1
Kapitel 1 Holomorphiegebiete
§ 0 Einf¨ uhrung
Dieser Paragraph enth¨ alt eine kurze Zusammenfassung des Stoffes von Kapitel 3,
§1 – 3, aus Funktionentheorie 2.
Ist r = (r
1, . . . , r
n) ∈ R
n, alle r
ν> 0, und z
0= (z
1(0), . . . , z
n(0)) ∈ C
n, so heißt P
n(z
0, r) := {z ∈ C
n: |z
ν− z
ν(0)| < r
νf¨ ur ν = 1, . . . , n}
Polyzylinder mit Polyradius r und Zentrum z
0. Ist r ∈ R
+und r := (r, . . . , r), so schreiben wir P
nr(z
0) statt P
n(z
0, r). Bezeichnet man mit ∆ die (offene) Einheits- kreisscheibe in C , so ist P
n:= P
n1(0) = ∆ × · · · × ∆
| {z }
nmal
der Einheits-Polyzylinder um 0.
Die Menge
T
n(z
0, r) = {z ∈ C
n: |z
ν− z
ν(0)| = r
νf¨ ur ν = 1, . . . , n} .
nennt man den ausgezeichneten Rand des Polyzylinders P
n(z
0, r). Der ausgezeich- nete Rand ist das kartesische Product von n Kreisen, also diffeomorph zu einem n-dimensionalen Torus.
Die Menge
V := {r = (r
1, . . . , r
n) ∈ R
n: r
ν≥ 0 f¨ ur ν = 1, . . . , n}
nennt man den absoluten Raum, die Abbildung τ : C
n→ V mit τ (z
1, . . . , z
n) :=
|z
1|, . . . , |z
n|
die nat¨ urliche Projektion. F¨ ur r ∈ V ist die Urbildmenge τ
−1(r) der Torus T
n(0, r). F¨ ur z ∈ C
nsetzen wir P
z:= P
n(0, τ (z)) und T
z:= T
n(0, τ (z)) = τ
−1(τ (z)). Ein Gebiet G ⊂ C
nheißt Reinhardtsches Gebiet, wenn mit jedem z ∈ G auch der Torus T
zzu G geh¨ ort.
Ein Reinhardtsches Gebiet G heißt 1. eigentlich, falls 0 ∈ G ist,
2. vollst¨ andig, falls f¨ ur alle z ∈ G ∩ ( C
∗)
ngilt: P
z⊂ G.
Ist M ⊂ C
neine beliebige Menge und {f
ν: ν ∈ N
n0} eine Familie von komplex- wertigen Funktionen auf M , so heißt die Reihe P
ν≥0
f
νnormal konvergent auf M , falls die Reihe der positiven reellen Zahlen P
ν≥0
kf
νk
Mkonvergent ist. Dabei bezeichnen wir mit kf
νk
Mdas Supremum von |f
ν| auf M . Die Reihe ist dann punktweise konvergent, und f¨ ur jede bijektive Abbildung ϕ : N → N
n0ist die Reihe P
∞i=1
f
ϕ(i)gleichm¨ aßig konvergent auf M.
0.1 Abel’sches Lemma. Seien P
0⊂⊂ P ⊂ C
nPolyzylinder um den Ursprung.
Wenn die Potenzreihe P
ν≥0
a
νz
νin einem Punkt des ausgezeichneten Randes von
P konvergiert, dann konvergiert sie normal auf P
0.
Ist S(z) = P
ν≥0
a
νz
νeine formale Potenzreihe im Nullpunkt und B := {z ∈ C
n: S(z) konvergent},
so ist
◦
B ein vollst¨ andiges Reinhardtsches Gebiet, und S(z) konvergiert in
◦
B kom- pakt (also auf jeder kompakten Teilmenge normal). Die Menge
◦
B nennt man das Konvergenzgebiet von S(z).
Definition. Sei B ⊂ C
neine offene Menge. A Funktion f : B → C heißt holomorph, falls es zu jedem Punkt z
0∈ B eine Umgebung U = U (z
0) ⊂ B und eine Potenzreihe S(z) := P
ν≥0
a
ν(z − z
0)
νgibt, die auf U gegen f (z) konvergiert.
Die Menge der holomorphen Funktionen auf B wird mit O(B) bezeichnet.
Eine komplexwertige Funktion f auf einer offenen Menge B ⊂ C
nheißt komplex differenzierbar in z
0∈ B , falls es eine Abbildung ∆ : B → C
ngibt, so dass gilt:
1. ∆ is stetig in z
0.
2. f(z) = f(z
0) + (z − z
0) · ∆(z)
tf¨ ur z ∈ B .
Der Wert der Funktion ∆ bei z
0ist eindeutig bestimmt. Die Zahlen
∂f
∂z
ν(z
0) = f
zν(z
0) := e
ν· ∆(z
0)
twerden die partiellen Ableitungen von f in z
0genannt, der Vektor
∇f (z
0) := (f
z1(z
0), . . . , f
zn(z
0)) = ∆(z
0) der komplexe Gradient.
Eine Funktion f heißt schwach holomorph auf B, falls sie dort stetig und partiell differenzierbar ist. Man kann zeigen, dass f genau dann komplex differenzierbar auf B ist, wenn f dort schwach holomorph ist.
Sei r = (r
1, . . . , r
n) ein Element von R
n+, P = P
n(0, r), T = T
n(0, r) und f eine stetige Funktion auf T . Dann heißt
C
f(z) :=
1 2π i
nZ
|ζ1|=r1
· · · Z
|ζn|=rn
f (ζ) dζ
1(ζ
1− z
1) · · · dζ
n(ζ
n− z
n) das Cauchy -Integral von f uber ¨ T .
