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Rheinische Notar-Zeitschrift

Pflichtteilserschwerungen und Pflichtteilsstrafklauseln

(von Notarassessor Dr. Heiko Worm, LL.M., Hilden)

A. Das Pflichtteilsrecht im Wandel B. Pflichtteilserschwerungen

I. Pflichtteilsentziehung, Pflichtteils-

beschränkung, Verringerung der Pflichtteils- quote

II. Reduzierung des der Pflichtteilsberechnung zugrunde liegenden Vermögens

1. Der Ehegattenvoraus

2. Lebzeitige Verfügungen: Die Grenze des Pflichtteilsergänzungsanspruchs

a) Zu den gesetzlichen Ausnahmen von

§ 2325 BGB

(1) Pflicht- und Anstandsschenkungen (2) Ausstattungen

b) Zum Schenkungsbegriff

(1) Schenkung oder entgeltliches Geschäft?

aa) Die verschiedenen Entgeltarten bb) Zur Bewertung von Leistung

und Gegenleistung

(2) Rechtsgeschäfte zwischen Eheleuten aa) Vermögenstransfer durch Gü-

tergemeinschaft

bb) Zum Zugewinnausgleich bei Be- endigung der Zugewinngemein- schaft

cc) Unbenannte Zuwendungen (aa) Sind unbenannte Zuwen-

dungen pflichtteilsfest?

(bb) Zu den vom BGH zugelassenen zwei „Aus- nahmen“

(3) Pflichtteilserschwerungen mithilfe des Gesellschaftsrechts

aa) Abfindungsausschlüsse bb) Lebzeitige Beteiligungsüber-

tragungen

(4) Zuwendung von Lebensversiche- rungen

(5) Stiftungsgeschäfte, Zustiftungen, Spenden

c) Gemischte Schenkungen/Schenkungen unter Auflagen

(1) Zur Beurteilung eines Pflichtteils- verzichts als Entgelt

(2) Zur Abzugsfähigkeit vorbehaltener Nießbrauchs- und Wohnungsrechte (3) Zur Kapitalisierung von Nutzungs- rechten und wiederkehrenden Leis- tungen

(4) Zur Bewertung von Pflegeverpflich- tungen

d) Die Vorteile lebzeitiger Schenkungen, insbesondere die 10-Jahres-Frist des

§ 2325 Abs. 3 BGB 3. Bewertungsprivilegien 4. Nachlassspaltung III. Anreize („cautela Socini“)

C. Pflichtteilsstrafklauseln und Alternativen I. Einfache Pflichtteilsstrafklauseln

1. Die Rechtsfolgen einfacher Pflichtteils- strafklauseln

a) Zu den Vor- und Nachteilen einer auto- matischen bzw. fakultativen Enterbung b) Formulierungsvorschlag für eine auto-

matische Pflichtteilsstrafklausel (1) Anwachsung oder Ersatzerbschaft?

(2) Zu den Folgen eines Pflichtteilsver- langens aller Abkömmlinge c) Formulierung einer fakultativen Aus-

schlussklausel

2. Der Verwirkungstatbestand

a) Der Urheber des Pflichtteilsverlangens b) Zur Frage, welches Verhalten die Sank-

tionen auslöst

c) Subjektive Merkmale?

II. Vor- und Nacherbschaft III. Jastrow’sche Klauseln

1. Die ursprüngliche Konzeption 2. Die Verbesserungsvorschläge

a) Vermächtniseinsetzung auf den Überrest b) Befristetes/bedingtes Vermächtnis?

3. Steuerliche Probleme der Jastrow’schen Klauseln

a) Die fingierte Verzinsung

b) Das Verschenken der Erbschaftsteuer- freibeträge und das Abzugsverbot 4. Formulierungsvorschlag

IV. Verlängerte Verjährung der Pflichtteils- ansprüche

V. Fortgesetzte Gütergemeinschaft D. Fazit

A. Das Pflichtteilsrecht im Wandel

Noch am 30. August 2000 hat das Bundesverfassungsge- richt erklärt, das geltende Pflichtteilsrecht stehe mit dem Grundgesetz im Einklang.1 In der Bevölkerung und im

1 BVerfG DNotZ 2001, 133; inwieweit das Pflichtteilsrecht als Korrelat der Testierfreiheit verfassungsrechtlich geboten ist – so die frühere Rechtsprechung (BVerfGE 67, 329) – hat es demgegenüber nunmehr offen gelassen.

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juristischen Schrifttum verliert es währenddessen zuse- hends an Akzeptanz.2 Immer häufiger treten Rechts- suchende mit dem Wunsch an den Notar heran, die Rechte von Pflichtteilsberechtigten gegen deren Willen3 möglichst weitgehend zu beschränken. Auch der 64.

Deutsche Juristentag hat sich nunmehr für eine deutliche Entschärfung des Pflichtteilsrechts ausgesprochen. Ins- besondere sei der Pflichtteil zu mindern. Gemeinsame Abkömmlinge sollten außerdem Pflichtteilsansprüche erst nach dem Tod des längstlebenden Elternteils geltend machen können.4Überdies solle in Zukunft der Pflicht- teil über die in §§ 2333 – 2335 BGB genannten „körper- lichen“ Tatbestände hinaus (Trachten nach dem Leben, Verbrechen oder schweres vorsätzliches Vergehen, vor- sätzliche körperliche Misshandlung u. a.) bereits bei einer seelischen Misshandlung oder gänzlichen Zerrüttung der Beziehung entzogen werden können.5

B. Pflichtteilserschwerungen

I. Pflichtteilsentziehung, Pflichtteilsbeschränkung, Verringerung der Pflichtteilsquote

Derzeit lässt sich ein Pflichtteil nur in Ausnahmefällen entziehen. Weitere Möglichkeiten, den Pflichtteil an sich anzugreifen, bieten sich kaum. Nur wenn der Pflicht- teilsberechtigte sich derart der Verschwendung ergeben hat oder er dermaßen überschuldet ist, dass sein späterer Erwerb erheblich gefährdet ist, lässt sich sein Pflicht- teilsrecht entgegen § 2306 BGB immerhin durch eine Nacherbschaft und/oder eine Testamentsvollstreckung beschränken (§ 2338 BGB). Die Pflichtteilsquote wie- derum vermag der Erblasser allenfalls durch die Schaf- fung weiterer Pflichtteilsrechte etwa durch Heirat6, Adoption oder die Geburt von Kindern zu senken. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft wiederum ist bei mehreren Kindern pflichtteilsrechtlich wegen § 1371 Abs. 1 BGB7 der günstigste Güterstand. Alle übrigen Pflichtteilserschwerungen müssen an dem der Pflicht- teilsberechnung zugrunde liegenden Vermögen ansetzen.

II. Reduzierung des der Pflichtteilsberechnung zugrunde liegenden Vermögens

1. Der Ehegattenvoraus

Gemäß § 2311 Abs. 1 S. 2 BGB bleibt bei der Berech- nung des Pflichtteils der dem überlebenden Ehegatten gebührende Voraus außer Ansatz. Zu diesem Voraus zählen – wenn auch ungeachtet ihres Wertes – lediglich die dem gemeinsamen Haushalt dienenden Gegenstände und Hochzeitsgeschenke (§ 1932 BGB), nicht hingegen Hausgrundstück, Wohnung oder PKW.8 So stellt der Ehegattenvoraus allenfalls dann ein geeignetes Instru- ment zur Pflichtteilserschwerung dar, wenn der Nachlass weitestgehend aus Haushaltsgegenständen besteht. Die Einsetzung des Ehegatten zum Alleinerben verbietet sich allerdings in diesem Fall. Denn nur als gesetzlichem Erben kommt ihm der höchstrichterlichen Recht- sprechung zufolge die pflichtteilsreduzierende Wirkung des § 2311 Abs. S. 2 BGB zugute.9Ob der Erblasser diese Rechtsprechung dadurch zu umgehen vermag, dass er alle anderen gesetzlichen Erben enterbt10, erscheint fraglich. Sicherer ist es gegebenenfalls, den überlebenden

Ehegatten zum Testamentsvollstrecker einzusetzen und ihm den Nießbrauch an der Erbschaft zu vermachen.

2. Lebzeitige Verfügungen: Die Grenze des Pflichtteilsergänzungsanspruchs

Für Vermögensverlagerungen unter Lebenden stellt

§ 2325 BGB eine Schranke dar. Eine Schenkung zieht danach grundsätzlich Pflichtteilsergänzungsansprüche nach sich.

a) Zu den gesetzlichen Ausnahmen von § 2325 BGB

Lediglich insoweit11, als Schenkungen einer sittlichen Pflicht oder dem Anstand entsprechen, findet § 2325 BGB keine Anwendung (§ 2330 BGB). Und auch bei Ausstattungen sieht das Gesetz Einschränkungen vor.

(1) Pflicht- und Anstandsschenkungen

Eine Anstandsschenkung stellt eine Zuwendung dar, die nach den Anschauungen des sozialen Kreises des Schen- kers nicht unterbleiben konnte, ohne dass dieser an Achtung und Ansehen verloren hätte.12Erfasst werden daher in der Regel nur kleinere Gelegenheitsgeschenke.

Dem Ehegatten einen Halbanteil an einem größeren Hausanwesen oder einem landwirtschaftlichen Betrieb zuzuwenden, gebietet bereits angesichts der hohen Werte regelmäßig keine Anstandspflicht.13Allenfalls als durch eine vorangegangene Leistung des Beschenkten veran- lasste belohnende Schenkung mag die Zuwendung in Ausnahmefällen einer Anstandspflicht entsprechen.

Dann darf das Geschenk aber nicht erheblich über das Maß an Freigebigkeit hinausgehen, das der Beschenkte als Ausgleich für die eigene Leistung vom Schenker an- ständigerweise erwarten durfte.14

2 Vgl. Otte, ZEV 1994, 193; Dauner-Lieb, DNotZ 2001, 460; Schröder, DNotZ 2001, 465.

3 Nicht behandelt werden hier Verträge wie Pflichtteils- oder Erb- verzichte, ferner Anrechnungs- oder Ausgleichsanordnungen anläss- lich von Schenkungen oder durch ein Pflichtteilsverlangen auflösend bedingte Schenkungen, die allesamt voraussetzen, dass der Pflicht- teilsberechtigte mitzuwirken bereit ist; zu alledem vgl. von Dickhuth- Harrach, Ärgernis Pflichtteil? Möglichkeiten der Pflichtteils- reduzierung im Überblick, FS für das Rheinische Notariat, 1998, 185.

