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Untersuchungen zur Eignung des Insulin-like Growth Factor I Systems zur Prognose der Gesundheit und Fertilität bei pluriparen Deutschen Holstein Milchkühen

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Academic year: 2022

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Untersuchungen zur Eignung

des Insulin-like Growth Factor I Systems zur Prognose der Gesundheit und Fertilität bei pluriparen Deutschen Holstein Milchkühen

INAUGURAL – DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin

der Veterinärmedizin

- Doctor medicinae veterinariae - ( Dr. med. vet. )

vorgelegt von Wiebke Mysegades

Nienburg (Weser)

Hannover 2014

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ. Prof. Dr. med. vet. Heinrich Bollwein Klinik für Rinder

1. Gutachter: Univ. Prof. Dr. med. vet. Heinrich Bollwein Klinik für Rinder

2. Gutachter: Univ. Prof. Dr. med. vet. Martin Ganter Klinik für kleine Klauentiere

Tag der mündlichen Prüfung: 02.06.2014

(3)

Meinen Eltern und Marco

(4)

Teile der vorliegenden Arbeit wurden bereits auf folgenden Tagungen präsentiert:

45. Jahrestagung Physiologie und Pathologie der Fortpflanzung

Berlin, 29. Februar – 02. März 2012

Mysegades W, Bollwein H, Gil-Aranjo M, Katelic J, Hoedemaker M, Piechotta M Plasma IGF-I concentrations ante partum are not indicative for a prolonged interval between parturition and first luteal activity in dairy cows

Reproduction in Domestic Animals Vol. 47, Supplement 2, page 37

Buiatrissima, 8th ECBHM Symposium

Bern, 28. - 30. August 2013

Piechotta M, Mysegades W, Mense K, Meyerholz M, Hoedemaker M, Bollwein H Plasma IGF-I concentrations in healthy ante partal dairy cows are indicative for development of a ketosis post partum

Proceedings, page 209

(5)

2. Literatur ... - 4 -

2.1 Herdengesundheit... - 4 -

2.1.1 Produktionserkrankungen ... - 5 -

2.1.1.1 Ketose und Leberverfettung ... - 6 -

2.1.1.2 Hypocalcämie ... - 8 -

2.1.1.3 Labmagenverlagerung ... - 9 -

2.1.1.4 Retentio secundinarum, Metritis und Endometritis ... - 9 -

2.1.1.5 Mastitis ... - 10 -

2.2 Überwachung der Herdengesundheit ... - 11 -

2.2.1 Überwachung der Gesundheit am Einzeltier ... - 12 -

2.2.1.1 Direkt erfassbare Standardwerte ... - 13 -

2.2.1.2 Schnelltests für Einzeltieruntersuchungen ... - 14 -

2.2.1.3 Labordiagnostik ... - 16 -

2.3 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor ... - 17 -

2.3.1 Regulation der Ausschüttung des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors ... - 18 -

2.3.2 Bedeutung des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors in der Transitperiode... - 19 -

2.3.3 Bedeutung des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors in der Gesundheitsüberwachung ... - 20 -

2.3.4 Bindungsproteine des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors ... - 21 -

2.3.4.1 Bedeutung der Bindungsproteine in der Transitperiode ... - 22 -

2.3.4.2 Bedeutung der Bindungsproteine in Bezug auf Erkrankungen ... - 23 -

2.4 Fertilität ... - 24 -

2.4.1 Einflüsse des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors und seiner Bindungsproteine auf die Fruchtbarkeit ... - 25 -

3. Material und Methode ... - 27 -

3.1 Versuchsbetrieb und Tiere ... - 27 -

(6)

3.2 Untersuchung der Tiere und Blutprobenentnahme ... - 29 -

3.3 Erhebung peripartaler Erkrankungen ... - 31 -

3.4 Erhebung von Reproduktions- und Milchleistungsdaten ... - 33 -

3.4.1 Fertilitätsmanagement ... - 33 -

3.5 Untersuchung der Blutproben ... - 34 -

3.5.1 Progesteron ... - 34 -

3.5.2 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor ... - 35 -

3.5.3 Bindungsproteine des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors ... - 35 -

3.5.4 Nicht veresterte Fettsäuren ... - 36 -

3.6 Statistische Auswertung ... - 37 -

4. Ergebnisse ... - 39 -

4.1 Anzahl der Versuchstiere ... - 39 -

4.2 Klinisch erhobene Parameter ... - 39 -

4.2.1 Body Condition Score ... - 39 -

4.2.2 Körpertemperatur ... - 41 -

4.3 Auftreten peripataler Erkrankungen ... - 42 -

4.4 Fertilität ... - 44 -

4.4.1 Eintritt der Ovulation post partum ... - 44 -

4.5 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor ... - 47 -

4.5.1 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und Body Condition Score ... - 47 -

4.5.2 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und Körpertemperatur ... - 48 -

4.5.3 Abhängigkeit des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors von der Anzahl an Laktationen ... - 49 -

4.5.4 Auswirkungen des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors auf die Erkrankungshäufigkeit ... - 50 -

4.5.5 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und Fertilität ... - 52 -

4.5.5.1 Auswirkungen des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors auf die Ovulationsrate ... - 52 -

4.5.5.2 Einfluss des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors auf die Anzahl an Inseminationen ... - 52 - 4.5.5.3 Einfluss des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors auf die Güstzeit - 53 -

(7)

4.6.2 Bindungsproteine und Körpertemperatur ... - 54 -

4.6.3 Abhängigkeit der Bindungsproteine von der Anzahl an Laktationen... - 54 -

4.6.4 Auswirkungen der Bindungsproteine auf die Erkrankungshäufigkeit .... - 54 -

4.6.5 Bindungsproteine und Fertilität ... - 57 -

4.6.5.1 Auswirkungen der Bindungsproteine auf die Ovulationsrate ... - 57 -

4.6.5.2 Einfluss der Bindungsproteine auf die Anzahl an Inseminationen.. - 57 -

4.6.5.3 Einfluss der Bindungsproteine auf die Güstzeit... - 57 -

4.7 Nicht veresterte Fettsäuren ... - 59 -

4.7.1 Nicht veresterte Fettsäuren und Body Condition Score ... - 59 -

4.7.2 Nicht veresterte Fettsäuren und Körpertemperatur ... - 59 -

4.7.3 Abhängigkeit der nicht veresterten Fettsäuren von der Anzahl an Laktationen ... - 59 -

4.7.4 Nicht veresterte Fettsäuren und Erkrankungshäufigkeit ... - 60 -

4.7.5 Nicht veresterte Fettsäuren und Fertilität ... - 60 -

4.7.5.1 Nicht veresterte Fettsäuren und Ovulationsrate ... - 60 -

4.7.5.2 Einfluss nicht veresterter Fettsäuren auf die Anzahl an Inseminationen ... - 60 -

4.7.5.3 Einfluss nicht veresterter Fettsäuren auf die Güstzeit ... - 61 -

4.8 Wechselwirkungen der Parameter des Insulin-like Growth Factor I Systems ... - 61 -

4.8.1 Korrelation zu klinisch erhobenen Messwerten ... - 61 -

4.8.2 Korrelation der Parameter des Insulin-like Growth Factor I Systems untereinander und den nicht veresterten Fettsäuren ... - 63 -

4.8.3 Korrelation zum Tag der Gravidität ... - 64 -

5. Diskussion ... - 66 -

5.1 Versuchstiere ... - 68 -

5.2 Körpertemperatur... - 69 -

5.3 Peripartale Erkrankungen ... - 70 -

5.4 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor ... - 72 -

(8)

5.4.1 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und Body Condition Score ... - 74 -

5.4.2 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor als Vorhersageparameter von Erkrankungen ... - 75 -

5.4.3 Einflüsse des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors auf die Fertilität .... - 78 -

5.5 Bindungsproteine des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors ... - 80 -

5.5.1 Auswirkungen der Bindungsproteine auf die Körpertemperatur ... - 81 -

5.5.2 Die Bindungsproteine als Vorhersageparameter von Erkrankungen .... - 82 -

5.5.3 Einflüsse der Bindungsproteine auf die Fertilität ... - 84 -

5.6 Nicht veresterte Fettsäuren ... - 86 -

5.7 Schlussfolgerungen ... - 87 -

6. Zusammenfassung ... - 88 -

7. Summary ... - 90 -

8. Literatur ... - 92 -

9. Anhang ... - 110 -

9.1 Lahmheitsbeurteilung ... - 110 -

9.2 Zusammensetzung des Milchleistungsfutters des Studienbetriebes ... - 111 -

9.3 Dokumentationsbogen für die klinische Untersuchung ... - 112 -

9.4 Schlüssel zur Diagnose einer Endometritis ... - 113 -

9.5 Untersuchungszeitpunkte der Studie im Mittel ... - 114 -

9.6 Body Condition Score und Laktation ... - 114 -

9.7 Gesundheitsstatus und Ovulationsrate ... - 115 -

9.8 Body Condition Score und Ovulationsrate ... - 115 -

9.9 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor ... - 117 -

9.10 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und klinische Parameter ... - 117 -

9.10.1 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und Body Condition Score ... - 117 -

9.10.2 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und Körpertemperatur ... - 118 -

9.11 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und Laktation ... - 119 -

9.12 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und Ovulation ... - 120 -

9.13 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und Inseminationen ... - 122 -

9.14 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und Güsttage ... - 123 -

9.15 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor und Erkrankungen ... - 124 -

(9)

9.18 Bindungsproteine und Ovulation ... - 133 -

9.19 Bindungsproteine und Inseminationen ... - 133 -

9.20 Bindungsproteine und Erkrankungen ... - 136 -

9.21 Nicht veresterte Fettsäuren und Erkrankungen ... - 145 -

(10)
(11)

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

In dieser Arbeit wurden neben den allgemein üblichen Abkürzungen folgende spezielle Kurzformen verwendet:

a.p. ante partum

Abb. Abbildung

BCS Body Condition Score

BHBA ß-Hydroxybutyrat E. coli Escherichia coli

EDTA Ethylendiamintetraacetat

ELISA Enzyme Linked Immunosorbent Assay GH Wachstumshormon (Growth Hormone)

GHR Wachstumshormon Rezeptor

(Growth Hormone Receptor)

IGF Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor (Insulin-like Growth Factor)

IGFBP Bindungsproteine des Insulin ähnlichen Wachstumsfaktors

(Insulin-like Growth Factor binding proteins) LMV Labmagenverlagerung LPS Lipopolysaccharid

MLF Milchleistungsfutter

mRNA messenger Ribonukleinsäure

n Anzahl

NEB negative Energiebilanz

NEFA nicht veresterte Fettsäuren

OR Odds Ratio

P Irrtumswahrscheinlichkeit

p.p. post partum

p.i. post inseminationem

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RIA Radioimmunoassay SEM Standardfehler Se Sensitivität Sp Spezifität Tab. Tabelle TG Triglyceride

TLR Toll Like Receptor

TMA Trockenmasse-Aufnahme

TMR Totale Mischration

U Untersuchung

UZP Untersuchungszeitpunkt UZR Untersuchungszeitraum

VLDL Very Low Density Lipoprotein

(13)

1. Einleitung

Das größte Risiko der Milchkuh an einer sogenannten Produktionserkrankung zu erkranken, besteht in der Transitperiode (DRACKLEY 1999; DEGARIS u. LEAN 2008; MULLIGAN u. DOHERTY 2008b), welche den Zeitraum von drei Wochen vor bis drei Wochen nach der Geburt bei der Kuh umfasst (GRUMMER 1995).