0.2 Cauchy’sche Integral-Formel. Ist U = U(P ) eine offene Umgebung des Abschlusses von P und f schwach holomorph auf U , so ist C
f|T(z) = f(z) f¨ ur alle z ∈ P .
Ist f : T → C eine stetige Funktion, so gibt es eine Potenzreihe P
ν≥0
a
νz
ν, die auf
ganz P gegen C
f(z) konvergiert. Die Koeffizienten a
νsind durch
0 Einf¨ uhrung 3
a
ν1···νn= 1
2π i
nZ
T
f (ζ
1, . . . , ζ
n) ζ
1ν1+1· · · ζ
nνn+1dζ
1· · · dζ
n.
gegeben.
Insbesondere ist f genau dann komplex differenzierbar, wenn f holomorph ist.
0.3 Weierstraß’scher Konvergenzsatz. Sei G ⊂ C
nein Gebiet und (f
k) eine Folge von holomorphen Funktionen, die auf G gleichm¨ aßig gegen eine Funktion f konvergiert. Dann ist f holomorph.
Es gelten auch der Identit¨ atssatz und das Maximumprinzip, sowie die Cauchy’schen Ungleichungen:
Ist G ⊂ C
nein Gebiet, f : G → C holomorph, z
0∈ G ein Punkt und P = P
n(z
0, r) ⊂⊂ G ein Polyzylinder mit ausgezeichnetem Rand T , so ist
|D
νf(z
0)| ≤ ν!
r
ν· sup
T
|f|.
Ist f : B → C reell differenzierbar in z
0, so gibt es eine Darstellung f(z) = f(z
0) + (z − z
0) · ∆
0(z)
t+ (z − z
0) · ∆
00(z)
t, wobei ∆
0and ∆
00in z
0stetig sind. Die eindeutig bestimmten Zahlen
∂f
∂z
ν(z
0) = f
zν(z
0) := e
ν· ∆
0(z
0)
tund
∂f
∂z
ν(z
0) = f
zν(z
0) := e
ν· ∆
00(z
0)
theißen die Wirtinger-Ableitungen von f in z
0.
Die komplex-linearen (bzw. antilinearen) Abbildungen (∂f)
z0: C
n→ C und (∂f )
z0: C
n→ C werden definiert durch
(∂f )
z0(w) :=
n
X
ν=1
f
zν(z
0)w
νund (∂f)
z0(w) :=
n
X
ν=1
f
zν(z
0)w
ν,
und das Differential von f in z
0durch (df )
z0:= (∂f )
z0+ (∂f )
z0.
Wir f¨ uhren auch noch den holomorphen (bzw. antiholomorphen) Gradient ein:
∇f := (f
z1, . . . , f
zn) und ∇f := (f
z1, . . . , f
zn).
Dann ist (∂f )
z0(w) = w · ∇f(z
0)
tund (∂f )
z0(w) = w · ∇f (z
0)
t.
Ist f eine in z
0komplex-wertige reell differenzierbare Funktion, so ist
f
zν(z
0) = 1
2 (f
xν(z
0) − i f
yν(z
0)), f
zν(z
0) = 1
2 (f
xν(z
0) + i f
yν(z
0)).
Sei B ⊂ C
neine offene Menge. Eine Abbildung
f = (f
1, . . . , f
m) : B → C
mheißt holomorph, falls alle Komponenten f
iholomorph sind.
J
f(z) =
(f
1)
z1(z) · · · (f
1)
zn(z)
.. . .. .
(f
m)
z1(z) · · · (f
m)
zn(z)
heißt komplexe Jacobi-Matrix von f in z. Der Umkehrsatz und der Satz ¨ uber implizite Funktionen gelten wie im Reellen.
Definition. Sei G ⊂ C
nein Gebiet. Eine Teilmenge A ⊂ G heißt analytisch, falls es zu jedem Punkt z
0∈ G eine offene Umgebung U = U (z
0) ⊂ G und holomorphe Funktionen f
1, . . . , f
qauf U gibt, so dass gilt:
U ∩ A = N (f
1, . . . , f
q)
:= {z ∈ U : f
1(z) = · · · = f
q(z) = 0}.
Besitzt die analytische Menge A einen inneren Punkt, so ist A = G. Andernfalls ist A nirgends dicht in G und G \ A zusammenh¨ angend.
Die analytische Menge heißt in z ∈ A regul¨ ar von der Codimension q, falls es eine Umgebung U = U(z) ⊂ G und holomorphe Funktionen f
1, . . . , f
qauf U gibt, so dass gilt:
1. A ∩ U = N (f
1, . . . , f
q).
2. rg
z(f
1, . . . , f
q) = q.
Die Zahl n − q nennt man die Dimension von A in z. Ist A in z nicht regul¨ ar, so nennt man A dort singul¨ ar. Die Menge der regul¨ aren Punkte von A bezeichnen wir mit Reg(A), die der singul¨ aren Punkte mit Sing(A).
Eine k-dimensionale komplexe Untermannigfaltigkeit eines Gebietes G ⊂ C
nist eine analytische Menge A ⊂ G, die ¨ uberall regul¨ ar von der Codimension n − k ist.
Sei jetzt G ⊂ C
nein eigentliches Reinhardtsches Gebiet und f holomorph auf G.
Dann stimmt f¨ ur alle z ∈ G ∩ ( C
∗)
ndas Cauchy-Integral C
f|Tzin einer Umgebung
des Nullpunktes mit f uberein. Es gibt sogar eine Potenzreihe ¨ S(z), die in G gegen
f konvergiert.
0 Einf¨ uhrung 5
Die Menge
G b := [
z∈G∩(C∗)n
P
znennt man die vollst¨ andige H¨ ulle von G. Sie ist das kleinste vollst¨ andige Reinhardt- sche Gebiet, das G enth¨ alt, und man kann zeigen, dass jede holomorphe Funktion f auf G eine eindeutig bestimmte holomorphe Fortsetzung f b auf G b besitzt.
