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Archiv "Pyodermien – Ein interdisziplinäres Problem: Nosologische Stellung der Hidradenitis suppurativa" (22.02.2002)

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Infektiologische Problematik vernachlässigt

Der Artikel wird leider dem an- spruchsvollen und interessanten Titel nicht gerecht. Keine klare Gliederung und eine starke Überfrachtung ma- chen die Lektüre mühsam. Und das ei- gentliche interdisziplinäre Problem wird kaum angesprochen.

Hier wäre beispielsweise ein Hin- weis auf das erhöhte Infektionsrisi- ko von Patienten mit rezidivierenden Pyodermien bei Operationen am Platz gewesen. Hier sind pathogene Kei- me vorhanden, die ein erhöhtes Risi- ko bedeuten, welches durch eine Antibiotikaprophylaxe reduziert wer- den kann. Auch sind sorgfältige klini- sche Nachkontrollen und die Beach- tung der Entzündungsparameter an- gebracht.

Das gilt ganz besonders für Strepto- kokken der Gruppe A, die in unserem Lande die gefährlichsten Erreger dar- stellen, weil sie zu außerordentlich raschen und tödlichen Infektionen führen können. In dem Artikel wird aber hartnäckig immer nur von Strep- tokokken gesprochen, gelegentlich auch von b-hämolysierenden Strep- tokokken, aber nicht einmal von A- Streptokokken. Dabei ist ausschließ- lich die Angabe der Serogruppe maß- gebend für die Kennzeichnung der pa- thogenen Potenz der Erreger. Entero-

kokken sind auch Streptokokken.

Streptokokken der Gruppe B sind auch b-hämolysierende Streptokok- ken. Aber B-Streptokokken sind Ko- lonisationskeime, die in Einzelfällen schwere kindliche Infektionen auslö- sen können, aber sonst harmlos sind.

Anstatt vor ungezielter Antibioti- kagabe zu warnen, hätte ich lieber Informationen darüber erhalten, wel- che Maßnahmen in der Familie erfor- derlich werden, wenn ein kleines Mädchen zum dritten Mal eine schwere A-Streptokokken-Vulvitis und -Der- matitis aufweist. Hier beginnt für mich die interdisziplinäre und familiäre Be- ratung.

Das unzureichende infektiologische und mikrobielle Bewusstsein der Kol- legen ist immer wieder erschreckend.

Es ist sicherlich ein Ausbildungspro- blem, dass nicht genügend bekannt ist, was pathogene Erreger sind und was nur Kolonisation mit fakultativ patho- gener Körperflora ist. Dieser Artikel hätte da eigentlich hilfreich sein kön- nen. Dass Fortbildung not tut, zeigen mir die vielen Gutachtenfälle. Ein ty- pischer Fall hieraus war eine Schwan- gere, die zum Zeitpunkt eines Kaiser- schnitts ein Panaritium hatte, was lei- der kein Anlass für eine Antibiotika- prophylaxe war. Sie entwickelte eine schwerste A-Streptokokkensepsis mit Fasziitis.

Die Beachtung derartiger kleiner Hautentzündungen und somit die Ver- meidung schwerer Komplikationen, das wäre interdisziplinäre Fortbil- dung.

Prof. Dr. med. Eiko E. Petersen Sektion Gynäkologische Infektiologie Hugstetterstraße 55

79106 Freiburg

E-Mail: petersen@frk1.ukl.uni-freiburg.de

Lokale Therapie bei Proktitis

In den kinderärztlichen Praxen ist in den letzten Jahren gehäuft die an- gesprochene Streptokokken-Proktitis beobachtet worden. Die von den Autoren gegebene Empfehlung „Sie (die perianale streptogene Dermati- tis) muss in jedem Fall systematisch mit Penicillin V. . . über 10 bis 14 Ta- ge behandelt werden“ hat sich, wahr-

scheinlich wegen der mäßigen Ge- webegängigkeit der Penicilline, nicht bewährt. Wir behandeln inzwischen in der Regel nur noch lokal mit einer Salbenzubereitung, welche zum Bei- spiel Gentamycin enthält. Diese Emp- fehlung hat auch Eingang gefunden in das bewährte „Handbuch – In- fektionen bei Kindern und Jugend- lichen“ der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie, 3. Auf- lage, 2000.