4 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25. 9. 2002, 23: „Anspruch auf Pflichtteil soll abgemildert werden“.

5 Mayer/Süß/Tanck/Bittler/Wälzholz/J. Mayer, Handbuch Pflichtteils- recht, 2003, § 1 Rn. 17 mutmaßt unter Hinweis auf BVerfG NJW 2001, 1484 sogar, Teile der geltenden §§ 2333 ff. BGB könnten ver- fassungswidrig sein.

6 Oder Begründung einer Lebenspartnerschaft, § 1 LPartG; das soll sogar zusätzlich zu einer Ehe möglich sein, vgl. J. Mayer, ebd., § 11 Rn. 76.

7 Möglicherweise auch mit Blick auf die güterrechtliche Lösung nach

§ 1371 Abs. 2 und 3; insoweit ist eine rückwirkende Vereinbarung pflichtteilsrechtlich nicht wirksam; vgl. J. Mayer, a. a. O., (Fn. 5), § 11 Rn. 90.

8 MünchKomm/Leipold, 3. Aufl. 1997, § 1932 BGB, Rn. 9.

9 BGHZ 73, 29, 35.

10 So von Dickhuth-Harrach, a. a. O., (Fn. 3), 210; MünchKomm/Frank, 3. Aufl. 1997, § 2311 BGB, Rn. 28.

11 Vgl. BGH NJW 1981, 2458, 2459.

12 MünchKomm/Kollhosser, 3. Aufl. 1995, § 534 BGB, Rn. 7; Palandt/

Putzo, 62. Aufl. 2003, § 534 BGB, Rn. 3.

13 BGH ZEV 1996, 186, 188; NJW-RR 1986, 1202; OLG Köln FamRZ 1997, 1113, 1114.

14 BGH NJW-RR 1986, 1202; J. Mayer, Der Übergabevertrag, 2. Aufl.

2001, Rn. 69.

(3)

Pflichtschenkungen wiederum können zwar durchaus den gesamten Nachlass ausschöpfen.15 Erforderlich ist aber, dass die Belange von Schenker und Beschenktem es unabweisbar erscheinen lassen, die gesetzlich vorge- schriebene Mindestbeteiligung des Pflichtteilsberech- tigten am Nachlass einzuschränken. Das Geschenk muss sittlich geboten sein; eine bloße sittliche Rechtfertigung reicht nicht aus.16Dabei kann es die für § 2330 BGB not- wendige sittliche Pflicht gerade auch gebieten, den Pflichtteil nicht völlig auszuhöhlen.17 Selbst aus be- lohnenden Schenkungen wird eine Pflichtschenkung da- her allenfalls unter besonderen Umständen, etwa dann, wenn der Beschenkte Pflegeleistungen unter schweren persönlichen Opfern erbracht hatte und daraufhin in Not geraten war.18

(2) Ausstattungen

Gemäß § 1624 Abs. 1 BGB gelten Ausstattungen nur hinsichtlich eines etwaigen Übermaßes als Schenkung.

Folglich lösen sie auch nur insoweit Pflichtteils- ergänzungsansprüche aus. Kompensiert wird dieser Vor- teil dadurch, dass Ausstattungen über § 2316 Abs. 1 BGB zwingend19 die Pflichtteile der anderen Abkömmlinge erhöhen20, dies sogar außerhalb der 10-Jahres-Frist des

§ 2325 Abs. 3 BGB. Dies spricht gegen die Wahl21einer Ausstattung. Zwar schadet die pflichtteilserhöhende Wirkung einer Ausstattung dann nicht, wenn kein zu verteilender Nachlass mehr vorhanden ist. Denn eine Herauszahlungspflicht sieht § 2316 BGB nicht vor.22 Ausnutzen lässt sich dies aber deshalb nicht, weil es sich bei Übertragungen des gesamten oder wesentlichen Vermögens regelmäßig um (hinsichtlich des Über- schusses) Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösende Übermaßausstattungen handeln wird.23 Reguläre Aus- stattungen betreffen typischerweise nur einen Bauplatz oder eine vermietete Eigentumswohnung, also Ver- mögen, das die Eltern nicht mehr für ihre eigene lang- fristige Versorgung benötigen.24Vor einem leichtfertigen Gebrauch des Begriffs „Ausstattung“ in Über- gabeverträgen ist mithin zu warnen.

b) Zum Schenkungsbegriff

(1) Schenkung oder entgeltliches Geschäft?

Eine Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösende Schen- kung setzt neben der objektiven Unentgeltlichkeit der Zuwendung auch die Einigung von Zuwendendem und Empfänger über diese Unentgeltlichkeit voraus.25 Un- entgeltlich ist daher eine Zuwendung nur dann, wenn sie weder aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift noch nach dem Parteiwillen von einer Leistung des Empfängers ab- hängig ist.

aa) Die verschiedenen Entgeltarten

Die eine solche Verknüpfung begründende Übereinkunft kann durchaus sukzessive hergestellt werden: Selbst wenn eine so genannte vorweggenommene Erfüllungs- handlung zunächst ohne Anspruch auf ein Entgelt er- bracht wird, kann durch die nachträgliche Zuwendung als Entlohnung eine Entgeltabrede zustande kommen. Vo- raussetzung ist lediglich, dass der Vorleistende von An- fang an hat erkennen lassen, unter bestimmten Um- ständen eine Entlohnung fordern zu wollen.26Die An-

forderungen, die an die Entgeltabrede gestellt werden, sind auch in anderer Hinsicht gering. So liegt ein Entgelt nicht nur bei synallagmatischen Leistungspflichten son- dern auch dann vor wenn eine künftige Leistung des Empfängers nur zur Wirksamkeitsbedingung der Zu- wendung (konditionale Verknüpfung) oder zu ihrer Ge- schäftsgrundlage (kausale Verknüpfung) gemacht wird.27 Um eine kausale Verknüpfung handelt es sich etwa bei der Errichtung eines Gebäudes auf einem fremden Grundstück mit dem – formlos mit dem Eigentümer ver- einbarten – Zweck, dass dieser dem Erbauer das Eigen- tum verschaffen wird.28Dementsprechend hat auch das OLG Düsseldorf in einer Grundstücksübertragung, die mit Rücksicht auf bereits erbrachte Pflegeleistungen er- folgte, ein Entgelt gesehen. Sofern Pflegeleistungen er- bracht würden, die zeit- und kostenaufwendig seien und für den Pflegenden durch die Einschränkung seiner be- ruflichen Tätigkeit und die Notwendigkeit, für den eige- nen Haushalt Hilfskräfte zu beschäftigen, weitere fi- nanzielle Verluste nach sich zögen, spreche keine gesetz- liche oder tatsächliche Vermutung dafür, dass die Pflege allein wegen des Verwandtschaftsverhältnisses unent- geltlich erfolge.29

Davon abzugrenzen sind Zweckschenkungen, die keine Gegenleistung, sondern belohnende (remuneratorische) Schenkungen nach sich ziehen. Solche sind allenfalls als Anstands- oder Pflichtschenkungen Pflichtteilsergän- zungsansprüchen entzogen. Die Zuordnung hängt davon ab, ob die geleisteten Dienste nur als Beweggrund für eine freie Gabe gewirkt haben, die von dem Empfänger

15 BGH NJW 1981, 2458, 2459.

16 BGH NJW 1986, 1926, 1927; 1984, 2939, 2940.

17 BGH NJW 1984, 2939, 2940; OLG Koblenz, ZEV 2002, 460, 462.

18 BGH NJW 1986, 1926, 1927; MünchKomm/Kollhosser, 3. Aufl. 1995,

§ 534 BGB, Rn. 6.

19 § 2316 Abs. 3 BGB.

20 Die gesamte Pflichtteilslast mag allerdings sinken, da die Aus- stattung beim Ehegattenpflichtteil vorab abzuziehen ist, vgl. das Beispiel von Sailer, NotBZ 2002, 81, 85.

21 Die Beteiligten haben, wenn die Voraussetzungen des § 1624 Abs. 1 BGB vorliegen, ein Wahlrecht zwischen Schenkung und Ausstattung;

vgl. Langenfeld/Günther, Grundstückszuwendungen im Zivil- und Steuerrecht, 4. Aufl. 1999, Rn. 212; Beck’sches Notarhandbuch/

Jerschke, 3. Aufl. 2000, A V Rn. 48.

22 § 2056 S. 1 BGB, der eine Pflicht zur Herauszahlung des Mehr- betrages verneint, gilt auch im Rahmen des Pflichtteilsrechts.

23 J. Mayer, Der Übergabevertrag, 2. Aufl. 2001, Rn. 10; Langenfeld/

Günther, Grundstückszuwendungen im Zivil- und Steuerrecht, 4.

Aufl. 1999, Rn. 203. Erschwerend kommt hinzu, dass nach der Rechtsprechung des BGH über § 2056 S. 2 BGB der „Zuvielbe- dachte“ bei der Berechnung der Pflichtteilsergänzungsquoten weg- fällt und sich so die Ergänzungsansprüche der anderen Pflichtteils- berechtigten entsprechend erhöhen, vgl. J. Mayer, a. a. O., (Fn. 5),

§ 11 Rn. 111.

24 OLG Stuttgart BWNotZ 1997, 147, 148; Langenfeld/Günther, Grundstückszuwendungen im Zivil- und Steuerrecht, 4. Aufl. 1999, Rn. 204; Sailer, NotBZ 2002, 81.

25 Vgl. nur BGHZ 82, 274, 281.

26 BGH NJW 1992, 2566, 2567; MünchKomm/Kollhosser, 3. Aufl. 1995,

§ 516 BGB, Rn. 17; J. Mayer, Der Übergabevertrag, 2. Aufl. 2001, Rn. 64, 67.