Für diesen Zeitraum werden Erkrankungsraten von etwa 65% pro Betrieb beschrieben (FLEISCHER et al. 2001; PIECHOTTA et al. 2012) und für Milchviehbetriebe mit Defiziten im Bereich der Herdengesundheit zudem eine Merzungsrate im Bestand von bis zu 35% dargelegt (SMITH et al. 2000; RAJALA- SCHULTZ u. FRAZER 2003). Zu den Produktionserkrankungen zählen einerseits metabolische Erkrankungen wie Hypocalcämie, Hypomagnesiämie, Ketose, Labmagenverlagerung (LMV) und subklinische Acidose, aber ebenfalls Retentio secundinarum (Ret. sec.), sowie Fertilitätsstörungen, Lahmheiten und infektiöse Erkrankungen wie Mastitis und Endometritis (DRACKLEY 2006).

Durch die Therapie erkrankter Kühe, sowie durch die verringerte Milchleistung und die notwendige Remontierung des Bestandes entstehen finanzielle Verluste, die bis zu 20% der Gesamtkosten eines Milchviehbetriebes ausmachen können (GROHN et al. 2003). Zudem sind die hohen Erkrankungsraten (MULLIGAN et al. 2006; F.

MULLIGAN u. DOHERTY 2008a) und insbesondere die hohen Merzungsraten unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes kritisch zu bewerten (BOOGAARD u. BOCK 2006; VANHONACKER et al. 2007).

Als ein diagnostischer Parameter, mit dem Holstein Friesian Milchkühe mit einem höheren Risiko für eine Produktionserkrankung bereits zu Beginn der Transitperiode erkannt werden können, erwies sich die Plasma-Konzentration an Insulin-ähnlichem Wachstumsfaktor (Insulin-like Growth Factor, IGF-I) als geeignet. Kühe, die in der Transitperiode erkrankten, wiesen bereits drei bis vier Wochen vor dem errechneten Geburtstermin niedrigere IGF-I-Konzentrationen auf (PIECHOTTA et al. 2012).

Allerdings stützen sich diese Daten auf die Untersuchung einer relativ kleinen Herde auf dem Lehr- und Forschungsgut der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover in Ruthe. Ein Schwerpunkt der hier vorliegenden Arbeit war es, den Zusammenhang

(14)

zwischen der IGF-I-Konzentration im Blut und dem Risiko einer Produktionserkrankung in einer kommerziellen Herde unter Feldbedingungen zu untersuchen.

Die Synthese und Freisetzung von IGF-I wird über die Bindung von hypophysär ausgeschüttetem Wachstumshormon an Wachstumshormonrezeptoren, deren Anzahl in der Leber am höchsten ist, stimuliert (FRAGO u. CHOWEN 2005).

Dementsprechend wird IGF-I zu 80% in der Leber gebildet (FRAGO u. CHOWEN 2005). Im Blut sind ca. 95% des IGF-I an Bindungsproteine (IGFBP) gebunden (ETHERTON 2004). Letztere modulieren die Rezeptor-abhängigen Wirkungen des IGF-I und induzieren über ihre eigene Bindung an Zelloberflächen eine vermehrte IGF-I Freisetzung (CLEMMONS et al. 1998). Ferner sorgt IGFBP-3 über seine Bindung zum IGF-I für dessen Verbleib in den Gefäßen (CLEMMONS et al. 1998).

Es ist derzeit wenig über den Zusammenhang niedriger ante partaler IGF-I- und IGFBP-Werte und dem Auftreten einzelner Produktionserkrankungen, wie beispielsweise der Ketose, bekannt. Bei der Ketose ist die Leber nicht mehr in der Lage im Überschuss anfallendes Acetyl-Coenzym A in den Citratzyklus einzuschleusen, so dass dieses als Ketonkörper in den Blutkreislauf ausgeschüttet oder über die Lipogenese in die Hepatozyten eingeschleust wird (DUFFIELD et al.

2009).

Allerdings liegen auf dem Gebiet der Fertilität verschiedene Studien über die konzentrationsabhängigen Wirkungen sowohl von IGF-I (SPICER et al. 1993; LUCY 2000; KAWASHIMA et al. 2007) als auch den IGFBPs-2 und -3 (RHOADS et al.

2008; RODRIGUEZ et al. 2011) am Ovar des Rindes vor.

In der hier vorliegenden Arbeit sollte die Eignung des Insulin-like Growth Factor I Systems zur Prognose der Gesundheit und Fertilität bei pluriparen Milchkühen in einer kommerziell geführten, großen Milchviehherde untersucht werden.

(15)

Hierfür wurden die folgenden Hypothesen überprüft:

 Kühe mit antepartal (262-270 Tage post inseminationem) niedrigeren IGF-I-, IGFBP-2- bzw. IGFBP-3- Werten leiden in der Transitperiode häufiger an einer metabolischen (Hypocalcämie, Fettlebererkrankung, Ketose) oder infektiösen Erkrankung (Metritis/Endometritis, Retentio secundinarum, Mastitis).

 Kühe mit antepartal (262-270 Tage post inseminationem) niedrigen IGF-I-, IGFBP-2- und IGFBP-3- Werten und postpartal (Woche 3 u. 4 post partum, p.p.) niedrigen IGF-I-Werten weisen eine niedrigere Ovulationsrate in den ersten 4 Wochen p.p. auf.

(16)

2. Literatur

2.1 Herdengesundheit

Einen Gradmesser für die Herdengesundheit bei Milchkühen stellt die Merzungsrate in der Herde aufgrund von Erkrankungen dar (THOMSEN u. HOUE 2006;

RABOISSON et al. 2011). So berichten McConnel et al. (2008), dass höhere Abgangsraten in Milchkuhherden mit mehr Lahmheiten und mehr Kühen, die antibiotisch behandelt werden mussten, assoziiert sind (MCCONNEL et al. 2008).

Zudem konnte in der gleichen Untersuchung für Betriebe in den USA (Auswertung der Daten des National Animal Health Monitoring Systems der USA) ein Anstieg der Merzungsrate um 3,8% in der Zeit von 1996 bis 2002 verzeichnet werden (MCCONNEL et al. 2008). Für Milchkuhbetriebe, bei denen Defizite im Bereich der Herdengesundheit vorliegen, sind sogar Merzungsraten von bis zu 35% beschrieben (SMITH et al. 2000; GROHN et al. 2003; RAJALA-SCHULTZ u. FRAZER 2003;

CHIUMIA et al. 2013).

Darüber hinaus lassen sich in der Literatur unterschiedliche Angaben zu den Inzidenzen verschiedener anderer Erkrankungen in den 1990er Jahren gegenüber den Jahren 2000-2012 finden. So konnten Kelton et al. (1998) in einer Studie, in der mehrere Publikationen bezüglich der Inzidenz verschiedener Erkrankungen ausge- wertet wurden, für Hypocalcämie und Ketose mittlere Werte von 6,5% und 4,8% (im Zeitraum von 1979-1995) sowie für Mastitis (von 1982-1996) eine mittlere Inzidenz von 14,2% und für Lahmheiten von 7,0% (von 1972-1995) ausmachen (KELTON et al. 1998). Im Vergleich dazu treten nach De Garis et al. (2007) die Hypocalcämie mit einer Inzidenz von 25% (DEGARIS u. LEAN 2008), nach Duffield (2000) die klinische Ketose mit einer Inzidenz von bis zu 15% (DUFFIELD 2000) sowie nach Wenz et al.

(2012) Mastitiden und Lahmheiten mit Inzidenzen von 16,5 ± 0,3% bzw. 14,0 ± 0,4%

auf (WENZ u. GIEBEL 2012).

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Erkrankungen bei Milch- kühen nicht nur zu finanziellen Einbußen führen, sondern zudem ein reduziertes Wohlbefinden der Tiere bedingen (MULLIGAN et al. 2006; MULLIGAN u. DOHERTY

(17)

2008a). Außerdem wird der Tierschutz unter soziokulturellen Aspekten in der sich wandelnden Gesellschaft und in der Folge auch in der landwirtschaftlichen Tierhaltung immer bedeutsamer (BOOGAARD u. BOCK 2006; VANHONACKER et al.

2007). Andererseits spielt auch die Ökonomie durch die bei einer Erkrankung entstehenden Aufwendungen eine nicht unbedeutende Rolle. So liegen zum Beispiel die durch eine Mastitis entstehenden Kosten in Finnland pro Fall bei 458 €. Falls die Kuh den Betrieb aufgrund einer Mastitis frühzeitig verlässt, nehmen die Kosten um 30% zu und steigen so auf 623 € an (HEIKKILA et al. 2012).

2.1.1 Produktionserkrankungen

Die zumeist in der Transitperiode auftretenden Produktionserkrankungen umfassen laut Drackley (2006) neben den von Payne (1972) beschriebenen ursprünglichen metabolischen Erkrankungen Hypocalcämie, Hypomagnesiämie und Ketose auch die Labmagenverlagerung (LMV), subklinische Acidose, Retentio secundinarum (Ret.

sec.), sowie Fertilitätsstörungen, Lahmheiten und infektiöse Erkrankungen wie Masti- tis und Endometritis (PAYNE 1972; DRACKLEY 2006). Auch nach Herdt (2006) gehören nicht nur die metabolischen, sondern ebenso die infektiösen Erkrankungen zu den Produktionserkrankungen. Es handelt sich nach Ansicht des Autors gesamthaft um Erkrankungen, welche durch das Management und die Zucht im Zusammenhang mit einer intensiven Landwirtschaft eine erhöhte Prädisposition aufweisen (HERDT 2006).

