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Archiv "Die Beeinflussung der enteralen Resorption vori Arzneimitteln durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme" (25.05.1984)

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Die Beeinflussung

der enteralen Resorption vori Arzneimitteln durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme

lngeborg Walter-Sack

Aus der medizinischen Poliklinik

(Direktor Professor Dr. med. Nepomuk Zöllner) der Ludwig-Maximilians-Universität München

Die enterale Resorption von Arzneimitteln kann durch eine gleichzeitige Nahrungsaufnahme verändert werden. Der Einfluß einer Mahlzeit ist sowohl von Zusammensetzung, Volumen und Konsistenz der zugeführten Nahrung als auch von den spezifi- schen Eigenschaften der Wirksubstanz eines Arzneimittels und von dessen Zubereitungsform abhängig. Verschiedene Applika- tionsformen eines Arzneimittels können durch Nahrungsaufnah-. me unterschiedlich beeinflußt werden.

Das Verhalten von Arzneimitteln im menschlichen Organismus wird im allgemeinen während kurzfristiger Nahrungskarenz ge- prüft. Bei einer engen zeitlichen Beziehung zwischen Nahrungszu- fuhr und Arzneimittelapplikation kann sich jedoch die Kinetik be- stimmter Pharmaka ändern: Zu- nächst kann die Resorption aus dem Gastrointestinal-Trakt beein- flußt werden; bei einer solchen

"lnte'raktion" ist sowohl die zeitli- che Relation zwischen Nahrungs- aufnahme und Medikamentenein- nahme als auch die Art und Men- ge der zugeführten Nahrung von Bedeutung. Auch der Metabolis- mus von Pharmaka kann durch ei- ne einzelne Mahlzeit verändert werden: solche Effekte sind bei Substanzen nachgewiesen, die präsystemisch, also bereits in der Schleimhaut von Magen oder Dünndarm oder schon beim er- sten Durchgang durch die Leber (und Lunge?) in größerem Um- fang metabolisiert werden' (soge- nannter "first pass"~Effekt).

Nicht nur eine Änderung der Re- sorption, sondern auch eine Än- derung der präsystemischen Eli- mination kann wesentliche Unter- schiede in der "Bioverfügbarkeit"

zur Folge haben. So ist die nah- rungsinduzierte Steigerung der systemischen Verfügbarkeit von Propranolol aus konventionellen Zubereitungen nicht, wie ange- nommen (58, 66)*), auf eine Opti- mierung der Resorption, sondern auf eine Drosselung der präsyste- mischen Elimination zurückzufüh- ren; dies gilt analog auch für an- dere Pharmaka, z. B. Metaprolai und i-lydralazin (42). Auch die Ver-

teilung eines Arzneimittels im Or- ganismus kann postprandial -als Folge einer unterschiedlichen Bindung an Plasmaproteine- ver- ändert sein: So steigt z. B. die Konzentration an u~ebundenem

(d. h. therapeutisch wirksamem) Chinidin nach einer Mahlzeit lang- samer an als nach der Einnahme von Chinidin auf leeren Magen (7 4). Neben den unmittelbaren Auswirkungen einer einzelnen 1700 (54) Heft 21 vom 25. Mai 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

Mahlzeit sind auch längerfristige Einflüsse der Ernährung auf die Kinetik bestimmter Pharmaka be- kannt; dabei sind sowohl nutritive als auch nicht-nutritive Nahrungs- besti:mdteile bedeutsam.

Die folgenden Ausführungen be- schäftigen sich mit der Beeinflus- sung der enteralen Resorption von Arzneimitteln durch gleichzei-

tige Nahrungsaufnahme beim Menschen (bei intakter·, Funktion der Oberbauchorgane) .... ~Unter­

schiede der systemischen Verfüg- barkeit infolge einer nahrungsbe- dingten Änderung von Verteilung, - Metabolismus oder renaler Aus- scheidung• von Pharmaka sind nicht berücksichtigt. Ernährungs- einflüsse könneh die Resorption von Arzneimitteln in zweifacher Weise verändern: Sie können so- wohl die "Geschwindigkeit der