27 BGH FamRZ 2002, 883, 884; NJW 1992, 2566, 2567; Staudinger/

Cremer, 13. Bearb. 1995, § 516 BGB, Rn. 27; MünchKomm/Kollhos- ser, 3. Aufl. 1995, § 516 BGB, Rn. 15.

28 BGH NJW 1992, 2566, 2567; wird diese Erwartung enttäuscht, sind möglicherweise über § 2057 a BGB hinaus (Pflichtteilsansprüchen gegenüber vorrangige) Bereicherungsansprüche die Folge, vgl. J.

Mayer, a. a. O., (Fn. 5), § 11 Rn. 113; a. A. OLG Karlsruhe Zerb 2002, 100.

29 OLG Düsseldorf DNotZ 1996, 652, 653; ebenso OLG Oldenburg FamRZ 1997, 773 (LS).

(4)

in dem gleichen Sinne angenommen wurde, oder ob sie auf der einen Seite den Eindruck einer wirklichen Schuld, auf der anderen das Gefühl eines wirklichen Anspruchs hervorgerufen haben und das geleistete Entgelt in der Annahme gegeben und genommen wurde, dass dadurch die Schuld abgetragen werde.30

Der misslichen Situation des Pflichtteilsberechtigten, der die Unentgeltlichkeit zu beweisen hat31, aber über even- tuelle Vorleistungen nur selten etwas wissen wird, trägt die Rechtsprechung in solchen Fällen wie folgt Rech- nung: Es sei zunächst Sache des Anspruchsgegners, die für die ins Feld geführte Vorleistung maßgeblichen Tat- sachen „im Wege substantiierten Bestreitens der Unent- geltlichkeit vorzutragen“. Eine in der notariellen Ur- kunde enthaltene Angabe, wonach der Beklagte dem Erblasser „in der Vergangenheit außerhalb des laufenden Unterhaltsbedarfs darlehnsweise Geldleistungen i. H. v.

40 000,– DM (u. a. zur Finanzierung eines Zivilprozesses und für umfangreiche Hausreparaturen)“ erbracht habe, sei insofern zu unbestimmt.32 Bereits erbrachte Leis- tungen des Erwerbers sollten in der notariellen Urkunde mithin detailliert aufgeführt werden.33 Den Beteiligten wiederum ist zu raten, Beweise zu sichern und sich vor Übertreibungen zu hüten. Denn der Verdacht einer Ma- nipulation wird in derartigen Konstellationen oft ent- stehen.34

Skepsis ist gegenüber Ratschlägen angebracht, im Nach- hinein noch Schenkungen in entgeltliche Geschäfte um- zuwandeln.35Lediglich die nachträgliche Erhöhung einer Gegenleistung erachtet der BGH noch für zulässig.36Der Verdacht einer verdeckten Schenkung liegt in solchen Fällen allerdings derart nahe, dass die Beweisanforde- rungen nochmals steigen.37

bb) Zur Bewertung von Leistung und Gegenleistung Steht fest, dass es sich bei einer Leistung um ein Entgelt handelt, ist zur Abgrenzung vollentgeltlicher Geschäfte von gemischten Schenkungen ein Leistungsvergleich an- zustellen. Hierbei kommt es auf den Zeitpunkt des Ver- tragsabschlusses an. Daher ist es im Falle einer Verren- tung unerheblich, ob die Summe der gezahlten Renten später tatsächlich den Wert der Leistung aufwiegt.

Im Übrigen steht es den Beteiligten aufgrund der Privat- autonomie grundsätzlich frei, den Wert einer Leistung nach ihren Vorstellungen zu bewerten. Wenn auch das bloße Behaupten von Gegenleistungen oder deren will- kürliche Bewertung unzulässig sind38, eröffnet diese so genannte subjektive Äquivalenz doch gerade bei Rechtsgeschäften im familiären Bereich einen weiten Bewertungsspielraum.39 Vor einem Gebrauch des Be- griffs „Schenkung“ in Übergabeverträgen ist bei er- heblichen Gegenleistungen oder Auflagen angesichts dessen zu warnen. Er indiziert eine Einigung der Be- teiligten über die Unentgeltlichkeit und mag so den ihnen eigentlich zur Verfügung stehenden Bewertungsspiel- raum zunichte machen. Vorzugswürdig und auch beur- kundungsrechtlich ausreichend40 ist – wenn die Be- teiligten nicht ausdrücklich einen Schenkungswillen äu- ßern – gegebenenfalls der Begriff „vorweggenommene Erbfolge“, der keine Unentgeltlichkeit präjudiziert41. Vor konkreten Wertangaben – und sei es auch nur zum Zwecke der Kostenberechnung – sollte der Notar sich

ebenfalls hüten, wenn sie nicht auf Wertgutachten be- ruhen.42

Der Gefahr eines Missbrauchs des Bewertungsspiel- raums zulasten von Pflichtteilsberechtigten (und Sozial- hilfeträgern, die einen Rückforderungsanspruch nach

§ 528 BGB auf sich übergeleitet haben) begegnet die Rechtsprechung mit Beweiserleichterungen: Liege ob- jektiv ein „auffallendes, grobes Missverhältnis“ vor, so begründe dieser Umstand die tatsächliche Vermutung, dass sich die Beteiligten über die (teilweise) Unentgelt- lichkeit einig seien. Der Zuwendungsempfänger müsse – ähnlich der ihn treffenden Darlegungslast bei der Berufung auf eine bereits erbrachte Gegenleitung43 – diese Vermutung durch Tatsachen erschüttern, die das Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung als an- gemessen erscheinen lassen.44

(2) Rechtsgeschäfte zwischen Eheleuten

Bei Rechtsgeschäften zwischen Eheleuten gelten die vorgenannten Grundsätze nur bedingt:

aa) Vermögenstransfer durch Gütergemeinschaft So sieht der BGH in der Vereinbarung einer Güter- gemeinschaft eine Schenkung nur unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass sich die Geschäftsabsichten der Eheleute „nicht zwecks Verwirklichung der Ehe auf eine Ordnung der beiderseitigen Vermögen“ richten.45 Nur dann sei Raum für die Annahme, ein Schenkungsvertrag verdränge die ehegüterrechtliche causa für die Bereiche- rung.

30 Staudinger/Cremer, 13. Bearb. 1995, § 516 BGB, Rn. 30; Münch- Komm/Kollhosser, 3. Aufl. 1995, § 516 BGB, Rn. 16; Soergel/Mühl/

Teichmann, 12. Aufl. 1998, § 516 BGB, Rn. 17.

31 Von den gesetzlichen Schenkungsvermutungen der §§ 685, 1620 BGB einmal abgesehen.

32 BGH ZEV 1996, 186, 187 = NJW-RR 1996, 705, 706.

33 So auch von Dickhuth-Harrach, a. a. O., (Fn. 3), 233.

34 Ebenso J. Mayer, a. a. O, (Fn. 5), § 11 Rn. 103.

35 Vgl. dazu BGH ZEV 1996, 186 = NJW-RR 1996, 705; die Literatur ist zerstritten: Gegen die Möglichkeit einer „Umwandlung“ jedenfalls bei Drittbetroffenen J. Mayer, Der Übergabevertrag, 2. Aufl. 2001, Rn. 64; generell dagegen Staudinger/Cremer, 13. Bearb. 1995, § 516 Rn. 30; dafür Soergel/Dieckmann, 12. Aufl. 1996, § 2325 BGB, Rn. 7;

Soergel/Mühl/Teichmann, 12. Aufl. 1998, § 516 BGB, Rn. 19;

MünchKomm/Kollhosser, 3. Aufl. 1995, § 516 BGB, Rn. 18.

36 BGH NJW-RR 1989, 706 = BGH DNotZ 1991, 498.

37 Vgl. OLG Köln JMBl. NW 1997, 127; von Dickhuth-Harrach, a. a. O., (Fn. 3), 233.

38 BGH DNotZ 1991, 498, 500; BGHZ 59, 132, 136 = BGH DNotZ 1973, 426; NJW 1972, 1709, 1710; Soergel/Dieckmann, 12. Aufl. 1996,

§ 2325 BGB, Rn. 16.

39 Vgl. BGH FamRZ 2002, 883, 884; NJW-RR 1996, 754, 755; NJW 1995, 1349, 1350; 1981, 2458; OLG Düsseldorf DNotZ 1996, 652, 656;

OLG Köln OLGR 1993, 43, 45.

40 Vgl. J. Mayer, DNotZ 1996, 604, 619.

41 BGH NJW 1995, 1349, 1350.

42 Ein zu geringer Wert hilft dem Pflichtteilsberechtigten, bei über- triebenen Angaben aber laufen die Beteiligten Gefahr, dass das Ge- richt keine „geltungserhaltende Reduktion“ vornimmt, sondern eine wirksame Entgeltabrede rundweg ablehnt; vgl. J. Mayer, a. a. O., (Fn.

5), § 11 Rn. 107.

43 Vgl. oben B. II. 2. b) (1) aa).

44 BGH NJW-RR 1996, 754; NJW 1995, 1349, 1350; BGHZ 116, 178, 183 = DNotZ 1992, 503, 506; BGH NJW 1981, 1956; BGHZ 82, 274, 281; 59, 132, 136 = BGH DNotZ 1973, 426.

45 BGHZ 116, 178, 182 = DNotZ 1992, 503. Anderes gilt schenkungs- steuerlich (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).

(5)

Als probates Gestaltungsmittel zur Pflichtteilsreduzie- rung wird eine Gütergemeinschaft allerdings regelmäßig ausscheiden.46Wegen der mit ihr verbundenen Nachteile, insbesondere der Haftungsgemeinschaft47, ist sie regel- mäßig nicht dauerhaft akzeptabel. Ohnehin würde ange- sichts der aus ihr resultierenden höheren Pflichtteils- quote rechnerisch der Pflichtteilsanspruch eines Kindes nur vermindert, wenn das Vermögen des „Über- tragenden“ vor der Begründung der Gütergemeinschaft mehr als dreimal so groß war wie das des Ehepartners.48 Es kommt erschwerend hinzu, dass der begünstigte El- ternteil möglicherweise zuerst verstirbt. Bei gemein- samen Kindern würde sich die Vermögensverlagerung auf ihn dann als kontraproduktiv erweisen.

