der Auflassung voraus, steht dies einer Heilung nicht entgegen, wenn die nachfolgende Auflassung zum Eigentumsübergang führt;64denn § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB knüpft hinsicht- lich der Heilung an den Eigentumsübergang an und ver- langt keine bestimmte Reihenfolge von Auflassung und Eintragung.

c) Berechtigung

Da § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB die Heilung von der Auf- lassung und der Eintragung und damit vom Eigentums- übergang abhängig macht, kommt eine Heilung auch dann in Betracht, wenn der Verfügende als Nichtberech- tigter handelt, sofern die Voraussetzungen für einen gut-

gläubigen Erwerb nach § 892 BGB auf Erwerberseite vorliegen.65

d) Erwerbsvorgänge nach ausländischem Recht Wird über ein im Ausland gelegenes Grundstück ein schuldrechtlicher Vertrag geschlossen, der infolge einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien dem deut- schen Recht unterliegt und damit nach § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB beurkundungsbedürftig ist,66so kommt nach zutreffender Ansicht der Rechtsprechung eine Heilung eines Formmangels dieses Vertrages in Betracht, wenn es hinsichtlich des betroffenen Grundstücks zum Eigen- tumsübergang kommt.67 Maßgeblich für die Beant- wortung dieser Frage ist die lex rei sitae.68Insoweit kann die Prüfung erforderlich werden, ob das maßgebliche ausländische Recht – vergleichbar dem deutschen, vom Abstraktionsgrundsatz ausgehenden Recht – eine Über- eignung auf der Grundlage eines nichtigen Kausalge- schäfts zulässt. Bei Rechtsordnungen mit so genanntem kausalen Übereignungssystem ist dies nicht der Fall.69 Für Übereignungsvorgänge, die sich nach dem früheren Zivilrecht der ehemaligen DDR beurteilten, hat der BGH richtigerweise eine Heilung analog § 313 Satz 2 BGB alte Fassung abgelehnt, da das Zivilrecht der ehe- maligen DDR eine Trennung von schuldrechtlichem Ge- schäft und dinglichem Vollzug nicht kannte und die staatliche Kontrolle des Bodenverkehrs in der DDR ab- soluten Vorrang vor der Rechtssicherheit hatte, deren Schutz § 313 Satz 2 alte Fassung bezweckt.70

e) Eigentumserwerb nach § 90 ZVG

Ein Eigentumserwerb durch Zuschlag im Rahmen der Zwangsversteigerung nach § 90 ZVG ist zur Her- beiführung der Heilung in entsprechender Anwendung von § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB ebenso geeignet wie ein Eigentumserwerb nach §§ 873, 925 BGB durch Auflas- sung und Eintragung.71Die Analogie gründet sich in die-

57 Siehe Hermanns, DNotZ 2001, 1 (9 f.).

58 Staudinger/Roth (Fn. 56), § 139 BGB Rn. 55; Palandt/Heinrichs (Fn. 6), § 139 BGB Rn. 9.

59 RGZ 103, 295 (303); BGH WM 1980, 1032 (1033).

60 BGH WM 1980, 1032 (1033); BGH NJW 1997, 312 (313).

61 OLG Schleswig DNotZ 2000, 775 (777); der Fall zeigt, dass – entge- gen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (MünchKomm/Kanz- leiter, Fn. 6, § 313 BGB Rn. 46; Kuhn, RNotZ 2001, 305, 310) – auf Auflassungsvollmachten durchaus die Grundsätze über die Formbe- dürftigkeit von Vollmachten bei rechtlicher oder tatsächlicher Bin- dung anzuwenden sind, da die bloße Ordnungsvorschrift des § 925 a BGB in diesen Fällen keine ausreichende Gewähr für die Beachtung des Beurkundungserfordernisses ist.

62 Palandt/Heinrichs (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 50.

63 So zu Recht Staudinger/Wufka, (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 291 und MünchKomm/Kanzleiter (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 77; RGZ 60, 338.

64 Dazu BGH NJW 2000, 805 (806).

65 BGHZ 47, 266 (270).

66 Dazu MünchKomm/Kanzleiter (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 8; BGHZ 52, 239 (241); 73, 391 (394).