Resorption" als auch das "Aus- maß der 'Resorption" modifizie- ren. Der Begriff der "Geschwin- digkeit der Resorption" umfaßt nicht nur den eigentlichen Ab- sorptionsvorgang, sondern auch die Zeitspanne für den Transport des Pharmakons an den Ort der Absorption. Wichtigstes Kriterium für die Beurteilung der·Geschwin- digkeit der Resorption ist der An- stieg der Plasmakonzentrationen eines Arzneimittels; dabei sind so~

wohl die maximalen Plasmakon- zentrationen als auch die Zeit bis

· zum Erreichen dieser Maximal- konzentrationen bedeutsam. Das

"Ausmaß der Resorption" wird anhand des resorbierten Anteils einer Dosis beurteilt und in der Regel in Prozent der verabreich- ten Dosis angegeben. Es wird meist aus der Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeitkurve bestimmt. Eine Ausnahme bilden in beiden Fällen Pharmaka mit ei- ner hohen präsystematischen Eli- mination. Bei Arzneimitteln, die unverändert im Urin ausgeschie- den werden, kann das Ausmaß der Resorption auch anhand der ku- mulativen Ausscheidung im Urin ermittelt werden.

") Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

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Beispiele für Arzneimittel, deren Resorption durch gleichzeitige Nahrungszufuhr gesteigert wird

Hydrochlorothiazid (4) Spironolacton (45);

(Beeinflussung der

präsystemischen Elimination nicht auszuschließen) Nitrofurantoin (59) Griseofulvin (17) Phenytoin (49) Carbamazepin (35) Dicoumarol (43) Diazepam (25) Chinidin

in einer Zubereitung mit verzögerter Freisetzung (63) Eisen — mit Ascorbinsäure (9) Der Einfluß der Ernährung auf die

Resorption von Pharmaka wird durch drei Faktoren bestimmt: die Zubereitungsform der Arzneimit- tel, die spezifischen Eigenschaf- ten einer Wirksubstanz und die Art und Menge der zugeführten Nahrung.

Zubereitungsform eines Arzneimittels

Niedrig dosierte Pharmaka müs- sen in ein Trägermaterial, z. B. ei- ne Tablettenmatrix, eingebaut werden. Voraussetzung für die Resorption der Wirksubstanz ist ihre Freisetzung aus einer sol- chen „Zubereitung". Interaktio- nen zwischen den Begleitstoffen (z. B. der Tablettengrundsubstanz oder Hüllsubstanzen) und der Nahrung können —via Freisetzung

— die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Resorption der Wirk- substanz bestimmen. Der Einfluß einer gleichzeitigen Nahrungsauf- nahme muß daher für jede einzel- ne orale Zubereitungsform eines Arzneimittels geprüft werden. Un- tersuchungen mit unterschied- lichen Zubereitungsformen, z. B.

mit konventionellen Zubereitun- gen, magensaftresistenten Präpa- rationen und mikroverkapselten Formen können zu verschiede- nen, auch zu gegensätzlichen Er- gebnissen kommen (7, 24, 36, 65).

Daher ist bei einem Teil der Arz- neimittel keine verbindliche Aus- sage über den Einfluß der Nah- rungsaufnahme auf die Resorp- tion der Wirksubstanz möglich.

Eigenschaften der

Wirksubstanz und Nahrung Die freigesetzte Wirksubstanz muß im Magen- und Darminhalt sowohl löslich als auch stabil sein und zum Ort der Resorption in der Schleimhaut diffundieren. Lös-

lichkeit und Stabilität eines Phar- makons können zeit- und pH-ab- hängig sein, sie werden also durch Magenverweildauer und Magensekretion beeinflußt. Diese sind ihrerseits abhängig vom Vo-

Tabelle 1

lumen und der Zusammensetzung der zugeführten Nahrung; die Funktion des exokrinen Pankreas und die Gallensekretion werden ebenfalls durch die Zusammen- setzung einer Mahlzeit gesteuert (39). Auch spezifische Bestandtei- le der Verdauungssekrete, z. B.