Ein späterer Wechsel in die Zugewinngemeinschaft zur Vermeidung all dieser Nachteile verbietet sich. Denn laut BGH liegen zu einer Schenkung führende ehefremde Zwecke insbesondere dann vor, wenn die Gestaltung ge- rade darauf abzielt, pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge zu benachteiligen. Und der BGH präzisiert, dass es sich bei der Vereinbarung der Gütergemeinschaft gerade dann um eine Schenkung handele, wenn „nach einem einheitlichen Plan zunächst Gütergemeinschaft und nach einiger – auch längerer – Zeit ein anderer Güterstand vereinbart wird“ (die kurzfristige Vereinbarung einer Gütergemeinschaft unter sofortiger Rückkehr zur Gü- tertrennung war bereits vom Reichsgericht49verworfen worden). An dem vom BGH geforderten einheitlichen Plan dürfte es nur fehlen, wenn die Gütergemeinschaft bereits vor der Eheschließung oder der Geburt der Pflichtteilsberechtigten vereinbart worden war. Dasselbe gilt möglicherweise für die Vereinbarung der Güter- gemeinschaft anlässlich eines bedeutenden Erwerbs in der Absicht, den anderen daran hälftig zu beteiligen bzw.

um den Konventionen zu entsprechen.50

Als weiteres Anzeichen für die Verfolgung ehefremder Zwecke nennt der BGH die Vereinbarung der Güter- gemeinschaft kurz vor dem Tod eines Ehegatten. Auch sei Indiz für eine Schenkung, wenn dem zunächst weniger begüterten Ehegatten eine höhere Auseinander- setzungsquote als die hälftige nach § 1476 BGB einge- räumt werde.51

bb) Zum Zugewinnausgleich bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft

Vereinbaren Eheleute Gütertrennung und wird ein da- durch entstandener Anspruch auf Ausgleich des Zuge- winns durch die Übertragung von Vermögenswerten ab- gegolten, stellt dies ein entgeltliches Geschäft dar.52Le- diglich insoweit, als die Leistung weit53über den Zuge- winnausgleichsanspruch hinausgeht, handelt es sich um eine (gemischte) Schenkung, die entsprechende Pflicht- teilsergänzungsansprüche nach sich zieht.54Die Literatur stützt sich, da die Frage selbst bislang noch nicht Gegen- stand höchstrichterlicher Rechtsprechung war55, auf die oben zitierte Entscheidung des BGH zur Gütergemein- schaft; Ehegatten stehe es danach jederzeit frei, ihre gü- terrechtlichen Verhältnisse für die Zukunft zu ändern und den bis dahin geltenden Güterstand durch einen an- deren zu ersetzen. Wenngleich analog zur vorbezeich- neten Entscheidung auch bei der Vereinbarung der Gü- tertrennung gelte, dass die Ehegatten keine ehefremden

Zwecke verfolgen dürfen, sei dies doch hier nicht der Fall. Denn nur ein tatsächlich erzielter Zugewinn lasse sich ausgleichen. Bei der Gütergemeinschaft sei die Be- günstigung demgegenüber unabhängig von der bishe- rigen Entwicklung des beiderseitigen Vermögens mög- lich, ja sogar durch eine Vereinbarung bereits zu Beginn der Ehe.

Als nachteilig erweist sich, dass die Vereinbarung der Gütertrennung bei mehr als einem Abkömmling die Pflichtteilsquoten der Kinder erhöht. Dies wirft die Frage auf, ob pflichtteilsrechtlich eine Rückkehr zur vorteil- haften Zugewinngemeinschaft anzuerkennen ist. Das bejaht die herrschende Meinung.56 Anders als bei der temporären Gütergemeinschaft handele es sich nicht um einen Rechtsmissbrauch. Denn ein größerer Zugewinn- ausgleich sei regelmäßig erst nach langer Ehedauer möglich. Im Übrigen erfasse er nur solches Vermögen, zu dessen Erwerb der Ehepartner nach der gesetzlichen Wertung beigetragen hat. Eine Mindermeinung ist skep- tisch57, gesteht aber mitunter58 zu, dass allenfalls die Rückkehr zur Zugewinngemeinschaft (pflichtteilsrecht- lich) unwirksam ist. Nur vereinzelt wird bereits die voran- gegangene Vereinbarung der Gütertrennung samt Zu- gewinnausgleich als Schenkung angesehen.59

Für die pflichtteilsrechtliche Wirksamkeit der Güter- standsschaukel spricht die Grundidee der Zugewinn- gemeinschaft, die Teilhabe am ehelichen Vermögen. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte hat ein anerkennens- wertes Interesse daran, nicht erst bei Scheidung oder Tod des anderen am Zugewinn zu partizipieren. Durch unbe- nannte Zuwendungen lässt sich dieses Ziel nicht in glei- cher Weise erreichen. Sie bergen für den Empfänger ein gewisses Risiko. Denn nur bei einer Güterstandsschaukel fällt das Geleistete selbst nicht mehr in einen späteren Zugewinnausgleich. Eine unbenannte Zuwendung würde demgegenüber lediglich als Vorausempfang i. S. des

46 Ebenso Brambring, ZEV 1996, 248, 252; Wegmann, ZEV 1996, 201, 204.

47 Zu den Nachteilen ausführlich Behmer, MittBayNot 1994, 377.

48 Pflichtteilsansprüche von Eltern würden sogar zwingend erhöht.

49 RGZ 87, 301.

50 So Wegmann, ZEV 1996, 201, 206.

51 BGHZ 116, 178, 182 = DNotZ 1992, 503, 506.

52 Reithmann/Albrecht/Daiber, Handbuch der notariellen Vertragsge- staltung, 8. Aufl. 2001, Rn. 1197; Wegmann, ZEV 1996, 201, 205;

Brambring, ZEV 1996, 248, 252; von Dickhuth-Harrach, a. a. O., (Fn. 3), 223; Nieder, Handbuch der Testamentsgestaltung, 2. Aufl.

2000, Rn. 147; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, 2. Aufl. 2002, Rn. 342;

Staudinger/Olshausen, 13. Bearb. 1998, § 2325 BGB, Rn. 24; Hayler, DNotZ 2000, 681, 686; Tanck/Kerscher/Krug, Testamente in der an- waltlichen und notariellen Praxis, 1999, § 7 Rn. 51; a. A. J. Mayer, a. a. O., (Fn. 5), § 8 Rn. 49.

53 Vgl. oben B. II. 2. b) (1) bb).

54 Schenkungssteuer fällt ebenfalls nicht an (§ 5 Abs. 2 ErbStG); zu den einkommensteuerlichen Folgen (§ 23 EStG) vgl. Hollender/Schlüt- ter, DStR 2002, 1932, 1933.

55 Angesichts dessen empfiehlt einen deutlichen Belehrungsvermerk J.

Mayer, a. a. O., (Fn. 5), § 8 Rn. 50 Fn. 177.

56 Wegmann, ZEV 1996, 201, 206; Schotten, NJW 1990, 2841, 2846;

Hüttemann, DB 1999, 249; Hayler, MittBayNot 2000, 290, 293; wohl auch Langenfeld, ZEV 1997, 6.

57 Winkler, MittBayNot 2000, 423, 424; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, 2. Aufl. 2002, Rn. 343.

58 Brambring, ZEV 1996, 248, 253; von Dickhuth-Harrach, a. a. O., (Fn.

3), 224.

59 Nieder, Handbuch der Testamentsgestaltung, 2. Aufl. 2000, Rn. 147;

wohl auch Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, 2. Aufl. 2002, Rn. 343; J.

Mayer, a. a. O., (Fn. 5), § 11 Rn. 82.

(6)

§ 1380 BGB auf eine spätere Ausgleichsforderung ange- rechnet. Den umgekehrten Fall, dass der Zuwendende zum Ausgleichsberechtigten wird, erfasst § 1380 BGB demgegenüber nicht. Würde sich also das Vermögen des Zuwendenden in der auf den Zugewinnausgleich folgen- den Zeit verringern, hätte er mehr ausgeglichen als ei- gentlich notwendig und könnte deshalb dafür einen Aus- gleich fordern. Angesichts dessen wird man den Ehe- gatten die Absicht, ihre Vermögensverhältnisse zu ord- nen, nicht gänzlich absprechen können. Auch eine solche Mischintention sollte aber noch der Forderung des BGH, die Geschäftsabsichten der Eheleute müssten zur Ver- wirklichung der Ehe auf eine Ordnung der beiderseitigen Vermögen gerichtet sein60, genügen.61So hat auch jüngst das FG Köln62eine sogar noch in derselben notariellen Urkunde vereinbarte Rückkehr in die Zugewinngemein- schaft nicht als Schein- oder Umgehungsgeschäft ange- sehen, sondern die Güterstandsschaukel gemäß § 5 Abs. 2 ErbStG für nicht steuerbar gehalten.

Hält man sich die pflichtteilsfreundliche Rechtsprechung des BGH vor Augen, der demonstrativ die Absicht ver- folgt, allen Tendenzen entgegenzutreten, die es dem Erblasser ermöglichen, erhebliche Teile seines Vermö- gens zum Nachteil von Pflichtteilsberechtigten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden am Nachlass vorbei an ihm genehmere Personen weiterzuleiten63, besteht aller- dings ein erhebliches Risiko.64 Das gilt erst recht für Versuche, ohne eine zwischengeschaltete Gütertrennung, aber mit derselben, über § 1380 BGB hinausgehenden Wirkung einen Zugewinnausgleich zu vereinbaren. Dies wird nur ganz vereinzelt für möglich gehalten.65Auch das FG Köln fasst einen solchen Ausgleich nicht unter § 5 Abs. 2 ErbStG.66

cc) Unbenannte Zuwendungen

Bei unbenannten Zuwendungen67handelt es sich schuld- rechtlich nicht um Schenkungen. Da sie der Verwirkli- chung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen, fehlt es an der Einigung der Eheleute über die Unentgeltlich- keit.68

(aa) Sind unbenannte Zuwendungen pflichtteilsfest?

Im erbrechtlichen Kontext behandelt der BGH unbe- nannte Zuwendungen indes grundsätzlich wie Schen- kungen, da sie in der Regel immerhin objektiv unent- geltlich seien. Die Rechtsfigur der unbenannten Zuwen- dung ziele allein auf das Innenverhältnis der Eheleute ab.