Das größte Risiko der Milchkuh Produktionserkrankungen zu bekommen, besteht in der Transitperiode (DRACKLEY 1999; DEGARIS u. LEAN 2008; MULLIGAN u.

DOHERTY 2008b). In dieser Zeit gerät die Kuh in eine NEB, da zum einen ihre Trockenmasseaufnahme (TMA) in den letzten drei Wochen der Gravidität, ins- besondere aber in der letzten Woche vor der Geburt abnimmt (um etwa 30%) und zum anderen die Anpassung der TMA nach der Geburt nicht adäquat zur steigenden Milchleistung erfolgt (HAYIRLI 2006).

(18)

Im Folgenden werden die Ketose und die Leberverfettung genauer beschrieben, da sie wichtiger Bestandteil der vorliegenden Arbeit sind. Zudem werden die Hypo- calcämie und die LMV sowie die infektiösen Produktionserkrankungen (Ret. sec., Metritis, Endometritis, Mastitis) und Lahmheiten definiert.

2.1.1.1 Ketose und Leberverfettung

Bei einer NEB kommt es zum Abbau von Triglyceriden (TG) aus dem Fettgewebe und zur Freisetzung nicht veresterter (freier) Fettsäuren (NEFAs); dieser Vorgang wird auch als Lipolyse bezeichnet (HERDT 2000). Die freien Fettsäuren können ins Blut abgegeben und in der Leber als Energielieferanten genutzt, oder aber zu Ketonkörpern metabolisiert bzw. wieder zu TGs verestert werden (HERDT 2000). Zur energetischen Nutzung werden die NEFAs zunächst der ß-Oxidation unterzogen (ADEWUYI et al. 2005). Bei der Oxidation lipogener C2-Verbindungen (Acetat und Butyrat) entsteht Acetyl-Coenzym A (Acetyl-Co A) und bei der Oxidation glykogener C3-Verbindungen (Propionat) Oxalacetat (VAN KNEGSEL et al. 2005). Zu Lakta- tionsbeginn fallen zum einen im Zusammenhang mit der Körperfettmobilisation ver- mehrt C2-Verbindungen an, zum anderen fördert eine hohe Milchleistung eine hohe Laktose-Produktion aus den vorliegenden C3-Verbindungen.

So kann es zu einem Ungleichgewicht zwischen Acetyl-Co A und Oxalacetat kommen, welche idealerweise im Verhältnis von eins zu eins vorliegen sollten, um im Zitronensäurezyklus zu Citrat zu reagieren und so zur Energiegewinnung beitragen zu können (VAN KNEGSEL et al. 2005). Im Überschuss anfallendes Acetyl-Co A wird vermehrt zu Ketonkörpern (ß-Hydroxybutyrat [BHBA], Acetoacetat und Aceton) abgebaut (VAN KNEGSEL et al. 2005). Der hierbei vorherrschende Ketonkörper ist BHBA, wobei eine starke Korrelation zwischen BHBA und Acetoacetat im Blut besteht (DUFFIELD et al. 2009). Acetoacetat stellt den „Ausgangsketonkörper“ dar, welcher sich zu BHBA reduzieren oder zu Acetat decarboxylieren lässt (NIELSEN u.

INGVARTSEN 2004).

(19)

Kühe mit einer klinischen Ketose zeigen Appetitlosigkeit (insbesondere in Bezug auf Kraftfutter), einen merklichen Rückgang ihrer Milchproduktion, eine deutliche Abnah- me an Körpergewicht sowie bisweilen harte, trockene Faeces und nervöse Symp- tome wie heftiges Lecken (DUFFIELD et al. 2009). Ketose tritt vorzugsweise in den ersten zwei bis sieben Wochen nach der Geburt auf (NIELSEN u. INGVARTSEN 2004) und obgleich erhöhte Ketonkörper nach der Geburt beim Rind einen physio- logischen Anpassungsprozess an den erhöhten Energiebedarf darstellen, ist eine übersteigerte Ketonkörperanreichung als ein ungenügendes Anpassungsvermögen des betroffenen Tieres einzuschätzen (DUFFIELD et al. 2009). Zu Laktationsbeginn zeigen bei einmaliger Untersuchung ca. 50% der Kühe (DOHOO u. MARTIN 1984) und bei wiederholter Kontrolle der Tiere in einem Untersuchungszeitraum von über sechs Wochen p.p. bis zu 97% eine subklinische Ketose (ASL et al. 2011).

Die subklinische Ketose wird definiert, als eine übersteigerte Ketonkörperan- reicherung (>1200 μmol) im Blut (LEBLANC 2010) bei fehlenden klinischen Anzeichen einer Ketose (DUFFIELD 2000; CARRIER et al. 2004). Es ist dargelegt worden, dass bei Kühen, die an subklinischer Ketose erkranken, das Risiko für die Entstehung einer Metritis (DOHOO u. MARTIN 1984; DUFFIELD et al. 2009) bzw.

einer Dislocatio abomasi (DUFFIELD et al. 2009) erhöht ist.

In Zusammenhang mit der bereits beschriebenen Lipolyse steigt zudem das Risiko der Kuh für eine Leberverfettung (GRUMMER 2008). Dem liegt zugrunde, dass NEFAs nicht nur zu Acetyl-Co A oxidiert, sondern auch als Triglyceride (TG) verestert, in der Leber gespeichert und als „very low density lipoproteins“ (VLDLs) möglicher- weise wieder ausgeschleust werden können (ADEWUYI et al. 2005). Allerdings zeigen Wiederkäuer eine sehr langsame Exportrate für diese VLDLs, so dass dieser Stoffwechselweg der NEFAs schnell erschöpft ist (GRUMMER 2008).

Die Konzentration an TGs in der Leber beim Rind nimmt im Zeitraum zwischen 17 Tagen a.p. und Tag 1 p.p. um das Vier- bis Fünffache zu und die NEFA-Konzen- trationen im Blutplasma steigen zwischen dem 17. Tag a.p. und der Geburt um das Vierfache an (GRUMMER 1993).

(20)

Die TG-Syntheserate in der Leber verhält sich proportional zu den NEFA- Konzentrationen im Plasma. Das Krankheitsbild einer Leberverfettung entsteht, wenn die Syntheserate an TG die Hydrolyserate an TG und die Ausschleusung als VLDL aus der Leber übersteigt (GRUMMER 1993). Bei der Beurteilung von Leberbioptaten wird bei TG-Werten >10% von einer schweren und bei Werten zwischen 5-10% TG im frischen Lebergewebe von einer moderaten Leberverfettung ausgegangen (BOBE et al. 2004). In den ersten vier Wochen p.p. erkranken ca. 5-10% der Kühe an einer schweren und zwischen 30 und 40% an einer moderaten Leberverfettung (BOBE et al. 2004). Kühe mit schwerer Leberverfettung zeigen klinische Symptome wie eine starke Abnahme an Körpergewicht, einen sehr starken Rückgang der Futterauf- nahme und entwickeln schlimmstenfalls eine Hepato-Encephalopathie mit Ataxie, Somnolenz und Koma (BOBE et al. 2004).

2.1.1.2 Hypocalcämie

Die Hypocalcämie der Milchkuh ist mit einer mittleren Inzidenz von 21% (Spanne: 0 bis 83%) ebenfalls eine bedeutende metabolische Produktionserkrankung (LEAN et al. 2006). Das Risiko an Hypocalcämie zur erkranken, steigt in jeder weiteren Lak- tation um jeweils 9% an (LEAN et al. 2006).

Degaris et al. (2008) legen für Kühe mit klinischer Hypocalcämie Konzentrationen von <1,4 mmol/l zugrunde und gehen bei Werten zwischen 1,4 und 2,0 mmol/l von einer subklinischen Hypocalcämie aus (DEGARIS u. LEAN 2008). Larsen et al.

(2001) haben dagegen einen Calciumspiegel von 1,5 mmol/l gewählt, um zwischen einer leichten und einer schweren Hypocalcämie zu unterscheiden (LARSEN et al.

2001).

Die klinischen Anzeichen einer Hypocalcämie sind Unruhe, ein schwankender Gang, Zittern, eine kalte Körperoberfläche und im ausgeprägten Stadium Festliegen mit in der Flanke angelegtem Kopf auf Höhe des Herzens (LARSEN et al. 2001; MURRAY et al. 2008).

(21)

2.1.1.3 Labmagenverlagerung

Darüber hinaus ist die seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts bekannte Labmagenverlagerung (BEGG 1950) eine bei der Milchkuh verbreitete Produktions- erkrankung (LEBLANC et al. 2005). Die Inzidenz für die Labmagenverlagerung (LMV) wird in Deutschland mit 1,6% bis 7,5% angegeben. Untersuchungen in Nord Amerika machten für einzelne Herden sogar Inzidenzen von bis zu 20% aus (DOLL et al. 2009).

Klinisch kann eine LMV durch ein auskultierbares typisch helles Klingelgeräusch (in verschiedenen Tonhöhen, „Steelband – Effekt“) und plätschernde Geräusche bei der Schwingauskultation diagnostiziert werden (VAN WINDEN et al. 2003).

2.1.1.4 Retentio secundinarum, Metritis und Endometritis

Grunert und Andresen (1995) bezeichnen eine Ablösung der Secundinae zwischen 6 und 12 Stunden p.p. als verzögert und sprechen bei einem Verweilprozess von über 12 Stunden p.p. von einer Retentio secundinarum (GRUNERT 1995). Eine zusam- menfassende Auswertung von 50 Veröffentlichungen zum Thema Ret. sec. zwischen 1979 und 1995 erbrachte einen Medianwert von 8,6 % für die Inzidenz einer Retentio secundinarum (KELTON et al. 1998). Eine aktuelle Untersuchung beschreibt eine Krankheitshäufigkeit von ca. 5% (KOECK et al. 2012).

Eine Metritis tritt in den ersten 21 Tagen nach der Geburt auf und ist nach Sheldon et al. (2009) gekennzeichnet durch eine Vergrößerung des Uterus mit einem übel riechenden rot-braunen, oder bisweilen viskösen, weißlichen, purulenten Ausfluss. In Abhängigkeit der Gesundheitsbeeinträchtigung des Tieres wird die Metritis in ver- schiedene Grade eingeteilt. Eine Metritis ersten Grades liegt bei vergrößertem Uterus mit purulentem Vaginalausfluss, ohne Anzeichen einer akuten systemischen Erkrankung vor. Der zweite Grad ist charakterisiert durch das zusätzliche Vorliegen einer systemischen Erkrankung, gekennzeichnet durch Fieber, Abgeschlagenheit

(22)

und eine reduzierte Milchleistung. Liegen darüber hinaus Erscheinungen einer Toxämie wie Inappetenz und Schocksymptomatik vor, wird dies als Grad 3 bewertet (SHELDON et al. 2009).