Gallensäuren, können die Löslich- keit von Arzneimitteln modifizie- ren. Bei einem Nachweis von

„Nahrungseinflüssen" auf die Re- sorption eines Pharmakons müs- sen daher Menge, Konsistenz und Zusammensetzung der zugeführ- ten Nahrung berücksichtigt wer- den. Im folgenden bezeichnet der Begriff „Nahrungsaufnahme" je- weils die Aufnahme einer ge- mischten Mahlzeit bekannter Zu- sammensetzung; spezische Ef- fekte einzelner Nahrungsbestand- teile werden gesondert erwähnt.

Nahrung und Pharmakon

Interaktionen zwischen der Nah- rung und Pharmaka können zu ei-

ner Verzögerung oder Verminde- rung, jedoch auch zu einer Be- schleunigung oder Steigerung der Arzneimittelresorption führen.

Ein Teil dieser Veränderungen ist therapeutisch erwünscht, andere sind dagegen unerwünscht.

Erwünscht ist im allgemeinen ei- ne Steigerung der Resorption durch gleichzeitige Nahrungsauf- nahme, unerwünscht dagegen meist eine Verminderung sowie in einem Teil der Fälle eine Verzöge- rung der Resorption. Uner- wünscht (wenn auch kaum ver- meidbar) sind auch Schwankun- gen der Arzneimittelresorption in- folge wechselnder Applikations- weise (nüchtern oder mit einer Mahlzeit).

1. Steigerung der Resorption Bei simultaner Nahrungszufuhr wird häufig ein größerer Teil einer Arzneimitteldosis resorbiert: das Ausmaß der Resorption ist gestei- gert. Damit ist meist auch eine Be- schleunigung der Resorption ver- bunden (Ausnahme z. B. Diaze- pam, das bei Aufnahme mit einer Mahlzeit verzögert, aber in größe- rem Umfang. resorbiert wird).

1.1. Die Ursache der gesteigerten Resorption kann eine Verbesse- rung der Lösung der Arzneimittel und damit ihrer Verfügbarkeit für die Resorption sein. Bei Zuberei- tungsformen, aus denen die Wirk- substanz bei Nüchternapplikation nicht in kurzer Zeit ausreichend freigesetzt wird, kann eine Verlän- gerung der Magenverweildauer durch gleichzeitige Nahrungszu- fuhr die Freisetzung erhöhen. So ist die Steigerung der Resorption bei Nitrofurantoin-Präparaten be- sonders groß bei Zubereitungen mit einer schlechten In-vitro-Lös- lichkeitscharakteristik (59). Bei solchen Präparaten kann die sy- stemische Verfügbarkeit von Ni- trofurantoin durch eine Mahlzeit um 400 Prozent gesteigert und da- mit die „Qualität" solcher Zube- reitungen sozusagen verbessert werden.

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 21 vom 25. Mai 1984 (57) 1701

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Beispiele für Arzneimittel, deren Resorption durch gleichzeitige Nahrungszufuhr in unerwünschter Weise verzögert wird

Paracetamol (26) Salicylate

(manche Präparationen [7, 33]) Propoxypen

(manche Präparationen [71]) Diazepam (25)

Glipizid (60, 68)

Glibenclamid-Lösung (51) Cimetidin (64)

Digoxin

(manche Zubereitungen [24]) lndometazin (69)

Theophyllin

in einer Zubereitung mit verzögerter Freisetzung (56) 1.2. Bei einer geringen Löslichkeit

der Wirksubstanz im wäßrigen In- halt von Magen und Darm kann ei- ne postprandiale Funktionsände- rung der Oberbauchorgane dazu beitragen, einen größeren Anteil des freigesetzten Arzneimittels zu lösen. Dabei können mehrere Me- chanismen gleichzeitig wirksam werden.

1.2.1. Ist die Lösung des Arznei- mittels zeitabhängig, so wird al- lein durch die Verlängerung der Magenverweildauer eine größere Substanzmenge gelöst und nach- folgend resorbiert.