67 BGHZ 73, 391 (395 ff.), wo der BGH bei einer Übereignung nach spanischem Recht für die Heilung die sog. „Escritura“ für aus- reichend hielt und die Heilung damit nicht von der Eintragung im

„Registro de la Propiedad“ abhängig machte; OLG München OLGZ 74, 19; OLG Düsseldorf NJW 1981, 529.

68 MünchKomm/Kanzleiter (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 80; BGHZ 73, 391 (395); OLG Düsseldorf NJW 1981, 529.

69 Vgl. z. B. für die Schweiz v. Thur, Die Eigentumsübertragung nach schweizerischem Recht ZSR 40 (1921), 40.

70 BGH DNotZ 1994, 300 (301); 1994, 294 (296).

71 MünchKomm/Kanzleiter (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 80.

Specks, Heilung von Formmängeln RNotZ 2002, Heft 5 199

(8)

sem Fall auch darauf, dass mit dem Versteigerungsver- fahren eine der Auflassung vergleichbare, qualifizierte formelle Hürde für den Erwerb besteht. Auf die Ein- tragung des Erwerbers kommt es beim Erwerb nach § 90 ZVG richtiger Ansicht nach für die Heilung nicht an, da sie hier anders als bei § 873 BGB nicht konstitutiver, sondern lediglich deklaratorischer Natur ist.72

2. § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG

a) Rechtsprechung und herrschende Ansicht im Schrifttum zur Heilung bei bedingter Abtretung Die Rechtsprechung und die überwiegende Ansicht in der Literatur legen hinsichtlich der Heilungsvoraus- setzungen bei § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG die gleichen Maßstäbe an wie bei § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB. So wie bei § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB für die Heilung der Eigen- tumsübergang erforderlich sei, so sei bei § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG für die Heilung der Übergang des oder der Geschäftsanteile erforderlich.73 Diesen Maßstab legen Rechtsprechung und herrschende Meinung im Schrifttum insbesondere bei bedingten Anteilsüber- tragungen zugrunde. Ist also z. B. der Übergang des Ge- schäftsanteils von der Zahlung des für ihn vereinbarten Kaufpreises abhängig gemacht worden, so tritt die Hei- lungswirkung erst ein, wenn entweder die Bedingung durch Zahlung des Kaufpreises eingetreten ist oder – was der BGH für zulässig hält – der Verkäufer auf die Bedin- gung verzichtet hat.74

b) Mindermeinung

Im Schrifttum finden sich – im Anschluss an Wolf75 – vermehrt Stimmen, die eine Heilung bei bedingter Ab- tretung bereits mit dem Abschluss des die bedingte Übertragung enthaltenden Abtretungsvertrages und da- mit bereits vor Bedingungseintritt oder Bedingungsver- zicht bejahen wollen.76Zur Begründung werden im We- sentlichen folgende Argumente vorgebracht: Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG komme es nur auf den Abschluss des notariellen Abtretungsvertrages an; dieser sei unabhängig vom Bedingungseintritt nach

§§ 145 ff. BGB bereits mit der Annahme des Angebotes zustande gekommen. Auch Sinn und Zweck der Heilung ließen eine Heilung vor Bedingungseintritt zu. Die Hei- lung solle die durch das Verfügungsgeschäft erlangte Rechtsposition des Erwerbers gegen die bereichungs- rechtliche Rückabwicklung schützen. Der Erwerber er- lange durch die bedingte Abtretung bereits ein Anwart- schaftsrecht an dem Anteil und damit bereits eine schüt- zenswerte Rechtsposition. Schließlich sei zu berück- sichtigen, dass auch durch eine bedingte Abtretung der von § 15 Abs. 3 GmbHG bezweckte Erschwerungseffekt erreicht sei; von dieser Erreichung des Erschwerungs- effektes habe der Gesetzgeber die Heilungswirkung ab- hängig gemacht.77

c) Stellungnahme

aa) Wortlaut und Systematik

Der Mindermeinung ist einzuräumen, dass der notarielle Abtretungsvertrag bereits mit dem Austausch der ent- sprechenden Willenserklärungen zustande kommt und der Bedingungseintritt erst für die Frage von Bedeutung