Nach Sheldon et al. (2008) können bei 80 bis 100% der Kühe postpartal Bakterien im Uterus nachgewiesen werden. Der Anteil an Metritiden liegt bei bis zu 40% in der ersten Woche nach der Geburt (SHELDON et al. 2008). Bei etwa 16% (LEBLANC et al. 2002; KAUFMANN et al. 2010) bis 20% (SHELDON et al. 2008; DUBUC et al.

2012) der Tiere entwickelt sich daraus eine klinische Endometritis. Eine klinische Endometritis ist charakterisiert durch in der Vagina detektierbaren eitrigen (> 50%

eitrige Beimengungen) Ausfluss aus dem Uterus > 21 Tage p.p. oder durch das Vorliegen von mukopurulentem (50% Mucus, 50% Eiter) Ausfluss aus dem Uterus, ebenfalls in der Vagina feststellbar, ab 26 Tage p.p. (SHELDON et al. 2009).

2.1.1.5 Mastitis

Die klinische Mastitis tritt ebenfalls zumeist in der Transitperiode auf (BALLOU 2012) und ist gekennzeichnet durch Entzündungssymptome am Euter (z.B. Schwellung, Schmerzhaftigkeit und Rötung), makroskopische Veränderungen des Milchsekrets und kann von Anzeichen einer systemischen Erkrankung (z.B. Fieber, Lethargie und Appetitlosigkeit) begleitet sein (HARMON 1994).

Bei einer in Brandenburg durchgeführten Studie wurde eine Mastitisprävalenz von 26,4% angegeben (TENHAGEN et al. 2006) und in anderen Arbeiten Prävalenzen von ca. 13% (KOECK et al. 2012) bis ca. 30% (ABERA et al. 2012) dargelegt. In einer weiteren Untersuchung konnte ein Anstieg der Krankheitshäufigkeit von 28% in der ersten Laktation auf ca. 44% in der 7. Laktation festgestellt werden (GERNAND et al. 2012).

(23)

2.1.1.6 Lahmheiten

Die Lahmheitsbeurteilung beim Rind erfolgt im Wesentlichen durch eine Beobach- tung der Art der Fortbewegung des Tieres. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Rückenkrümmung im Stehen und im Gehen entwickelten Sprecher et al. (1997;

Anhang 9.1) ein Schema zur Einteilung in fünf Lahmheitskategorien: normal, leicht lahm, mittelmäßig lahm, lahm und schwer lahm (SPRECHER et al. 1997).

Die Prävalenz für Lahmheit wird in Großbritannien mit 37% (Werte von 0 bis 79%) (BARKER et al. 2010) und in Deutschland mit 34% (Werte von 0 bis 81%) ange- geben (DIPPEL et al. 2009), wobei Klauenerkrankungen die häufigste Ursache (mit mehr als 80%) für schwere Lahmheiten darstellen (MURRAY et al. 1996; SOMERS et al. 2003).

2.2 Überwachung der Herdengesundheit

Eine Einschätzung und Überwachung der Herdengesundheit ist nach Mulligan et al.

(2006) nur mit einem guten Kontrollsystem möglich, welches idealerweise viele verschiedene erhobene Tierdaten berücksichtigt (MULLIGAN et al. 2006).

Chapinal et al. (2007) sehen in der Messung der tierindividuellen Futter- und Was- seraufnahme von in Gruppen gehaltenen Tieren ein geeignetes Mittel, um erkrankte Tiere frühzeitig zu entdecken. Hierbei werden die Tiere mit Hilfe automatischer Einfangeinrichtungen abgetrennt und über einen Transponder identifiziert, so dass sich die tierspezifische Futteraufnahme ermitteln lässt (CHAPINAL et al. 2007).

Bei einem konventionellen Milchviehbetrieb mit Laufstallhaltung kann davon ausge- gangen werden, dass bei Verbleib einer Restfuttermenge von weniger als 2% bis zur nächsten Fütterung am Folgetag nicht allen Tieren der Gruppe Futter ad libitum zur Verfügung stand (LEBLANC 2010). Zudem ließ sich nachweisen, dass Kühe, die später an einer Metritis erkrankten, bereits eine Woche ante partum (Tag -7 bis -2) signifikant weniger Trockenmasse aufnahmen als gesunde Tiere und dass dieser

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Unterschied ca. 3-4 Stunden nach Fütterung einer frischen Futtermischung am deut- lichsten war (HUZZEY et al. 2007).

Außerdem konnte gezeigt werden, dass sich die täglich gemessene tierindividuelle Milchmenge als „Anzeigeparameter“ nutzen lässt, da kranke Kühe im Mittel täglich etwa 15kg weniger Milch (P<0,01) geben als gesunde Kühe (EDWARDS u. TOZER 2004). Weiterhin war bei einer retrospektiven Auswertung der Daten erkennbar, dass die tägliche Milchleistung 6 bis 7 Tage vor der Diagnose einer Ketose oder Lab- magenverlagerung im Vergleich zu gesunden Kühen signifikant gefallen war und die- ser Unterschied bis zum Beobachtungsende 10 Tage nach der Diagnose bestehen blieb (EDWARDS u. TOZER 2004).

Über die Futter- und Wasseraufnahme sowie die Milchleistung hinaus ergaben Aus- wertungen zur Aktivität von Kühen, die sich in der gleichen Laktation befanden, eine um 8 bis 14 Schritte pro Stunde geringere Aktivität (P<0,001) von kranken gegenüber gesunden Tieren. Kühe mit einer LMV zeigten (mit Ausnahme des Tages 2 p.p.) signifikant höhere Aktivitätswerte als gesunde Kühe. Bei an einer Ketose erkrankten Kühen waren die Aktivitätswerte bis Tag 5 p.p. signifikant niedriger als bei gesunden Tieren und ab Tag 12 p.p. ließen Ketose kranke Kühe eine vermehrte Aktivität gegenüber gesunden Kühen erkennen (EDWARDS u. TOZER 2004). Zudem konnte gezeigt werden, dass die Aktivitätswerte vor der Milchleistung abnahmen und die kombinierte Auswertung beider Parameter die zuverlässigsten Ergebnisse bei der Erkennung an Ketose oder LMV erkrankter Kühe lieferte. So war es möglich, Kühe die von diesen beiden Erkrankungen betroffen waren, 5-6 Tage vor dem Auftreten klinischer Symptome als verdächtige Tiere zu erkennen (EDWARDS u. TOZER 2004).

2.2.1 Überwachung der Gesundheit am Einzeltier

Für eine gute Prävention von Produktionserkrankungen ist laut Mulligan et al. (2006) die frühe Identifikation von Risikofaktoren, die zu einer Erkrankung der Kuh führen können, von entscheidender Bedeutung. Neben den bereits beschrieben Tierdaten lassen sich über die Einzeltieruntersuchung weitere Parameter (z.B. der Body

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Condition Score, NEFA und BHBA) erheben, die ein höheres Erkrankungsrisiko anzeigen können (MULLIGAN et al. 2006).

Die Chancen, eventuell auftretende Gesundheitsprobleme frühzeitig zu erkennen, erhöhen sich durch rountinemäßige (1-2-mal pro Woche), systematische Vorsorge- untersuchungen (z.B. Beurteilung des Tierverhaltens, Körpertemperaturmessung in den ersten 10 Tagen p.p.) der Kühe in der frühen Laktation (ca. bis 21 Tage p.p.);

insbesondere dann, wenn die untersuchende Person erfahren und gut ausgebildet ist und die baulichen Stallgegebenheiten eine unkomplizierte Untersuchung zulassen (LEBLANC 2010).

2.2.1.1 Direkt erfassbare Standardwerte

Eine Möglichkeit, etwaige Risiken für die Tiergesundheit abschätzen zu können, stellt das Body Condition Scoring (BCS) System dar, das eine schnelle, einfache und in ihrer Präzision akzeptable Methode ist, Milchkühe anhand ihrer Körperkondition zu bewerten (LEBLANC 2010).

Das BCS-System wurde in den 80er Jahren von Edmonson et al. (1989) für die Be- urteilung von Holstein Friesian Kühen angepasst und umfasst eine Skala von 1 bis 5 mit Intervallen von 0,25 Einheiten, wobei ein stark abgemagertes Tier mit einem BCS-Wert von 1 und ein stark verfettetes Tier mit einem BCS-Wert von 5 bewertet wird (EDMONSON A.J. 1989).

Im Zusammenhang mit der Erkrankung der subklinischen Ketose konnte gezeigt werden, dass bei Kühen mit einem BCS ≥4,0 kurz vor der Geburt das Risiko, an einer Ketose zu erkranken, am größten war (DUFFIELD 2000). Weiterhin war bei Kühen mit einem BCS von ≥3,5 zum Zeitpunkt der Geburt das Risiko an einer Ketose zu erkranken, zweimal höher als bei Kühen mit einem BCS ≤3,25 (RASMUSSEN 1999; GILLUND et al. 2001). Allerdings gibt es auch eine Untersuchung (HEUER et al. 1999), die keinen signifikanten Zusammenhang zwischen einem BCS ≥4,0 kurz vor der Geburt und dem Risiko an einer Ketose zu erkranken, feststellen konnte. In der zuletzt genannten Studie wurde aber bei Kühen mit einem BCS ≥4,0 zur Geburt

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ein größeres Risiko für die Ausbildung einer Hypocalcämie (Odds Ratio; OR=3,3;

P<0,05) und zudem für Kühe mit einem BCS ≤2,0 ein größeres Risiko für die Entstehung einer Metritis (Odds Ratio=1,9) festgestellt (HEUER et al. 1999). Nach Hoedemaker et al. (2009) entwickelt sich bei Kühen mit einem BCS <3,0 häufiger eine Endometritis als bei Kühen mit einem höheren BCS zum Zeitpunkt der Geburt (OR=2,95).

Über den BCS hinaus kann die rektale Körpertemperatur als direkt erfassbarer Standardwert in den ersten 10 Tagen p.p. als ein Indikator für das Vorliegen infektiö- ser Erkrankungen (Mastitis, Metritis und Pneumonie) herangezogen werden. So zeigte sich, dass in der Gruppe pluriparer Kühe mit den genannten infektiösen Erkrankungen bei 34% der Tiere an zwei oder mehr Tagen eine rektale Körper- temperatur von >39,5° C vorlag (bei 66% der Tiere lediglich einmalig), während dies in der gesunden Gruppe nur bei 2,5% der Tiere der Fall war (WENZ et al. 2011). Bei an Metritis erkrankten Kühen in derselben Laktation war die Körpertemperatur um 0,8°C höher (39,6 ± 0,1°C vs. 38,8 ± 0,02°C) als bei gesunden Kühen (WENZ et al.

