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Archiv "Mikrochirurgie in der Urologie" (11.09.1992)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

AKTUELLE MEDIZIN

Johannes Ullrich Schwarzer

Im Zuge der Entwicklung minimal invasiver Techniken gewinnt die Chirurgie unter dem Mikroskop auch in der Urologie zunehmend an Bedeutung. Bei Fertilisierungsoperationen, penilen Revaskularisatio- nen, Replantationen und Penisaufbauplastiken stellt die Mikrochirurgie bereits eine etablierte Technik dar. In der Kinderurologie und bei der Nierentransplantation werden an einigen Zentren mikrochirurgische Operationsverfahren eingesetzt. Neben der Erweiterung des Indikati- onsspektrums in der operativen Andrologie steht die Mikrochirurgie auch in der Neuro-Urologie am Beginn neuer Anwendungsbereiche.

Mikrochirurgie in der Urologie

Indikationen

n vielen chirurgischen Diszi- plinen sind mikrochirurgi- sche Operationstechniken zu einem festen Bestandteil der operativen Routine gewor- den. Auch in der Urologie erfährt die Mikrochirurgie im Rahmen der Ent- wicklung möglichst wenig invasiver Techniken eine zunehmende Ver- breitung und stellt eine der wesentli- chen Innovationen der operativen Urologie der letzten Jahre dar. Die Mikrochirurgie hat sich in der Urolo- gie später etabliert als in anderen Fächern, wie etwa der Hals-Nasen- Ohrenheilkunde oder der Ophtal- mologie. In der Urologie setzten sich in Deutschland erst ab den 70er Jah- ren mikrochirurgische Operations- techniken bei ausgewählten Indika- tionen der operativen Andrologie und der Kinderurologie durch (10, 22, 23), wobei die Chirurgie mit der Lupenbrille bald an ihre Grenzen stieß und die Verwendung des Mi- kroskops unumgänglich wurde (Ab- bildung 1).

Indikationen, Techniken und Ergebnisse

Refertilisierungen

Mit zunehmender Häufigkeit der Vasektomie als Sterilisationsme- thode des Mannes gewinnen Referti- lisierungsoperationen immer mehr an Bedeutung. Meist indizieren ge- änderte Lebensumstände wie Wie-

Techniken Ergebnisse

derverheiratung nach Scheidung mit erneutem Kinderwunsch, der bei sechs Prozent der vasektomierten Männer später vorliegt (7), einen Refertilisierungsversuch. Seltenere Ursachen einer erworbenen Ver- schlußazoospermie stellen postent- zündliche Vernarbung des Vas defe- rens oder des Nebenhodentubulus sowie iatrogene Duktusläsionen bei Herniotomien oder Vasographie dar.

Kongenitale beidseitige Samen- wegsverschlüsse aufgrund von Apla- sien oder Dysplasien im Bereich der Nebenhoden oder Samenleiter stel- len weitere Indikationen für Fertili- sierungsoperationen dar.

Vasovasostomie

Die verbreitetste Technik der Vasovasostomie stellt die zwei- schichtige End-zu-End-Anastomose nach Silber (16) dar (Abbildung 2 a—c). Dabei wird die Mucosa des Ductus deferens mit vier bis sechs Urologische Klinik und Poliklinik

(Direktor: Univ.-Prof. Dr. Rudolf Hartung) der Technischen Universität München, Klinikum rechts der Isar

Abbildung 1: Mikrochirurgischer Eingriff am äußeren Genitale mit Hilfe eines Opera- tionsmikroskops mit binokularem Tubus für zwei Operateure

Einzelknopfnähten der Stärke 10-0 und anschließend die Muskularis mit acht bis zehn Nähten der Stärke 9-0 anastomosiert, was in dieser zwei- schichtigen Technik nur unter dem Mikroskop möglich ist. Dabei wer- den — abhängig von der Verschluß- zeit — spermiographisch belegte Durchgängigkeitsraten von bis zu 90 Prozent und Schwangerschaftsraten von bis zu 60 Prozent erzielt (2, 9, 14,

16, 18, 23).

