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Archiv "Mitteilungen: Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Zur Anwendung des Präparates „UKRAIN“ in der Krebstherapie" (16.02.2001)

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Die AkdÄ und die Deutsche Krebsge- sellschaft e.V. wurden in letzter Zeit aus Fachkreisen wiederholt um Stellungnah- me zum derzeit wieder stark beworbenen Präparat Ukrain hinsichtlich seiner Wirk- samkeit bei malignen Erkrankungen ge- beten. Bereits 1989 hatte die AkdÄ kri- tisch über die nicht belegte Wirksamkeit dieses Mittels informiert (1).

Zusammensetzung

Ukrain ist ein semisynthetisches Misch- präparat aus Alkaloiden des Schöllkrau- tes und dem bekannten Zytostatikum Thiotepa. Eine Ampulle Ukrain zur par- enteralen Anwendung enthält 5 mg Che- lidonium majus L.-Alkaloid-Thiophos- phorsäurederivat (in 5 ml bidest. Wasser) (2, 3).

Nach der im „Drugs of the Future“

1993 publizierten Struktur wurde das alkylierende Thiotepa unter Öffnung der 3-Aziridinringe über die Ethylgruppen mit dem Alkaloid-Stickstoff von drei Molekülen Chelidonin verbunden. Das Präparat enthält mehrere Alkaloide. An- gaben über die Reinheit der Alkaloide,

ob einzelne Bestandteile oder ein Ge- samtextrakt verwendet werden, existie- ren nicht. In der oben genannten Doku- mentation findet sich kein Hinweis auf eine Abgrenzung von Ukrain gegenüber den Einzelkomponenten (4).

Kosten

Die vorgeschlagene Dosierung beträgt 30 mg/m2Körperoberfläche/Woche. Eine Behandlung mit Ukrain wird meistens mit 10 mg/d beziehungsweise 100 mg pro Therapiezyklus durchgeführt. Die Ko- sten hierfür betragen circa 5 000 bis 7 000 DM pro Woche (5).

Anwendungsgebiete/Nebenwirkungen Ukrain wird vom Hersteller bei nahezu allen Tumoren (mit Ausnahme von Mali- gnomen des ZNS), auch bei Präkanzero- sen und unter Umständen bei benignen Tumoren empfohlen.

Eine einheitliche Wirkungstheorie wird nicht vorgelegt (2). Man postuliert einen Krebszell-spezifischen Effekt der Alka- loide und immunologische Wirkungen

(2). Thiotepa soll eine Carrierfunktion für diese Alkaloide hin zur Tumorzelle übernehmen. Eine selektive Gewebe- anreicherung im Tumor für die nicht ex- akt beschriebene Koppelung von Thio- tepa mit Schöllkrautalkaloiden ist eher unwahrscheinlich und keineswegs be- wiesen.

Verschiedene „Begleiterscheinungen“

wie Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen, Depressionen, Schlafstörun- gen und lokale Sensationen in Tumorge- bieten werden als Ausdruck eines Wir- kungsnachweises von Ukrain verstanden.

Die Ursache hierfür soll in frei werden- den Tumorgewebstoxinen liegen.

Zulassungsstatus

Ukrain ist laut Auskunft des Bundesin- stitutes für Arzneimittel und Medizin- produkte in der BRD nicht zugelas- sen. Außerhalb der EU scheint eine Zu- lassung als Arzneimittel zu existieren (Weißrussland), wobei die Datenlage zur Erlangung der Zulassung hier nicht exakt bekannt ist und möglicherweise den aner- kannten EU-Standards nicht genügt. Die AkdÄ hat das Bundesministerium für Gesundheit (Bonn) um Aufklärung ge- beten, ob für Ukrain in Weißrussland ei- ne Zulassung besteht.

Entwicklung und Herstellung

Ukrain wurde von dem Ingenieur J. W.

Nowicky entwickelt (Nowicky Pharma, Wien, Österreich). Das Herstellungsver- fahren ist in Österreich patentrechtlich registriert, die Konzession zur Herstel- lung von zur arzneilichen Verwendung bestimmten Stoffen ist beschränkt auf neue Salze von Alkaloidderivaten von Thiophosphorsäure. Der Standort 1040 Wien, Margaretenstraße 7, ist auf die Ausübung des Bürobetriebes beschränkt.

Eine Zulassung von Ukrain als Arznei- mittel liegt bisher auch in Österreich nicht vor. Vielmehr hat nach Erkenntnis- sen der AkdÄ das Österreichische Bun- desministerium bis heute die Anwendung von Ukrain außerhalb einer klinischen Prüfung untersagt, da ein Wirksamkeits- nachweis nicht erbracht und mangels vor- gelegter Unterlagen auch keine Nutzen- Risiko-Bewertung durchgeführt werden konnte. Wegen mangelhafter Datenlage ist laut Wissen der AkdÄ bisher Ukrain weder in Österreich noch in Deutschland zur klinischen Prüfung angenommen worden.