Zum Nachteil Dritter dürfe sie sich deshalb nicht aus- wirken. Anderes gelte nur, wenn die Leistung angesichts der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehe- gatten unterhaltsrechtlich, insbesondere für eine ange- messene Alterssicherung, geboten sei. Auch eine unbe- nannte Zuwendung, die langjährige Dienste nachträglich vergüte, die ein Ehegatte dem anderen vor oder nach der Eheschließung geleistet habe, könne im Rahmen des ob- jektiv Angemessenen als entgeltlich anzusehen sein.

Beide Ausnahmefälle seien jedoch nicht die Regel.69 Die Literatur teilt mitunter70 die seither auch von den Instanzgerichten71 vertretene Ansicht des BGH, doch war überwiegend Kritik die Folge: Über die zwei vom BGH gebildeten Fallgruppen hinaus müsse eine unbe- nannte Zuwendung pflichtteilsfest auch dann sein, wenn

sie eine angemessene Teilhabe an dem in der Ehe ge- bildeten Vermögen, insbesondere die hälftige Beteili- gung am Familienheim, bezwecke.72Dies sei regelmäßig kein Schleichweg am Pflichtteilsrecht vorbei, sondern geradezu Eheverwirklichung. Auch der Gesetzgeber habe durch die Schaffung von § 13 Abs. 4 a ErbStG zu erkennen gegeben, dass eine Beteiligung am Familien- wohnheim geschützt sei.73

Eine andere Ansicht erkennt eine Ausnahme nur für Zugewinngemeinschaften und nur in Höhe des höchsten (hypothetischen) Zugewinnausgleichsanspruchs an, der jemals während der Ehe zu verzeichnen war. Das folge zwingend aus der sich den Eheleuten bietenden Al- ternative, Gütertrennung zu vereinbaren und den so ent- stehenden Zugewinnausgleichsanspruch zu erfüllen.

Eine solche Zuwendung sei im Gegensatz zu einer die Zugewinngemeinschaft nicht beendenden unbenannten Zuwendung pflichtteilsfest, obwohl doch der Gesetz- geber die Zugewinngemeinschaft grundsätzlich gegen- über der Gütertrennung privilegiere.74

Gegen diese Argumentation spricht, dass dem Pflicht- teilsberechtigten ein ungeschmälerter Pflichtteilsan- spruch auch dann zustünde, wenn der Erstversterbende von der Zuwendung abgesehen hätte. Dass die Über- tragung daran etwas ändern soll, überzeugt angesichts der Vielzahl der denkbaren Motive nicht. Nicht immer ist dem Zuwendenden daran gelegen, seinen Ehegatten an den Früchten des ehelichen Zusammenlebens zu beteiligen.

Oftmals sind unbenannte Zuwendungen vielmehr aus- schließlich steuerlich, haftungsrechtlich oder durch sons- tige, nicht ehebezogene Überlegungen motiviert.

Bedenklich erscheint andererseits die mit einer pau- schalen Unterwerfung unter Pflichtteilsergänzungsan-

60 BGHZ 116, 178, 182 = DNotZ 1992, 503, 506; vgl. oben B. II. 2. b) (2) aa).

61 Streitig, vgl. Hayler, DNotZ 2000, 681, 689 einerseits und J. Mayer, a. a. O., (Fn. 5), § 8 Rn. 50 andererseits.

62 FG Köln RNotZ 2003, 65.

63 BGH NJW 1992, 564, 565 = DNotZ 1992, 513 = MittBayNot 1992, 150 = BGHZ 116, 167.

64 Mindestens sind daher entsprechende Belehrungsvermerke ange- zeigt; J. Mayer, a. a. O., (Fn. 5), § 11 Rn. 88 meint sogar, ein verant- wortungsvoller Rechtsberater sollte die Gestaltung nicht von sich aus empfehlen.

65 Hüttemann, DB 1999, 248; dazu ausführlich DNotI-Gutachten 1254 vom 27. 2. 2002 und 1263 vom 16. 1. 2002 sowie J. Mayer, a. a. O., (Fn. 5), § 8 Rn. 49 Fn. 173.

66 FG Köln ZEV 2002, 447.

67 Zu Begriff und Entstehungsgeschichte vgl. Brambring, ZEV 1996, 248; Jaeger, DNotZ 1991, 431; zur Abgrenzung von Schenkungen vgl.

auch BGH FamRZ 1990, 600.

68 BGH FamRZ 1990, 600, 601; BGHZ 84, 361, 364; BGH FamRZ 1989, 147, 149; BGH FamRZ 1988, 482, 485.

69 BGHZ 116, 167 = BGH DNotZ 1992, 513 = NJW 1992, 564, 565 = MittBayNot 1992, 150.

70 Brambring, ZEV 1996, 248, 251; ZEV 1997, 7, 8; J. Mayer, a. a. O., (Fn. 5), § 8 Rn. 36; Draschka, DNotZ 1993, 100; Sandweg, NJW 1989, 1965.

71 Zuletzt OLG Koblenz RNotZ 2003, 52, 53.

72 Langenfeld, Handbuch der Testamentsgestaltung, 2. Aufl. 2000, Rn. 925; NJW 1994, 2133, 2135; ZEV 1994, 129, 133; Weirich, Erben und Vererben, 4. Aufl. 1998, Rn. 925; Kues, FamRZ 1992, 924, 925;

ähnlich Morhard, NJW 1987, 1734, der allerdings die Obergrenze nicht in der Hälfte des Vermögens, sondern des tatsächlich erzielten Zugewinns sieht; auf den Rechtsmissbrauchgedanken stellen ab:

Staudinger/Olshausen, 13. Bearb. 1998, § 2325 BGB, Rn. 27; Lange/

Kuchinke, Erbrecht, 2. Aufl. 2001, X § 37, 933 Fn. 445.

73 Langenfeld, ZEV 1994, 129, 132.

74 Hayler, MittBayNot 2000, 290, 291; DNotZ 2000, 681.

(7)

sprüche verbundene Diskriminierung von Einverdiener- ehen, wie sie das Beispiel eines gemeinschaftlichen Hauserwerbs verdeutlicht: Obgleich doch seine Fami- liendienste den Erwerb in gleicher Weise ermöglichten, wäre der den Haushalt führende Überlebende nicht nur Pflichtteilsansprüchen wegen der vom anderen ererbten, sondern auch Pflichtteilsergänzungsansprüchen wegen seiner eigenen Haushälfte ausgesetzt. Denn auch bei de- ren Abzahlen handelt es sich um eine unbenannte Zu- wendung. Diese als nicht pflichtteilsfest zu behandeln, widerspräche auch der Rechtsprechung des BGH zum nachehelichen Unterhalt; hat doch der BGH die Aus- weitung der Differenzmethode auf eine nach der Ehe aufgenommene Erwerbstätigkeit gerade auf das Argu- ment gestützt, nach der Wertung des Gesetzgebers stehe die Haushaltsführung des nicht erwerbstätigen Ehe- gatten der Berufstätigkeit des anderen gleich.

Die güterrechtliche Lösung nach § 1371 Abs. 2 und 3 BGB stellt keine ausreichende Kompensation dar. Zwar vermag der den Haushalt Führende auf diese Weise auch nach dem Tod des Ausgleichspflichtigen noch einen pflichtteilsfesten Zugewinnausgleich herbeizuführen.

Mit der dazu notwendigen Erbschaftsausschlagung wird dieser aber teuer erkauft. Der Pflichtteil, den der Aus- schlagende zusätzlich erhalten würde, wäre im Übrigen bei einem oder zwei Kindern wegen § 1931 Abs. 4 BGB sogar geringer als im Güterstand der Gütertrennung.

Gegen die beschriebene Diskriminierung der Einver- dienerehe lässt sich auch nicht als Argument ins Feld führen, eine pflichtteilsfeste Zuwendung würde den überlebenden Ehegatten gegenüber den Abkömmlingen doppelt begünstigen, da das Gesetz ihn in der Zuge- winngemeinschaft bereits durch die Erhöhung seines Erbteils um ein Viertel und in der Gütertrennung durch

§ 1931 Abs. 4 BGB privilegiere.75 Denn die Erbteilser- höhung hat nichts mit dem güterstandsunabhängigen76 Gedanken gleichmäßiger Beteiligung am ehelichen Ver- mögen zu tun, würde doch im Gegenteil sogar dem Al- leinverdiener selbst zugute kommen. Und auch in der nicht privilegierten Gütergemeinschaft sollen doch un- benannte Zuwendungen einschränkungslos Pflichtteils- ergänzungsansprüchen unterliegen. Hinzu kommt, dass der Begünstigte durchaus auch zuerst versterben kann.

Die unbenannte Zuwendung hätte dann gerade nicht eine Verkürzung der Pflichtteilsansprüche der gemein- samen Kinder zur Folge, sondern würde sie im Gegenteil sogar verdoppeln.77Ein diese Gefahr bannendes Rück- forderungsrecht für den Vorversterbensfall nämlich ver- trüge sich nicht mit dem Gedanken gleichmäßiger Ver- mögensbeteiligung, ist vielmehr gerade kennzeichnend für steuerlich oder haftungsrechtlich motivierte unbe- nannte Zuwendungen, stünde nach überwiegender Lite- raturansicht also bereits der Pflichtteilsfestigkeit der un- benannten Zuwendung im Wege.78

Folgt man der hier vertretenen Ansicht, dass im gesetz- lichen Güterstand lebenden Eheleuten als pflichtteils- feste Alternative zu einer auf eine gleichmäßige Ver- mögensteilhabe abzielenden unbenannten Zuwendung eine Güterstandsschaukel zur Verfügung steht79, spricht bereits diese Möglichkeit gegen die Rechtsprechung. Nur ein rechtlich schlecht beratenes Ehepaar würde sich bei einer beabsichtigten gleichmäßigen Vermögensbeteili-

gung für eine unbenannte Zuwendung entscheiden; oder eine Einverdienerehe, die zufällig ein Objekt von vorn- herein zu ½ Anteil erwarb. Denn ihr bietet sich fataler- weise der Ausweg der Güterstandsschaukel nicht; das sukzessive Abzahlen lässt eine Zugewinndifferenz be- züglich des Grundbesitzes erst gar nicht entstehen. Es kann aber keinen Unterschied machen, ob der Allein- verdiener zunächst Alleineigentum erwarb und dann zum Zwecke des Zugewinnausgleichs einen Halbanteil übertrug oder ob er von vornherein den Halbanteil des anderen abzahlte. Die Entscheidung für den einen oder anderen Weg wird oft von Zufälligkeiten bestimmt. Der- art willkürliche Ergebnisse werden vermieden, behandelt man jede auf eine gleichmäßige Vermögensteilhabe ab- zielende unbenannte Zuwendung als pflichtteilsfest.