Tubulovasostomie

Bei Verschlüssen im Bereich des Nebenhodens besteht die Indikation zur Tubulovasostomie, wobei eine Anastomosierung des 0,1 bis 0,3 mm dicken Nebenhodentubulus (Wand- stärke ca. 30 um) oberhalb des ver- schlossenen Nebenhodensegments mit dem 2 mm dicken Samenleiter (Lumen 0,2 bis 0,3 mm) erfolgt (Ab- bildung 3). Zur Durchführung dieser, wegen des Lumenunterschieds zwi- schen Vas deferens und Tubulus epi- didymidis technisch besonders schwierigen Anastomose ist eine A1-2948 (40) Dt. Ärztebl. 89, Heft 37, 11. September 1992

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mindestens 15fache Vergrößerung erforderlich, wobei die erzielten Durchgängigkeitsraten 30 bis 60 Pro- zent und die Schwangerschaftsraten 10 bis 40 Prozent betragen (9, 17, 22, 24).

Aspiration von Nebenhoden- spermatozoen

In den Fällen einer Verschluß- azoospermie, wo eine Anastomosie- rung der Samenwege nicht möglich ist, aufgrund einer weitgehend nor- malen Spermiogenese jedoch vitale Spermatozoen im gestauten Neben- hodentubulus nachgewiesen werden können, besteht die Möglichkeit zur mikrochirurgischen Spermaaspirati- on mit anschließender In-vitro-Ferti- lisation. Bei dieser MESA (Micro- surgical Epididymal Sperm Aspirati- on) oder SMART (Spermatozoa Mi- cro Aspiration Retrieval Technique) genannten Methode wird Samenflüs- sigkeit aus dem gestauten Nebenho- dentubulus entnommen und zur In- vitro-Fertilisation verwendet. Diese Technik ist aufwendig und setzt eine gute interdisziplinäre Zusammenar- beit mit einem spezialisierten gynä- kologischen Zentrum voraus. Die Erfahrungen mit dieser Technik, die die Implantation alloplastischer Spermatozelen weitgehend abgelöst hat, sind noch gering und führten bisher in maximal 28 Prozent zu ei- ner Schwangerschaft (20, 24).

Penile Revaskularisationen Bei vaskulär bedingter erektiler Dysfunktion aufgrund von Makro- oder Mikroangiopathien relevanter Arterien der penilen Durchblutung stellt die Revaskularisation eine eta- blierte Technik dar. Alle gängigen Revaskularisationsverfahren beru- hen auf der Verwendung der A. epi- gastrica inferior als Bypass zu den Penisgefäßen (Abbildung 4 a). Die Anastomosierung erfolgt — abhängig von der Art und Ausdehnung des Gefäßverschlusses — in unterschiedli- chen Varianten (siehe Tabelle 1) und hat einen erhöhten penilen Inflow zum Ziel. Die Anastomosierung der Gefäße erfolgt mit 9-0 oder 10-0 Fä- den (Abbildung 4 b). Die Erfolgsra- ten mikrochirurgisch durchgeführter peniler Revaskularisationsmethoden werden zwischen 50 und 80 Prozent angegeben (5, 6, 8, 13, 19).

Kinderurologie

Die operative Korrektur von Fehlbildungen am äußeren Genitale erfolgt immer öfter in jüngerem Al- ter der Kinder, weshalb die Anwen- dung mikrochirurgischer Techniken in der Kinderurologie zunehmend Verbreitung findet. Hypospadiekor- rekturen (zum Beispiel mit Insel- hautlappen) und Nierenbeckenpla- stiken bei Kleinkindern erfordern häufig Vergrößerungshilfen, die Ho-

Abbildung 2: Zweischichtige Vasovasosto- mie (nach Silber). a) angefrischte Samenlei- terstümpfe mit unterschiedlichen Lumina vor der End-zu-End-Anastomosierung; erste Mukosanaht der Stärke 10-0 vorgelegt — b) anatomisch exakte Adaptation der Mukosa trotz unterschiedlicher Lumenweite mit 4-6 Nähten der Stärke 10-0 — c) Muskularisnaht mit 8-10 Einzelknopfnähten der Stärke 9-0

denautotransplantation bei hohem Maldescensus (Bauchhoden) ist nur mit Hilfe des Operationsmikroskops durchführbar (10).

Induratio penis plastica (IPP) Bei der operativen Therapie der IPP durch Plaqueresektion mit an- schließender Defektdeckung kann der Einsatz des Mikroskops bei der Präparation des dorsalen Nerven- Gefäßbündels und des Plaques die Rate postoperativer Sensibilitätsstö- rungen der Glans penis erheblich re- duzieren (4), weshalb diese neuro- protektive, atraumatische Präparati- onstechnik am Dorsum penis auch bei anderen Indikationen, wie zum Beispiel Venenligaturen, Vorteile für den Patienten bringen kann.