ist, ob das Rechtsgeschäft die beabsichtigte Wirkung er- zeugt (§ 158 Abs. 1 BGB). Daraus lässt sich aber noch nicht zwingend folgern, dass der Gesetzgeber die Heilung bereits vor Übergang des Geschäftsanteils auf den Er- werber eintreten lassen wollte.78 Dagegen spricht der systematische Zusammenhang zwischen § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG und § 15 Abs. 3 GmbHG. Der Gesetz- geber hat § 15 Abs. 3 GmbHG – obwohl es der Sache nach eine Formvorschrift ist – als Regelung konzipiert, die die Übertragung von Geschäftsanteilen regelt. Dies zeigt der Wortlaut der Vorschrift und auch § 15 Abs. 5 GmbHG, wo von „weiteren Voraussetzungen“ für die Abtretung die Rede ist. Von der Formulierung her ist

§ 15 Abs. 3 GmbHG daher mit sonstigen Regelungen zu vergleichen, die die Voraussetzungen für die Über- tragung von Vermögensgegenständen regeln, wie z. B.

§ 398 BGB für Forderungen und §§ 873, 925 BGB für unbewegliche Sachen. Wenn § 15 Abs. 3 GmbHG den notariellen Abtretungsvertrag als erforderliche und wie der Zusammenhang mit § 15 Abs. 5 GmbHG zeigt auch als grundsätzlich hinreichende Voraussetzung für die Übertragung bezeichnet, dann deutet dies darauf hin, dass der Gesetzgeber, wenn er im unmittelbar folgenden Absatz von dem „nach Maßgabe des Absatz 3 geschlos- senen Vertrag“ spricht, nicht in erster Linie die dazu er- forderlichen notariell beurkundeten Willenserklärungen, sondern die Übertragung als solche gemeint haben dürfte. Dafür spricht auch ein Vergleich mit der Formu- lierung in § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB. Auch hier formu- liert der Gesetzgeber nicht, dass die Heilung mit dem Übergang des Eigentums eintritt, sondern er bezieht sich mit der Formulierung, dass die Heilung mit Auflassung und Eintragung eintritt, auf die einschlägigen Normen (§§ 873, 925 BGB), die bei Grundstücken die Über- eignungsvoraussetzungen bestimmen.

bb) Sinn und Zweck

Während die Systematik von § 15 Abs. 3 und Abs. 4 GmbHG für die herrschende Meinung spricht, dürfte aus teleologischen Aspekten nicht herzuleiten sein, welche der beiden Ansichten die richtige ist. Denn beide An- sichten kommen zu einem Ergebnis, mit dem die Rechtssicherheit geschützt und die bereicherungs- rechtliche Rückabwicklung verhindert wäre. Denn ge- stritten wird nur über den Zeitpunkt der Heilung, nicht

72 So zu Recht OLG Koblenz ZfIR 2000, 320 (321); a. A. Soergel/Wolf (Fn. 5), § 313 BGB Rn. 99 und Staudinger/Wufka (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 331; offen lassend BGHZ 85, 245 (251).

73 BGH DNotZ 1999, 420 (425); 1995, 557; 1990, 122 f.; Scholz/Winter (Fn. 35), § 15 GmbHG Rn. 72 a; Baumbach/Hueck (Fn. 35), § 15 GmbHG Rn. 35; Loritz, DNotZ 2000, 90 (92); Tiedtke, DNotZ 1999, 429 (430); Jasper in Münchner Handbuch Band 3 (Fn. 35), § 24 Rn. 103; Rowedder, GmbHG, 3. Aufl., 1997, § 15 Rn. 16; Hai- denhain, NJW 1999, 3073 (3074); Boujong, WiB 1997, 238 (243);

Kieß, JR 1996, 64 (65); erforderlich ist eine formgerechte Abtretung, vgl. Reithmann, WuB II B § 15 GmbHG 1.92.

74 Vgl. die Rechtsprechungsnachweise in der vorherigen Fußnote.

75 Wolf in LM § 15 GmbHG Nr. 28.

76 Schnorbus, MDR 1995, 678 (681); Moll, MDR 1998, 1041 (1042);

Pohlmann, NJW 1999, 190 (192) unter Aufgabe ihrer in GmbHR 1995, 412 Fußnote 2 vertretenen Ansicht; Schubert/Petersen-Thrö, JR 1996, 240 (241).