Das wichtigste Beispiel ist die Hartogs-Figur:
Sei n ≥ 2, P
nder Einheitspolyzylinder, q
1, . . . , q
nreelle Zahlen mit 0 < q
ν< 1 f¨ ur ν = 1, . . . , n, und
H = H(q) := {z ∈ P
n: |z
1| > q
1oder |z
µ| < q
µf¨ ur µ = 2, . . . , n}.
Dann nennt man (P
n, H) eine Euklidische Hartogs-Figur. H ist ein Reinhardtsches Gebiet und P
nseine vollst¨ andige H¨ ulle.
|z
1|
|z
2|
H q
1q
2Es gilt der
0.4 Satz von Hartogs. Sei (P
n, H) eine Euklidische Hartogs-Figur. Dann besitzt jede holomorphe Funktion f auf H eine holomorphe Fortsetzung f b auf P
n.
Definition. Sei g = (g
1, . . . , g
n) : P
n→ C
neine injektive holomorphe Ab- bildung, P e := g(P
n) und H e := g(H). Dann nennt man P , e H e
eine allgemeine Hartogs-Figur.
Entscheidend f¨ ur alles weitere ist der
0.5 Kontinuit¨ atssatz. Sei G ⊂ C
nein Gebiet, P , e H e
eine allgemeine Hartogs- Figur mit H e ⊂ G, f eine holomorphe Funktion auf G. Ist G∩ P e zusammenh¨ angend, so kann f eindeutig nach G ∪ P e fortgesetzt werden.
Eine Anwendung ist z.B. der folgende Spezialfall des
” Kugelsatzes“:
Sei n ≥ 2. Sind P
0⊂⊂ P konzentrische Polyzylinder um den Nullpunkt in C
n,
so kann jede holomorphe Funktion f auf P \ P
0eindeutig zu einer holomorphen
Funktion auf P fortgesetzt werden.
0.6 Riemann’scher Hebbarkeitssatz. Sei G ⊂ C
nein Gebiet und A ⊂ G eine echte analytische Teilmenge. Ist f eine holomorphe Funktion auf G \ A, die entlang A beschr¨ ankt ist, so kann f nach G holomorph fortgesetzt werden.
Im Falle h¨ oherer Codimension gibt es noch st¨ arkere Aussagen.
0.7 Satz. Sei n ≥ 2 und P
n= P
n(0, 1) der Einheitspolyzylinder im C
n, k ≥ 2 und
E := {z = (z
1, . . . , z
n) ∈ C
n: z
n−k+1= · · · = z
n= 0}.
Dann kann jede holomorphe Funktion f auf P
n\ E holomorph nach P
nfortgesetzt werden.
Ist also n ≥ 2, so ist jede isolierte Singularit¨ at einer holomorphen Funktion von
z
1, . . . , z
nhebbar.
1 Das Kontinuit¨ atsprinzip 7
§ 1 Das Kontinuit¨ atsprinzip
Manchmal benutzt man an Stelle einer Hartogs-Figur eine Familie von analytischen Scheiben.
Definition. Eine Familie von analytischen Scheiben wird durch eine stetige Ab- bildung ϕ : ∆ × [0, 1] → C
ngegeben, so dass ϕ
t(ζ) := ϕ(ζ, t) in ∆ holomorph ist, f¨ ur alle t ∈ [0, 1]. Die Menge S
t:= ϕ
t(∆) nennt man eine analytische Scheibe und bS
t:= ϕ
t(∂∆) ihren Rand.
Man beachte, dass bS
ti.a. nicht der topologische Rand von S
tist.
Definition. Ein Gebiet G ⊂ C
ngen¨ ugt dem Kontinuit¨ atsprinzip, falls f¨ ur alle Familien {S
t, t ∈ [0, 1]} von analytischen Scheiben in C
nmit S
0≤t≤1
bS
t⊂ G und S
0⊂ G folgt, dass S
0≤t≤1
S
t⊂ G ist.
Beispiel.
Sei P
nder Einheitspolyzylinder und {S
t, t ∈ [0, 1]} eine Familie von analy- tischen Scheiben in C
nmit S
0≤t≤1
bS
t⊂ P
nund S
0⊂ P
n. Weil S
0und die Vereinigung aller R¨ ander bS
tkompakte Mengen sind, gibt es ein ε > 0, so dass gilt:
[
0≤t≤1
bS
t⊂ P
n(0, 1 − ε) und S
0⊂ P
n(0, 1 − ε).
Wir nehmen an, dass S
0≤t≤1
S
tnicht in P
nenthalten ist, und definieren t
0:= inf{t ∈ [0, 1] : S
t6⊂ P
n}.
Es ist klar, dass t
0> 0, S
t06⊂ P
nund S
t⊂ P
nf¨ ur 0 ≤ t < t
0ist. Dann enth¨ alt S
t0einen Punkt z
0= z
1(0), . . . , z
n(0)∈ ∂P
n. Ist die Familie von analytischen Scheiben gegeben durch die Abbildung ϕ : ∆ ×[0, 1] → C
nund bezeichnet w
µdie µ-te Koordinatenfunction, so ist f
µ,t(ζ) := w
µ◦ ϕ(ζ, t) auf ∆ stetig und in ∆ holomorph. W¨ ahlt man µ so, dass |z
µ(0)| = 1 ist, so gibt es ein ζ
0∈ ∆ mit f
µ,t0(ζ
0) = z
(0)µund |f
µ,t0(ζ
0)| = 1. Aber nach dem Maximumprinzip ist
|f
µ,t(ζ
0)| ≤ sup
∂∆
|f
µ,t| ≤ 1 − ε, f¨ ur t < t
0.
Weil t 7→ f
µ,t(ζ
0) stetig ist, stellt dies einen Widerspruch dar. Also gen¨ ugt P
ndem Kontinuit¨ atsprinzip.