1.2.2. Werden sehr lipophile Sub- stanzen gleichzeitig mit einer fett- haltigen Mahlzeit aufgenommen, so wird durch die fettinduzierte Sekretion von Gallensäuren und die Mizellenbildung die Resorp- tion lipophiler Produkte begün- stigt. Ein solcher Effekt ist bei fett- löslichen Vitaminen bekannt, wird aber auch bei sehr lipophilen Pharmaka, z. B. Griseofulvin, Di- coumarol, Diazepam und Antiepi- leptika (17, 25, 35, 41, 43) beob- achtet. Analog zur oralen Applika- tion wird auch beim enterohepati- schen Kreislauf, d. h. bei der ente- ralen Re-absorption biliär ausge- schiedener Substanzen eine posi- tive Wirkung von Gallensäuren diskutiert: So wird der nahrungs- bedingte Anstieg der Serumkon- zentrationen von Diazepam nach

i. v.-Gabe auf eine nahrungsbe- dingte Zunahme der enteralen Re-absorption zurückgeführt (37).

1.2.3. Im Einzelfall kann die Re- sorption eines Arzneimittels im Dünndarm sättigbar sein. In die- sem Fall ist eine langsame Anflut- geschwindigkeit des Arzneimit- tels im Dünndarm günstig (damit die intraluminale Konzentration des Pharmakons nicht die Aufnah- mefähigkeit der Mukosa über- steigt, da sonst ein Teil der Dosis in distale Darmabschnitte trans- portiert wird und der Resorption entgeht). Nahrungszufuhr kann daher durch eine Verzögerung der Magenentleerung die Resorp- tion entsprechender Arzneimittel

Tabelle 2

fördern. Ein solcher Mechanismus wird z. B. bei Hydrochlorothiazid diskutiert (4).

1.2.4. Spezifische Nahrungsbe- standteile können die Löslichkeit eines Pharmakons durch Bildung wasserlöslicher Komplexe erhö- hen: So bildet z. B. anorganisches Eisen mit Ascorbinsäure lösliche Komplexe und wird dadurch so- wohl in physiologischen Mengen (6, 18) als auch in therapeutischen Dosen (9) in größerem Umfang re- sorbiert. Außerdem reduziert As- corbinsäure dreiwertiges Eisen zu dem besser löslichen zweiwerti- gen Eisen (21). Auch andere orga- nische Säuren, z. B. Bernstein- säure (10, 14), Fruktose und Ami- nosäuren (21, 22) begünstigen die Eisenresorption.

2. Verzögerung der Resorption 2.1. Ist eine rasch einsetzende Arzneimittel wirkung erforderlich, z. B. bei Analgetika, so kann eine

gleichzeitige Nahrungszufuhr un- günstige Effekte auf die Resorp- tion und Therapiewirksamkeit von Pharmaka haben. Die Resorption von Paracetamol korreliert mit der Magenentleerung; wird diese z. B.

durch Nahrungsaufnahme verzö- gert, so wird auch die „Geschwin- digkeit der Resorption" von Para- cetamol herabgesetzt (26). Auch eine Verzögerung der Resorption von Salizylaten (7,33) sowie von Propoxyphen (71) durch Nah- rungszufuhr wurde beobachtet.

Zu den Arzneimitteln, die regel- mäßig in enger zeitlicher Bezie- hung zu einer Mahlzeit verab- reicht werden, gehören die Sulfo- nylharnstoffe. Sie werden häufig unmittelbar zu einer Mahlzeit ein- genommen. Der Resorption von Glibenclamid aus einer konventio- nellen oder verbesserten Zuberei- tung sowie von Tolbutamid und Chlorpropramid wird durch eine gemischte Mahlzeit nicht verän- dert, während die Resorption von Glibenclamid aus einer Lösung (51) sowie von Glipizid verzögert wird (60, 68). Über weitere häufig verordnete Sulfonylharnstoffe der zweiten Generation sowie über das in der Bundesrepublik Deutschland noch im Handel be- findliche Biguanid Metformin (3, 67) liegen keine einschlägigen Daten vor.

2.2. Bei Arzneimitteln, die wieder- holt in kürzeren Abständen einge- nommen werden, soll bei der zweiten Dosis die vorangegange- ne Dosis zumindest den Magen verlassen haben, besser aber re- sorbiert sein. Dies kann durch ei- ne Mahlzeit verhindert werden.