Nierentransplantation

Bei der Rekonstruktion verletz- ter Spendernieren können zusätzli- che Polarterien vor der Transplanta- tion gefäßchirurgisch ex situ anasto- mosiert werden. Die mikrochirurgi- sche Rekonstruktion der Arterien Dt. Ärztebl. 89, Heft 37, 11. September 1992 (43) A1-2949

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Tabelle 1: Übersicht über die häufigsten Techniken peniler Revasku- larisation mit Hilfe eines A.-epigastrica-Bypass

Op-Technik anastomosierte Gefäße

A. epigastrica, A. dorsalis penis und V. dorsalis profunda penis (Dreigefäßanastomose)

Op nach Hauri

Op nach Michal II A. epigastrica und A. dorsalis penis

Op nach Virag A. epigastrica und V. dorsalis profunda penis

V. dors. prof. penis A. epigastrica inf.

A. dors. penis

A. dors. penis

V. dors. prof. penis Abbildung 3: Tubulovasostomie. End-zu-

Seit-Anastomose zwischen Ductus deferens (rechter Pfeil) (0 ca. 2 mm) und Tubulus epididymiclis (linker Pfeil) (0 ca. 0,2 mm);

gestaute Tubulusschlingen unter Serosafen- ster des Nebenhodens; Fixation der Musku- laris des Ductus an der Serosa des Neben- hodens

reduziert die Häufigkeit von Polne- nekrosen und anderen ischämischen Komplikationen und führt zu einer höheren Rate des Transplantatüber- lebens als bei Anwendung makrosko- pischer Techniken (21).

Varikozele

Bei der Therapie von Rezidivva- rikozelen kann die mikrochirurgi- sche Resektion von Venen des Ple- xus pampiniformis durchgeführt wer- den, um bei geringer Morbidität die Beseitigung des pathophysiologisch relevanten Venenrefluxes im testiku- lären Bereich zu erreichen (1).

Replantationen

Seltene Indikationen für mikro- chirurgische Operationen stellen Replantationen von Penis und Ho- den dar, wobei meist eine Amputati- on durch Trauma oder Selbstver- stümmelung psychiatrischer Patien- ten vorliegt (Abbildung 5). Die hier- bei notwendigen arteriellen und ve- nösen Anastomosen erfordern den Einsatz des Mikroskops und können bei rechtzeitig erfolgter Replantati- on zur Restitutio ad integrum führen (11).

Transsexualismus

Geschlechtsumwandelnde Ope- rationen, insbesondere Penisaufbau- plastiken, werden häufig mikrochir- urgisch durchgeführt. Dabei erfolgt die Penoidkonstruktion meist aus ei- nem frei transplantierten osteokuta- nen Unterarmlappen (3).

Abbildung 4: Penile Revaskularisation. a, links) A.-epigastrica-Bypass nach dem Durchzug zum Penis zur Anastomosierung mit penilen Gefäßen (Bypass, siehe Pfeil) — b, unten) Dreigefäßanastomose nach Hauri mit A. dors. penis, V. dors. prof. penis und A.

epigastrica inf.

Neuro-Urologie

Die zunehmende Bedeutung der Neuro-Urologie im operativen Spek- trum der Urologie führte zur häufi- geren Anwendung der Mikrochirur- gie auch in diesem Bereich. So kön- nen bei Patienten mit neurogenen Blasenentleerungsstörungen rücken- A1-2950 (44) Dt. Ärztebl. 89, Heft 37, 11. September 1992

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Tabelle 2: Indikationsspektrum urologischer Mikrochirurgie Organ Erkrankung Operationstechnik Samen-

wege

Verschluß azoospermie (Re)fertilisierung Spermaaspiration Trauma

erektile Impotenz Hypospadie/Epispadie (Kinder)

IPP

Transsexualismus

Replantation Revaskularisation Harnröhrenplastik

neuroprotektive Präparation Penoidkonstruktion

Penis

Trauma

Abdominalhoden (Kinder)

Varikozele

Replantation

freie Transplantation Resektion

Hoden

Niereninsuffizienz Abgangsenge (Kinder)

Transplantatrekonstruktion Ureteropyeloplastik

Niere Abbildung 5: Hodenreplantation. a) kom-

plett amputiertes Skrotum. Verbindung der Hoden mit Skrotalhaut über Gubemakulum

— b) nach Abschluß der erfolgreichen Re- plantation beider Hoden durch mikrochirur- gische Anastomosienmg von Arterien und Venen mit ausreichender Durchblutung auch der Skrotalhaut

marksnahe Schrittmacher mikrochir- urgisch implantiert werden und stel- len so eine für die betroffenen Pa- tienten hoffnungsvolle Erweiterung der therapeutischen Möglichkeiten bei diesen Erkrankungen dar (12).

