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Archiv "Sportmedizinische Aspekte beim Windsurfen" (08.01.2001)

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A

ls das erste Windsurfbrett vor mehr als 30 Jahren von Hoyle Schweizer erfunden wurde, war noch nicht abzusehen, welch eine rasan- te und erfolgreiche Entwicklung dieser Sport nehmen würde. Faszination und die Mischung aus Geschwindigkeit und Naturerlebnis, Freiheit und spieleri- schen Bewegungen hat das Windsurfen weltweit zu einem beliebten Freizeit-

und Wettkampfsport für Millionen von Menschen gemacht. Die Möglichkeit, den Wind in den Händen zu halten und vor allem die für ein Wasserfahrzeug hohe Geschwindigkeit, übt auf die jun- ge Generation eine besondere Faszina- tion aus. Darüber hinaus ist das Wind- surfen durch die Aufnahme in das olympische Programm „gesellschafts- fähig“ geworden.

Das Sportgerät kann man in zwei große Klassen unterteilen, die in Fahr- weise und Fahrtechnik sowie auch von der körperlichen Belastung unter- schiedlich sind. Man unterscheidet das herkömmliche Windsurfen mit so ge- nannten Verdrängerboards (olympi-

sches Surfbrett) und das Funboardsur- fen. Während bei olympischen Surfbret- tern eine Richtungsänderung durch eine Veränderung der Segelstellung vorge- nommen wird, erfolgt sie bei den Fun- boards mehr durch Fußsteuerung. Da- durch wird wesentlich mehr dynamische Arbeit in das Windsurfen eingebracht und es werden Muskelgruppen einge- setzt, die bei den Verdrängerbrettern weniger beansprucht werden. Hier überwog bisher die statische Haltear- beit. Durch eine Regeländerung ist je- doch beim olympischen Surfen das so genannte „Pumpen“ erlaubt, sodass bei geringen Windstärken dieser Wett- kampfsport eine hohe physische Bean- spruchung durch das Heranziehen des Segels erfordert.

Während im Funboardsurfen Schnell- und Maximalkraft bei Starkwind und in der Brandung wesentlich sind, konzen- trieren sich die Surfer der olympischen Disziplin auf die Verbesserung der Aus- dauertechnik und Taktik. Zusätzlich wird unter den Olympiakandidaten ver- sucht, einen möglichst idealen Kompro- miss aus minimalem Körpergewicht für Schwach- und Mittelwind und relativ ho- hem Kraftniveau für Starkwind zu errei- chen. Die sich hieraus ergebenden Pro- bleme im Training und Ernährungsbe- reich sind offensichtlich.

Anforderungsprofil

Um als Regattasurfer mit modernen Funboards und Segeln den Windbereich von circa 4 bis 7 Windstärken optimal abzudecken, benötigt man etwa zwei bis drei Boards und mindestens vier Segel.

Das olympische Surfbrett des Herstel- lers Mistral dagegen hat den Anspruch, für fast alle erdenklichen Bedingungen, also auch bei wenig Wind, einsatzfä- hig zu sein. Im Gegensatz zu den Fun- boards, die nur im Gleitzustand sinnvoll funktionieren, kann das olympische Surfbrett auch bei Windstärken von 1 bis 3 bei geringer Fahrt eingesetzt wer- M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 1–2½½8. Januar 2001 AA39

Sportmedizinische Aspekte beim Windsurfen

Michael Siewers Hans Rieckert

Zusammenfassung

Das Windsurfen auf Verdrängerboards ist eine olympische Sportart und erstreckt sich auf alle Windbereiche unterhalb der Sturmstärke. Das moderne Funboardsurfen kann nur bei höhe- ren Windgeschwindigkeiten gefahren werden.