Der Effekt ist besonders unerfreu- lich bei Präparationen mit verzö- gerter Freisetzung, sog. Retard- präparaten, z. B. von Theophyllin (56), da sie häufig wesentlich grö- ßere Arzneimitteldosen enthalten als konventionelle Zubereitungen.

Wird bei einer verzögerten Ma- genentleerung die vorangegange- ne Dosis gleichzeitig mit der nächsten Dosis im Dünndarm frei- gesetzt, ist die Gefahr einer Über- dosierung besonders groß.

1702 (58) Heft 21 vom 25. Mai 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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dung von Kalzium-Tetracyclin- Komplexen ist durch EDTA (in den USA als Nahrungsmittelzusatz- stoff zugelassen) hemmbar (57).

Auch anorganisches Eisen kann durch Komplexbildung gefällt und dadurch unresorbierbar gemacht werden: So wird die Resorption von Eisen durch Tee — wahr- scheinlich durch die Bildung un- löslicher Eisen-Tannatkomplexe — vermindert (18). Diese Bindung kann durch Vitamin C, z. B. durch Zugabe von Zitrusfrüchten, teil- weise kompensiert werden. Dar- über hinaus wird Eisen generell bei der Einnahme mit einer ge- mischten Mahlzeit in geringerem Umfang resorbiert als bei Nüch- ternapplikation (8, 16, 18).

Tierexperimentelle und ln-vitro- Befunde sprechen darüber hinaus

Beispiele für Arzneimittel, deren Resorption durch gleichzeitige Nahrungszufuhr vermindert wird

Ältere Penicilline (u nverestert), Ampicillin, Oxacillin, Dicloxacillin (41, 66) Erythromycin

(unterschiedlich je nach Ester [41, 66, 73]) Tetracycline, z. B.:

Tetracyclin, Oxytetracyclin (41, 53, 66)

Tuberkulostatica:

INH (41, 44) Rifampicin (41) L-Dopa (5) Eisen (8, 16) Cimetidin (27) Atenolol (50) d-Penicillamin (55) Salicylate (7) Tabelle 3 3. Verminderung der Resorption

Eine Verminderung der Resorp- tion ist in der Mehrzahl der Fälle unerwünscht (Ausnahme: Intoxi- kation sowie die erste Dosis eines Arzneimittels mit ausgeprägten unerwünschten Begleitwirkun- gen, gegen die sich später eine Toleranz entwickelt). Ursache der verminderten Resorption kann so- wohl eine Abnahme der Löslich- keit, z. B. infolge postprandialer Verschiebungen des intragastra- len pH, sowie eine Abnahme der Stabilität sein (Übersicht bei 41, 52, 66, 70).

3.1. Eine Verminderung der Lös- lichkeit bzw. eine verminderte Freisetzung mit einer Abnahme der Resorption wird z. B. bei Sali- zylaten berichtet. Dabei bestehen jedoch große Unterschiede zwi- schen den einzelnen Zubereitun- gen (7, 41), so daß keine allge- meingültigen Aussagen möglich sind. Eine Abnahme der Löslich- keit in Abhängigkeit vom pH ist auch bei Tetracyclinen bekannt;

so wirkt sich ein pH-Anstieg durch eine Pufferung mit Natrium-Bicar- bonat ungünstig auf die Löslich- keit und die Resorption mancher Tetracycline aus (2, 53).

3.2. Eine Abnahme der Stabilität, d. h. eine intraluminale Inaktivie-

rung von Arzneimitteln, kann ebenfalls zu einer Verminderung der Resorption führen. Ein sol- cher Mechanismus wird vor allem bei Antibiotika beobachtet (Über- sichten bei 41, 66, 70). Säurelabile Arzneimittel werden in Abhängig- keit von der Magenverweildauer inaktiviert; eine Verzögerung der Magenentleerung ist daher mit ei- ner Verminderung der Resorption verbunden (z. B. hydrolytische Spaltung von Penicillinen). Eine Inaktivierung kann auch die Folge einer Bildung unlöslicher Komple-

xe, z. B. von Tetracyclinen mit Kal- zium aus Milchprodukten sein;

stärker lipophile Tetracycline mit einer geringeren Affinität zu Kalzi- um, z. B. Doxicyclin, werden da- gegen durch kalziumhaltige Spei- sen kaum beeinflußt (53). Die Bil-

auch für eine Bildung unlöslicher Komplexe bei der Einnahme von Chlorpromazin mit Tee oder Kaf- fee (15).