Dafür spricht auch ein Vergleich mit einem Wechsel in die Gütergemeinschaft. Die vom BGH geprägte Diffe- renzierung zwischen einer solchen – pflichtteilsfesten – Vereinbarung und unbenannten Zuwendungen über- zeugt bezüglich solcher Zuwendungen nicht, die auf eine gleichmäßige Vermögensbeteiligung abzielen; die Ziel- setzung ist letztlich dieselbe. Dennoch hat der BGH in der Entscheidung zu den unbenannten Zuwendungen80 eine Schenkung i. S. v. § 2325 BGB mit der Begründung angenommen, die objektive Unentgeltlichkeit genüge, in der – am selben Tag ergangenen – Entscheidung zur Gü- tergemeinschaft81 andererseits eine Schenkung gerade mit der Begründung verneint, es fehle die dafür not- wendige subjektive Unentgeltlichkeit.

(bb)Zu den vom BGH zugelassenen zwei

„Ausnahmen“

Im Grundsatzurteil des BGH findet sich die vom Schrift- tum geforderte Ausnahme der gleichmäßigen Vermö- gensbeteiligung nicht. Der BGH bezeichnet als pflicht- teilsfest vielmehr nur solche Zuwendungen, die einen Anspruch auf Vorsorgeunterhalt nach § 1360 BGB oder langjährige Dienste – im Rahmen des objektiv Ange- messenen – abgelten.

Hinsichtlich der ersten Fallgruppe (Unterhaltssicherung) fordert der BGH eine umfassende Begutachtung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehe- gatten. Entscheidend sei, ob und in welchem Umfang für die Zukunft des Begünstigten bereits vorgesorgt sei.82 Für die zweite Fallgruppe (Entlohnung langjähriger Dienste) wiederum ist von Belang, dass der BGH an entgeltliche Vereinbarungen unter Ehegatten seit jeher besondere Anforderungen stellt: Die beiderseitigen Bei-

75 So aber J. Mayer, a. a. O., (Fn. 5), § 8 Rn. 42; Brambring, ZEV 1996, 248, 251 (Letzterer nur auf die Zugewinngemeinschaft abstellend).

76 Vgl. Langenfeld, ZEV 1994, 129, 132.

77 Pflichtteilsansprüche nach dem durch die Zuwendung begünstigten Erstversterbenden und zusätzlich Pflichtteilsergänzungsansprüche nach dem zuletzt versterbenden Zuwendenden wären die Folge.

78 Ähnlich Brambring, ZEV 1996, 248, 253 für einen Ausgleich des durch die Vereinbarung der Gütertrennung entstandenen Anspruchs;

es handele sich anderenfalls um ein unwirksames Scheingeschäft.

79 Vgl. oben B. II. 2. b) (2) bb).

80 BGHZ 116, 167 = BGH DNotZ 1992, 513 = NJW 1992, 564, 565 = MittBayNot 1992, 150.

81 BGHZ 116, 178, 182 = DNotZ 1992, 503.

82 Die Obergrenze des pflichtteilsrechtlich noch Tolerablen soll in je- dem Fall bei einer hälftigen Vermögensbeteiligung liegen; vgl. Klin- gelhöffer, NJW 1993, 1097, 1101, der alternativ eine Kapitalisierung des Unterhaltsanspruchs in Erwägung zieht.

(8)

träge zur gemeinsamen Lebensführung seien, selbst wenn sie beispielsweise durch die Mitarbeit im Betrieb des an- deren erfüllt würden, angesichts der gegenseitigen Un- terhaltspflicht grundsätzlich gleich zu achten. Dement- sprechend sei es nicht selbstverständlich, langjährige Dienste irgendeiner Art nachträglich zu vergüten. Der Schutzzweck des § 2325 BGB erfordere es, bei der Beur- teilung solcher Rechtsgeschäfte darauf abzustellen, ob die Leistungen nach den konkreten Verhältnissen in der Ehe noch als angemessen erscheinen konnten. Raum für eine Vergütung sei danach nur dann, wenn die Leistungen deutlich über das hinausgingen, was nach § 1360 BGB zur gemeinsamen Lebensführung beizusteuern war.83 Eine Zuwendung, mit der ein Ehegatte dem anderen eine nachträgliche Anerkennung für langjährige Haushalts- tätigkeit gewähre, sei daher in der Regel nicht als nach- trägliche Entlohnung, sondern als nachträgliche beloh- nende Schenkung anzusehen. Und selbst Leistungen, die über das unterhaltsrechtlich gebotene Maß hinausgingen, seien nach § 1360 b BGB im Zweifel nicht zu vergüten.84 Die Fixierung des BGH auf langjährige Dienste verträgt sich nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Ausgleich von Leistungen im Falle einer Trennung.

Insoweit differenziert der BGH ausdrücklich gerade nicht zwischen Geld- und Sachleistungen einerseits und langjährigen Diensten wie der Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten andererseits.85Wiederholt hat der BGH aus- geführt, die Finanzierung von Immobilien des anderen gehe über den Umfang von geschuldeten Beistands- leistungen im Rahmen der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 BGB) und zur Erfüllung der Unterhaltspflicht (§ 1360 BGB) ersichtlich hinaus.86Un- ter Umständen liege gar – und zwar auch ohne ausdrück- liche Vereinbarung – eine Ehegatteninnengesellschaft vor.87Bestünde demgemäss im Rahmen einer Trennung ein Ausgleichsanspruch, dessen Erfüllung ein entgelt- liches Geschäft darstellen würde, muss den Eheleuten auch bei noch intakter Ehe eine in gleicher Weise pflichtteilsfeste Zuteilung möglich sein. Darauf, ob im Trennungsfall ein solcher Ausgleichsanspruch tatsächlich bestehen würde, kann es dabei nicht ankommen. Denn bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften und Ehen im Güterstand der Gütertrennung verfährt die Recht- sprechung insoweit großzügiger.88Die Zugewinngemein- schaft würde schlechter gestellt, wollte man der Tatsache Bedeutung beimessen, dass im Fall einer Trennung die gesetzlichen Regeln des Zugewinnausgleichs andere Ausgleichsansprüche regelmäßig verdrängen.

Genau genommen handelt es sich bei den vom BGH an- gesprochenen Fallgruppen nicht um ausnahmsweise pflichtteilsfeste unbenannte Zuwendungen, vielmehr um nicht-exklusive Beispiele für entgeltliche Rechts- geschäfte unter Eheleuten.89 Dementsprechend zitiert auch der BGH im Rahmen der Grundsatzentscheidung zur erbrechtlichen Behandlung der unbenannten Zu- wendungen eine Entscheidung90, die sich so recht keiner der beiden Gruppen zuordnen lässt: Anlässlich der Trennung übertrug die Ehefrau dem Ehemann gegen eine Abfindung ihren Halbanteil an der gemeinsamen Eigentumswohnung. Über die vom BGH angeführten zwei Fallgruppen hinaus ist daher auch jede sonstige Zu- wendung pflichtteilsfest, die nach den allgemeinen Grundsätzen91als entgeltlich bzw. als Pflicht- oder An-

standsschenkung anzusehen ist: Das Schrifttum führt als Beispiel einen Ehepartner an, der gegen Überlassung ei- ner Mietwohnung auf Unterhaltsansprüche und den Versorgungsausgleich verzichtet.92Eben deshalb mag es sich bei Zuwendungen im Einzelfall auch um Darlehen93 oder vorweggenommene Erfüllungshandlungen und ge- rade nicht um unbenannte Zuwendungen handeln.

Der Notar wird bei unbenannten Zuwendungen auf dro- hende Pflichtteilsergänzungsansprüche hinweisen und eine unterhaltsrechtliche Motivation bzw. Entgelte gege- benenfalls in der Urkunde dokumentieren.94 In Zwei- felsfällen dürfte ein durch eine Gütertrennung er- möglichter Zugewinnausgleich – möglicherweise ergänzt um eine Rückkehr in den gesetzlichen Güterstand – si- cherer und auch steuerlich vorteilhaft sein, sieht doch der BFH im Anschluss an das Grundsatzurteil des BGH un- benannte Zuwendungen als steuerbar an.95

(3) Pflichtteilserschwerungen mithilfe des Gesell- schaftsrechts

aa) Abfindungsausschlüsse

Verstirbt ein Gesellschafter einer Personengesellschaft, steuert (u. a.) eine Fortsetzungsklausel96 seine Beteili- gung am Nachlass vorbei.97Sie wächst den Anteilen der in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter an. Le- diglich der Abfindungsanspruch (§ 738 Abs. 1 S. 2 BGB) fällt in den Nachlass.98 Ist gesellschaftsvertraglich eine Abfindung ausgeschlossen99, kommen ordentliche Pflicht- teilsansprüche folglich nicht in Betracht. Dasselbe gilt bei einem kostenlosen Übernahmerecht100 bzw. – im Falle

83 BGH NJW-RR 1989, 706 = DNotZ 1991, 498; ebenso OLG Frank- furt DNotI-Report 1994, 6; das OLG Köln JMBl. NW 1997, 127, 128 hat diese Rechtsprechung auf nichteheliche Lebensgemeinschaften ausgeweitet.

84 BGHZ 116, 167, 171 = BGH DNotZ 1992, 513 = NJW 1992, 564, 565

= MittBayNot 1992, 150; anders aber das OLG Oldenburg FamRZ 2000, 638 bei einer 30jährigen Tätigkeit der Ehefrau als Sprech- stundenhilfe in der Praxis des Ehemannes.