2011).

2.2.1.2 Schnelltests für Einzeltieruntersuchungen

Eine kostengünstige und schnelle Möglichkeit zur Überwachung des Ketose Risikos stellen laut Oetzel (2004) Schnelltests zur Messung der BHBA Konzentration in der Milch sowie von Ketonkörpern im Urin dar (OETZEL 2004).

Für die Detektion von subklinischen Ketosen (bezogen auf eine Serum Konzentration von BHBA >1400 μmol/l) in der Milch gibt es vier verschiedene Testmöglichkeiten, die häufig Verwendung finden: der „Ketolac“ Test (GEISHAUSER et al. 2000;

IWERSEN et al. 2009), der „Pink test liquid“ (GEISHAUSER et al. 2000), der „Keto Test Strip“ (CARRIER et al. 2004) und der „Keto check powder“ Test (DUFFIELD 2000; CARRIER et al. 2004), wobei sich die Tests hinsichtlich der Sensitivität (Se) und Spezifität (Sp) beim Nachweis von BHBA unterscheiden. So wurden bei einer

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BHBA Konzentration von >100 μmol/l für den „Ketolac“ Test eine Se von 90% und eine Sp von 94% (GEISHAUSER et al. 2000) bzw. eine Se von 94% und eine Sp von 76% (IWERSEN et al. 2009) und für den „Pink test liquid“ eine Se von 76% und eine Sp von 93% (GEISHAUSER et al. 2000) sowie für den „Keto Test Strip“ eine Se von 73% und eine Sp von 96%, (CARRIER et al. 2004) angegeben. Der vierte Milchtest, der „Keto check powder“, zeigte eine Se zwischen 38 % (DUFFIELD 2000) und 40%

(CARRIER et al. 2004) bei einer Sp von 99% (DUFFIELD 2000; CARRIER et al.

2004).

Über diese Milchtests hinaus sind zwei andere Nachweismöglichkeiten für Keton- körper im Urin beschrieben (CARRIER et al. 2004; IWERSEN et al. 2009). Zum einen der „Ketostix strip“ Test (Bayer, Leverkusen, Deutschland), der bei einer Konzentration von 500 bzw. 4000 μmol/l Acetoacetat eine Se von 78% bzw. 67% und eine Sp von 92% bzw. 100% (IWERSEN et al. 2009) aufweist und für den laut einer weiteren Studie bei einem Schwellenwert von ≥1470 μmol/l die Diagnose einer Ketose mit einer Se von 78% und einer Sp von 96% möglich ist (CARRIER et al.

2004). Zum anderen der „Nitroprusside tablet“ Test (Acetest Ames Division, Bridgend, Glamorgan, UK), für den bei BHBA-Konzentrationen von 0,7 bis 1,5 mmol/l Spezifi- täten von 78% bis 59% und Sensitivitäten von 65% bis 100% angegeben sind (NIELEN et al. 1994).

Des Weiteren wurde eine relativ neue Methode zur Messung der Ketonkörper im Vollblut direkt im Stall getestet, das BHBA Hand-Meter „Precision Xtra“ (CHAPINAL et al. 2011). Hier liegen die Sensitivität und Spezifität bei 96% und 97% für eine Konzentration an BHBA von 1400 μmol/l und bei 88% und 96% bei einer Konzen- tration von 1200 μmol/l (CHAPINAL et al. 2011).

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2.2.1.3 Labordiagnostik

Nach Oetzel (2004) stellen die Bestimmung von NEFA und BHBA im Blut den Goldstandard in der Herdenüberwachung bezüglich der Risikoabschätzung möglicher peripartaler Erkrankungen dar (OETZEL 2004). Es ist bekannt, dass eine Kombination von BHBA Werten >1400 μmol/l und Plasma Glukose Werten <3,0 mmmol/l auf eine schlechte energetische Versorgung der Kuh hinweisen (WHITAKER et al. 1993) und dass sich bei Vorliegen einer subklinischen Ketose (Serum BHBA >1200 μmol/l bis 1400 μmol/l) in den ersten zwei Wochen p.p. das Risiko für die Kuh an einer LMV, Metritis, Endometritis bzw. schwerwiegenden Mastitis zu erkranken, erhöht (LEBLANC 2010).

Unter Zugrundelegung eines Serum BHBA Wertes von >1200 μmol/l für eine subklinische Ketose konnte zudem ein entsprechender NEFA-Grenzwert bei einer Konzentration von 0,26 mmol/l festgelegt werden (ASL et al. 2011). In einer Studie zur Prävalenz der subklinischen Ketose, bei der in den Wochen 2, 4 und 6 p.p. Blut- proben gewonnen wurden, hatten bei dem genannten NEFA-Grenzwert von 0,26 mmol/l (Se 82,5%; Sp 91,9%) in Woche zwei p.p. 63%, in Woche drei p.p. 68% und in Woche sechs p.p. 59% der Milchkühe eine subklinische Ketose. Zudem wiesen 97% der Kühe bei mindestens einer der Blutentnahmen eine subklinische Ketose auf (ASL et al. 2011).

Eine weitere Untersuchung erbrachte für Kühe mit Serum NEFA-Konzentrationen

≥1,0 mmol/l in der ersten Woche p.p. ein 6,3 mal höheres Risiko sowie für Kühe mit einer BHBA Konzentration >1200 mmol/l ein 4,7 mal höheres Risiko an einer klinischen Ketose zu erkranken (SEIFI et al. 2011).

Außerdem wurde ein größeres Risiko für die Entstehung einer LMV festgestellt (OR=13,6), wenn die Kuh in der ersten Woche p.p. Serum BHBA Werte von

≥1000µmol/l (SEIFI et al. 2011) bzw. NEFA-Konzentrationen ≥1,0 mmol/l (OR=3) (CHAPINAL et al. 2011) aufwies. Ferner konnte für Kühe mit Serum NEFA-Kon- zentrationen ≥0,5 mmol/l eine Woche vor der Geburt ein 3,6 fach (LEBLANC et al.

2005) bzw. ein 2,4 fach höheres Risiko an einer LMV zu erkranken, festgestellt werden (CHAPINAL et al. 2011). In der gleichen Untersuchung wurde zudem nachgewiesen, dass Kühe mit Serum NEFA-Konzentrationen ≥0,3 mmol/l eine

(29)

Woche a.p. häufiger eine Ret. sec. bzw. eine Metritis (jeweils OR=1,8) nach der Geburt entwickelten (CHAPINAL et al. 2011).

Eine Studie im Nordosten der USA mit dem Ziel Grenzwerte für BHBA und NEFA zur Vorhersage des Risikos der Erkrankung an einer LMV, klinischen Ketose bzw. Ret.

sec./ Metritis in den ersten 30 Tagen p.p. zu entwickeln, ergab antepartale NEFA- Konzentrationen von 0,29 mmol/l und postpartale NEFA-Werte von 0,57 mmol/l sowie BHBA Werte von 0,1mmo/l (OSPINA et al. 2010).

In einer anderen Untersuchung (ROBERTS et al. 2012) wurde festgestellt, dass Kühe mit NEFA-Konzentrationen ≥0.4 mmol/l (OR=1,8) eine Woche a.p. sowie Kühe mit NEFA-Konzentrationen ≥0.8 mmol/l in der ersten Woche p.p. (OR=2,0) bzw. in der zweiten Woche p.p. (OR=4,2 in der 2. Laktation u. OR=2,1 bei ≥3 Laktationen) in den ersten 60 Tagen der Laktation häufiger gemerzt werden mussten. In der glei- chen Studie wurde ebenso für antepartal gemessene BHBA Konzentrationen

≥0.7 mmol/l (OR=1,8) und postpartale BHBA Spiegel von ≥1.2 mmol/l in der ersten Woche (OR=1,8) und von ≥1.6 mmol/l in der zweiten Woche nach der Geburt (OR=3,2 in der 2. Laktation u. OR=2,3 bei ≥3 Laktationen) nachgewiesen, dass das Merzungsrisiko für Kühe mit den beschriebenen Parametern im Vergleich zu den anderen Tieren der Herde erhöht war (ROBERTS et al. 2012).

2.3 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor

Neben den beschriebenen Parametern NEFA und BHBA wird der Insulin-like Growth Factor I als ein möglicher Indikator zur Abschätzung des Risikos für die Entstehung peripartaler Erkrankungen bei pluriparen Milchkühen angesehen (PIECHOTTA et al.

2012). Da IGF-I (inklusive seiner Bindungsproteine) ein Hauptbestandteil der vorliegenden Arbeit ist, werden seine Regulation, seine Veränderungen in der Transitperiode, seine Eignung zur Prognose der Entstehung von

(30)

Produktionskrankheiten sowie seine Bindungsproteine in einem eigenständigen Abschnitt erläutert.

Die Bezeichnung des IGF-I als Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor lässt sich auf die Insulin analoge Wirkungsweise zurückführen, d.h. die Aufnahme von Glukose in Fett- und Muskelzellen (FRAGO u. CHOWEN 2005). Zudem weist IGF-I in seiner Aminosäuresequenz eine 50 prozentige Homologie zu Insulin auf (LE ROITH et al.

2001a). Über die Bindung an seinen Rezeptor ist IGF-I an der Teilung und Differenzierung von Zellen beteiligt. Hierbei wird ein bestimmter Signal- Transduktionsweg eingeschlagen, in dem bestimmte intrazelluläre Substrate mit dem IGF-I Rezeptor in Wechselwirkung treten, wodurch zum Beispiel eine Apoptose verhindert und eine Mitogenese oder ein Zellgrößenwachstum gefördert werden (LE ROITH et al. 2001a).

2.3.1 Regulation der Ausschüttung des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors Das dem IGF-I übergeordnete Hormon stellt das Wachstumshormon (Growth Hor- mon, GH) dar. In der so genannten somatotropen Achse wird die Synthese und Sekretion von GH vom Hypothalamus über Growth Hormon Releasing Hormon, welches stimulierend und Growth Hormon Inhibiting Hormon (GHIH), welches inhibierend wirkt, kontrolliert. GH wird im Hypophysenvorderlappen gebildet und pul- satil ausgeschüttet. Es kann über eine negative Rückkopplung mittels Stimulation des GHIH die eigene Synthese unterdrücken (FRAGO u. CHOWEN 2005).