Internetpräsenz

Ukrain wird Ärzten und Privatpersonen im Internet (6) u. a. wie folgt vorgestellt:

B E K A N N T G A B E N D E R H E R A U S G E B E R

A

A418 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 7½½½½16. Februar 2001

B U N D E S Ä R Z T E K A M M E R

Mitteilungen

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

Zur Anwendung des Präparates „UKRAIN“

in der Krebstherapie

Gemeinsame Stellungnahme der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und der Deutschen Krebsgesellschaft e.V.

Das 8. Fortbildungsseminar der Bundesärztekammer findet vom 7. bis 15. September 2001 in Würzburg in der Fachhochschule

am Röntgenring statt und bietet viele Einzelveranstaltungen, zum Beispiel am 10. September

Ärztliche betriebliche Gesundheitsförderung

Leitung: Dr. Uwe Gerecke, Niedersächsischer Verband Deutscher Betriebs- und Werks- ärzte e.V., Hannover

Inhalt: Die betriebliche Gesundheitsförderung geht über die Einrichtung betrieblicher Gesundheitsmaßnahmen, wie Vorsorgeuntersuchungen, Betriebssportangebote und Nichtraucheraktionen, weit hinaus. Sie betrifft die Personalführung, Personalstruktur, Qualifikation und technisch gegebene Arbeitssituationen bis zur Arbeitszeitgestaltung.

Das Seminar baut auf den Fähigkeiten und Kenntnissen der Arbeitsmedizin auf und gibt einen aktuellen Überblick sowie konkrete Handlungsbeispiele der ärztlichen betriebli- chen Gesundheitsförderung.

Das Gesamtprogramm (beinhaltet alle Veranstaltungen des 8. Fortbildungsseminars) erhalten Sie bei der Bundesärztekammer, Dezernat Fortbildung und Gesundheitsför- derung, Postfach 41 02 20, 50862 Köln, Telefon: 02 21/40 04-4 15 oder -4 16, Fax: 40 04-

3 88, E-Mail: cme@baek.dgn.de ✮

(2)

– zerstört Krebszellen durch Apopto- sis, ohne jedoch gesunde Zellen anzugrei- fen

– einfach in seiner Anwendung, in der therapeutischen Dosis ohne nennenswer- te Nebenwirkungen

– der zellteilende Effekt konzentriert sich nur auf die Zellen des Tumors, Zel- len des gesunden Gewebes bleiben unbe- einflusst

– Aktivierung hochwirksamer Im- munmechanismen des Patienten

– Hemmung der Neubildung von Blutgefäßen, über welche der Tumor mit Nährstoffen versorgt wird, dadurch

„Aushungern“ des Tumors

– Unterdrückung der Bildung von Metastasen.

Wissenschaftliche Beurteilung

Aus Sicht der AkdÄ und der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. reichen die bis- her vorliegenden präklinischen Untersu- chungen für den Einsatz des Präparates in der Klinik nicht aus. So ergaben die Ana- lysen von zwei unabhängigen Instituten von Testungen der Wirksamkeit von Ukrain auf eine P-388 bzw. L-12 10 Leuk- ämie der Maus zwar eine relativ geringe Toxizität des Präparates, aber keine anti- tumoröse Wirkung. Angeblich wurden, wie Nowicky auf dem 8. Mediterranean Congress of Chemotherapy in Athen im Jahre 1992 vortrug, vom NCI-Bethesda (USA) Untersuchungen mit dem Ukrain an 60 verschiedenen humanen Krebszellli- nien der acht häufigsten humanen Tumor- entitäten vorgenommen. Überraschen- derweise hätten nahezu alle untersuchten Zelllinien eine Wachstumshemmung zwi- schen 50 und 100 Prozent erreicht.

Die bisher vorliegenden klinischen Daten sind nicht verwertbar. Berichtet

wird über „verschiedene positive Ef- fekte“. Objektive Beurteilungskriterien wurden nicht verwendet.

Die Studiengruppe „Methoden mit unbewiesener Wirksamkeit in der On- kologie“ der Schweizerischen Krebsliga schrieb 1995 in einer Zusammenfassung über Ukrain „nach sorgfältigem Studi- um der Literatur und anderer zur Ver- fügung stehender Informationen haben die Schweizerische Krebsliga und die Schweizerische Gesellschaft für Onkolo- gie keine Beweise dafür, dass Ukrain eine Wirkung gegen Krebs beim Menschen hat. Sie raten von der Anwendung in der Krebsbehandlung ab“ (2).

Nach 1995 liegen keine Ergebnisse vor, die zu einer anderen Bewertung dieses Präparates führen könnten.