Definition. Ein Gebiet G ⊂ C
nheißt Hartogs-konvex, falls gilt: Ist P , e H e eine allgemeine Hartogs-Figur mit H e ⊂ G, so ist P e ⊂ G.
Nun folgt unmittelbar:
Das biholomorphe Bild eines Hartogs-konvexen Gebietes ist wieder Hartogs- konvex.
1.1 Theorem. Sei G ⊂ C
nein Gebiet, das dem Kontinuit¨ ats-Prinzip gen¨ ugt.
Dann ist G Hartogs-konvex.
Beweis: Sei P , e H e
eine allgemeine Hartogs-Figur mit H e ⊂ G. Sie sei das biho- lomorphe Bild (g(P
n), g(H)) einer euklidischen Hartogs-Figur (P
n, H) mit
H = {z : |z
1| > q
1oder |z
µ| < q
µf¨ ur µ = 2, . . . , n}.
Um analytische Scheiben zu definieren, w¨ ahlen wir ein r mit q
1< r < 1 und f¨ uhren die affinen analytischen Scheiben
D
w:= {z = (z
1, z
00) ∈ P
n= P
0× P
00: |z
1| < r und z
00= w}
ein. Da D
w⊂ P
nf¨ ur jedes w ∈ P
00ist, k¨ onnen wir ϕ
w: ∆ × [0, 1] → C
ndurch ϕ
w(ζ, t) := g(rζ, tw) definieren. Dann ist eine Familie {S
t(w) : 0 ≤ t ≤ 1} von analytischen Scheiben in P e gegeben durch
S
t(w) := ϕ
w(∆ × {t}) = g(D
tw).
Es folgt, dass bS
t(w) ⊂ G f¨ ur jedes w ∈ P
00und jedes t ∈ [0, 1] ist, und außerdem S
0(w) = g(D
0) ⊂ G.
|z
1| z
00w s
D
wq
1r
P
0× P
00Da G dem Kontinuit¨ atsprinzip gen¨ ugt, ist g(D
w) = S
1(w) in G enthalten. Dies gilt f¨ ur jedes w ∈ P
00. Also ist P e ⊂ G, und G ist Hartogs-konvex.
1.2 Folgerung. Der Einheitspolyzylinder P
nist Hartogs-konvex.
Definition. Sei G ⊂ C
nein Gebiet, f holomorph in G und z
0∈ ∂G ein Punkt.
Die Funktion f heißt vollst¨ andig singul¨ ar in z
0, falls es auf keiner zusammenh¨ angen- den Umgebung U = U (z
0) ⊂ C
neine holomorphe Funktion g gibt, die auf einer Zusammenhangskomponente C von U ∩ G mit f ubereinstimmt. ¨
Beispiel.
Sei G := C \ {x ∈ R : x ≤ 0} und f ein Zweig des Logarithmus auf G. Dann
ist f vollst¨ andig singul¨ ar in z = 0, aber in keinem Punkt x ∈ R mit x < 0.
1 Das Kontinuit¨ atsprinzip 9
Definition. Ein Gebiet G ⊂ C
nheißt schwaches Holomorphiegebiet, falls es zu jedem Punkt z ∈ ∂G eine Funktion f ∈ O(G) gibt, die in z vollst¨ andig singul¨ ar ist.
Das Gebiet G heißt ein Holomorphiegebiet, falls eine Funktion f ∈ O(G) existiert, die in jedem Punkt z ∈ ∂G vollst¨ andig singul¨ ar ist.
Beispiele.
1. Da der C
nkeinen Randpunkt besitzt, erf¨ ullt er trivialerweise die Bedingungen eines Holomorphiegebietes.
2. Man sieht sofort, dass jedes Gebiet G ⊂ C ein schwaches Holomorphiegebiet ist: Ist z
0ein Randpunkt von G, so ist f (z) := 1/(z − z
0) in G holomorph und vollst¨ andig singul¨ ar in z
0.
F¨ ur G = ∆ k¨ onnen wir sogar mehr zeigen! Die Funktion f (z) := P
∞ν=0
z
ν!ist holomorph im Einheitskreis und wird in jedem Randpunkt vollst¨ andig sin- gul¨ ar. Deshalb ist ∆ ein Holomorphiegebiet. Am Ende dieses Kapitels werden wir sehen, dass jedes Gebiet in C ein Holomorphiegebiet ist.
3. Ist f : ∆ → C eine holomorphe Funktion, die in jedem Randpunkt vollst¨ andig singul¨ ar wird, so gilt das gleiche f¨ ur f b : P
n= ∆ × · · · × ∆ → C , definiert durch f(z b
1, . . . , z
n) := f (z
1) + · · · + f (z
n). Ist n¨ amlich z
0ein Randpunkt von P
n, so gibt es ein i, so dass die i-te Komponente z
(0)iein Randpunkt von ∆ ist. Wenn f b holomorph ¨ uber z
0hinweg fortgesetzt werden k¨ onnte, dann h¨ atte auch f b
i(ζ) := f(z b
1(0), . . . , ζ, . . . , z
(0)n) eine holomorphe Fortsetzung.
Aber dann k¨ onnte f in z
i(0)nicht vollst¨ andig singul¨ ar sein. Deshalb ist der Einheitspolyzylinder ein Holomorphiegebiet.
4. Ist (P
n, H) eine euklidische Hartogs-Figur, so ist H kein Holomorphiegebiet.
1.3 Satz. Sei G ⊂ C
nein Gebiet. Wenn es zu jedem Punkt z
0∈ ∂G eine offene Umgebung U = U (z
0) ⊂ C
nund eine holomorphe Funktion f : G ∪ U → C mit f (z
0) = 0 und f(z) 6= 0 f¨ ur z ∈ G gibt, dann ist G ein schwaches Holomorphiege- biet.