In fast allen Geweben (wie zum Beispiel Fettgewebe, Muskulatur, Nierengewebe Lebergewebe) sind Growth Hormon Rezeptoren (GHR) nachweisbar, wobei die An- zahl an Rezeptoren (ca. 80%) in der Leber am größten ist. Über die Bindung von GH an den GHR wird die Synthese von IGF-I vermittelt und entsprechend der hohen GHR-Dichte in der Leber, wird dort das meiste IGF-I gebildet (FRAGO u. CHOWEN 2005). So führt die Sekretion von GH zu einer Erhöhung der IGF-I-Konzentration im Blut (MCCUSKER 1998). Allerdings ist die IGF-I-Konzentration im Blut auch von Insulin abhängig. Niedrige Insulin Konzentrationen haben niedrige IGF-I-

(31)

Konzentrationen zur Folge, während hohe Insulinwerte aber nicht zu höheren IGF-I- Spiegeln führen. Zudem ist GH in Abwesenheit von Insulin nicht in der Lage, die IGF-I-Sekretion zu stimulieren (MCCUSKER 1998). Darüber hinaus verändert die Ausschüttung von Glukokortikoiden die IGF-I-Konzentration im Blut. Hohe Cortisolspiegel, wie sie z.B. bei Stress vorliegen, hemmen die IGF-I-Sekretion. Die Bereitstellung von IGF-I ist folglich vom Zusammenspiel verschiedener Hormone abhängig (MCCUSKER 1998).

2.3.2 Bedeutung des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors in der Transitperiode Es ist bekannt, dass in Zeiten einer negativen Energiebilanz die IGF-I- Konzentrationen im Serum und die IGF-I mRNA in der Leber beim Rind abnehmen (VICINI et al. 1991; FENWICK et al. 2008). Die Abnahme an IGF-I beginnt etwa zwei Wochen vor der Geburt (BUTLER et al. 2003) mit einer Reduktion von IGF-I im Plasma bis zum Geburtszeitpunkt um ca. 70% (BLOCK et al. 2001; R. P. RHOADS et al. 2004).

Um den Zeitpunkt der Geburt kommt es beim Rind zu einer „Entkopplung“ der so- matotropen Achse. Diese entsteht dadurch, dass die mRNA Expression des GHR vom Typ1A, welcher ausschließlich in der Leber adulter Tiere vorkommt, nahe der Geburt abnimmt und so trotz vermehrter GH Ausschüttung die IGF-I-Produktion ge- ring ist (RADCLIFF et al. 2003). Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass die Menge an GHR 1A mRNA in der Leber positiv korreliert mit der Menge an IGF-I Leber mRNA und den Plasma Konzentrationen an IGF-I (LUCY et al. 2001).

Die verringerte Möglichkeit bei Vorliegen einer NEB durch GH die Produktion von IGF-I in der Leber zu stimulieren, wird auch als „GH Resistenz“ bezeichnet (BUTLER et al. 2003).

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2.3.3 Bedeutung des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors in der Gesundheitsüberwachung

In der bereits (Kapitel 2.3) erwähnten aktuellen Untersuchung an pluriparen Kühen wurde nachgewiesen, dass Kühe mit niedrigen IGF-I (78±6 ng/ml) Plasma Konzentrationen drei bis sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin ein höheres Risiko haben, in den ersten drei Wochen p.p. Produktionserkrankungen zu entwickeln und IGF-I daher bereits antepartal als Parameter zur Erkennung von Kühen mit einer größeren Krankheitsanfälligkeit dienen kann (PIECHOTTA et al.

2012; PIECHOTTA et al. 2013).

Neben dem Zusammenhang zwischen antepartalen IGF-I-Werten und der Inzidenz von Produktionserkrankungen gibt es zudem Erkenntnisse über unmittelbare Verän- derungen der IGF-I-Konzentrationen bei akuten infektiösen Geschehen (ELSASSER et al. 1995; HUSZENICZA et al. 2004).

In einer Studie zur Mastitis beim Rind konnte gezeigt werden, dass Kühe mit einer klinischen Mastitis ausgelöst durch gramnegative Erreger, niedrigere IGF-I-Werte (um 3,8–7,9 ng/ml) aufwiesen, als Tiere ohne klinische Mastitis (HUSZENICZA et al.

2004). Auch in einem Experiment mit Fleischrindern nahm die IGF-I-Plasma Konzen- tration von ursprünglich 182 ng/ml in den folgenden 96 Stunden nach einer intrave- nösen Endotoxinverabreichung (E. coli, 055:B5, 0,2 μg/kg, i.v. Bolus) um 24,2% auf 138 ng/ml ab. Es blieb aber unklar, ob diese Abna hme möglicherweise durch eine reduzierte Futteraufnahme der Tiere im Versuch bedingt war (ELSASSER et al.

1995). Daher wurde ein zweiter Versuch angeschlossen, bei dem jedem Versuchstier ein Kontrolltier gegenübergestellt wurde, welches nur die vom Versuchstier aufge- nommene Menge an Futter erhielt. Die IGF-I-Plasma Konzentrationen waren in der Gruppe der mit E. coli infizierten Tiere für die kommenden 96 Stunden um 28%

niedriger als bei den Tieren der Kontrollgruppe, so dass daraus gefolgert wurde, dass die Infektion mit gramnegativen Bakterien zu niedrigeren IGF-I-Plasma Werten führte (ELSASSER et al. 1995).

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2.3.4 Bindungsproteine des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors

Etwa 95 Prozent des IGF-I im Serum liegt an Bindungsproteine (IGFBPs) gebunden vor (ETHERTON 2004). Bisher sind sieben verschiedene IGFBPs für IGF-I beschrie- ben (NUTTINCK et al. 2004), wobei IGF-I eine stärkere Bindung mit den IGFBPs eingehen kann, als mit seinen entsprechenden Rezeptoren und somit die IGFBPs die Rezeptor abhängige Wirkung des IGF-I beeinflussen können (CLEMMONS et al.

1998).

Die Wirkung der IGFBPs hängt von der Umgebung und dem Zustand, in dem diese vorliegen, ab. So reduzieren einerseits IGFBPs, wenn sie in ungesättigter Form in interstitieller Flüssigkeit vorliegen, durch ihre sehr hohe Bindungsaffinität zum IGF-I die Menge an IGF-I, die an den entsprechenden Rezeptor bindet und inhibieren so- mit die IGF-I Signalvermittlung. Andererseits können an Zelloberflächen oder Ober- flächen extrazellulärer Matrix gebundene IGFBPs über eine verringerte Anziehungs- kraft von IGF-I zu einer vermehrten Freisetzung und Bindung von IGF-I an den IGF-I Rezeptor führen (CLEMMONS et al. 1998). Darüber hinaus lassen sich die Bindun- gen zwischen IGF-I und den verschiedenen IGFBPs mittels unterschiedlicher Protea- sen (Serin-, Cystein-, Aspartat- und Metalloproteasen) lösen, so dass sie auf diese Weise die Freisetzung von an der Zelloberfläche wirksamem IGF-I regulieren können (BUNN u. FOWLKES 2003). Von besonderer Bedeutung ist die Regulation der IGF-I Aktivität durch IGFBP, insbesondere aufgrund der Insulin ähnlichen Wirkung des IGF-I. So haben die IGFBPs eine deutlich größere Affinität zum IGF-I als zum Insulin und hemmen durch ihre Bindung ansonsten auftretende direkte Einflüsse des IGF-I, wie z.B. die Induktion einer Hypoglykämie (BACH 2004).

Die IGFBPs selbst werden ebenfalls durch Hormone reguliert. So wird z.B. die Ex- pression von IGFBP-1 durch Insulin gehemmt (BACH 2004). Daneben ist beschrie- ben, dass die IGFBP-2-Serum Konzentrationen unabhängig von IGF-I durch GH ge- senkt werden, während die Konzentrationen an IGFBP-3 und IGF-I bei Verabrei- chung von GH an GH-defiziente Patienten zunehmen (SMITH et al. 1993). Allerdings wiesen IGF-I knock-out Mäuse trotz erhöhter GH Blutkonzentrationen weiterhin sehr

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niedrigere Konzentrationen an IGFBP-3 auf, was darauf hindeutet, dass IGFBP-3 nicht (wie IGFBP-2) unmittelbar durch GH reguliert wird (LE ROITH et al. 2001b).

Das wichtigste Bindungsprotein ist IGFBP-3, sowohl beim Menschen (CLEMMONS et al. 1998) als auch beim Rind (SHARMA et al. 1994). Diese Schlussfolgerung beruht darauf, dass dieses IGFBP die höchsten Plasma Konzentrationen (2500-3600 ng/ml) aufweist und eine höhere Bindungsaffinität zu IGF-I hat als IGFBP-1, 2 und 4 (CLEMMONS et al. 1998). Darüber hinaus hat IGFBP-3 die Fähigkeit, neben IGF-I als Ligand eine weitere Untereinheit (protein acid labile subunit, ALS) zu binden, was zur Entstehung eines Tertiärkomplexes führt. Dieser Komplex sorgt für einen Ver- bleib in den Blutgefäßen (CLEMMONS et al. 1998) und umfasst 75% des zirkulieren- den IGFs (BACH 2004). Des Weiteren sind insbesondere für IGFBP-3 auch IGF-I unabhängige Wirkungen beschrieben. So bindet IGFBP-3 an spezifische zelluläre Rezeptoren, interagiert nach Einschleusung in den Zellkern mit Transkriptions- faktoren wie dem Retinoid X Rezeptor α und ist in der Lage, unabhängig von IGF-I Zellproliferation zu hemmen und Apoptose auszulösen (BACH 2004).

2.3.4.1 Bedeutung der Bindungsproteine in der Transitperiode

Auch beim Rind sind verschiedene Studien über Veränderungen der IGFBPs im peri- partalen Zeitraum und im Zusammenhang mit einer NEB beschrieben, die im Folgen- den erläutert werden. So konnte gezeigt werden, dass die mRNA Menge an IGFBP-1 und 2 in der Leber im Zeitraum von Woche drei a.p. bis Woche eins p.p. deutlich zunahm, während die IGFBP-3 mRNA geringfügig abnahm (GROSS et al. 2011).

Darüber hinaus wurden in dieser Studie die Auswirkungen einer NEB an Kühen beurteilt, die sich mindestens 100 Tage in der Laktation befanden. Eine Gruppe von Kühen wurde dafür drei Wochen einer Futterrestriktion unterworfen. Im Vergleich zu den Kontrolltieren ohne Futterumstellung ergaben sich bei den restriktiv gefütterten Tieren für alle drei IGFBPs signifikant höhere Mengen an mRNA am Ende der dreiwöchigen Futterumstellungsphase.