Deshalb sind die körperlichen Anforderungen und das Verletzungsprofil unterschiedlich. Bei den Verletzungen sind die untere Extremität und der Kopf am häufigsten betroffen. Die Pulsfrequenz ist ein Spiegelbild des Regatta- kurses. Sie kann auf über 180 Schläge/min an- steigen. Die Laktatwerte steigen beim Ver- drängerbrett, ohne Pumpen, nicht über 3 mmol/l an. Beim Funboardsurfen können Lak- tatwerte von über 10 mmol/l Blut erreicht wer- den. Das Hängen am Gabelbaum führt zu einer Drosselung der Unterarmdurchblutung und zur Ansammlung von Laktat in der Muskelzelle.

Schlüsselwörter: Windsurfen, Laktatspiegel, Unterarmdurchblutung, Funboard, Verdrän- gerboard

Summary

Medical Aspects of Windsurfing

Traditional windsurfing on raceboards is an olympic event. All wind zones below storm are suitable. Modern funboardsurfing can only be performed at higher wind speeds. This leads to different specific physical requirements and in- jury profiles. The lower extremities and the head are the most frequently injured body parts. The pulse rate represents a mirror image of the regatta course. It can rise to more than 180 beats/min. On raceboards lactate values do not go beyond 3 mmol/l without the so-called pumping. Funboardsurfing shows lactate val- ues of more than 10 mmol/l. While hanging in the boom, the circulation of the forearm is re- stricted and lactate accumulates in the muscle cell.

Key words: windsurfing, lactate level, circula- tion of the forearm, funboard, raceboard

Abteilung Sportmedizin, Institut für Sport- und Sport- wissenschaften (Direktor: Prof. Dr. med. Hans Rieckert), Christian-Albrechts-Universität, Kiel

Kontraindizierte Erkrankungen bei Surfanfängern im Seniorenalter

Koronare Herzkrankheit

Unkontrollierter Bluthochdruck

Herzrhythmusstörungen wie zum Beispiel – absolute Arrhythmie

– totaler a.V.-Block.

Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen

Anfallsleiden

Erkrankungen des Auges

Nierenerkrankung mit erhöhtem Kreatinwert

Akute und chronische Erkrankung des Bewegungsapparats wie zum Beispiel – Spondylolisthesis

– Status nach Bandscheibenvorfall – Insertionstendopathien Textkasten

(2)

den. Der wichtigste Unterschied zu den Funboardregatten ist neben dem vorge- schriebenen Einheitsmaterial, dass es kein Windlimit bei der Austragung von Regatten gibt

Beim Funboardsurfen ist der Anteil der kontrahierenden Muskulatur grö- ßer. Die Laktatwerte korrelieren posi- tiv mit der Windgeschwindigkeit. Bei Funboardfahrern der Weltspitze erga- ben sich, bei mittleren Windgeschwin- digkeiten bis zu 30 km/h Laktatwerte knapp unter 3 mmol/l, bei 40 km/h Windgeschwindigkeit um 5 mmol/l und

bei 50 km/h Windgeschwindigkeit im Mittel von 10 mmol/l. Maximalwerte la- gen bei 13,4 mmol/l.

Die Laktatwerte gingen beim her- kömmlichen Surfen kaum über 3 mmol/l hinaus. Beim „Pumpen“ in der olympi- schen Klasse wurden über 5 mmol/l er- reicht. Die Laktatwerte stiegen beim Training und Wettkampf in der olympi- schen Klasse ohne Pumpen bei Windge- schwindigkeiten zwischen 30 und 40 km auf 2,4 plus 0,18 mmol/l an. In spezifi- schen Trainingseinheiten mit Kreuzen und Wenden sowie auf Halbwindkursen mit Halsen um zwei Tonnen liegen die Werte unter 2 mmol/l.

Die Pulsfrequenz ist ein globales Maß zur Beurteilung der physischen und psychischen Belastung des Surfers.