Zusammenfassung

Eine einheitliche, wissenschaftlich plausi- ble Theorie zur Wirkung des Präparates Ukrain existiert nicht, die vorliegenden präklinischen Daten rechtfertigen den Einsatz des Medikamentes selbst in der klinischen Prüfung nicht, und die bisher vorliegenden klinischen Berichte erlau- ben wegen fehlender objektiver Kriterien keine Beurteilung der Wirksamkeit. Die Beschreibungen sind sehr unscharf. Sub- jektive Empfehlungen werden als Beweis der Wirkung interpretiert. Häufig han- delt es sich um Einzelfalldarstellungen.

Es fehlen vollständig die gegenwärtig zu fordernden prospektiven randomisierten Studien.

Für alle in der Bundesrepublik Deutsch- land zugelassenen und angewendeten Arzneimittel gilt der Grundsatz der Wirksamkeit, Sicherheit und Unbedenk- lichkeit. Nach den vorliegenden Daten muss allein schon der Wirksamkeitsnach-

weis angezweifelt werden. Dadurch er- hebt sich auch die Frage nach der Sicher- heit für den Patienten. Ein zum Beispiel nicht wirksames Arzneimittel ist für kei- nen Patienten, erst recht keinen Krebs- patienten, sicher. Nimmt man alle Er- kenntnisse zusammen, stellt sich auch die Frage nach der Unbedenklichkeit.

Als bedenklich eingestufte Arzneimittel dürften in der BRD nicht zur Anwen- dung kommen.

Die anwendenden Therapeuten möch- ten wir zu ihrer Sicherheit noch einmal darauf hinweisen, dass sie die alleinige Verantwortung für die Therapie tragen und diese Verantwortung auch für die Arzneimittelqualitätvon Ukrain gilt.

Die AkdÄ und die Deutsche Krebsge- sellschaft e.V. lehnen den Einsatz von Ukrain als Medikament beim Menschen zurzeit mit aller Entschiedenheit ab.

Nach Auffassung der AkdÄ ist die Wer- bung und die Anwendung bei Patienten aus Gründen der Arzneimittelsicherheit durch die zuständigen Behörden zu un- tersagen.

Die Fragen zur Rechtmäßigkeit hin- sichtlich der Werbung, des Vertriebes und der Verordnung von Ukrain in der Bun- desrepublik müssen laut Auffassung der AkdÄ dringendst durch die zuständigen Aufsichtsbehörden geklärt werden. Es ist unbefriedigend, dass Ärzte (und betrof- fene Patienten) seit mehr als zehn Jahren zum arzneimittelrechtlichen Status des Ukrain nicht auf offizielle fundierte Stel- lungnahmen dieser Behörden zurück- greifen können.

Literatur

1. Wenn Patienten nach „Ukrain“ fragen: Dt Ärztebl 1989: A-2136 [Heft 30].

2. Ukrain – mit Schöllkraut-Alkaloiden und Thio-Tepa gegen Krebs: Schweiz. Krebsliga, Studiengruppe Me- thoden mit unbewiesener Wirksamkeit in der Onkolo- gie, Markus C. Allewelt, Simon P. Hauser, Dokumen- tation Nr. 35D.

3. http://www.ukrin.com/Ukrainbook1/allgemeine%20 info.htm (11. 4. 2000)

4. Drugs of the Future, Volume 18, Number 5, 1993, Sei- te 1011–1015.

5. Der Arzneimittelbrief, Jahrg. 33, Nr. 8, Berlin, August 1999.

6. http://www.villamedica.de und http://www.ukrin.com (12. 10. 2000)

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Aachener Straße 233–237, 50931 Köln, Telefon: 02 21/40 04-5 19, Fax: -5 39, E-Mail: akdae@t-online.de, Internet: www.akdae.de

Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Ha- nauer Landstraße 194, 60314 Frankfurt/

Main, Telefon: 0 69/63 00 96-0, Fax: 0 69/

63 00 96-66, E-Mail: service@krebsge- sellschaft.de, Internet: www.krebsgesell-

schaft.de ✮

B E K A N N T G A B E N D E R H E R A U S G E B E R

A

A420 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 7½½½½16. Februar 2001

Gesund essen

Empfehlungen für die ärztliche Ernährungs- beratung und Ernährungstherapie

2., überarbeitete Auflage

Texte und Materialien der Bundesärztekammer zur Fort- und Weiterbildung

Herausgeber:Bundesärztekammer in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)

Schutzgebühr:20 DM je Exemplar Ihre Bestellung senden Sie bitte an:

Deutscher Ärzte-Verlag GmbH, Formularverlag und Praxisorganisationsdienst, Diesel- straße 2, 50859 Köln, Fax: 0 22 34/70 11-4 70; Lieferung gegen Rechnung

Bei inhaltlichen Fragen wenden Sie sich bitte an:

Bundesärztekammer, Dezernat I, Herbert-Lewin-Straße 1, 50931 Köln, Telefon: 02 21/

40 04-4 15, Fax: 02 21/40 04-3 88 ✮

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