Beweis: Wir zeigen, dass 1/f in z
0vollst¨ andig singul¨ ar ist. Dazu nehmen wir an, es gebe eine zusammenh¨ angende offene Umgebung V = V (z
0), eine Zusam- menhangskomponente C ⊂ V ∩ G und eine holomorphe Funktion F auf V mit F |
C= (1/f )
C. Die Menge V
0:= V \ N (f ) ist immer noch zusammenh¨ angend und enth¨ alt C. Nach dem Identit¨ atssatz m¨ ussen die Funktionen F und 1/f in V
0¨ ubereinstimmen. Dann ist F offensichtlich nicht holomorph in z
0. Widerspruch!
1.4 Folgerung. Jedes konvexe Gebiet G im C
nist ein schwaches Holomorphie- gebiet.
Beweis: Ist z
0∈ ∂G, so gibt es wegen der Konvexit¨ at von G eine reelle Linear-
form λ auf C
nmit λ(z) < λ(z
0) f¨ ur z ∈ G. Wir k¨ onnen λ in der Form
λ(z) =
n
X
ν=1
α
νz
ν+
n
X
ν=1
α
νz
ν, mit α := (α
1, . . . , α
n) 6= 0,
schreiben. Daher ist λ = Re h(z), wobei h(z) := 2 · P
nν=1
α
νz
νholomorph auf C
nist.
Da die Funktion f (z) := h(z) − h(z
0) auf C
nholomorph, f (z
0) = 0 und f(z) 6= 0 auf G ist, kann der Satz angewandt werden.
Wir wollen zeigen, dass jedes schwache Holomorphiegebiet Hartogs-konvex ist. Als Hilfsmittel ben¨ otigen wir das folgende einfache geometrische Lemma, das auch in anderen Situationen n¨ utzlich sein wird.
1.5 Lemma (¨ uber Randkomponenten). Sei G ⊂ C
nein Gebiet, U ⊂ C
neine offene Menge mit U ∩ G 6= ∅ und ( C
n\ U) ∩ G 6= ∅ .
Dann ist G ∩ ∂C ∩ ∂U 6= ∅ f¨ ur jede Zusammenhangskomponente C von U ∩ G.
Beweis: Wir w¨ ahlen Punkte z
1∈ C ⊂ U ∩ G und z
2∈ ( C
n\ U ) ∩ G. Dann gibt es einen stetigen Weg γ : [0, 1] → G mit γ(0) = z
1und γ(1) = z
2. Sei t
0:= sup{t ∈ [0, 1] : γ(t) ∈ C} und z
0:= γ(t
0). Offensichtlich ist z
0∈ ∂C ∩ G, aber z
06∈ C. Da C eine Zusammenhangskomponente von U ∩ G ist, kann z
0nicht in U ∩ G und daher auch nicht in U liegen. Wegen γ(t) ∈ U f¨ ur t < t
0folgt, dass z
0∈ ∂U ist.
1.6 Theorem. Sei G ⊂ C
nein schwaches Holomorphiegebiet. Dann ist G Hartogs-konvex.
Beweis: Wir nehmen an, dass G nicht Hartogs-konvex ist. Dann gibt es eine allgemeine Hartogs-Figur (P, H ) mit H ⊂ G, aber P ∩ G 6= P . Wir w¨ ahlen einen beliebigen Punkt z
0in H und setzen C := C
P∩G(z
0).
1Da H in P ∩ G liegt und zusammenh¨ angend ist, folgt, dass H ⊂ C ist. Außerdem ist C $ P .
Da P ∩ G 6= ∅ und ( C
n\ G) ∩ P 6= ∅ ist, gibt es nach dem Lemma einen Punkt z
1∈ ∂C ∩ ∂G ∩ P .
z r
1r z
0H
G P
1
Mit C
M(z) bezeichnen wir die Zusammenhangskomponente von z in M .
1 Das Kontinuit¨ atsprinzip 11
Sei f eine beliebige holomorphe Funktion auf G. Dann ist auch f |
Cholomorph und besitzt nach dem Kontinuit¨ atssatz eine holomorphe Fortsetzung F auf P . Da P eine offene zusammenh¨ angende Umgebung von z
1ist, kann f nicht vollst¨ andig singul¨ ar in z
1sein. Das ist ein Widerspruch.
Es folgt z.B., dass jedes konvexe Gebiet Hartogs-konvex ist. Insbesondere ist jede Kugel Hartogs-konvex.
1.7 Theorem. Jedes Holomorphiegebiet ist Hartogs-konvex.
Der Beweis ist trivial.
Um die Umkehrung dieses Satzes zu zeigen, muss man zu jedem Hartogs-konvexen Gebiet eine globale holomorphe Funktion konstruieren, die in jedem Randpunkt vollst¨ andig singul¨ ar wird. Das ist sehr schwierig. Es wurde 1910 in sehr speziellen F¨ allen von E.E. Levi durchgef¨ uhrt. Der allgemeine Fall wurde als Levi-Problem bezeichnet.
1942 lieferte der japanische Mathematiker K. Oka einen Beweis f¨ ur n = 2. Anfang der 50er l¨ osten Oka, Bremermann und Norguet das Levi-Problem f¨ ur beliebiges n.
Das Ergebnis wurde auf komplexe Mannigfaltigkeiten (H. Grauert, 1958) und kom- plexe R¨ aume (R. Narasimhan, 1962) verallgemeinert. Schließlich ver¨ offentlichte L.
H¨ ormander 1965 einen Beweis, der Hilbertraum-Methoden und partielle Differen-
tialgleichungen benutzte.
§ 2 Plurisubharmonische Funktionen
Wir beginnen mit einigen Fakten aus der 1-dimensionalen komplexen Analysis.