77 Vgl. zu dieser Argumentation die Nachweise in der vorherigen Fuß- note.

78 So aber wohl Schnorbus, a. a. O. (Fn. 76), der den Wortlaut für ein- deutig hält.

Specks, Heilung von Formmängeln 200 RNotZ 2002, Heft 5

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über die Heilung als solche. Dass die Mindermeinung die Heilung bereits zu einem Zeitpunkt eintreten lässt, in dem mangels Bedingungseintritts noch gar nicht klar ist, ob es zum Übergang des Anteils, dessen Bestand im Hinblick auf das Bereicherungsrecht gesichert werden soll, kommt, lässt sich nicht als Argument gegen die Mindermeinung anführen. Das zeigt ein Vergleich zu der schenkungsrechtlichen Heilungsregelung in § 518 Abs. 2 BGB, deren Zweck vergleichbar § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG darin besteht, eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung der vollzogenen Schenkung zu verhin- dern.79Hier nimmt die h. M. – gestützt auf den Wortlaut des § 518 Abs. 2 BGB, der die Heilung vom „Bewirken der versprochenen Leistung“ abhängig macht – an, dass die Heilung nicht erst mit dem Leistungserfolg, sondern bereits dann eintritt, wenn der Schuldner alles das getan hat, was er für den Vollzug tun muss, sodass ein bedingter oder befristeter Vollzug genügt.80Hier zeigt sich, dass der Gesetzgeber bei der Heilung durchaus an frühere Zeit- punkte als den Zeitpunkt des Leistungserfolges anknüp- fen kann. Abzulehnen ist in diesem Zusammenhang al- lerdings – die von Wolf vertretene – These, der Erwerber habe durch die bedingte Abtretung ein Anwartschafts- recht erworben, das es durch die Heilung vor der be- reicherungsrechtlichen Rückabwicklung zu schützen gelte.81Denn ein Anwartschaftsrecht liegt nach der gän- gigen Begriffsbestimmung vor, wenn von einem mehr- aktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer ge- sicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen wer- den kann, die der andere an der Entstehung des Rechts Beteiligte nicht mehr einseitig zu zerstören vermag.82 Eine solche nicht mehr angreifbare Rechtsposition setzt aber gerade eine wirksame causa voraus, denn ansonsten besteht jedenfalls im Grundsatz die Möglichkeit der be- reicherungsrechtlichen Rückabwicklung.83

Zusammenfassend ist Folgendes festzuhalten: Sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck von § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG lassen beide Auslegungen zu. Entschei- dend ist daher der dargelegte, für die herrschende Mei- nung sprechende systematische Zusammenhang von § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 GmbHG. Im Ergebnis ist daher der herrschenden Meinung zu folgen, wonach der Form- mangel erst mit Bedingungseintritt oder -verzicht geheilt wird.

II. Fortbestehende Willensübereinstimmung 1. Ansicht der Rechtsprechung und Literatur a) § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH, die die ent- sprechende Rechtsprechung des Reichsgerichtes fort- setzt, setzt die Heilung nach § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB voraus, dass die Parteien hinsichtlich ihrer formnichtigen Kausalvereinbarung noch im Zeitpunkt der Auflassung einig sind. Die Willensübereinstimmung muss also nicht bis zum Eintritt der Heilung, d. h. bis zum Zeitpunkt des Übergangs des Eigentums fortbestehen.84Der nach der Auflassung erklärte einseitige „Widerruf“ der Kausal- vereinbarung durch eine Partei sei – so die Recht- sprechung – für den Eintritt der Heilungswirkung unbe- achtlich.85Zugelassen hat die Rechtsprechung allerdings

– jedenfalls, sofern die Partei die Auflassung nicht in Kenntnis der Formunwirksamkeit erklärt hat (§ 814 BGB) – eine Kondiktion der Auflassung mit dem Ziel, die Heilung des Vertrages zu „verhindern“.86Begründet hat die Rechtsprechung ihre Ansicht, dass es hinsichtlich der Willensübereinstimmung auf den Zeitpunkt der Auflassung ankomme, damit, dass die Auflassung ein