3.3. L-Dopa wird sowohl im Magen als auch im Dünndarm resorbiert und in der Mukosa inaktiviert. Die- ser Abbau erfolgt jedoch in unter- schiedlichem Ausmaß; er ist im Dünndarm geringer als im Magen.

Bei einer Verzögerung der Ma- genentleerung (durch Nahrungs- aufnahme) wird daher ein größe- rer Anteil einer Dosis inaktiviert.

Darüber hinaus geben klinische Beobachtungen Anlaß zu der An- nahme, daß die intestinale Re- sorption von L-Dopa nicht nur beim Tier, sondern auch beim Menschen über einen aktiven Transportmechanismus erfolgt und durch einen hohen Gehalt aromatischer Aminosäuren in der Nahrung, also durch eine eiweiß- reiche Mahlzeit, kompetitiv hemmbar ist (5).

3.4. Spezielle Arzneimittelzube- reitungen, z. B. magensaftresi- stente Präparationen säurelabiler oder magenunverträglicher Arz- neimittel werden durch eine lange Magenverweildauer ebenfalls un- günstig beeinflußt.

Die Hüllsubstanzen sind nur zeit- lich begrenzt säureresistent und können daher bei einer nahrungs- induzierten Verzögerung der Ma- genentleerung bereits im Magen in Lösung gehen. Bei säurelabilen Pharmaka resultiert daraus eine Verminderung der Resorption.

4. Keine Beeinflussung der Resorption

Neben den Arzneimitteln, deren Kinetik durch gleichzeitige Nah- rungszufuhr verändert wird, sind auch Pharmaka bekannt, die nach bisherigem Wissen keiner Beein- flussung durch eine gemischte Mahlzeit unterliegen. Zu dieser Gruppe gehören z. B. der H 2-Ant- agonist Ranitidin und ein Teil der untersuchten Sulfonylharnstoffe.

1704 (60) Heft 21 vom 25. Mai 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

(5)

Veränderungen

der Arzneimittelresorption durch einzelne

Nahrungsbestandteile

Flüssigkeitszufuhr: Ein sehr gro- ßes Volumen an Wasser (500 ml) kann sich, möglicherweise durch einen starken Verdünnungseffekt, ebenso ungünstig auf die Arznei- mittelresorption auswirken wie ei- ne zu geringe Menge an Trinkflüs- sigkeit (71, 72). Stark säurehaltige Frucht- und Gemüsesäfte eignen sich nicht zum Nachtrinken bei säurelabilen Stoffen, z. B. Penicil- linen. Kohlenhydrathaltige Limo- naden verlängern im Vergleich zu kohlenhydratfreien sogenannten

„Diät"-Limonaden bei sonst iden- tischer Zusammensetzung die Magenverweildauer (28), sind also ungünstig für säurelabile Arznei- mittel. Milch ist dagegen ungeeig- net bei Substanzen, deren Lös- lichkeit mit steigendem pH ab- nimmt, z. B. älteren Tetracyclinen (2, 53). Die antagonistische Beein- flussung der Eisenresorption durch Tee einerseits und Vitamin- C-haltige Getränke andererseits wurde bereits erwähnt.

Auch Lebensmittelzusätze kön- nen die Arzneimittelresorption verändern: Ascorbinsäure als An- tioxidans in chininhaltigen Limo- naden kann die Eisenresorption fördern, EDTA in Fruchtsäften kann sie vermindern (21).

