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Archiv "Verlässlichkeit im Gesundheitswesen: Für Reformen im Kollektivvertragssystem" (05.06.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 23⏐⏐5. Juni 2009 A1177

P O L I T I K

E

in starkes System von Kas- senärztlichen Vereinigungen (KVen) und Krankenkassen, die die Versorgung im Rahmen von Kollek- tivverträgen aushandeln, bleibt nach Ansicht von Prof. Dr. med. Fritz Beske der Schlüssel zum Erfolg im ambulanten Bereich des Gesund- heitswesens. Der Direktor des Insti- tuts für Gesundheits-System-For- schung (IGSF) in Kiel forderte, alle Regelungen zurückzunehmen, mit denen die Arbeitsfähigkeit der KVen beeinträchtigt werde. „Wenn nicht, wird das System von heute gegen die Wand fahren“, sagte er bei der Vorstellung seiner „Gesund- heitspolitischen Agenda 2009“.

Gewiss hat Beske vor Augen, dass sich die gesundheitspolitische Aus- richtung ändern könnte, falls im Herbst eine andere Koalition regiert.

Doch nicht nur die Bundestagswahl treibt ihn um, sondern auch die Über- zeugung, dass es mit Beschwichti- gungen nicht mehr getan ist. „Die Bevölkerung muss wissen, was die künftigen Probleme sind und wie eine für jeden finanzierbare Gesund- heitsversorgung auch in Zukunft möglich ist“, betonte der Wissen- schaftler.

Deshalb sei ein durchgängiges Konzept für das Gesundheitswesen ebenso Pflichtaufgabe für die Poli- tik wie die verbindliche Festlegung von Gesundheitszielen. Die wesent- lichen seien dabei Versorgungs- sicherheit für Patienten auch im Alter, Planungssicherheit für Leis- tungserbringer und Teilhabe am medizinischen Fortschritt für alle.

Warum ein schlüssiges Gesamt- konzept nottut, darauf verwies Bes- ke in Form einer Hochrechnung: Er prognostizierte, dass der Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversiche- rung (GKV) im Jahr 2050 ohne Ge- gensteuerung zwischen 27 und 44

Prozent liegen könnte. Weil dies un- bezahlbar sei, müsse etwas ge- schehen: „Die durch die Bevölke- rungsentwicklung und die Kosten des medizinischen Fortschritts ent- stehenden Probleme sind nicht durch Einzelmaßnahmen zu lösen.“

Beraten hat sich Beske für die Agenda 2009 innerhalb einer Ar- beitsgruppe (AG) mit fünf weiteren Kennern des Systems (Kasten rechts).

Zwei von ihnen waren beziehungs- weise sind KV-Vorstände, einer führt eine Landesärztekammer.

Deshalb verwundert es nicht, dass die AG dem Kollektivvertragssys- tem mit einer starken Selbstverwal- tung der KVen und Krankenkassen und einer flächendeckenden, soli- darisch finanzierten GKV den Vor- zug gibt.

Dies ist zumindest die bevorzug- te von fünf Optionen für die Politik (Kasten unten). Sie sollte sich nach Ansicht der AG ordnungspolitisch von dem Prinzip „dezentral statt zentral“ leiten lassen, also nur einen Rahmen vorgeben und die Umset- zung der Selbstverwaltung und der lokalen Ebene überlassen, die Frei- beruflichkeit der Anbieter sichern und die freie Arztwahl erhalten:

„Der gewünschte Wettbewerb um Qualität kann nur im Kontext dieses Vertrauens verwirklicht werden.“

Weitere Eckpunkte des Konzepts:

>GKV-Finanzierung: solidarisch durch Arbeitnehmer und Arbeit- geber, vermutlich mit rund 15,5 Pro- zent Beitragssatz wie derzeit. Zu- sätzlich fließen Steuermittel als Ausgleich für versicherungsfremde Leistungen ein. Der Solidaritätszu- schlag könnte „Demografiezuschlag“

der GKV werden. Außerdem sollen die Versicherten zuzahlen, zum Bei- spiel statt der heutigen Praxisgebühr zehn Euro vom vierten Praxisbesuch pro Quartal an.

>GKV-Reform: Wahltarife wer- den abgeschafft, Grund- und Zusatz- leistungen der GKV definiert, wobei Letztere separat von den Versicher- ten zu bezahlen sind. Der Spitzenver- band Bund der Krankenkassen wird aufgelöst, die Kassen erhalten ihre Finanzhoheit zurück. Die Morbidi- tätsorientierung im Risikostruktur- ausgleich wird beendet.

>KVen: Es gibt keine Selektiv- verträge mehr. Ein vereinfachtes Honorarsystem folgt, „das nicht be- lohnt, was sich finanziell rechnet, sondern bedarfsbestimmt orientiert ist und die Qualität sowie das Pa- tientengespräch fördert“. I Sabine Rieser, Nora Schmitt-Sausen

VERLÄSSLICHKEIT IM GESUNDHEITSWESEN

Für Reformen im Kollektivvertragssystem

Eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. med. Fritz Beske hat ein Handlungskonzept für die Zeit nach der Bundestagswahl erarbeitet. Statt weiterer Wettbewerbsexperimente empfiehlt sie die Rückkehr zum Kollektivsystem – und eine klarere regionale Orientierung der Versorgung.

MITGLIEDER DER AGENDA

>Dr. med. Franz-Joseph Bartmann, Präsident der Landes- ärztekammer Schleswig-Holstein (S-H)

>Prof. Dr. med. Fritz Beske, Direktor des IGSF

>Ralf Wilhelm Büchner, ehemaliger Vorstand der KV S-H

>Dr. rer. nat. Peter Froese,Vorsitzender des Apotheker- verbands S-H

>Peter Knüpper, Hauptgeschäftsführer der Bayerischen Landeszahnärztekammer

>Dr. med. Ulrich Thamer, KV-Vorstand der KV Westfalen- Lippe

OPTIONEN FÜR DIE GKV

Folgende Optionen hat die Gesundheitspolitik nach Ansicht von Prof. Dr. Beske und seiner AG:

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Bekenntnis zum KV-System und zum Kollektivvertrag

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Bekenntnis zum Kollektivvertrag ohne Körperschaften, aber mit aufgewerteten Anbietern der regionalen Ebene

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Pflicht zur Versicherung mit Hinwendung zu den Prinzipien Markt und Wettbewerb

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Steuerfinanzierte Staatsmedizin mit zentral regulierter und kontrollierter Versorgung

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Weiterentwicklung des Begonnenen, am Ende: staatlich reguliertes Hausarztsystem, krankenhauszentrierte Facharztversorgung, Ende der PKV heutiger Prägung

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