Eine zweimal differenzierbare reell-wertige Funktion h auf einem Gebiet G ⊂ C heißt harmonisch, falls h
zz(z) ≡ 0 auf G ist. Der Realteil einer holomorphen Funk- tion ist immer harmonisch, und auf einer offenen Kreisscheibe ist jede harmonische Funktion der Realteil einer holomorphen Funktion.
Ist D = ∆(a, r) ⊂ C eine offene Kreisscheibe und β : R → R eine stetige peri- odische Funktion mit Periode 2π, so gibt es eine stetige Funktion h : D → R , die harmonisch auf D ist, so dass h(a + re
it) = β(t) f¨ ur alle t gilt (Dirichlet’s Prinzip).
Eine nach oben halbstetige
2Funktion ϕ : G → R ∪ {−∞} gen¨ ugt der schwachen Mittelwerteigenschaft, falls gilt:
Zu jedem a ∈ G gibt es ein r > 0 mit ∆(a, r) ⊂⊂ G und ϕ(a) ≤ 1
2π Z
2π0
ϕ(a + %e
it) dt f¨ ur 0 < % ≤ r.
Bemerkungen.
1. Ist ϕ : G → R ∪ {−∞} eine nach oben halbstetige Funktion, so sind die Mengen U
c:= {z ∈ G : ϕ(z) < c} offen, und deshalb ist ϕ messbar und auf jeder kompakten Teilmenge K ⊂ G nach oben beschr¨ ankt. Es folgt, dass das Integral in der Definition der schwachen Mittelwerteigenschaft existiert (eventuell mit dem Wert −∞).
2. Harmonische Funktionen gen¨ ugen der schwachen Mittelwerteigenschaft (so- gar der strengen Mittelwerteigenschaft mit
” =“ an Stelle von
” ≤“).
3. Ist f : G → C eine nirgends identisch verschwindende holomorphe Funkti- on, so gen¨ ugt log|f | der schwachen Mittelwerteigenschaft. Tats¨ achlich ist die Funktion ϕ := log|f| harmonisch auf G \ N (f ), weil sie lokal als Re(log f) geschrieben werden kann, mit einem geeigneten Zweig des Logarithmus. In jedem Punkt z
0∈ N (f) ist ϕ(z
0) = −∞, also ist dort die Ungleichung in der schwachen Mittelwerteigenschaft erf¨ ullt.
2.1 Satz. ϕ : G → R gen¨ uge der schwachen Mittelwerteigenschaft. Hat ϕ ein globales Maximum in G, so ist ϕ konstant.
Beweis: Sei a ∈ G ein Punkt mit c := ϕ(a) ≥ ϕ(z) f¨ ur z ∈ G. Wir w¨ ahlen ein r > 0, so dass gilt:
∆(a, r) ⊂⊂ G und ϕ(a) ≤ 1 2π
Z
2π 0ϕ(a + %e
it) dt f¨ ur 0 < % ≤ r.
2
ϕ ist in z
0∈ G halbstetig nach oben, falls gilt: Ist ϕ(z
0) < r, so gibt es eine Umgebung
U (z
0) ⊂ G, so daß ϕ(z) < r f¨ ur z ∈ U ist.
2 Plurisubharmonische Funktionen 13
Wir nehmen an, dass es ein b ∈ ∆(a, r) mit ϕ(b) < ϕ(a) gibt. Dann schreiben wir b = a + %e
it0und erhalten
ϕ(a) ≤ 1 2π
Z
2π 0ϕ(a + %e
it) dt < 1 2π
Z
2π 0ϕ(a) dt = ϕ(a).
Dies ist ein Widerspruch, also muss ϕ konstant auf ∆(a, r) sein. Wir setzen M :=
{z ∈ G : ϕ(z) = c}. Offensichtlich ist M in G abgeschlossen und nicht leer. Da M sowieso offen ist, ist M = G und ϕ konstant.
Definition. Sei G ⊂ C ein Gebiet. Eine Funktion s : G → R ∪ {−∞} heißt subharmonisch, falls folgendes gilt:
1. s ist halbstetig nach oben auf G.
2. Ist D ⊂⊂ G eine Kreisscheibe, h : D → R stetig, h|
Dharmonisch und h ≥ s auf ∂D, so ist h ≥ s auf D.
2.2 Satz. Sei s
ν: G → R ∪ {−∞} eine monoton fallende Folge von subharmoni- schen Funktionen. Dann ist auch s := lim
ν→∞s
νsubharmonisch.
Beweis: Die Grenzfunktion s = lim
ν→∞s
ν= inf{s
ν} ist halbstetig nach oben.
Sei nun D ⊂⊂ G eine Kreisscheibe, h : D → R stetig und harmonisch auf D, mit s ≤ h auf ∂D. F¨ ur ein festes ε > 0 betrachten wir die kompakten Mengen
K
ν:= {z ∈ ∂D : s
ν(z) ≥ h(z) + ε}.
Es ist K
ν+1⊂ K
νund T
∞ν=1
K
ν= ∅ . Deshalb gibt es ein ν
0∈ N mit K
ν= ∅ f¨ ur ν ≥ ν
0. Das bedeutet, dass s
ν< h + ε f¨ ur ν ≥ ν
0auf ∂D ist, und dann gilt dasselbe auch auf D. Da die s
νmonoton fallen, ist s < h + ε auf D. Das gilt f¨ ur jedes ε > 0, also ist s ≤ h auf D.
2.3 Satz. Sei (s
α)
α∈Aeine Familie von subharmonischen Funktionen auf G. Ist s := sup s
αhalbstetig nach oben und ¨ uberall endlich, so ist s subharmonisch.
Beweis: Ist s ≤ h auf ∂D, wobei D ⊂⊂ G und h : D → R stetig und auf D harmonisch ist, so ist s
α≤ h auf ∂D, f¨ ur jedes α ∈ A. Da die s
αsubharmonisch sind, folgt, dass s
α≤ h auf D ist, f¨ ur jedes α ∈ A. Dann ist auch s ≤ h auf D.