Diskussion

Mikrochirurgische Operations- verfahren gewinnen in der Urologie immer mehr an Bedeutung. (Re)fer- tilisierungsoperationen bei Ver- schlußazoospermie stellen derzeit den zahlenmäßig größten Teil mi- krochirurgischer Operationen in der Urologie dar, wobei hier die Mikro- chirurgie als etablierte Technik gilt und im Vergleich mit makroskopi- schen Techniken die höchsten Schwangerschaftsraten erzielt. Ins- besondere ist die nur mikrochirur- gisch durchführbare Tubulovasosto- mie der früher meist makroskopisch durchgeführten Epididymovasosto- mie in den Ergebnissen deutlich überlegen.

Bei den verschiedenen Techni- ken der penilen Revaskularisation und bei geschlechtsumwandelnden Operationen gilt mikrochirurgisches Vorgehen ebenso als etabliert.

Bei Replantationen des äußeren Genitale ist mikrochirurgische Tech- nik unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg. Bei diesen seltenen, aber sehr aufwendigen und langdauern- den Operationen hat sich die inter- disziplinäre Zusammenarbeit von Urologie und plastischer Chirurgie sehr bewährt. So erfolgten die an un- serer Klinik durchgeführten Replan- tationen von Penis und Hoden in Ko- operation mit der Abteilung für pla- stische Chirurgie des Klinikums rechts der Isar (Vorstand: Prof. Dr.

E. Biemer).

In der Kinderurologie und bei der Nierentransplantation finden mikrochirurgische Techniken ver- mehrt Anwendung. Bei der operati- ven Therapie der IPP und der Vari- kozele können mikrochirurgische Techniken eine sinnvolle Erweite- rung des therapeutischen Spektrums darstellen. (Tabelle 2).

Neue Indikationsbereiche sind vor allem im Bereich der Neuro-Uro- logie und der plastisch-urologischen Chirurgie, so zum Beispiel bei freien Haut-Muskel-Lappen zur Defekt- deckung, zu erwarten.

Voraussetzungen für die Anwendung der Mikrochirurgie

Der gegenüber der Lupenbrille erhöhte Aufwand beim Einsatz des Mikroskops wird durch die Möglich- keit zu atraumatischerer Präparati- onsweise bei hoher Gewebsdifferen- zierung und der Verwendungsmög- lichkeit von sehr feinem, dem Gewe- be angepaßtem Fadenmaterial aus- geglichen. Voraussetzung für den Erfolg der Mikrochirurgie sind eine A1-2952 (46) Dt. Ärztebl. 89, Heft 37, 11. September 1992

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

DISKUSSION

Seuchenartige Zunahme der Infektionen

durch Salmonella enteridis

solide Ausbildung in dieser Arbeits- technik und ein ausreichendes Trai- ning. Hierzu stehen ständige Ausbil- dungsmöglichkeiten mit zwei bis vier Arbeitsplätzen an fünf urologischen Universitätskliniken (RWTH Aa- chen, Ruhr-Universität Bochum/

Herne, Universität Mainz, TU Mün- chen/Klinikum rechts der Isar, Uni- versität Rostock) zur Verfügung. Zu- sätzlich werden von der Urologi- schen Klinik und dem Institut für Ex- perimentelle Chirurgie (Direktor:

Prof. Dr. G. Blümel) der TU Mün- chen sowie von einigen Firmen der medizintechnischen Industrie regel- mäßige mikrochirurgische Trainings- kurse angeboten.

Dieses Angebot ist erforderlich, um der zunehmenden Zahl interes- sierter Urologen eine adäquate Aus- bildung mit den erforderlichen Übungsstunden im Trainingslabor (Grundkurs 40 Stunden) zu ermögli- chen, weil dies eine unabdingbare Voraussetzung für mikrochirurgi- sches Operieren am Patienten dar- stellt.

