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Archiv "Erfahrungsbericht: Humanitäre Hilfe in der Freizeit" (09.01.2006)

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Erfahrungsbericht

Zu dem Beitrag „Der Arzt im Kran- kenbette“ von Prof. Dr. med. Roland Schiffter in Heft 47/2005:

Deutliche Fortschritte

Nach dem doch recht kritischen Bericht des Kollegen zu seinem Krankenhausaufenthalt aus der Sicht eines Patienten möchte ich mit meinen Erfahrungen nicht hinter dem Berg halten:

In den letzten zwei Jahren hatte ich Gelegenheit, drei Univer- sitätskliniken aus der Patien- tenperspektive kennen zu ler- nen: Kardiologische Intensiv- und Überwachungsstation in Bonn, Kardiochirurgische In- tensiv- und Überwachungsstati- on in Homburg/Saar und Nor- malstation im Operativen Zen- trum der Universität Würzburg.

Überall fühlte ich mich gut auf- gehoben, überwiegend sogar fürsorglich behandelt.Alle Fra- gen wurde bereitwillig beant- wortet. Dies gilt für Pflege und medizinische Versorgung in gleicher Weise. In den 50er-Jah- ren hatte ich schon einmal eine Serie von Krankenhausaufent- halten. Im Vergleich zu damals gibt es deutliche Fortschritte . . . Dr. med. Christian Petrich, Niebuhrstraße 29, 53113 Bonn

Gesundheitswesen als Wirtschaftsbranche

Die geschilderten Vorgänge sind gewiss kein Einzelfall. Sie lassen sich auch nicht erst als Patient, sondern bei entspre- chender Aufmerksamkeit be- reits als visitierender Chefarzt auf den Stationen erfahren.

Ursache ist m. E. nicht nur die Geld- und Stellenknappheit, sondern die allseits gewollte

Aufsplitterung der Hierarchi- en im Krankenhaus, insbeson- dere die Dissoziation des ärzt- lichen und des pflegerischen Verantwortungsbereichs und die Verselbstständigung von Abteilungen (so sinnvoll dies andererseits sein mag). Pfle- gende und andere Berufs- gruppen lassen sich von Ärz- ten nichts mehr vorschreiben, schon gar nicht hinsichtlich ihres persönlichen Verhaltens.

Es gibt niemanden mehr, der sich für den Umgangston und für einen Verhaltenskodex ge- genüber dem Patienten ver- antwortlich fühlt. Wenn man als Chef nicht ständig anwe- send ist und von den engsten Mitarbeitern in diesem Bezug nicht nachhaltig unterstützt wird, hat man keine Chance.

Ich zweifle auch, ob die dies- bezügliche Kampagne der Krankenhausmanager Erfolg haben wird, den Patienten als

„Kunden“ zu betrachten (zu dem man freundlich sein muss, da er Geld bringt) und nicht als leidendes menschli- ches Wesen (dem gegenüber man ein mitfühlendes Herz zeigt). Letztlich ist diese Ent- wicklung ein Ergebnis der po- litischen Entscheidung An- fang der 90er-Jahre, das Ge- sundheitswesen als eine Wirt- schaftsbranche und nicht län- ger als eine soziale Aufgabe der Gesellschaft zu betrach- ten und entsprechend auszu- richten.

Prof. Dr. med. Hans Wedler, Goslarer Straße 115, 70499 Stuttgart

Humanitäre Hilfe in der Freizeit

Herrlich und realitätsnah, die- se Krankenbettgeschichte des pensionierten Chefarztes Dr.