Die Pulsfrequenzkurve ist ein Spiegel- bild des Regattakurses. Bei mittleren Windstärken lag in der Vorstartphase der olympischen Surfklasse die Pulsfre- quenz ohne Pumpen im Mittel bei 146 Schlägen/min. Beim Start stieg die Puls- frequenz der Nationalmannschaft auf 182,1 plus 9,2 an. Die Frequenz betrug an der Luvtonne im Mittel 178, an der Raumtonne 163 und an der Leetonne 162 Schläge/min. Bei geringen Windge- schwindigkeiten lagen die Pulsfrequen- zen ohne Pumpen niedriger (12).

Für die Beurteilung der Kreislaufsi- tuation älterer Surfer ist neben der Herzfrequenz vor allem der Blutdruck interessant. Bei maximaler Ausbela- stung am Hängesimulator erreichten ge- sunde Studenten Pulsfrequenzwerte im Mittel von 103 plus 16 Schläge. Der sy- stolische Blutdruck stieg im Mittel von 114 auf 177 mm Hg, der diastolische von 70 auf 94 mm Hg an. Bei einem Surfer mit einem Gewicht von 70 kg wird die Unterarmmuskulatur mit circa 30 Pro- zent der Maximalkraft beim Hängen be- lastet. Dadurch erhöht sich der periphe-

re Gefäßwiderstand, der als Spiegelbild des diastolischen Blutdrucks in die Mes- sung eingeht (8).

In der ärztlichen Empfehlung für den Seniorensport sollten Aktive über 50 Jahre surfen, wenn dies bereits über Jahre geübt wurde. Es ist weiterhin vor- auszusetzen, dass das Trapezsurfen be- herrscht wird. Als Anfängersportart ist Windsurfen im Seniorenalter nur wenig geeignet (Textkasten). Aufgrund der ge- ringeren Belastbarkeit im Seniorenalter ist besondere Aufmerksamkeit auf das Material zu richten. Das bedeutet, dass die Segelfläche ab vier Beaufort (BFT) Windstärken verkleinert werden sollte.

Im Kindes- und Jugendalter sollte ein kleines Rigg verwendet werden, sodass die Kräfte beim Hochholen des Segels geringer sind. Hinrichs hat schon 1985 darauf hingewiesen, dass bei einer Se- gelfläche von 3,5 m2beim Anwindkurs eine Kraftbelastung von 2 000 Newton auftritt. Dadurch sind die Belastungen für die Lendenwirbelsäule beträchtlich, sodass das Kind erst in der zweiten pu- beralen Phase oder mit einem entspre- chenden muskulären „Korsett“ mit dem Windsurfen beginnen sollte. Das Kind sollte gegebenenfalls zuerst in ein Se- gelboot für Kinder (Optimisten) gesetzt werden, um besser mit Wind und Wellen

vertraut zu werden und erst später par- allel mit dem Windsurfen beginnen.

In nördlichen Gebieten ist die Tem- peraturregulation ein entscheidender Faktor. Beim Anfänger im Neoprenan- zug fand sich in den ersten 20 Minuten ein Anstieg der Körperkerntemperatur, danach folgt ein Abfall, der bei Wasser- temperaturen um 16 Grad nach 45 Mi- nuten noch über dem Ausgangswert lag.

Die Untersuchungen zeigten jedoch, dass die Hauttemperatur nach dem Sturz ins Wasser länger benötigt, um wieder die Ausgangswerte zu erreichen.

Daher sollte beim Anfängersurfen eine Zeitdauer von 40 Minuten nicht über- schritten werden.

Bei Regattasurfern und Windstärken zwischen 1 und 4 BFT änderte sich die Kerntemperatur auch nach Stunden nicht. Mit zunehmender Windstärke sank die Körperkerntemperatur nach drei Stunden etwas ab. Neben dem Surf- anzug ist ein Nierengurt entscheidend, der für eine Verbesserung der Tempera- turregulation sorgt (5, 7).