Dr. med. Frieder Kötz Bühlstraße 10 57080 Siegen

Nosologische Stellung der Hidradenitis suppurativa

Die Autoren fassen die Hidradeni- tis suppurativa als eine an apokrine Schweißdrüsen gebundene Pyodermie auf (1). Die Auffassung, dass es sich um eine Erkrankung der apokrinen Schweißdrüsen handelt, wurde bereits 1854 von Verneuil (7) vertreten, der als erster die Bezeichnung Hidradeni- tis suppurativa verwendete. Diese An- schauung wurde durch experimentelle Arbeiten von Shelley und Cahn (6) ge- stützt, die durch manuelle Hautdepila- tion und Applikation von mit Atropin imprägniertem Klebeband eine Ok- klusion der Follikelausführungsgänge induzierten. Die Autoren beobachte- ten eine initiale Obstruktion durch Keratinozyten mit konsekutiver Dila- tation, Entzündung und bakterieller Superinfektion der Ausführungsgänge der apokrinen Schweißdrüsen. Aller- dings ließ sich nur in 25 Prozent der Fälle eine Okklusion bewirken, zudem entwickelten sich die okklusiv behan- delten Stellen nicht zu den für die Hi- dradenitis suppurativa charakteristi- schen chronischen Läsionen. Es konn- te inzwischen überzeugend nachge- wiesen werden, dass es sich um eine Erkrankung der Terminalhaarfollikel und nicht der apokrinen Schweiß- drüsen handelt. In einer histopatholo- gischen Studie an läsionaler Haut von Patienten mit Hidradenitis suppurati- va fanden Yu und Cook (8) in einem Drittel der Fälle eine Entzündung der apokrinen Schweißdrüsen. Diese war M E D I Z I N

A

A512 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 8½½½½22. Februar 2002

zu dem Beitrag

Pyodermien –

Ein interdisziplinäres Problem

von

Prof. Dr. med. Dietrich Abeck Dr. med. Kerstin Strom Dr. med. Christina Schnopp Prof. Dr. med.

Hans Christian Korting Prof. Dr. med. Klaus Heeg in Heft 45/2001

DISKUSSION

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nur in den Fällen nachweisbar, in denen sich die Entzündung auch auf andere Strukturen wie ekkrine Schweißdrüsen und Haarfollikel er- streckte. Attanoos et al. (2) fanden, unabhängig von der Erkrankungsdau- er, in allen Hautproben von Patien- ten mit Hidradenitis suppurativa eine follikuläre Verhornungsstörung. Über- einstimmend wiesen beide Arbeits- gruppen darauf hin, dass eine Entzün- dung der apokrinen Schweißdrüsen nur dann vorkommt, wenn gleichzeitig eine Entzündung der Follikel vorhan- den ist (2, 8). Die Einbeziehung der apokrinen Schweißdrüsen in den Ent- zündungsprozess ist nur ein Sekundär- phänomen im Rahmen der Vorgänge, die sich am Follikel abspielen. Die Bezeichnung Hidradenitis suppura- tiva ist unzutreffend, da es sich nicht um eine primär an die apokrinen Schweißdrüsen gebundene Erkran- kung handelt. Es liegt auch keine Pyo- dermie der apokrinen Schweißdrüsen vor. Vielmehr besteht eine follikuläre, zunächst nicht durch Bakterien aus- gelöste Entzündung. Die durch Bakte- rien verstärkte Entzündung ist ein Se- kundärphänomen und stellt kein in- itiales Ereignis dar. Es stellt sich die Frage, ob es überhaupt eine primäre bakterielle Infektion der apokrinen Schweißdrüsen beim Erwachsenen gibt. Bis heute ist eine solche nicht ge- sichert. Zur Korrektur des missver- ständlichen Ausdrucks und zur Her- vorhebung der inversen Lage der ent- zündlichen Läsionen wurde die Be- zeichnung Acne inversa eingeführt (5). Die Zuordnung zum Formenkreis der Akne ist gerechtfertigt, da der pa- thogenetische Mechanismus identisch mit dem der Acne vulgaris ist. Es han- delt sich um eine chronisch rezidivie- rend verlaufende Erkrankung, die im Gegensatz zu den übrigen Aknefor- men, bei denen die Talgdrüsenfollikel betroffen sind, lediglich die Terminal- haarfollikel befällt. In den intertri- ginösen Arealen finden sich Terminal- haarfollikel und keine oder nur sehr wenige Talgdrüsenfollikel. Diese Auf- fassung hat sich im internationalen Schrifttum weitgehend durchgesetzt und konnte durch eigene Untersu- chungen an Serienschnitten bestätigt werden (3, 4).