R. Als Konsequenz fordert der Autor, das Krankenhaus muss wieder menschlicher werden. Recht hat er. Doch was trägt der pensionierte Chefarzt nun dazu bei? Ich möchte ihm gern etwas vor- schlagen: . . . Wie wär’s, wenn er sich seiner ehemaligen oder einer anderen Klinik als Hu- manitätsbringer im Sinne der von ihm geforderten Weiz- säckerschen anthropologi- schen Medizin gegen einen Ehrensold zur Verfügung stell- te? Allerdings dürfte er in Diagnostik und Therapie nicht hineinreden. Er hätte ein nütz- liches Hobby, das seiner For- derung und vermutlich auch seiner Neigung entspricht, würde die Patienten zufriede- ner machen und das Image der Klinik beachtlich heben. Wenn es ihm gelänge, auch andere, sich langweilende, pensionier- te Chefärzte zum Mitmachen

zu bewegen, wäre das doch Verdienstkreuz-verdächtig.

Dr. med. Albrecht Pitzken, Oberdreispringen 2, 51429 Bergisch Gladbach

Die Kollegen nicht aufhalten

Den Bericht über das statio- näre Martyrium des Dr. R.

werte ich zunächst als köstli- che Lektüre voller Poesie, doch er regt zum Nachdenken an. Da ich etliche Kollegen stationär behandelte und mehrfach chirurgisch und in- ternistisch im Bette lag, ist mir die Dramatik der beschriebe- nen Erlebniswelt fremd. Dr.

R. nennt aber die Ursache sei- ner Malaise: „seine Weige-

rung, sich mit dem Kranken- hausleben als Kranker zu identifizieren“. Wurde hier ein Halbgott seines Weiß be- raubt? . . . Offenbar störte ihn die multipersonelle Darstel- lung in puris naturalibus und als Superlativ die Pflege nach präoperativer Enthaarung in puncto puncti. Wortkarge Ärzte erlebte ich auch. Näch- tens hatten diese „Leistungs- anbieter“ um das Leben der Patienten gerungen für eine Entlohnung, für die ein Wasch- maschinenschlosser oder Schlüsseldienst nie kommen würde. Auch die Schwestern waren in Eile und dennoch freundlich, hilfsbereit, ob- schon sie ausgepowert wur- den. Natürlich war ich be- müht, wenig Arbeit zu verur- sachen und Ärzte nie unnötig aufzuhalten. Als ich bei Platz- mangel – nach Befragung – in ein Mehrbettzimmer verlegt

wurde, war mir das keine Ca- pitis deminutio, und es störte mich nicht, dass zur TUR der Prostata eine Schwester die Genitalregion vorbereitete – ein Pfleger war z. Zt. nicht verfügbar. Der Arzt im „Bet- tenkerker“ soll normalerweise nur Patient sein, auch wenn er vom Fach ist. Einmal gab’s da- bei eine Panne: Eine begin- nende diastolische Insuffizi- enz wurde als COPD gewertet und therapiert, zu Nacht kam dann eine Tachyarrhythmie.

Die Dienst habende junge Kollegin kam erst nach drei Stunden, tat nichts und mein- te, als ich energisch die not- wendige rhythmisierende Ta- blette forderte, ich sei doch außer Dienst. Bis zum Mor- gen geschah nichts. Hat die A

A34 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 1–2⏐⏐9. Januar 2006

B R I E F E

Leserzuschriften werden von der Redaktion sehr beachtet. Sie geben in erster Linie die Meinung des Briefschreibers wieder und nicht die der Redaktion. Die Veröffentlichungsmöglichkeiten sind leider beschränkt; der Redaktion bleibt oft keine andere Wahl, als unter der Vielzahl der Zuschriften eine Auswahl zu treffen. Die Chance, ins Heft zu kommen, ist umso größer, je kürzer der Brief ist. Die Redaktion muss sich zudem eine – selbst- verständlich sinnwahrende – Kürzung vorbehalten.

LESERZUSCHRIFTEN

Foto: laif

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Kollegin ihr Abitur mit „Eins“

bestanden? Dennoch bleibt mein Grundsatz: Im Kranken- haus bin ich nur Patient. Die Kollegen soll man nicht unnötig aufhalten. Meine Er- fahrung: Trotz oft unzumutba- rer Überlastung wurde ich von Ärzten und Schwestern immer höflich und hilfsbereit betreut. Daher sollten wir ih- nen den Dienst am Nächsten nicht zusätzlich erschweren.