Ein leistungsbegrenzender Faktor im Regattasurfen ist das Anschwellen der Unterarme. Beim Hängen am Gabel- baum kommt es zu einer Drosselung der Unterarmdurchblutung und zur An- sammlung von Laktat in der Muskelzel- le. Laktat ist osmotisch aktiv, sodass Flüssigkeit in die Muskelzelle eindringt und das Unterarmvolumen ansteigt. In- nerhalb der dritten und vierten Bela- stungsminute (am Gabelbaum hän- gend) beträgt die Volumenänderung des Unterarms bei Untrainierten 1,2 ml/

M E D I Z I N

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A40 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 1–2½½8. Januar 2001

´ TabelleC´

Verletzungsarten in Abhängigkeit vom Revier

Muskel- Band- Sehnen- Haut- Prellung/ Verstau- Fraktur Sonstige verletzung verletzung verletzung verletzung Quetschung chung

(Prozent) (Prozent) (Prozent) (Prozent) (Prozent) (Prozent) (Prozent) (Prozent)

Binnensurfer 6,25 6,25 – 43,7 31,3 6,25 6,25 –

Küstensurfer 3,2 14,5 4,8 37,1 17,7 1,6 6,5 14,5

Brandungssurfer 6,8 23,7 6 16,2 22,2 12 5,1 8,5

30 %

8 % 3 %

3 % 56 %

Hand Rücken

Arm/Schulter Knie

Fuß/Fuß- gelenk Grafik 1

Verletzungstopographie beim Windsurfen

(3)

100 ml Gewebe und bei Mitgliedern der Nationalmannschaft 0,59 ml/100 ml Ge- webe. Der lokale Laktatspiegel ist bei trainierten Leistungssurfern geringer.

Die Volumenzunahme des Unter- arms beim Surfen nimmt deshalb auch bei den Mitgliedern der Nationalmann- schaft zum Saisonhöhepunkt ab. Sie lag über zwei Minuten mit 0,47 ml/100 ml Gewebe niedriger als im Winter mit 0,77 ml/100 ml Gewebe. Dies zeigt deutlich, dass der Surfer Hängeübungen trainie- ren muss. Es besteht eine negative Kor- relation von Hängeleistung, Volu- menänderung und Maximalkraft. Je größer die Maximalkraft, desto stärker ist die Volumenzunahme. Dies bedeu- tet, dass im winterlichen Krafttraining kein Maximalkrafttraining durchge- führt werden sollte. Es ist besser, Kraftausdauerübungen und spezifisches Hängen zu trainieren (1).

Das olympische Segelsurfen muss in seinem Anforderungsprofil deutlich vom Funboardsurfen differenziert wer- den. Während beim Funboardsurfen die Schwerpunkte auf Schnell- und Maxi- malkraft bei Starkwind und in der Bran- dung liegen, konzentrieren sich die Sportler der olympischen Disziplinen vor allem auf die Verbesserung von Ausdauer, Technik und Taktik. Diese Disziplin ist in vielen Gesichtspunkten dem Segeln sehr ähnlich. Die Anforde- rungen an die Kraft, Kondition und Fle- xibilität sind jedoch als wesentlich höher anzusehen. Es gilt einen möglichst idea- len Kompromiss aus minimalem Kör- pergewicht für Schwach- und Mittel- wind und relativ hohem Kraftniveau für Starkwindwettfahrten zu erreichen.

Die maximale Zugbelastung beim Aufziehmanöver zeigt in Abhängigkeit von der angewandten Technik, zum Bei- spiel bei Kindern und Jugendlichen, ei- ne Verminderung der Belastung um 50 Prozent durch technisch richtige Aus- führung. Bei den Erwachsenen beträgt die Kraftersparnis rund 33 Prozent.

Die höchste Kraft erfordert das Fun- boardrigg, gefolgt vom Anfängerrigg und Kinderrigg (Gewicht 4 kg, 2,5 m2 Fläche, 1,6 m Gabelbaum, Vorliek 346 cm ).

Bei viertägigen Anfängersurfkursen lag die Anzahl der Aufholmanöver zwi- schen 90 und 160, sodass von einer nicht unerheblichen Belastungskomponente

gesprochen werden kann. Die Hohl- kreuzstellung sollte beim Surfen ver- mieden werden (4).