Zuckeraustauschstoffe, insbeson- dere Sorbit und Xylit, eine Sac- charosemalabsorption sowie koh- lenhydratreiche Mahlzeiten kön- nen eine Nettosekretion von Was- ser im Dünndarm auslösen (12, 20, 34). Dabei wird die mittlere Passa- gezeit verkürzt und die Resorp- tion z. B. von Xylose um 35% ver- mindert (34). Tierversuche zeigen, daß auch einzelne Arzneimittel bei einer Nettosekretion von Flüs- sigkeit im Dünndarm vermindert resorbiert werden (23, 54); beim Menschen liegen dazu bisher kei- ne Daten vor. Es empfiehlt sich je- doch, anamnestisch eine Neigung zu nahrungsbezogenen (osmoti- schen) Diarrhoen auszuschließen.

Ob oder in welchem Umfang die Resorption von Pharmaka bei er- nährungsphysiologisch vollwerti- gen sog. ballaststoffreichen Er- nährungsformen gegenüber einer ballaststoffarmen Ernährung ver- ändert ist, läßt sich bisher nicht beurteilen. Die Substitution, d. h.

die Zufuhr isolierter und zum Teil aufbereiteter „Ballaststoffe", die

Beispiele für Arzneimittel, de- ren Resorption durch gleich- zeitige Nahrungszufuhr nicht entscheidend verändert wird

Glibenclamid — in üblicher

und in verbesserter galeni- scher Zubereitung (51, 60) Chlorpropramid (60) Tolbutamid (60) Metronidazol (47) Spiramycin (41) Doxycyclin (53) Ampicillinester (41, 66) Amoxycillin (41) Oxazepam (46) Propylthiouracil (48) Timolol (38)

Ranitidin (40) Tabelle 4

häufig eher in pharmakologischen als in physiologischen Dosierun- gen erfolgt, kann für die Resorp- tion von Arzneimitteln bedeutsam sein: Gelbildende Ballaststoffe, (zur Definition siehe [19]) können die Viskosität des Magen- und Darminhaltes erhöhen und die Magenentleerung verzögern (30, 31). Dies kann zu einer Verzöge- rung und/oder Verminderung der Arzneimittelresorption führen (11, 29, 62). Allerdings wurde auch ei- ne Beschleunigung der Resorp- tion, z. B. von Digoxin berichtet (32); da das Konzentrations-Zeit- integral nur über 4 Stunden ab- schätzbar ist, läßt sich nicht beur-

teilen, ob dabei auch das Ausmaß der Resorption verändert war.

ln-vitro-Befunde sprechen für ei- ne Verbreiterung der unstirred water layer der Dünndarmmukosa durch Quellstoffe (13, 19), so daß durch die Verbreiterung der Diffu- sionsbarriere eine Behinderung der Arzneimittelresorption vor- stellbar ist. Als weitere Ursache ei- ner Verminderung der Resorption zum Beispiel von Digoxin und Ei- sen wird eine Adsorption an Bal- laststoffe angenommen (1, 11, 14, 61); bei Kaolin-Pektin wird dieser Punkt jedoch kontrovers disku- tiert (1, 11).

Zusammenfassend läßt sich fest- stellen: Die aus früheren Untersu- chungen stammende Empfeh- lung, Pharmaka generell auf lee- ren Magen einzunehmen, ist in dieser Form auch aus pharmako- kinetischen Gründen nicht mehr gerechtfertigt.

Eine zunehmende Zahl von Stu- dien gelangt zu dem Ergebnis, daß eine gleichzeitige Nahrungs- zufuhr die Resorption von Arznei- mitteln fördern kann. Eine geziel- te klinische Verordnung setzt je- doch voraus, daß die Kinetik jeder einzelnen Zubereitung nicht nur unter Nüchternbedingungen, son- dern auch bei Einnahme mit einer Mahlzeit geprüft wird. In dieser Richtung läßt die bisher geübte Praxis noch viele Wünsche offen.

Literatur im Sonderdruck,

zu beziehen über die Verfasserin.

Anschrift der Verfasserin:

Privatdozent Dr. med. habil.

Ingeborg Walter-Sack Medizinische Poliklinik der Universität München Pettenkoferstraße 8a 8000 München 2

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 21 vom 25. Mai 1984 (63) 1705

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