Dr. med. Ewald Behne,Mittlere Trift 8, 33175 Bad Lippspringe

Gang durch die Hölle

Ja, Herr Kollege, da haben Sie, zwar reichlich spät, aber im- merhin, die andere Seite der Medaille kennen gelernt . . . Es ist alles gut und professio- nell gelaufen, wenn auch mit allerlei Inkommoditäten ver- bunden. Sie sind geheilt. Es kann aber ganz anders ausge- hen. Hier eine kleine Kostpro- be aus der Begleitung eines krebskranken Partners: Man erlebt (und bitte schön, dies mit der infausten Prognose als ständigem Begleiter), in ho- hem Bogen aus einer Praxis hinausgeworfen zu werden, weil man es angesichts der of- fenkundig insuffizienten Be- treuung gewagt hat, eine zwei- te Meinung einzuholen. Man erlebt, dass Informationen über klinische Studien an an- deren Instituten vorenthalten werden, weil in der eigenen Klinik der Start einer Studie geplant wird – und erhält als Kommentar zu einer Nachfra- ge, wann es denn endlich los- gehe, die Antwort: „Was wol- len Sie denn, es ist doch ein langsam wachsender Tumor (der Tumor nahm sich leider bei diesem jungen Patienten das Recht heraus zu explodie- ren). Man erlebt anderweitig, dass von einem ärztlichen Kol- legen bei einer klassischen B- Symptomatik aufgrund des neuerlichen Tumorwachstums ausschließlich Homöopathika als Therapie angesetzt werden – nichts wie weg! Man erlebt, dass der Ambulanz-Oberarzt einer renommierten neuro- chirurgischen Klinik eine aku- te metastatisch bedingte

Querschnittlähmung nicht er- kennt, weil grundlegende Fra- gen nicht gestellt und simpel- ste Untersuchungen nicht durchgeführt werden – und wieder wird man unter Belei- digungen hinausgeworfen (die stationäre Aufnahme zur erfolgreichen Operation am selben Tag erfolgte dann auf Umwegen – wie wäre es in dieser Situation wohl einem Patienten ohne ärztliche Be- gleitung ergangen, der sich auf dieses Urteil verlassen hätte?).

Man erlebt an der gleichen Klinik Beschimpfungen durch den Chefarzt, weil man – oh Blasphemie – als Dermatolo- gin (mit einer erklecklichen Anzahl fachübergreifender onkologischer Veröffentli- chungen) sich erdreistet, sich in die Chemotherapie einzu- mischen . . . Man erlebt, dass Therapien aus Furcht vor Aus- einandersetzungen mit Kran- kenkassen verweigert werden, weil „Laborwerte sich bes- sern“ – während gleichzeitig die Schmerzen immer schlim- mer werden und Lähmungen drohen. Oh ja, es gab auch Lichtblicke:

>den Kollegen, der sich in die- ser Situation mutig über alle bürokratischen Hindernisse hinwegsetzte und es wagte, ei- ne hochwirksame, im ersten Anlauf von der Krankenkasse abgelehnte Chemotherapie durchzuführen,

>den fantastischen Strahlen- therapeuten, der Verstehen und Mitfühlen an den Tag leg- te,>die absolut liebevolle Be- treuung in einem Hospiz, die schließlich einen würdevollen Tod im häuslichen Umfeld er- möglichte.

Aber, lieber Herr Kollege, die- se Ereignisse waren in der Minderzahl. Es war ein zwei- jähriger Gang durch die Hölle, in dem uns und vor allem ihm eins immer wieder als Bot- schaft entgegenschlug: „Du bist längst tot.“ Ich kann mich Ihrem Plädoyer nur von gan- zem Herzen und mit heiligem Zorn anschließen. Aber es ist viel, viel schlimmer, als Sie glauben. Bleiben Sie gesund.

Dr. med. Sabine Drechsler, Messerschmittstraße 7, 53125 Bonn Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 1–2⏐⏐9. Januar 2006 AA35

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