Die Rumpfmuskulatur als zweites Glied wird zur Kraftübertragung einge- setzt. Aufgrund der extrem hohen Bela- stung wird sie durch eine Trapezweste unterstützt.

Verletzungsrisiko

Bereits 1994 konnten Siewers und Zell- mann anlässlich der Deutschen Fun- boardmeisterschaft nachweisen, dass über einen Betrachtungszeitraum von drei Jahren mit 1,3 Verletzungen pro Jahr eine hohe Verletzungshäufigkeit vorlag. Diese Zahl wurde mit 1,56 Ver- letzungen pro Windsurfer pro Jahr 1999 noch einmal übertroffen (10).

Bei dieser Untersuchung wurden die 58 weltbesten Profis auf Maui, Hawaii, befragt. Hierbei zeigte sich auch, dass es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Windsurftagen (deren Anzahl mit 121 Tagen pro Jahr sehr hoch war) und Verletzungshäufigkeit gab. Ferner ergab sich, dass die aktiven Regattafah- rer nicht nur häufiger, sondern auch län- ger verletzt sind. Die Verletzungsarten und Lokalisationen unterscheiden sich nicht wesentlich von denen bisheriger Untersuchungen. Sie bestätigen die Er- gebnisse der neueren Untersuchungen bei Spitzenwindsurfern und setzen so- mit den Trend fort. Am häufigsten be- troffen waren nach wie vor die unteren Extremitäten (Grafik 1). Besonders Fuß und Fußgelenke waren mit 45 Verlet- zungen am stärksten vertreten, 23 Ver- letzungen betrafen das Knie. Am zweit- häufigsten war der Kopf mit 25 Verlet- zungen betroffen. Diese Zunahme der Kopfverletzungen wurde auch schon von Siewers und Zellmann (9) und von Gosheger (2) beobachtet.

Die Hautverletzungen müssen in die- ser Untersuchung gesondert betrachtet werden. Viele der Windsurfer konnten keine Auskunft über die Anzahl der Hautverletzungen geben. Sie waren so häufig verletzt, dass sie sich gar nicht mehr an alle Ereignisse erinnern konn- ten. Die sehr hohe Anzahl der Hautver- letzungen hat mehrere Gründe. Durch die klimatischen Bedingungen, die auf Hawaii vorliegen, wird keine „Schutz-

kleidung“ wie Neoprenanzug, Schuhe und Handschuhe getragen. Hawaii ist ein Gebiet, wo es auch möglich ist, bei 8 BFT in Shorts zu windsurfen. So ist die Verletzungsgefahr natürlich größer, da die Haut nicht geschützt ist und es in diesen Breiten auch Windperioden von neun Wochen und mehr gibt. In unseren Breiten dagegen bringen vornehmlich Tiefdruckgebiete den Wind. Diese Windperioden beschränken sich aber meist auf ein paar Tage. Der Passatwind dagegen kann wochenlang konstant we- hen und nach ein paar Tagen auf dem

Wasser sind Hautirritationen (zum Bei- spiel Blasen) an den Händen nicht zu vermeiden.

Der größte Anteil der Verletzungen (9) bestand aus Prellungen, die vor- nehmlich am Kopf auftraten, sowie Bandverletzungen am Fußgelenk und Knie (Tabelle). Die meisten der Band- verletzungen gehören zu den schwere- ren Verletzungen. Sie sind für alle Ver- letzungspausen über 100 Tage und für die meisten Verletzungspausen über 50 Tage verantwortlich.