„mittelbares Bekenntnis“ zu dem Kausalgeschäft sei und bereits die Auflassung nach der gesetzlichen Konzeption die Gewähr dafür bieten solle, dass der Entschluss zur Eigentumsübertragung mit Überlegung gefasst sei; die Eintragung hingegen habe mit dem Schutz vor Über- eilung nichts zu tun, sondern stelle lediglich die Voll- ziehung der Auflassung dar.87Die Beteiligten seien an die Auflassung gebunden; diese könne vor der Eintragung nicht mehr einseitig widerrufen werden. Es sei nicht da- von auszugehen, dass das Gesetz den Widerruf nach der dinglichen Seite habe ausschließen, ihn aber nach der obligatorischen Seite noch bis zur Eintragung habe ge- statten wollen, zumal dies den Bestand des dinglichen Geschäfts in Frage stellen würde.88 Das Schrifttum ist dieser Ansicht der Rechtsprechung einhellig gefolgt.89 b) § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG

Diese bei § 313 Satz 2 BGB alte Fassung entwickelten Grundsätze hat der BGH nunmehr auch auf § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG übertragen.90Auch hier müsse die nötige Willensübereinstimmung der Parteien hinsichtlich des Kausalgeschäfts nicht bis zu dem Augenblick bestehen, in dem der Erwerber neuer Inhaber des Geschäftsanteils werde und damit die Heilungswirkung eintrete. Es reicht nach Ansicht des BGH aus, wenn die Willensüber- einstimmung (noch) in dem Augenblick bestanden hat, in dem die dinglichen Willenserklärungen der Parteien, die zur Abtretung erforderlich sind, für die Parteien nicht mehr einseitig widerrufbar sind. Bei bedingten Abtre- tungen lässt es der BGH daher ausreichen, wenn die Willensübereinstimmung bei Abschluss des bedingten (notariellen) Abtretungsvertrages vorliegt; ob sie auch beim Eintritt der Bedingung vorliegt, sei unerheblich.91 Das Schrifttum ist dieser Rechtsprechung ganz über- wiegend gefolgt.92

79 Vgl. dazu näher Pohlmann, Heilung (Fn. 3), S. 82 f.

80 Palandt/Putzo (Fn. 6), § 518 BGB Rn. 9; BGH NJW-RR 1989, 1282 81 Wolf, a. a. O. (Fn. 75).

82 Vgl. BGHZ 83, 395 (399).

83 Zu den bereicherungsrechtlichen Fragen und der „Verhinderung der Heilung“ vgl. unten G.

84 BGH DNotZ 1995, 557 (561 f.); NJW 1994, 586 (588); DNotZ 1980, 222 (224); WM 1963, 943; RGZ 109, 351 (354); RG Gruchot Band 51 (1907), S. 926 (930); Band 57 (1913), S. 946 (947 f.); bedenklich hin- sichtlich des Umfangs der Willensübereinstimmung BGH NJW 1981, 2293.

85 Vgl. RGZ 109, 351 (354); 108, 329 (333); RG Gruchot Band 57 (1013), S. 946 (948).

86 RGZ 108, 329 (333); 133, 275 (zur Beweislast); BGHZ 54, 56 (65); zu den Einzelheiten vgl. unten G.

87 Grundlegend RG Gruchot Band 51 (1907), S. 926 (930); Band 57 (1913), S. 946 (948); RGZ 109, 351 (354).

88 RG Gruchot Band 57 (1913), S. 946 (948).

89 Statt aller MünchKomm/Kanzleiter (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 76.

90 BGH DNotZ 1995, 557 (560 ff.).

91 BGH DNotZ 1995, 557 (560 ff.).

92 Scholz/Winter (Fn. 35), § 15 GmbHG Rn. 73; Baumbach/Hueck (Fn. 35), § 15 GmbHG Rn. 35; Pohlmann, GmbHR 1995, 412 (413 f.);

Tiedtke, DNotZ 1999, 429 (430 f.); Huke, BWNotZ 1997, 156 (165);

ablehnend hingegen Kieß, JR 1996, 64, 65.