Beispiele.
1. Offensichtlich ist jede harmonische Funktion subharmonisch.
2. Sei s : G → R eine stetige subharmonische Funktion, so dass auch −s subhar-
monisch ist. Dann ist s harmonisch. Um dies zu zeigen, betrachten wir einen
beliebigen Punkt a ∈ G und w¨ ahlen ein r > 0, so dass D := ∆(a, r) ⊂⊂ G
ist. Dann gibt es eine stetige Funktion h : D → R mit h|
∂D= s|
∂D, die auf D
harmonisch ist (Dirichlet’sches Prinzip). Es folgt, dass s ≤ h auf D ist. Aber weil auch −h harmonisch ist, haben wir −s ≤ −h auf D. Zusammen ergibt das s = h auf D.
3. Sei f : G → C eine holomorphe Funktion. Dann ist s := log|f| subharmo- nisch. Ist n¨ amlich f(z) ≡ 0 auf G, so ist s(z) ≡ −∞ und es bleibt nichts zu zeigen. Andernfalls ist s harmonisch auf G \ N (f), und wir m¨ ussen nur eine isolierte Nullstelle a von f betrachten. Dann w¨ ahlen wir eine Scheibe D = ∆(a, r) ⊂⊂ G und eine Funktion h, die auf D stetig und auf D harmo- nisch ist, mit s ≤ h auf ∂D. Wir wissen, dass s und daher auch s − h auf D die schwache Mittelwerteigenschaft besitzen. Da s nicht konstant ist, muss s − h sein Maximum (≤ 0) auf dem Rand ∂D annehmen. Das bedeutet, dass s ≤ h auf D ist.
4. Sei G ⊂ C ein beliebiges Gebiet. Die Randdistanz δ
G: G → R
+∪ {+∞} ist definiert durch
δ
G(z) := sup{r ∈ R : ∆(z, r) ⊂ G}.
Behauptung: s := − log δ
Gist subharmonisch auf G.
Beweis: Ist G = C , so ist s(z) ≡ −∞ und daher nichts zu zeigen. Ist G 6= C , so ist s reellwertig und stetig. F¨ ur w ∈ ∂G definieren wir s
w: G → R durch s
w(z) := − log|z − w|. Dann ist s(z) = sup{s
w(z) : w ∈ ∂G}. Aus dem obigen Satz folgt die Behauptung.
2.4 Maximumprinzip. Sei s : G → R ∪ {−∞} eine subharmonische Funktion auf einem Gebiet G ⊂ C . Wenn s in G sein Maximum annimmt, dann muss s konstant sein.
Beweis: Wir nehmen an, dass c := s(a) ≥ s(z) f¨ ur alle z ∈ G gilt. Wie bei den Funktionen, die die schwache Mittelwerteigenschaft besitzen, gen¨ ugt es zu zeigen, dass s in einer Umgebung von a konstant ist. W¨ are dies nicht der Fall, so g¨ abe es eine kleine Scheibe D = ∆(a, r) ⊂⊂ G und ein b ∈ ∂D mit s(a) > s(b). Da s halbstetig nach oben ist, gibt es eine stetige Funktion h auf ∂D mit s ≤ h ≤ c und h(b) < c. Die L¨ osung des Dirichlet’schen Problems liefert eine harmonische Fortsetzung von h in D. Dann ist aber
h(a) = 1 2π
Z
2π 0h(a + re
it) dt < c = s(a), und das ist ein Widerspruch.
Manchmal erweist sich das folgende Kriterium f¨ ur Subharmonizit¨ at als n¨ utzlich:
2.5 Theorem. Sei G ⊂ C ein Gebiet und s : G → R ∪ {−∞} eine nach oben
halbstetige Funktion. F¨ ur jede Scheibe D ⊂⊂ G und jede Funktion f ∈ O(D) mit
s < Re(f ) auf ∂D sei s < Re(f ) auf D. Dann ist s subharmonisch.
2 Plurisubharmonische Funktionen 15
Beweis: Sei D = ∆(a, r) ⊂⊂ G, h : D → R stetig und auf D harmonisch, sowie s ≤ h auf ∂D. Der Einfachheit halber sei a = 0.
F¨ ur ν ∈ N wird eine harmonische Funktion h
νauf D
ν:= ∆(0, (ν/(ν − 1))r) ⊃ D gegeben durch
h
ν(z) := h 1 − 1
ν
z .
Dann konvergiert (h
ν) auf D gleichm¨ aßig und monoton wachsend gegen h. Außer- dem gibt es zu jedem ν eine holomorphe Funktion f
νauf D
νmit Re(f
ν) = h
ν. Sei ε > 0 gegeben. Dann gibt es ein ν
0mit |h − h
ν| < ε auf D f¨ ur ν ≥ ν
0. Daher ist s < h
ν+ ε = Re(f
ν+ ε) auf ∂D f¨ ur ν ≥ ν
0. Nach Definition folgt, daß s < h
ν+ ε auf D ist. Da die (h
ν) wachsen, ist s < h + ε und damit s ≤ h auf D.
2.6 Hilfssatz. Sei s : G → R eine C
2-Funktion und s
zz> 0 auf G. Dann ist s subharmonisch.
Beweis: Sei D = ∆(a, r) ⊂⊂ G und eine stetige Funktion h : D → R gegeben, so dass h auf D harmonisch und s ≤ h auf ∂D ist. Wir setzen ϕ := s − h.
Wir nehmen an, dass ϕ sein Maximum in einem inneren Punkt z
0von D annimmt.