Die ständig steigende Zahl der Band- und Kopfverletzungen lässt sich auf das immer höhere Können der Surfer zurückführen. Die Sprünge, besonders die Loopvarianten, aber auch die Ma- növer, werden immer gewagter und ausgefallener. Die Loopvarianten allein M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 1–2½½8. Januar 2001 AA41

52 %

7 % 4 %

12 % 2 %

23 %

Flach- wasser Mäßige

Brandung Flachwasser und mäßige Brandung

Mäßige und hohe Wellen Hohe Wellen Alle Bedin-

gungen Grafik 2

Trainingsbedingungen und Verletzungshäufig- keit

(4)

sorgten für 63 Folgeverletzungen, wobei der Frontloop mit 30 Folgeverletzungen den größten Anteil einnahm. Die Loop- sprünge sind somit Ursache für 30 Pro- zent der Gesamtverletzungen.

Die Sprunghalse (Aeril-Jibe), die Halse und das Wellenreiten können als die verletzungsreichsten Manöver ange- sehen werden. Wobei die Sprunghalse und das Wellenreiten (mit anschließen- dem Waschgang) mit ein Grund für die hohe Anzahl der Bandverletzungen sind. Bei der Sprunghalse bleibt ein Fuß zur Steuerung in der Fußschlaufe. Miss- glückt dieser Sprung, kann es sehr leicht zu Bandverletzungen am Fußgelenk kommen.

Die meisten Kopfverletzungen ent- standen durch den Aufprall auf das Ma- terial (Board/Rigg). Hierbei handelt es sich größtenteils um Prellungen. Des Weiteren wurde eine hohe Anzahl von Schnittverletzungen durch das Riff ver- ursacht. In unseren Breiten (Europa) gibt es keine scharfkantigen Korallen- riffe und somit hat der Faktor Riff eine andere Wertigkeit.

Die meisten Windsurfer trainieren vorwiegend bei mäßiger Brandung und Windstärken von 4 bis 6 Beaufort (Gra- fik 2). Bei diesen Bedingungen entste- hen 40 Prozent aller Verletzungen. Ho- he Wellen und Windstärken über sechs Beaufort lagen nur bei 18 Prozent der angegebenen Verletzungen vor.

Steinbrück et al. hat bereits 1985 dar- auf hingewiesen, dass die Verletzungs- prophylaxe beim Surfen vernachlässigt wird. Neben einem Aufwärmprogramm von circa 15 Minuten empfiehlt sich als wichtigste Maßnahme das Tragen eines Neoprenanzugs, als Wärmeschutz und zur Verhinderung von Schnittverletzun- gen und Schürfungen.

Prävention

Für den Breiten- und Spitzensport sind folgende Maßnahmen zur Prävention von Verletzungen sinnvoll:

❃ Um Schnitt und Schürfwunden zu vermeiden, empfiehlt es sich, beim Windsurfen auch bei guten klimatischen Verhältnissen Surfanzüge mit langen Beinen und Surfschuhe zu tragen.

❃ Blasen an den Händen können durch Tragen von so genannten Wind-

surfhandschuhen oder Tapen verhin- dert werden.

❃ Das Windsurfmaterial (zum Bei- spiel Gabelbaum, Fußschlaufen) sollte optimal auf den jeweiligen Benutzer ab- gestimmt sein. Dies gilt insbesondere für Windsurfanfänger.

❃ Ein Mastprotektor kann das Ein- klemmen zwischen Mast und Windsurf- board verhindern. Die Verwendung ei- nes Mastfußprotektors kann zudem Verletzungen der Füße vorbeugen.

❃ Das Tragen eines Helms schützt den Kopf beim Kontakt mit dem Mate- rial. Das schlechte Image, dass mit ei- nem Helm verbunden ist, muss abge- baut und der präventive Vorteil den Windsurfern verdeutlicht werden (6).

❃ Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten und Reviereinschätzungen können das Verletzungsrisiko verhin- dern und/oder vermindern.

❃ Ein windsurfspezifisches Krafttrai- ning und ein allgemeines Ausdauertrai- ning sollten durchgeführt werden. Da- bei kann ein kontinuierliches Kraft- training der besonders beanspruchten Rücken- und Schultermuskulatur Be- schwerden im Bereich der Wirbelsäule/

des Rückens vorbeugen. Ein gezieltes Krafttraining der Unterarmbeuger kann das Auftreten eines „Surferarms“ ver- hindern. Für das windsurfspezifische Krafttraining sind die richtige Anwen- dung der Parameter, Umfang und Inten- sität besonders wichtig.