Specks, Heilung von Formmängeln RNotZ 2002, Heft 5 201

(10)

2. Rechtliche Bedenken

Der Rechtsprechung des BGH ist zugute zu halten, dass sie mit ihrer extensiven Auslegung93 der Heilungsvor- schriften die Gefahr einer bereicherungsrechtlichen, auf Formmängel gestützten Rückabwicklung von vollzoge- nen Grundstücksübereignungen und Anteilsübertragun- gen verringert. Dies kann man mit guten Gründen im Sinne der Rechtssicherheit, deren Schutz § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB und § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG bezwecken, für sinnvoll und geboten halten.94Auch dem BGH dürfte jedoch bewusst sein, dass seine Lösung in hohem Maße

„ergebnisorientiert“ ist und in rechtlicher Hinsicht be- denklich erscheint. Denn dass ein Vertrag unter Eintritt bestimmter (Heilungs-)Voraussetzungen gültig wird, setzt nun einmal begrifflich voraus, dass der Vertrag, d. h.

die Willenseinigung der Parteien, in diesem Zeitpunkt noch vorhanden ist. Ist dies nicht der Fall, fehlt der Hei- lungswirkung ihr Objekt, sie geht ins Leere. Dies wird auch belegt durch den allgemein anerkannten Grundsatz, dass sich die Heilungswirkung nur auf Formmängel, nicht auf sonstige Mängel des Kausalvertrages bezieht.95Ein solcher sonstiger Mangel liegt insbesondere dann vor, wenn die Einigung gar nicht mehr besteht. Wollte man hier ein Gültigwerden des Vertrages annehmen, so wäre dies nicht mehr als „Heilung“ zu bezeichnen, dies wäre

„Wiederbelebung“. Die Ansicht der Rechtsprechung lässt sich daher nur dann halten, wenn man der form- nichtigen schuldrechtlichen Einigung der Parteien eine Bindungswirkung beimisst, die ihren Fortbestand davor sichert, dass eine Partei die Willensübereinstimmung einseitig beenden kann. Eine solche Bindung ist aber mit dem Charakter der (Form-) Nichtigkeit nicht vereinbar, die als stärkste Form der Unwirksamkeit gerade durch das Fehlen jeglicher Bindung gekennzeichnet ist. Eine solche Bindung kann auch nicht aus § 873 Abs. 2 BGB, der in bestimmten Fällen eine Bindung an die Auflassung normiert, hergeleitet werden. § 873 Abs. 2 BGB betrifft die Auflassung. Dass der Gesetzgeber, der zwischen Kausal- und Verfügungsgeschäft genauestens unter- scheidet und von der Abstraktheit des Letzteren von Er- sterem ausgeht, damit auch das schuldrechtliche Ge- schäft gemeint haben sollte, ist eher fernliegend, zumal er hinsichtlich des schuldrechtlichen Geschäfts eine klare Regelung getroffen hat. Dieses ist zunächst gemäß

§ 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB, § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG i. V. m. § 125 Satz 1 BGB formnichtig und damit nicht bindend und wird später mit Auflassung und Eintragung bzw. Anteilsübertragung gültig und damit bindend. Das

„formnichtig-bindend-heilbare Rechtsgeschäft“ im Sinne der Rechtsprechung stellt bei dieser klaren gesetzlichen Regelung einen Fremdkörper dar.

III. Bezug zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft

Nach richtiger Ansicht der Rechtsprechung bezieht sich die heilende Wirkung des Verfügungsgeschäfts (Grund- stücksübereignung oder Anteilsübertragung) nur auf Formmängel des Verpflichtungsgeschäfts, dessen Voll- ziehung das Verfügungsgeschäft dient.96Wird beispiels- weise ein formnichtiger (obligatorischer) Geschäftsan- teilsübertragungsvertrag von den Beteiligten nicht voll- zogen, so werden die von den Parteien formnichtig ge-

troffenen Kausalvereinbarungen grundsätzlich nicht da- durch wirksam, dass der Geschäftsanteil später aufgrund neuer Vereinbarungen an einen Dritten übertragen wird.97Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn der Dritte im Wege der Vertragsübernahme in die Rechts- stellung des ursprünglich vorgesehenen Erwerbers ein- rückt oder wenn wie etwa beim Kettenkauf ein Fall der so genannten Lieferkette vorliegt.98 Überträgt (Grund- stücks- oder Geschäftsanteils-)Erstverkäufer A im Ein- verständnis mit Erstkäufer B das Grundstück oder den Geschäftsanteil unmittelbar an Zweitkäufer C, so er- streckt sich die Heilungswirkung sowohl auf Formmängel des Kaufvertrages A-B als auch auf Formmängel des Kaufvertrages B-C.