Dann betrachten wir die Taylor-Entwicklung von ϕ in z
0in einer kleinen Umgebung um z
0:
ϕ(z
0+ z) = ϕ(z
0) + 2 Re Q(z) + ϕ
zz(z
0)zz + R(z),
wobei Q(z) := ϕ
z(z
0)z+
12ϕ
zz(z
0)z
2holomorph ist und R(z)/|z|
2→ 0 f¨ ur z → 0. Die Funktion ψ(z) := 2 Re Q(z) ist harmonisch, mit ψ(0) = 0. Da sie kein Maximum oder Minimum annehmen kann, muss sie in Punkten, die beliebig nahe bei Null liegen, aber 6= 0 sind, Nullstellen besitzen. Andererseits ist ϕ(z
0+ z) − ϕ(z
0) ≤ 0 und ϕ
zz(z
0)zz > 0 außerhalb z = 0. Das ist ein Widerspruch! Also muss ϕ sein Maximum auf dem Rand von D annehmen und s ≤ h auf D sein.
2.7 Theorem. Sei s : G → R eine C
2-Funktion. s ist genau dann subharmonisch, wenn s
zz≥ 0 auf G ist.
Beweis: (a) Sei s
zz(z) ≥ 0 in jedem z ∈ G. Dann definieren wir s
νauf G durch s
ν:= s + (1/ν)zz. Offensichtlich ist (s
ν)
zz= s
zz+ (1/ν) > 0. Dann ist s
νsubharmonisch, nach dem obigen Lemma. Da (s
ν) monoton fallend gegen s konvergiert, ist s subharmonisch.
(b) Sei umgekehrt s subharmonisch auf G. Wir nehmen an, dass s
zz(a) < 0 in einem
a ∈ G ist. Dann gibt es eine zusammenh¨ angende offene Umgebung U = U (a) ⊂ G,
so dass s
zz< 0 auf U ist. Aus dem Lemma folgt, dass −s auf U subharmonisch
ist. Dann muss s harmonisch auf U sein. Also ist s
zz(a) = 0, im Widerspruch zur
Annahme.
Wir kehren zu den Gebieten in beliebigen Dimensionen zur¨ uck. Sei G ⊂ C
nein Gebiet, a ∈ G ein Punkt und w ein Vektor im C
n. Wir benutzen die holomorphe Abbildung α
a,w: C → C
nmit α
a,w(ζ) := a + ζw.
Definition. Eine nach oben halbstetige Funktion p : G → R ∪ {−∞} heißt plurisubharmonisch auf G, falls f¨ ur jeden Punkt a ∈ G und jeden Vektor w im C
ndie Funktion
p
a,w(ζ) := p ◦ α
a,w(ζ) = p(a + ζw)
subharmonisch auf der Zusammenhangskomponente G(a, w) der Menge α
−1a,w(G) ⊂ C ist, die 0 enth¨ alt.
Bemerkungen.
1. Plurisubharmonizit¨ at ist eine lokale Eigenschaft.
2. Ist f ∈ O(G), so ist log|f | plurisubharmonisch.
3. Sind p
1, p
2plurisubharmonisch, so auch p
1+ p
2.
4. Ist p plurisubharmonisch und c > 0, so ist c · p plurisubharmonisch.
5. Ist (p
ν) eine monoton fallende Folge von plurisubharmonischen Funktionen, so ist auch p := lim
ν→∞p
νplurisubharmonisch.
6. Sei (p
α)
α∈Aeine Familie von plurisubharmonischen Funktionen. Ist p :=
sup(p
α) halbstetig nach oben und endlich, so ist p auch plurisubharmonisch.
7. Wenn eine plurisubharmonische Funktion p ihr Maximum in einem Punkt des Gebietes G annimmt, so ist p konstant auf G.
Ist a ∈ C
n, so nennen wir die Menge T
aaller Paare (a, w), w ∈ C
n, den Tangenti- alraum in a. Offensichtlich ist T
aein n-dimensionaler C -Vektorraum.
Definition. Sei U ⊂ C
neine offene Menge, f ∈ C
2(U; R ) und a ∈ U . Die quadratische Form
3Lev(f) : T
a→ R mit
Lev(f )(a, w) := X
ν,µ
f
zνzµ(a)w
νw
µheißt die Leviform von f in a.
Offensichtlich ist Lev(f ) linear in f . Beispiele.
1. Im Falle n = 1 haben wir Lev(s)(a, w) = s
zz(a)ww. Also ist s genau dann subharmonisch, wenn Lev(s)(a, w) ≥ 0 f¨ ur jedes a ∈ G und w ∈ C ist.
3
Ist H : T × T → C eine Hermite’sche Form auf einem komplexen Vektorraum, so ist die
assoziierte quadratische Form Q : V → R gegeben durch Q(v) := H(v, v).
2 Plurisubharmonische Funktionen 17
2. Sei f (z) := kzk
2= P
ni=1
z
iz
i. Dann ist Lev(f)(a, w) = kwk
2in jedem a.
3. Ist f ∈ C
2(U ; R ) und % : R → R zweimal stetig differenzierbar, so ist Lev(% ◦ f )(a, w) = %
00(f (a)) · |(∂f )
a(w)|
2+ %
0(f(a)) · Lev(f )(a, w).
4. Ist F : U → V ⊂ C
meine holomorphe Abbildung und g ∈ C
2(V ; R ), so ist Lev(g ◦ F)(a, w) = Lev(g)(F(a), F
0(a)(w)).
5. F¨ ur f ∈ C
2(U; R ) ergibt die Taylor-Entwicklung in a ∈ U die Gleichung f(z) = f(a) + 2 Re(Q
f(z − a)) + Lev(f)(a, z − a) + R(z − a), wobei Q
f(w) = P
nν=1
f
zν(a)w
ν+
12P
ν,µ
f
zνzµ(a)w
νw
µein holomorphes qua- dratisches Polynom ist, und
z→a