Mikrochirurgische Operationen sollten jeweils von denselben trai- nierten Operateuren einer Klinik durchgeführt werden, weil nur durch diese Beschränkung auf ein erfah- renes Team die zum ständigen Trai- ning erforderliche Operationsfre- quenz von mindestens einmal wö- chentlich erreicht wird und so die Übung und Erfahrung des Operati- onsteams zum Tragen kommen kann.

Bei nur gelegentlicher Anwen- dung der Mikrochirurgie werden die mit dieser Technik erzielbaren Erfol- ge ausbleiben.

Dt. Ärztebl. 89 (1992) A 1 -2948-2984 [Heft 37]

Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordem über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. J. Ullrich Schwarzer Urologische Klinik und Poliklinik der Technischen Universität München

Klinikum rechts der Isar Ismaninger Straße 22 W-8000 München 80

Zu dem Beitrag von

Prof. Dr. med. Manfred Kist in Heft 19/1992

Breite Ätiologie - breite Anamnese

Infektionen mit enteritischen Salmonellen treten in der Regel pri- mär mit Durchfall, auch mit Benom- menheit und Fieber auf. Damit stel- len sich die Patientinnen und Patien- ten zunächst beim ambulant behan- delnden Arzt, das heißt bei ihrem Hausarzt vor. Von seiner klinischen Erfahrung hängt es ab, Verdacht auf eine alimentäre Genese zu schöpfen und die Anamnese rechtzeitig auch auf die verzehrten Lebensmittel zu richten. Der mikrobiologische Be- fund, wenn er überhaupt veranlaßt wird, liegt erst zu einem Zeitpunkt vor, der die nachträgliche Befragung des Patienten sehr erschwert und der es fast unmöglich macht, etwa ange- schuldigter Lebensmittel für eine Untersuchung noch habhaft zu wer- den.

In diesem Zusammenhang fällt auf, daß die Aufmerksamkeit des Le- sers einseitig auf tierische Lebensmit- tel gerichtet wird. Zwar werden die enteritischen Salmonellen vorrangig auf diesem Wege in die Küche des Privathaushaltes, der Speisegaststät- te oder den Produktionsraum des

Lebensmittelgroßherstellers einge- schleppt, doch können sie sich dann auch über Lebensmittel, die nicht tierischer Herkunft sind, ganz erheb- lich verbreiten. So wurden bei 81 ätiologisch aufgeklärten Salmonella- Ausbrüchen in der damaligen DDR vom 1. Januar 1986 bis 30. Septem- ber 1987 folgende Lebensmittel fest- gestellt: 7mal Hackfleisch und 13mal Rohwurst, oft beide Produkte aus gleicher Herkunft; 4mal Geflügel;

einmal geräucherte Putenbrust; ein- mal Fisch; einmal Fischpaste; 7mal Rohei (in Soßen, Puddings, in Kar- toffelsalat und in Milchshakes; auf diesem Gebiet gibt es große, regio- nale Unterschiede der Kochsitten);

5mal Mayonnaise; 4mal Feinkostsa- lat; 5mal Speiseeis; 2mal Küchen- kontamination durch einen Keimträ- ger unter dem Personal und 31mal durch Cremegebäck Bei der näheren Untersuchung des letztgenannten Artikels wurde aber vielfach festge- stellt, daß weder sogenannter franzö- sischer Krem (enthält Eier und bleibt unerhitzt) noch sogenannter deutscher Krem (enthält Eier und wird mit diesen erhitzt) verwendet wurde, sondern der Krem ohne Eier hergestellt war. Dagegen war in sorg- fältig — auch gerichtlich — aufgeklär- ten Fällen nachzuweisen, daß in die- sen Betrieben Ei und Eiprodukte nicht mit der notwendigen Sorgfalt von anderen Produkten getrennt ge- halten und behandelt wurden.

So kam es beispielsweise in ei- nem Städtchen Thüringens im Fe- bruar 1987 zu über 700 Salmonella- Erkrankungen durch den Genuß von mit Pudding gefülltem Kuchen. Die- ser Pudding war nachweisbar ohne Ei hergestellt, jedoch war er in seiner Abkühlphase nach dem Kochen un- ter Verwendung der gleichen Geräte und mit den gleichen Händen, die vorher Eier für ein anderes Erzeug- nis behandelt hatten, weiterverarbei- A1 -2954 (48) Dt. Ärztebl. 89, Heft 37, 11. September 1992

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