85 BGH NJW 1999, 2962, 2966; NJW 1982, 2236.

86 Vgl. z. B. BGHZ 84, 361, 365.

87 BGH NJW 2002, 3702, 3703; BGHZ 84, 361, 366.

88 Zur Zugewinngemeinschaft: BGH FamRZ 1989, 147; NJW 1976, 328; BGHZ 68, 299, 304; zur Gütertrennung vgl. BGH FamRZ 1988, 482, 485; zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft: BGH FamRZ 1999, 1580, 1582; NJW 1997, 3371; OLG Schleswig MittBayNot 2003, 54.

89 So auch Langenfeld, ZEV 1994, 129, 131; Handbuch der Ehe- verträge und Scheidungsvereinbarungen, 4. Aufl. 2000, Rn. 910; vgl.

auch Hayler, DNotZ 2000, 681, 684.

90 BGH MittBayNot 1990, 117.

91 Vgl. oben B. II. 2. a) (1) bzw. b) (1); vgl. auch Soergel/Dieckmann, 12. Aufl. 1996, § 2325 BGB, Rn. 17 und BGH NJW 1987, 3131, 3132.

92 Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsverein- barungen, 4. Aufl. 2000, Rn. 912; Brambring, ZEV 1997, 7.

93 Vgl. DNotI-Gutachten 1263 vom 16. 1. 2002.

94 So auch der Ratschlag von Klingelhöffer NJW 1993, 1097, 1101, 1103.

95 BFH NJW 1994, 2044; vgl. dazu Albrecht, ZErb 2002, 272; ZEV 1994, 149; Billig, ZEV 2002, 475, 476.

96 Zur Terminologie vgl. Winkler, BB 1997, 1697; Kerscher/Tanck, Pflichtteilsrecht in der anwaltlichen Praxis, 1997, § 10 Rn. 6.

97 Von Dickhuth-Harrach, a. a. O., (Fn. 3), 227.

98 Nieder, Handbuch der Testamentsgestaltung, 2. Aufl. 2000, Rn. 1234.

99 Das wird bei einem Ausscheiden von Todes wegen für zulässig er- achtet, vgl. Winkler, BB 1997, 1697, 1703; Reimann, ZEV 1994, 7, 11.

100 Nach BGH WM 1971, 1339 auch dann, wenn es eine Übernahme- erklärung nach dem Erbfall verlangt. Mit der Erklärung des Be- günstigten werde der Anteil gleichsam rückwirkend aus dem Nach- lass gezogen, vgl. auch Rapp, MittBayNot 1987, 70, 71.

(9)

einer GmbH – einer entschädigungslosen Einziehung oder unentgeltlichen Zwangsabtretung.101

Auch Pflichtteilsergänzungsansprüche scheiden nach herrschender Meinung aus: Es handele sich bei gesell- schaftsvertraglichen Abfindungsausschlüssen, soweit sie nur jeden Gesellschafter in gleicher Weise treffen, nicht um Schenkungen von Todes wegen, sondern um Risiko- geschäfte. Solche seien ihrer Natur nach entgeltlich, lös- ten somit keine Pflichtteilsergänzungsansprüche aus.102 Allerdings müsse das Risiko in etwa identisch sein. So dürften weder das Alter noch der Gesundheitszustand der Gesellschafter beträchtlich voneinander abwei- chen.103

In jüngerer Zeit wird diese Meinung zunehmend ange- griffen. Mit der Grundwertung des § 2325 BGB sei eine derartige Möglichkeit, Pflichtteilsansprüche zu umgehen, nicht zu vereinbaren. Außerdem sei das eigene Vorver- sterbensrisiko keine berücksichtigungsfähige Gegen- leistung.104

Wie schon bei den formal ebenfalls nicht zu den Schen- kungen zählenden unbenannten Zuwendungen bedarf es zur Beantwortung der Streitfrage einer Wertung an- hand des Gesetzes: Diesem ist – entgegen mancher Meinung105– ein besonderer Schutz von Gesellschaften fremd. Überhaupt wäre anderenfalls zwischen Gesell- schaften mit nur zwei Gesellschaftern und solchen mit mehr Gesellschaftern zu differenzieren. Nur letztere könnten einen Schutz vor Pflichtteilsberechtigten bean- spruchen, da doch eine zweigliedrige Gesellschaft mit dem Versterben eines der Gesellschafter ohnehin zu existieren aufhört – angesichts der möglichen Fort- führung des Unternehmens durch den verbleibenden Gesellschafter eine nicht überzeugende Unterscheidung.

Hinzu kommt, dass sich Pflichtteilsergänzungsansprüche nur unter den in § 2329 BGB genannten Voraussetzungen gegen den beschenkten Mitgesellschafter, sonst aber gegen den Erben richten und daher oftmals gar keine Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs drohen wird.

Dem Pflichtteilsrecht andererseits misst das Gesetz eine besondere, vom BGH noch betonte106 Bedeutung bei.

Vorsicht ist deshalb gegenüber dem Rat angebracht, Eheleute sollten zur Vermeidung von Pflichtteilsan- sprüchen der Kinder ihren Grundbesitz unter Verzicht auf Abfindungsansprüche in eine von ihnen zu grün- dende, diesen Grundbesitz verwaltende Gesellschaft einbringen107. Jedenfalls sollte der Notar auf das be- trächtliche Risiko hinweisen, datiert doch die letzte Stel- lungnahme des BGH zur Pflichtteilsfestigkeit von Ab- findungsausschlüssen bereits aus dem Jahre 1981.108Und schon damals führte der BGH nicht nur – zudem in einem obiter dictum – lediglich aus, die bisherige Recht- sprechung betrachte allseitige Abfindungsausschlüsse als entgeltlich. Sondern er forderte sogar, den Abfindungs- ausschluss bereits bei der Beurteilung der Zuwendung der Beteiligung – sie war dem Inhaber von einem der Gesellschafter übertragen worden – zu berücksichtigen.

bb) Lebzeitige Beteiligungsübertragungen

Bei derartigen lebzeitigen Beteiligungszuwendungen109 stellt die damit verbundene Übernahme von Gesell- schafterpflichten unter Umständen eine adäquate Ge-

genleistung dar.110 Nach der höchstrichterlichen Recht- sprechung ist insofern insbesondere der Kapitaleinsatz des Bedachten zu berücksichtigen, ferner, inwieweit sich der Beitrag aus zukünftigen Gewinnen bestreiten lässt.

Auch die zu erbringende Arbeitsleistung und das Haf- tungsrisiko seien in den Leistungsvergleich einzustellen, bei ungleicher Lebenserwartung ferner – wie bereits er- wähnt – die gesellschaftsvertraglichen Abfindungs- regeln.111 Ein Abfindungsausschluss droht mithin die Aufnahme eines wesentlich Jüngeren selbst als unbe- schränkt und persönlich haftenden Gesellschafter zu ei- ner Schenkung werden zu lassen.

Die Einräumung einer Unterbeteiligung ohne Haftungs- übernahme und Arbeitsverpflichtung andererseits dürfte ebenfalls unentgeltlich sein112, ferner die Zuwendung ei- nes Kommanditanteils: Da der Kommanditist regel- mäßig weder zur Geschäftsführung verpflichtet ist, noch – ist die Einlage erst erbracht – persönlich haftet, handelt es sich, wenn der Kommanditist nichts für den Erwerb aufzuwenden hat, um eine Schenkung.113 Für rein ver- mögensverwaltende Gesellschaften bürgerlichen Rechts dürfte dasselbe gelten.114

Wann bei Beteiligungsübertragungen die Frist des § 2325 Abs. 3 BGB beginnt, ist streitig. In Anlehnung an die neuere Rechtsprechung des BGH115, die für den Fristlauf einen wesentlichen Nutzungsverzicht fordert, wird ver- einzelt auf das Ausscheiden des Erblassers oder jedenfalls auf den Verlust seines Mehrheitsstimmrechts abgestellt.116

101 Reimann, DNotZ 1992, 472, 488; ZEV 1994, 7, 9; Winkler, BB 1997, 1697, 1699 (auch zu Aktiengesellschaften); von Dickhuth-Harrach, a. a. O., (Fn. 3), 228; Weirich, Erben und Vererben, 4. Aufl. 1998, Rn. 933.

102 BGH WM 1971, 1338, 1340; DNotZ 1966, 620, 622; BGHZ 22, 186, 194; Rapp, MittBayNot 1987, 70, 73; Winkler, BB 1997, 1697, 1703;

Staudinger/Olshausen, 13. Bearb. 1998, § 2325 BGB, Rn. 32; Weg- mann, ZEV 1998, 135.

103 KG DNotZ 1978, 109, 111; OLG Düsseldorf MDR 1977, 932.

104 Soergel/Dieckmann, 12. Aufl. 1996, § 2325 BGB, Rn. 27; Münch- Komm/Ulmer, 3. Aufl. 1997, § 738 BGB, Rn. 49; Kerscher/Tanck, Pflichtteilsrecht in der anwaltlichen Praxis, 1997, § 10 Rn. 17;

MünchKomm/Frank, 3. Aufl. 1997, § 2325 BGB, Rn. 16; Kohl, MDR 1995, 865, 872; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, 2. Aufl. 2002, Rn. 340; Kohl, MDR 1995, 865, 869; wohl auch Weirich, Erben und Vererben, 4. Aufl. 1998, Rn. 932; Reimann, ZEV 1994, 7, 11; ähnlich Finger, DB 1974, 27.

105 Staudinger/Olshausen, 13. Bearb. 1998, § 2325 BGB, Rn. 34; Nieder, Handbuch der Testamentsgestaltung, 2. Aufl. 2000, Rn. 113.

106 Vgl. etwa BGHZ 98, 226, 233.

107 Wegmann, ZEV 1998, 135, 136; Rapp, MittBayNot 1987, 70, 73;

Spiegelberger, DAI-Skript, Grundkurs für angehende Anwalts- notare, Band IV Teilband a, 125.

108 BGH NJW 1981, 1956, 1957.

109 Durch Aufnahme in ein Einzelunternehmen oder eine Gesellschaft bzw. deren gemeinsame Gründung, vgl. BGH NJW 1990, 2616, 2617.

