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oping aus ärztlicher Sicht: In einer groß angelegten schriftlichen Um- frage (2 667 Ärzte) gaben 61 Pro- zent der antwortenden Sportmediziner (Rücklauf: n = 472) an, im Rahmen ihrer ärztlichen Tätigkeit von Sportlern bereits allgemein auf das Thema Doping ange- sprochen worden zu sein, was auf ein Do- pingproblem im ärztlichen Alltag hin- weist.* Vordergründig wollten die Athle- ten über Doping informiert und aufge- klärt werden. Das Interesse galt dabei häufig der Frage nach einer Konformität von Medikamenten mit der Doping-Liste, dicht gefolgt von Fragen zu Nahrungser- gänzungsmitteln und Schutzmaßnahmen.In geringer, jedoch bereits alarmierender Anzahl wurde auch nach Leistungssteige- rungen durch verbotene Medikamente, Nebenwirkungen des Dopings bezie- hungsweise Missbrauchsmöglichkeiten und Bezugsquellen gefragt. Die konkre- ten Nachfragen bezogen sich sowohl auf den Leistungs- als auch auf den Freizeit- sport sowie auf das Bodybuilding.
Im Laufe des Studiums oder der Wei- terbildung erhielten die Ärzte kaum In- formationen zum Thema Doping. Die Mehrzahl der an der Umfrage teilneh- menden Sportmediziner (53 Prozent) gab an, dass bei der Erlangung der Zu- satzbezeichnung für die Vermittlung do- pingspezifischer Kenntnisse lediglich zwischen ein und fünf Stunden aufge- wandt wurden. Erfreuli-
cherweise bemühen sich jedoch 71 Prozent der Ärzte selbstständig um Informationen zu Do-
ping und besitzen zu 62 Prozent auch ent- sprechendes Informationsmaterial.
Gravierende Unterschiede zwischen den für Sportverbände tätigen Ärzten und den übrigen Sportmedizinern zeigten sich bei der Selbsteinschätzung des Kenntnisstandes zum Thema Doping.
Während 70 bis 90 Prozent der Ver-
bandsärzte sich zu fast allen Bereichen
„sehr gut“ oder „gut“ informiert fühlen, erklärten dies nur 15 bis 25 Prozent der übrigen Ärzte. Bei der Einschätzung der eigenen Kompetenz als Gesprächspart- ner zum Thema Doping zeigten sich Be- sorgnis erregende Ergebnisse: Während 92 Prozent der Verbandsärzte der Ansicht sind, Sportlern kompetente Antworten
zum Thema Doping geben zu können, mussten dies beinahe 60 Prozent der nicht verbandstätigen Ärzte verneinen.
Alarmierend war auch der hohe Pro- zentsatz (41 Prozent) bereits beobachte- ter krankhafter Veränderungen bei Sportlern, die auf eine Einnahme von Dopingsubstanzen schließen ließen. In 56 Prozent der Fälle war den behandeln- den Ärzten tatsächlich ein Dopingmissbrauch bekannt; die betroffenen Athleten wurden daher in mehr als 90 Prozent von ihren behandelnden Ärzten auf diese Veränderungen angesprochen.
Dopingprävention durch Aufklärung leisten mehr als 90 Prozent der befragten Sportmediziner bei dopingwilligen Ath- leten. Dies geschieht im Gespräch mit dem betroffenen Athleten (83 Prozent) sowie durch eine informative Broschüre (acht Prozent). Aus der Erfahrung der Sportärzte zeigt sich, dass bei dieser Auf-
klärung die Erläuterung von Nebenwir- kungen (33 Prozent), die mögliche Ge- sundheitsgefahr (31 Prozent) und Hin- weise auf bekannt gewordene Todesfälle im Sport (20 Prozent) vor einem Doping- vergehen am ehesten abschrecken. Der Fairplay-Gedanken spielte mit 13 Pro- zent nur eine untergeordnete Rolle.
90 Prozent der Sportmediziner wünschten sich weitere Informationen zum Thema Doping, zum größten Teil zur Verbesserung der eigenen Kenntnisse (87 Prozent), aber auch zur Weiterrei- chung an die Sportler (75 Prozent). Im Vordergrund stand der Wunsch nach mehr Publikationen in der Fachpresse und regelmäßigen Fortbildungen; auch ein Internetportal wurde häufig gefor- dert. Aktuelle Ände- rungen der Doping-Li- ste könnten künftig über die Nationale Anti-Doping-Agentur an die Sportmediziner weitergeleitet werden, und auch eine bessere Bekanntmachung be- reits existierender In- ternetseiten mit ak- tuellen Informationen rund um das Thema Doping (www.doping info.de oder www.nada.
de) sowie die verpflich- tende Einbindung des Themas Doping in die Weiterbildung „Sportmedizin“ wären nach Meinung der Ärzte hilfreich. Der Sportmediziner wird häufig mit dem The- ma „Doping“ konfrontiert. Da er vom Sportler als kompetenter Ansprechpart- ner akzeptiert wird und beinahe jeder zweite dopingwillige Sportler den Medikamentenmissbrauch mit seinem Arzt besprechen würde, bietet sich im Rahmen der ärztlichen Beratung die Möglichkeit, auf dopingbereite Sportler Einfluss auszuüben. Ein großer Anteil der Sportmediziner fühlt sich für diese Aufga- be jedoch nicht ausreichend informiert und fordert vermehrt Weiter- und Fortbil- dungsangebote zum Thema Doping.
Dr. Sportwiss. Christiane Peters Dipl.-Sportwiss. Peter-Johannes Selg Prof. Dr. rer. nat. Dr. Sportwiss. Horst Michna Lehrstuhl für Sport und Gesundheitsförderung Technische Universität München
Dr. med. Helmut Pabst Bayerischer Sportärztebund T H E M E N D E R Z E I T
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A266 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 5⏐⏐4. Februar 2005
Doping
Ärzte zu wenig informiert
Umfrage weist auf Defizite in der Ausbildung hin.
* Das Forschungsprojekt wurde gefördert durch das Bun- desinstitut für Sportwissenschaft.
90 Prozent der Sport- mediziner wünschten sich
weitere Informationen.
Nachfragen zum Thema Doping kommen nicht nur aus dem Leistungssport, sondern auch aus dem Freizeitsport.
Foto:ddp