IV. Teilvollzug

1. Mehrere betroffene Grundstücke oder Geschäftsanteile

Bezieht sich die Kausalvereinbarung auf mehrere Grundstücke oder Geschäftsanteile, tritt Heilung der

„Gesamtvereinbarung“ erst ein, wenn das Eigentum an allen Grundstücken übergegangen ist bzw. sämtliche Geschäftsanteile übertragen worden sind.99Wird in der- artigen Fällen nur ein Grundstück/Geschäftsanteil über- tragen, hängt die Beantwortung der Frage, ob das Kau- salgeschäft, soweit es das übereignete Grundstück oder den abgetretenen Geschäftsanteil betrifft, teilweise gül- tig wird, nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB da- von ab, ob sich ein Wille der Parteien feststellen lässt, dass das Rechtsgeschäft zu diesem Teil unabhängig von dem restlichen Teil Bestand haben soll.100Werden meh- rere Grundstückskaufverträge, die nach dem Willen der Parteien miteinander eine rechtliche Einheit bilden, d. h.

miteinander stehen und fallen sollen, in verschiedenen Urkunden vereinbart, ohne dass der Verknüpfungswille der Parteien beurkundet wird, so wird der daraus re- sultierende Formmangel erst mit Übereignung sämt- licher von der Verknüpfung betroffener Grundstücke geheilt.101

93 Hagen, der frühere Vorsitzende des zuständigen 5. Senats des BGH, spricht in diesem Zusammenhang bezeichnenderweise von einem

„stark erweiterten Anwendungsbereich des § 313 Satz 2 BGB“, vgl.

DNotZ 1984, 267 (289).

94 Pohlmann, Heilung (Fn. 3), S. 148 f. zu § 313 Satz 2 BGB alte Fas- sung; dieselbe in GmbHR 1995, 412 (414).

95 Statt aller Palandt/Heinrichs (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 46.

96 Zuletzt BGH ZIP 2001, 1536 = DB 2001, 1623; NJW 1988, 2880.

97 Vgl. die Nachweise in der vorherigen Fußnote.

98 RGZ 71, 399; 85, 272 (274); 82, 344; BGH ZIP 2001, 1536; vgl. zu

§ 313 Satz 2 BGB alte Fassung Palandt/Heinrichs (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 49; MünchKomm/Kanzleiter (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 18;

zu § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG z. B. Scholz/Winter (Fn. 35), § 15 GmbHG Rn. 72 a; anders im Hinblick auf Kettengeschäfte – den Erschwerungsgedanken von § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GmbHG jedoch überbetonend – Schlüter, FS Bartholomeyczik (Fn. 35), S. 379 f., gegen Schlüter Pohlmann, Heilung (Fn. 3), S. 128 f. und GmbHR 2002, 41 (44 f.).

99 Allgemeine Ansicht; Palandt/Heinrichs (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 48;

MünchKomm/Kanzleiter (Fn. 6), § 313 BGB Rn. 78; Soergel/Wolf (Fn. 5), § 313 BGB Rn. 98; Pohlmann, Heilung (Fn. 3), S. 113 ff.;

Scholz/Winter (Fn. 35), § 15 GmbHG Rn. 72 a; RGZ 56, 383 zum Tauschvertrag; BGHZ 59, 269 (271 ff.).

100 BGH NJW 1996, 395 (397); vgl. auch BGH NJW 1986, 2642 (2643).

101 BGH NJW 2000, 2017 (2018); Huke, BWNotZ 1997, 156 (164).

Specks, Heilung von Formmängeln 202 RNotZ 2002, Heft 5

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