lle Angehörigen der Freien Berufe müssen auch in Zu- kunft von der Versicherungs- pflicht der gesetzlichen Rentenversi- cherung befreit bleiben. Das hat Prof.
Dr. med. Rolf Bialas, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft berufsständi- scher Versorgungseinrichtungen e.V.
(ABV), anläßlich des jährlichen Pres- segesprächs der Organisation Mitte März in Köln verlangt. Bialas reagier- te damit auf Forderungen von Teilen der SPD, zumindest angestellten An- gehörigen der Freien Berufe die Pflichtmitgliedschaft in der gesetz- lichen Rentenversicherung vorzu- schreiben. Er wertete es jedoch als po- sitives Zeichen, daß eine solche For- derung im Entwurf des SPD-Regie- rungsprogramms nicht zu finden sei.
Bialas verdeutlichte, daß die Ver- sorgungswerke derartige Änderungen nicht unwidersprochen hinnähmen:
„Sie würden das Befreiungsrecht bis vor die Schranken des Bundesverfas- sungsgerichts verteidigen.“ Er kritisier- te die Forderung zudem als „kurzfristi- ge Überlegung“. Zunächst verschaffe eine Erweiterung des Versichertenkrei- ses der gesetzlichen Rentenversiche- rung zwar Einnahmen. In Zukunft stünden diesen aber auch entsprechend hohe Ansprüche gegenüber.
Dynamisierung künftig geringer
Ob SPD-regiert oder nicht – in Deutschland wird die Dynamisierung laufender Renten und künftiger Ren- tenanwartschaften der Versorgungs- werke in Zukunft geringer ausfallen als bisher. Bereits im vergangenen Jahr hatte die ABV darauf hingewie- sen, daß auch ihre Organisationen in- folge der steigenden Lebenserwar- tung länger Renten zahlen müssen als früher. Nun liegen zudem spezielle
Sterbetafeln für die Berufsgruppen vor, die in der ABV vertreten sind.
Ergebnis ist, daß die Lebens- erwartung der Mitglieder berufs- ständischer Versorgungseinrichtun- gen deutlich über der der allgemeinen Bevölkerung liegt. Beispiel: Die Le- benserwartung für einen 65jährigen Mann liegt heute bei rund 16 Jahren, für eine 65jährige Frau bei rund 20 Jahren. In den Freien Berufen sind es
19 Jahre für einen 65jährigen Mann und 23,5 Jahre für eine 65jährige Frau.
Außerdem stellten die Versicherungs- mathematiker fest, daß die Heirats- wahrscheinlichkeit in den Freien Be- rufen höher ist als allgemein in der Bevölkerung. Folge: Die Versor- gungswerke müssen häufiger Witwen- und/oder Waisenrenten bezahlen. Da- zu kommt, daß der Altersunterschied zwischen Ehegatten größer ist. Es wird also nach dem Tod eines männli- chen Mitglieds länger Rente an seine Witwe gezahlt. Folglich wird die Dy- namisierung laufender und künftiger Renten geringer ausfallen müssen als bisher.
Von diesen Entwicklungen sind 68 Einrichtungen in der ABV betrof- fen. Ihnen gehörten Ende 1996 insge- samt 522 652 Mitglieder an. Davon waren knapp 53 Prozent Ärztinnen und Ärzte. Die Versorgungswerke lei- steten 1996 an 80 625 Empfänger Ren- ten. Im Jahr davor waren es 78 440.
Die durchschnittliche monatliche Al- tersrente ohne Kinderzuschuß lag bei 3 450 DM (1995: 3 387 DM). Die mo- natliche Berufsunfähigkeitsrente ohne Kinderzuschuß stieg von 3 632 DM auf 3 749 DM. Der monatliche Kinderzu- schuß betrug im Durchschnitt 432 DM, die Witwen- beziehungsweise Witwerrente 1 785 DM.
Unter dem Strich nahmen die Versorgungswerke gut sieben Milli- arden DM an Beiträgen ein (1995: 6,4 Milliarden DM). Der monatliche Durchschnittsbeitrag lag bei 1 180
DM. Ihre Vermögensanlagen erhöh- ten sich von 74 auf gut 83 Milliarden DM. Die Vermögenserträge stiegen von 5,3 auf 5,7 Milliarden DM.
Wie hoch Rentenbeiträge oder -zahlungen speziell bei Ärztinnen und Ärzten sind, ermittelt die ABV nicht.
Prof. Bialas bat um Verständnis, daß manche Daten gar nicht und andere erst mit gewisser Verspätung vorlie- gen. Jedes Versorgungswerk hat eige- ne Detailregelungen, die eine Aggre- gation der Daten erschweren. Zudem ist die ABV keine Einrichtung mit ei- nem Verwaltungswasserkopf: sie be- schäftigt lediglich Mitarbeiter für 6,5
Stellen. Sabine Rieser
A-786 (18) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 14, 3. April 1998
P O L I T I K AKTUELL
Berufsständische Versorgung
Renten steigen langsamer
Für die Angehörigen der Freien Berufe liegen nun spezielle Sterbetafeln vor.
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Grafik
Mitglieder der Berufsständischen Versorgungswerke
Anzahl der beitragszahlenden Mitglieder der Berufsständischen Versorgungswerke, unterteilt in Männer und Frauen (Stand: 31. Dezember 1996)