110 BGH NJW 1981, 1956, 1957; das bei § 2325 BGB allgemein, auch vom BGH selbst zitierte Urteil BGH NJW 1959, 1433 betrifft dem- gegenüber einen anderen Fall, vgl. von Dickhuth-Harrach, a. a. O., (Fn. 3), 225 Fn. 206.

111 BGH NJW 1981, 1956, 1957; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, 2. Aufl.

2002, Rn. 339.

112 Kerscher/Tanck, Pflichtteilsrecht in der anwaltlichen Praxis, 1997,

§ 10 Rn. 3; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, 2. Aufl. 2002, Rn. 339.

113 BGH NJW 1990, 2616, 2617; Staudinger/Olshausen, 13. Bearb. 1998,

§ 2325 BGB, Rn. 30; DNotI-Report 2002, 43, 44.

114 Ebenso U. Mayer, ZEV 2003, 355, 356.

115 BGH ZEV 1994, 233; BGHZ 98, 226, 232; vgl. auch unten B. II. 2.

d).

116 Kerscher/Tanck, Pflichtteilsrecht in der anwaltlichen Praxis, 1997,

§ 10 Rn. 4.

(10)

Richtigerweise setzt jedoch bereits die Anteilsüber- tragung, wenn nicht die Ehefrau die Begünstigte ist oder sich der Zuwendende ein Nießbrauchsrecht oder sonstige Vorrechte wie eine überproportionale Gewinnbeteiligung vorbehält, die Frist in Gang.117Denn mag der Schenker auch nach wie vor noch eine Beteiligungsmehrheit halten, so muss er doch immerhin auf einen Teil der Gewinne verzichten.

Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass – wenn es sich bereits bei der Beteiligungszuwendung um eine Schenkung handelt – ein vereinbarter Abfindungsaus- schluss beim Tode des Erblassers nicht nochmals Pflicht- teilsergänzungsansprüche soll auslösen können.118Dieser These wird man nur beipflichten können, wenn man in den Schenkungswert der Zuwendung den später noch angewachsenen Restanteil einbezieht. Stellt man hinge- gen allein auf den übertragenen Anteil ab, handelt es bei der späteren Anwachsung gegebenenfalls um eine wei- tere Schenkung. Welcher Betrachtungsweise man auch zuneigt, in jedem Fall beginnt die 10-Jahres-Frist des

§ 2325 Abs. 3 BGB für den angewachsenen Restanteil erst mit dem Todesfall und nicht bereits mit der Zuwen- dung der „Stammbeteiligung“ zu laufen.119 Lebzeitige Beteiligungszuwendungen werden deshalb pflichtteils- rechtlich gegenüber Anwachsungsgestaltungen häufig vorzugswürdig sein. Erbschaftsteuerlich bringen sie keine Nachteile mit sich, da auch angewachsene Anteile – vermindert um etwaige Abfindungen – einen steuerbaren Erwerb darstellen (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG). Hin- sichtlich der Streitfrage, inwieweit wegen möglicher spä- terer Abfindungseinschränkungen bei Pflichtteilsergän- zungsansprüchen Abschläge gerechtfertigt sind120, er- geben sich ebenfalls keine Unterschiede.

(4) Zuwendung von Lebensversicherungen

Lebensversicherungen ermöglichen – wie überhaupt alle Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall und auch Schenkungsversprechen von Todes wegen – keine Pflichtteilsreduzierung. Zwar fällt das zugewandte Ver- mögen nicht in den Nachlass, wenn ein Bezugs- berechtigter benannt und der Anspruch auf die Ver- sicherungssumme nicht sicherungshalber abgetreten ist121, Pflichtteilsansprüche sind mithin nicht die Folge.122 Im Zuwendungsverhältnis handelt es sich aber grund- sätzlich um Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösende Schenkungen bzw. unbenannte Zuwendungen.123Nur in Einzelfällen dürfte es sich um Ausstattungen oder – ent- sprechend den obigen Ausführungen zur Abgrenzung unbenannter Zuwendungen von Unterhaltsleistungen124 – um entgeltliche Zuwendungen handeln. Die Aussage, Lebensversicherungen zur Sicherung einer ange- messenen Altersversorgung des überlebenden Ehegatten lösten keine Pflichtteilsergänzungsansprüche aus125, ist von daher zutreffend, allerdings zu pauschal, als dass sie den Anforderungen der höchstrichterlichen Recht- sprechung genügen würde.126

Bestand die Bezugsberechtigung bereits bei Vertragsab- schluss, bemessen Rechtsprechung und herrschende Lehre Pflichtteilsergänzungsansprüche lediglich nach den gezahlten Prämien, nicht hingegen nach dem Rück- kaufswert oder der Versicherungssumme.127Auf diese sei lediglich dann abzustellen, wenn die Bezugsberechtigung

erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages zuge- wendet wurde.128 Als Begründung wird angeführt, die Versicherungssumme stamme nicht aus dem Vermögen des Erblassers. Die in der Versicherungssumme stecken- den Risiko- und Gewinnanteile flössen dem Bezugs- berechtigten vielmehr unmittelbar vom Versicherer zu.

Nur Vermögensopfer des Erblassers aber sollten die Pflichtteilsergänzungsansprüche ausgleichen.

Unterliegen lediglich die gezahlten Prämien der Pflicht- teilsergänzung, bedeutet das nicht, dass nur Prämien- zahlungen innerhalb der letzten 10 Jahre Pflichtteils- ergänzungsansprüche aufwerfen.129 Denn die Frist des

§ 2325 Abs. 3 BGB wird durch Verfügungen zugunsten Dritter auf den Todesfall und Schenkungen von Todes wegen nicht in Gang gesetzt130, tritt doch der Rechts- erwerb und die Ausgliederung aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers – wenn nicht der gesamte Ver- sicherungsvertrag übertragen131 oder die Bezugs- berechtigung unwiderruflich zugewandt wurde132 – erst mit dem Ableben des Versprechensempfängers ein.

117 So auch Wegmann, ZEV 1998, 135; Staudinger/Olshausen, 13. Bearb.

1998, § 2325 BGB, Rn. 56; DNotI-Report 2002, 43, 44; U. Mayer, ZEV 2003, 355, 358.

118 So aber DNotI-Report 2002, 43, 44; offen gelassen in DNotI-Report 1996, 87, 88.

119 Einhellige Ansicht: Wegmann, ZEV 1998, 135, 136; Kohl, MDR 1995, 865, 873; MünchKomm/Frank, 3. Aufl. 1997, § 2325 BGB, Rn. 25; Winkler, BB 1997, 1697, 1704; früher streitig, vgl. DNotI- Report 1996, 87.

120 Entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Zuge- winnausgleich = BGH NJW 1980, 229; vgl. Reimann, DNotZ 1992, 472, 481. Für Abschläge Kerscher/Tanck, Pflichtteilsrecht in der anwaltlichen Praxis, 1997, § 10 Rn. 21; Reimann, ZEV 1994, 7, 10;

Spiegelberger, Die Steuerberatung 2002, 245, 248, 252; dagegen Winkler, BB 1997, 1697, 1702.

121 Vgl. BGH DNotZ 1997, 420; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 121; J.

Mayer, a. a. O., (Fn. 5), § 8 Rn. 30; Kornexl, ZEV 2002, 173, 174/175;

Beck’sches Notar-Handbuch/Bengel/Reimann, 3. Aufl. 2000, C Rn. 208.

122 Dittmann/Reimann/Bengel (Hrsg.), Testament und Erbvertrag, 4. Aufl. 2003, E Rn. 246; Zawar, DNotZ 1989, 116*, 124*.

123 Weirich, Erben und Vererben, 4. Aufl. 1998, Rn. 926; Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, 2. Aufl. 2002, Rn. 345; vgl. auch BGH NJW 1987, 3131, 3132 = MittRhNotK 1987, 229.

124 Vgl. B. II. 2. b) (2) cc) (bb).

125 So Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, 2. Aufl. 2002, Rn. 345; ZEV 1995, 182; Bengel, a. a. O., (Fn. 122), E Rn. 275; Weirich, Erben und Ver- erben, 4. Aufl. 1998, Rn. 926.

126 Skeptisch auch von Dickhuth-Harrach, a. a. O., (Fn. 3), 225 Fn. 202.

127 BGH FamRZ 1976, 616; BGHZ 7, 134, 143; RGZ 128, 187, 190;

Klingelhöffer, Pflichtteilsrecht, 2. Aufl. 2002, Rn. 345; von Dick- huth-Harrach, a. a. O., (Fn. 3), 224; MünchKomm/Frank, 3. Aufl.

1997, § 2325 BGB, Rn. 17; Staudinger/Olshausen, 13. Bearb. 1998,

§ 2325 BGB, Rn. 38; a. A. (Versicherungssumme) LG Freiburg FamRZ 1997, 517; Liessem, MittRhNotK 1988, 29, 40; Harder, FamRZ 1976, 617, 618 sowie (Zeitwert) OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 1247; J. Mayer DNotZ 2000, 905, 927.

128 Beck’sches Notar-Handbuch/Bengel/Reimann, 3. Aufl. 2000, C Rn. 208; von Dickhuth-Harrach, a. a. O., (Fn. 3), 225; andere wollen auch in diesem Fall nur von den gezahlten Prämien ausgehen, so wohl BGH FamRZ 1976, 616; Soergel/Dieckmann, 12. Aufl. 1996,

§ 2325 BGB, Rn. 22.

129 So aber Staudinger/Olshausen, 13. Bearb. 1998, § 2325 BGB, Rn. 38; Krause, NotBZ 2001, 87, 90.

130 Reimann bzw. Bengel, a. a. O., (Fn. 122), E Rn. 255, 266, 274; von Dickhuth-Harrach, a. a. O., (Fn. 3), 219; J. Mayer DNotZ 2000, 905, 927.

131 Ein solcher Fall lag der Entscheidung BGH FamRZ 1976, 616 zu- grunde.

132 Denn der Fall gleicht dem, dass der Erblasser dem Begünstigten ei- nen von diesem abgeschlossenen Versicherungsvertrag finanziert;

dazu im Einzelnen J. Mayer, a. a. O., (Fn. 5), § 8 Rn. 34.

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