Literatur bei den Verfassern

Dr. med. Thomas Jansen

Klinik für Dermatologie und Allergologie Ruhr-Universität Bochum

Gudrunstraße 56 44791 Bochum

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Gerd Plewig

Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie Ludwig-Maximilians-Universität München

Frauenlobstraße 9–11 80337 München

Schlusswort

Die Beobachtungen von Kötz über die erfolgreiche Therapie der streptoge- nen perianalen Dermatitis mit topi- scher Anwendung von Gentamicin sind sehr interessant. National sowie international wird in den entsprechen- den Textbüchern bislang jedoch die orale Behandlung mit Penicillinen oder Erythromycin favorisiert (3, 5).

In der Literatur wurde jedoch kasui- stisch über die erfolgreiche Behand- lung mit topischem Mupirocin be- richtet (1). Für die Zukunft sind ver- gleichende klinische Untersuchungen äußerst sinnvoll

Den Autoren Jansen und Plewig sei gedankt für ihre umfassenden und in- teressanten Ausführungen. Die Dis- kussion zur nosologischen Einord- nung der Hidradenitis suppurativa ist eine sehr alte und auch kontrovers ge- führte. Neben der von Jansen und Ple- wig präferierten Zuordnung der Er- krankung zur Acne inversa sehen an- dere Autoren diese Erkrankung auf- grund verschiedener Epidemiologi- en, der Unabhängigkeit vom Sebum und der einzigartigen Topographie als eine akneähnliche, jedoch nicht iden- tische (4, 6). Die von uns vertretene Unterscheidung der akuten Hidrosa- denitis suppurativa als eine äußerst schmerzhafte, eitrig einschmelzende Entzündung apokriner Drüsen im Axillarbereich, die akut auftritt und meist von episodischem Charakter ist, wird in Abgrenzung von der chroni- schen Hidradenitis suppurativa auch von anderen Autoren vertreten (2).

Auch wir stimmen mit dem Kolle- gen Petersen voll und ganz überein, dass gerade im Bereich der mikrobiel- len Infektiologie kontinuierliche Fort-

bildung entscheidend ist, um häufi- ge, im klinischen Alltag gemachte Fehler zu vermeiden wie beispielswei- se auch eine unsachgemäße Verord- nung von Antibiotika (Erythromycin- gabe bei durch Staphylococcus-aure- us-bedingten Infektionen, topischer Einsatz von Antibiotika). Der Hin- weis auf ein erhöhtes Infektionsrisiko von Patienten mit rezidivierenden Py- odermien bei Operationen ist wichtig.

Den Autoren ging es in ihrem Beitrag um eine Präsentation des klinischen Bildes, der einzuleitenden diagnosti- schen Maßnahmen sowie den aktuel- len Therapieempfehlungen für die im Praxisalltag häufigsten Pyodermien.

Die von Herrn Petersen angeregte Aufnahme der familiären Verhaltens- maßnahmen beim zweiten Rezidiv ei- ner schweren A-Streptokokken-Vul- vitis bei einem dreijährigen Mädchen ist jedoch sehr speziell und würde den Umfang des Beitrages sprengen. Die- se Fälle sollten für den betreuenden Arzt unserer Meinung nach immer Anlass sein, Rücksprache mit den mi- krobiologisch versierten Kollegen vor Ort zu halten.

Literatur

1. Barnett BO, Frieden IJ: Streptococcal skin diseases in children. Semin Dermatol 1992; 11: 3–10.

2. Fritsch P: Dermatologie und Venerologie. Berlin:

Springer 1998; 240; 679–680.

3. Hay RJ, Adriaans BM: Perianal streptococcal infec- tion. In: Champion RH, Burton JL, Burns DA, Breath- nach SM (eds): Textbook of Dermatology. Oxford:

Blackwell 1998; 1128.

4. Jemec GBE: Hidradenitis suppurativa – investiga- tions into the clinical aspects of inverse, recurrent suppuration and its nosology. Lörrach: Alix 1998;

1–31.

5. Marsch WC: Perianale Streptodermie: S. 275 In:

Traupe H, Hamm H (Hrsg.): Pädiatrische Dermatolo- gie: Berlin: Springer 1999.

6. Mortimer PS: Hidradenitis suppurativa – diagnostic criteria. In: Marks R, Plewig G (eds): Acne and rela- ted disorders. London: Dunitz 1988; 359–360.

Prof. Dr. med. Dietrich Abeck Klinik und Poliklinik für Dermatolgie und Allergologie am Biederstein Technische Universität München Biedersteiner Straße 29, 80802 München M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 8½½½½22. Februar 2002 AA513

Referenzen

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