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Zudem belegte eine andere aktuelle Studie (STEELE et al. 2012), in der Pansen fistulierte Holstein Rinder einem Fütterungsversuch unterzogen wurden, dass sich die mRNA Expression für IGFBP-2 und IGFBP-3 in den Papillen des ventralen Pan- sensackes in Abhängigkeit der Energiedichte des aufgenommenen Futters signifikant veränderte. Die mRNA Expression für IGFBP-3 in der Gruppe der Tiere mit sehr energiereicher Fütterung war im Vergleich zur Kontrollgruppe herunter reguliert, wäh- rend sich die IGFBP-2 mRNA Expression umgekehrt verhielt.

2.3.4.2 Bedeutung der Bindungsproteine in Bezug auf Erkrankungen

Beim Menschen beschäftigen sich verschiedene Studien mit den konzentrations- abhängigen Wirkungen der IGFBPs im Zusammenhang mit dem Voranschreiten von malignen Tumorerkrankungen, von denen im Folgenden einige kurz vorgestellt wer- den.

Im Rahmen der Erkrankung am Prostatakarzinom führte die Zugabe von IGFBP-3 zu einer dosisabhängigen Induktion der Apoptose (RAJAH et al. 1997). Ebenso konnte IGFBP-3 das Wachstum von Brustkrebszellen verringern (OH et al. 1993). Zudem ist beschrieben, dass niedrige IGFBP-3-Blutspiegel mit großen kolorectalen Adenomen und auch Karzinomen in diesem Bereich (GIOVANNUCCI et al. 2000) assoziiert sind.

Hohe IGFBP-2-Blutwerte wurden auch mit einem höheren Mortalitätsrisiko bei kolo- rektalen Karzinomen in Verbindung gebracht (LIOU et al. 2010).

Beim Rind liegt eine Studie vor, die sich mit dem Einfluss einer durch gramnegative Bakterien ausgelösten Infektion auf die Konzentration an IGFBP-2 beschäftigt. Bei der Verabreichung von Escherichia coli (2μg/kg i.v.) an Ochsen konnte unabhängig von der Futteraufnahme (es wurden Tiere gepaart und die Kontrolltiere erhielten nur die von den Versuchstieren freiwillig aufgenommene Futtermenge) ein 61%iger Rückgang an Plasma IGFBP-2 im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, welcher physiologische Kochsalzlösung verabreicht worden war, gezeigt werden (ELSASSER et al. 1995).

(36)

Bisher liegen jedoch keine Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen den IGFBP-Konzentrationen im peripartalen Zeitraum beim Rind und dem Auftreten von Produktionserkrankungen vor, abgesehen von Untersuchungen zu Störungen der Ovaraktivität (ARMSTRONG et al. 1998; RODRIGUEZ et al. 2011).

2.4 Fertilität

Die Fruchtbarkeit oder Fertilität wird definiert als die Möglichkeit eines weiblichen Individuums Nachkommen hervorbringen zu können und ist, am Beispiel des Rindes betrachtet, somit die Fähigkeit ein Kalb zu gebären (RODRIGUEZ-MARTINEZ u.

BERGLUND 2008). Die Fruchtbarkeit bei Milchkühen hat in den letzten fünf Jahrzehnten abgenommen (GILMORE et al. 2011; CUTULLIC et al. 2012). So sind die Geburtenraten bei Holstein Kühen um 0,5-1% pro Jahr gesunken (RODRIGUEZ- MARTINEZ u. BERGLUND 2008).

Infertilität ist die wichtigste Ursache für eine vorzeitige Merzung der Milchkuh (WATHES 2012). So gehen etwa 15-20% der Kühe in der ersten Laktation aufgrund mangelhafter Fertilität vorzeitig ab (BRICKELL u. WATHES 2011). Diese Zahlen wer- den durch eine schottische Studie, welche ebenfalls einen Zusammenhang (P<0,001) zwischen erfolgloser Konzeption und der Tötung des Tieres beschreibt, bestätigt (BELL et al. 2010).

Zudem konnte dargestellt werden, dass Kühe, die in der Rastzeit keine Östrusan- zeichen zeigten, verglichen mit Kühen, die Östrussymptome aufwiesen, einem um 11% höherem Merzungsrisiko unterlagen (WALSH et al. 2007). Darüber hinaus war erkennbar, dass sowohl eine Wiederaufnahme des ovariellen Zyklus in den ersten drei Wochen p.p. (DARWASH A.O. 1997; KAWASHIMA et al. 2006) als auch die Follikelzahl und -größe (Kühe mit ≤ 15 Follikeln bei einer festgelegten Größe von

>3mm hatten schlechtere Fertilitätsergebnisse) (MOSSA et al. 2012) einen positiven Einfluss auf die Fertilität hatten.

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2.4.1 Einflüsse des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors und seiner Bindungsproteine auf die Fruchtbarkeit

Für das Rind gibt es verschiedene Studien, die sich mit der Wirkung von IGF-I als ein

„Co-Gonadotropin“ beschäftigen. Darin wird für IGF-I eine verstärkende Wirkung von Follikel stimulierendem Hormon (FSH) und luteinisierendem Hormon am wachsen- den Follikel (SPICER et al. 1993; LUCY 2000) bzw. dominanten Follikel (KAWASHIMA et al. 2007) dargelegt. Schoppee et al. (1996) wiesen nach, dass sich bei einer NEB die Konzentration an IGF-I in der Follikelflüssigkeit verringert und FSH dann nicht zu den physiologischen Entwicklungen am Follikel führen kann (SCHOPPEE et al. 1996).

Dieser Einfluss des IGF-I konnte von Taylor et al. (2004) und Patton et al. (2007) in- sofern bestätigt werden, als dass Kühe, die bei der ersten Besamung IGF-I- Konzentrationen von mehr als 50 ng/ml im Blut aufwiesen, eine fünffach höhere Wahrscheinlichkeit hatten, eine Gravidität zu entwickelten als Kühe mit niedrigeren (<50 ng/ml) IGF-I-Konzentrationen (TAYLOR et al. 2004). Auch Patton et al. (2007) stellten fest, dass Kühe mit IGF-I-Plasmakonzentration >50 ng/ml in den ersten zwei Wochen p.p. häufiger (OR=1,15) nach der ersten Besamung konzipierten, als Kühe deren IGF-I-Werte in diesem Zeitraum niedriger waren (PATTON et al. 2007).

Kühe, die in den ersten zehn Wochen p.p. keine Ovar Aktivität zeigten, wiesen nicht nur signifikant niedrigere IGF-I-Konzentrationen (25 ng/ml vs. 75ng/ml) im Blut auf, sondern zudem signifikant niedrigere IGFBP-3- (21 detektierbare Einheiten vs. 25 Einheiten) und signifikant höhere IGFBP-2-Konzentrationen als Tiere, bei denen in diesem Zeitraum ein ovarieller Zyklus wieder eingesetzt hatte (ROBERTS et al.

1997).

In einer weiteren Studie ließen sich IGFBP-2 und -3 mittels Immunhistochemie und IGFBP-3 mRNA in bovinen Oozyten (THOMAS et al. 2007) sowie IGFBP-2 und 4 mRNA in Granulosa- und Thekazellen nicht atresierter boviner Follikel gesunder Tiere nachweisen (ARMSTRONG et al. 1998). Eine andere Untersuchung zur Entwicklung von zystischen Ovarfollikeln beim Rind, bei der IGFBP-2 und IGFBP-3 mRNA semiquantitativ in Tertiärfollikeln gemessen wurde, ergab keinen Unterschied

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im Vergleich von gesunden Tieren und Tieren, die zystische Strukturen am Ovar ent- wickelten. Allerdings hatten wachsende Follikel von Tieren, die später zystische Ovarfollikel entwickelten, signifikant niedrigere Mengen an IGFBP-2 und IGFBP-3 mRNA (RODRIGUEZ et al. 2011).

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3. Material und Methode

3.1 Versuchsbetrieb und Tiere

In die Studie gingen 377 pluripare Holstein Friesian Milchkühe eines Milchviehbetrie- bes (in Göritz, bei Prenzlau in Brandenburg) mit 1300 Milchkühen und einer durch- schnittlichen Herdenleistung von 10500 Liter Milch pro Laktation ein. Der Versuchs- zeitraum erstreckte sich von Juli 2010 bis Mai 2011. Die Einreichung des Antrags auf Genehmigung des geplanten Tierversuchsvorhabens fand durch den Tierschutzbe- auftragten der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover statt und wurde am 11.08.2010 durch das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Abteilung Verbraucherschutz in Frankfurt (Oder) genehmigt. Das zugehörige Geschäftszeichen lautet: 23-2347-A19-3-2010.

Alle Kühe des Betriebes wurden ganzjährig in einem Boxenlaufstall mit Hochboxen (ausgestattet mit einer Gummimatte) in Abhängigkeit vom Laktationsstand (früh-, mit- tel- und spätlaktierende Kühe, frühe und späte Gruppe der Trockenstehenden) in Gruppen zu ca.100 bis 120 Tieren gehalten.

Es werden im Folgenden die Laktationsgruppen beschrieben, in denen sich in die Studie aufgenommene Kühe zu einem der Untersuchungszeitpunkte befunden haben können.

Sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin erfolgte das Trockenstellen der Kühe. Die Tiere wurden bis zum errechneten Geburtstermin in zwei verschiedenen Gruppen (Tiere ab ca. 6 Wochen a.p. und Tiere ab ca. 2 Wochen a.p.) im Boxenlauf- stall aufgestallt. Etwa 10 bis 7 Tage vor dem errechneten Geburtstermin wurde nach Entscheidung des verantwortlichen Herdenmanagers (lahme Kühe wurden z.B. frü- her überführt) die Umstallung in einen Außenstrohlaufstall für jeweils ca. 4 Tiere durchgeführt. In diesem Bereich fanden dann die Geburten unter regelmäßiger Beobachtung (ca. alle 1,5 Stunden) durch das Stallpersonal statt. Spätestens zu ihrem ersten Melktermin nach der Geburt wurden die entsprechenden Kühe in die Gruppe der Frischlaktierenden verbracht.

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Danach verblieben die Kühe mindestens für die ersten 50 Tage p.p. bzw. solange die Milchleistung über 55 Liter pro Tag lag, in der Gruppe für frischlaktierende Tiere.

Die weiteren Umstallungen in die verschiedenen Gruppen erfolgten regelmäßig ein- mal wöchentlich, abgesehen von Kühen, die an einer Mastitis erkrankten, aufgrund einer Lahmheit behandelt wurden oder von Tieren, die zum Festliegen kamen. Für Kühe, die an einer akuten Mastitis erkrankt waren bzw. Tiere, bei denen eine Klauenbehandlung durchgeführt wurde, war jeweils ein gesonderter Abteil im Laufstallsystem vorhanden. Festliegende Kühe wurden in Boxen mit Stroheinstreu untergebracht.