❃ Ein Warm-up vor dem Windsurfen, sowie ein Cool-down danach gehören zu jedem Windsurftag dazu. Gerade beim Windsurfen unter extremen Bedingun- gen ist es wichtig, den Körper auf die körperliche Belastung vorzubereiten.

❃ Koordinationsschulung und men- tales Training sollten überall eingesetzt werden, wo dieses möglich ist. Dies gilt insbesondere für den Spitzensportler beim Training neuer Manöver.

❃ Beim Üben neuer Sprünge oder Manöver sollte das Fußgelenk prophy- laktisch mit einem Tapeverband stabili- siert werden.

❃ Eine Sicherheitsfußschlaufe ähn- lich der Skibindung sollte entwickelt werden.

Segeln und Surfen sind Freizeitsport- arten, die durch die Naturereignisse ge- prägt werden. Das Gleiten einer Jolle oder das Springen über die Wellen mit

dem Surfbrett kann nur noch mit dem Tiefschneefahren verglichen werden.

Wetteränderungen und Zunahme der Windgeschwindigkeit können jedoch erhebliche Gefahren mit sich bringen, sodass eine sorgfältige Ausbildung in Surfschulen zu empfehlen ist.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A 39–42 [Heft 1–2]

Literatur

1. Bornhäuser M, Rieckert H: Volume changes in fore- arm-muscles during static work: a study on training effects with windsurfers of the German Olympic team.

Med Sci Res 1993, 21; 23: 881–883.

2. Gosherger G: Windsurfen: Kopf und Knöchel schützen.

45. Jahrestagung der Vereinigten Süddeutschen Or- thopäden, BadebBadeb 1997.

3. Hinrichs HU: Kinderwindsurfen. In: Steinbrück K, ed.:

Windsurfen. Erlangen: Perimed Fachbuch 1985; 90–

93 .

4. Nehrer S, Engel A, Fasching W: Belastungen im Surf- sport auf den Bewegungsapparat im Erwachsenen- und Kindesalter. Prakt Sporttraum und Sportmed 1988; 3: 32–34.

5. Rieckert H: Sportmedizinische Aspekte beim Segeln und Surfen. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 1993; 44 (7): 301–304 .

6. Schönle C, Matthias HH: Prävention von Sportschäden beim Segeln und Windsurfen. Orthop Praxis 1990; 1:

57–63 .

7. Schönle CH, Klaunig B, Rieckert H: Die körperliche Be- lastung beim Windsurfen. Mat Med Nordm 1981; 33:

117–131 .

8. Schönle CH, Rieckert H: Cardiovascular reactions dur- ing exhausting isometric exercise while windsurfing on a simulator or at sea. Intern Journ of Sports Med 1983; 4 ( 4): 260–264 .

9. Siewers M, Zellmann J: Verletzungsprofil beim Fun- board-Windsurfen. TW Sport + Medizin 1994; 6:

242–247.

10. Siewers M: An injury profile for windsurfing. A sport medical analysis of the world’s best wind surfers. Int J of Sports Med 1999; 20 (1): 110.

11. Steinbrück K, Zewko T, Leonhardt T: Sportverletzun- gen und Sportschäden bei Windsurfern. In: Stein- brück, K, ed.: Windsurfen. Erlangen: Perimed-Verlag 1985; 28–34 .

12. Zitzmann Ch: Die physische und psychische Belastung im Regattasegelsurfen während Training und Wett- kampf am Beispiel des bundesdeutschen Olympiaka- ders Segelsurfen. Dissertation Dtsch Sporthochschule Köln 1993.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Hans Rieckert Abteilung Sportmedizin

Institut für Sport und Sportwissenschaften Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Olshausenstraße 40

24098 Kiel M E D I Z I N

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