Alle Kühe auf dem Betrieb erhielten eine Totale Mischration (TMR, Tab. 3.1), wobei die frischlaktierenden Kühe drei Mal täglich und die Tiere in den anderen Gruppen zwei bis drei Mal täglich frisches Futter mittels eines Förderbandes vorgelegt beka- men.

Tab. 3.1: Zusammensetzung der Totalen Mischration (TMR) für die Laktationsgruppen, die in der vorliegenden Studie untersucht wurden; die Angaben sind Anteile an der Trockenmasse

Frischlaktierende, ab Tag 1 p.p.

Trockenstehende 6 - 2 Wo a.p.

Trockenstehende 2 - 0 Wo a.p.

Grassilage 19,7 % 86,7 % 15,7 %

Maissilage 30,7 % 10,8 % 44,2 %

Rübenschnitzel 13,6 % - -

Stroh - 2,5 % -

Milchleistungsfutter 36,0 % MLF1 - 40,1 % MLF2 MLF: Milchleistungsfutter 1 und 2 (Anhang 9.2)

Wo: Woche

a.p.: ante partum; p.p.: post partum

Die Kühe wurden dreimal täglich in einem Doppel 32er Side by Side Melkstand mit Melktechnik der Firma Alfa de laval (Richmond, USA) gemolken. Tiere, die beim

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Melkvorgang aufgrund eines veränderten Milchsekrets auffielen, wurden in eine ge- sonderte Mastitisgruppe umgestallt.

Die Erfassung der Milchleistungsdaten der Kühe und deren Übermittlung an den Betrieb fand einmal monatlich durch den Landeskontrollverband (LKV) Brandenburg statt.

3.2 Untersuchung der Tiere und Blutprobenentnahme

Der gesamte Untersuchungszeitraum (UZR) jeder in die Studie aufgenommenen Kuh erstreckte sich vom ersten Untersuchungszeitpunkt, UZP 1: 262. - 270. Tag post inseminationem (p.i.) über eine zweite Untersuchung, UZP 2: Woche drei p.p.; Tag 16 - 21 p.p. bis zur dritten Untersuchung, UZP 3: Woche vier p.p.; Tag 22 - 28 p.p.

An jedem der drei festgelegten Zeitpunkte fand eine klinische Allgemeinuntersuch- ung nach dem Untersuchungsschema von Stöber (1990) statt (STÖBER 1990).

Hierbei wurden das Verhalten (ängstlich, aufgeregt, aufmerksam, depressiv, somnolent), die Haltung (Beurteilung der Rückenlinie, der Bauchdeckenspannung, des Aufstehens und des Ganges), die Körperinnentemperatur und der BCS der Kühe beurteilt und damit der Habitus ermittelt (Anhang 9.3). Darüber hinaus erfolgte die adspektorische Untersuchung des äußeren Genitales auf das Vorhandensein von vaginalem Ausfluss und falls vorhanden, dessen Beurteilung nach dem von Sheldon (2004) beschriebenen Score-System, von 0 bis 3 (Anhang 9.4).

Zu den gleichen Zeitpunkten wurde je eine Blutprobe (10 ml) aus der Schwanzvene (V. coccygea) der Kühe entnommen und in je ein mit Ethylendiamintetraacetat- (EDTA) sowie in ein unbeschichtetes Serumröhrchen (Sarstedt, Nümbrecht, Deutschland) gefüllt. Die EDTA-Röhrchen wurden direkt nach der Blutgewinnung auf Eis gestellt und die Serumproben bis zu ihrer Gerinnung bei Raumtemperatur aufbewahrt. Die Zentrifugation aller Proben erfolgte innerhalb von zwei Stunden bei 2000g für 15 min bei 4°C (Hettich EBA 20, Deutschland). Sowohl das EDTA-Plasma als auch das Serum wurden aliquotiert und bis zur weiteren Untersuchung bei -20°C gelagert.

(42)

Abb. 3.1: Schematische Darstellung des zeitlichen Ablaufs der Untersuchungen auf dem Betrieb: UZP 1: 262-270 Tage post inseminationem; UZP 2: 16-21 Tage post partum.; UZP 3: 22-28 Tage post partum

Kalbung

2. BPE u. AU

3. BPE u. AU UZP 2

UZP 3

1. BPE u. AU.

Weitere Datenerhebung bis zum positiven TU Ergebnis

UZP 1

BPE = Blutprobenentnahme AU = Allgemeinuntersuchung TU = Trächtigkeitsuntersuchung UZP = Untersuchungszeitpunkt

(43)

3.3 Erhebung peripartaler Erkrankungen

In Zusammenarbeit mit dem betreuenden Hoftierarzt wurden die postpartalen Er- krankungen diagnostiziert und dabei Art und Dauer der Erkrankung dokumentiert.

Die Erkrankungen wurden wie folgt definiert:

Ketose: Die Futteraufnahme und / oder die Milchleistung waren reduziert. Ein durchgeführter Nitroprusside Test („Ketostix strip“, Bayer, Leverkusen, Deutschland) auf Ketonkörper im Urin war positiv (+++).

Labmagenverlagerung: Eine Schwingauskultation und / oder eine Perkussionsaus- kultation lieferten positive Ergebnisse.

Hypocalcämie: Es bestand ein Verdacht bei Vorliegen eines oder mehrerer der folgenden Symptome: unsicherer Gang, Zittern, eine kalte Körperoberfläche, Ataxie oder Festliegen (LARSEN et al. 2001; MURRAY et al. 2008). Es erfolgte eine thera- peutische Diagnose, d.h. es wurde beurteilt, ob die Kühe mit den oben genannten Symptomen auf eine bzw. zwei im Abstand von 12 Stunden erfolgende Calcium- infusion(en) (10g Calcium als Calciumborogluconate 25%) reagierten, sich also ihre klinischen Symptome nach der Infusion deutlich verbesserten.

Fettleber: Beurteilung des Leberbioptats mittels einer Schwimmprobe in einer Kupfersulfatlösung (CuSO4, in 10er Schritten absteigend von 1080 – 1000 mg/ml).

Die Schwimmfähigkeit von ca. 10 g frischem Lebergewebe lässt dabei den Rück- schluss auf den Fettgehalt zu; beginnend bei einem Fettgehalt von 5% beim Schwimmen der Probe auf der CuSO4 Lösung mit 1080 mg/ml sowie mit einem Fettgehalt von 26% bei der CuSO4 Konzentration von 1020 mg/ml und endend bei einem Fettgehalt von 33% bei einer CuSO4 Konzentration von 1000 mg/ml. Ab einem Fettgehalt von 26% kann von einer deutlichen Fettlebererkrankung mit schlechter Prognose, ab einem Fettgehalt von 33% von einer sehr schlechten bis infausten Prognose ausgegangen werden (HERDT et al. 1983).

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Eine Leberbiopsie wurde bei Kühen durchgeführt, die unmittelbar nach der Kalbung (in den ersten 24 Stunden p.p.) ein Körpergewicht von mehr als 800 kg und eine schlechte Futteraufnahme aufwiesen und / oder an einer Labmagenverlagerung erkrankten.

Pansenatonie: Bei Auskultation im Bereich der linken Hungergrube war nur leises Knistern oder Rauschen bzw. keine Geräusche wahrnehmbar.

Diese fünf letztgenannten Erkrankungen werden in der weiteren Auswertung als Stoffwechselerkrankungen zusammengefasst.

Retentio secundinarum: Die Secundinae waren 12 Stunden nach der Geburt noch nicht abgegangen (GRUNERT 1995).

Klinische Metritis und Endometritis:

Klinische Metritis: Ein bei der rektalen Palpation vergrößerter Uterus mit einem übel riechenden, rot-braunen bis viskösen, weißlich-purulenten Ausfluss in den ersten 21 Tagen p.p.

Grad 1: Bei vergrößertem Uterus mit purulentem Vaginalausfluss ohne Anzeichen einer akuten systemischen Erkrankung.

Grad 2: Zusätzlich zu Grad 1 Vorliegen einer systemischen Erkrankung, gekenn- zeichnet durch Fieber (≥39,0°C), Abgeschlagenheit und eine reduzierte Milchleistung.

Grad 3: Es lagen darüber hinaus Erscheinungen einer Toxämie wie Inappetenz und Schocksymptomatik vor (SHELDON et al. 2008).

Klinische Endometritis: In der Vagina detektierbarer eitriger (>50% eitrige Beimen- gungen) Ausfluss aus dem Uterus >21 Tage post partum oder das Vorliegen von mukopurulentem (50% Mukus, 50% Eiter) Ausfluss aus dem Uterus, ebenfalls in der Vagina feststellbar, ab 26 Tage p.p. (SHELDON et al. 2009).

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Mastitis: Die Zellzahl in der Milch, quantifiziert mit Hilfe des California Mastitis Tests war erhöht (++) oder stark erhöht (+++) und / oder es befanden sich Fibringerinnsel oder Eiterflocken in der Milch.

Die Erkrankungen Ret. sec., Metritis, Endometritis und Mastitis wurden in der Aus- wertung als infektiöse Erkrankungen zusammengefasst.

3.4 Erhebung von Reproduktions- und Milchleistungsdaten

Für die Auswertung weiterer Parameter zur Fertilität und Milchleistung der Tiere stand das betriebseigene Herdenverwaltungsprogramm „Herde“ (dsp-agrosoft, Paretz, Deutschland) zur Verfügung. Mit Hilfe der dadurch erhaltenen Angaben er- folgte zwei bis drei Mal wöchentlich eine Erfassung sowie anschließende Bear- beitung und Analyse (mit dem Programm Microsoft Office Excel 2003) folgender Daten:

1. Besamungsdatum (der vorhergehenden Laktation) 2. Kalbedatum

3. Laktationsnummer 4. Anzahl an Besamungen 5. Abgangsdatum

6. Abgangsursache (nach vorheriger Diagnose durch den Hoftierarzt) 7. Datum und Ergebnis der folgenden Trächtigkeitsuntersuchung 8. Milchleistung

3.4.1 Fertilitätsmanagement

Im Studienbetrieb wurde eine freiwillige Wartezeit von 46 Tagen p.p. eingehalten und die Kühe nach einer spontanen Brunst durch den Besamungstechniker des Betriebes künstlich besamt. Das Vorliegen eines der folgenden Kriterien führte zum Ausschluss der Kuh für die weitere Zuchtnutzung: die Milchleistung lag in mindestens zwei

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