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Archiv "Serie: Neue Methoden in der kardialen Funktionsdiagnostik Kipptisch-Test zur Diagnostik vasovagaler Synkopen – Schlußwort" (03.12.1999)

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Literatur

1. Benditt DG, Feruson DW, Grubb BP et al.:

Tilt table testing for assessing synkope. ACC expert consensus document. J Am Coll Car- diol 1996; 28: 263–275.

2. Kenny RA, Ingram A, Bayliss J, Sutton R:

Head-up tilt: A useful test for investigating unexplained syncope. Lancet 1986; 336:

1352–1354.

3. von Scheidt W: Synkope. In: Erdmann E, Riecker G: Klinische Kardiologie. Berlin, Heidelberg: Springer, 1996; 957–983.

Dr. med. Michael Muscholl

Prof. Dr. med. Wolfgang von Scheidt Medizinische Klinik und Poliklinik I Klinikum Großhadern

Ludwig-Maximilians-

Universität München · 81366 München

Wenngleich wir einen venösen Zu- gang beim Kipptisch-Test noch nie benötigt haben, legen wir ihn routi- nemäßig am liegenden Patienten, und zwar 20 min vor der Untersuchung, um prosynkopale Einflüsse durch die In- strumentalisierung zu vermeiden. Bei Verdacht auf eine psychogene Synkope (7) ist der Kipptisch-Test indiziert; es findet sich hierbei meist eine Pseudo- synkope mit stabilen Kreislaufverhält- nissen und unauffälligem zerebralem Doppler, der bei diesem Verdacht zu- sätzlich abgeleitet werden sollte. Die Mehrzahl der Patienten mit einem chronischen Müdigkeitssyndrom (1) leidet unter neurokardiogenen Synko- pen mit pathologischem Befund im Kipptisch-Test.

Der kritische Leserbrief von M.

Mindach bedarf mehrerer Klarstellun- gen: Erstens postulieren Landau und Nelson (4) eine extreme Position weit entfernt von dem üblichen Tenor der Weltliteratur, wenn sie empfehlen, auf den Kipptisch-Test zu verzichten; eine solche Einstellung würde bedeuten, den Patienten mit zum Teil gravieren- den Problemen (rezidivierende bis mehrhundertfache (!) Synkopen mit multiplen Verletzungen und auch mit- unter extremer psychischer Verunsi- cherung) die spezifische Diagnostik und effektive Therapie vorzuenthal- ten. Zweitens ist der Kipptisch-Test positiv, wenn der Patient eine Synkope oder Präsynkope erleidet. Jeder, der Erfahrung mit diesem Test hat, weiß, daß sich nicht selten grenzwertige Be-

funde ergeben, die in ihrer klinischen Bedeutung nicht mit „Voluntarismus“

eingeordnet werden, sondern nach er- folgter subtiler Anamnese, Untersu- chung und Beobachtung des Patienten während des Tests. Zudem haben wir Dihydroergotamin in unserer Arbeit nicht zur Therapie der arteriellen Hy- potonie erwähnt, sondern zur Prophy- laxe der neurokardiogenen Synkope.

Auch ist der Kipptisch-Test nicht ge- eignet, epileptische Anfälle zu diagno- stizieren; er ermöglicht jedoch die Dia- gnose von konvulsiven, neurokardio- genen Synkopen. Schließlich ergibt sich die aufgeworfene Frage nach dem Unterschied zwischen einer „idiopa- thischen“ und einer „neurokardioge- nen“ Synkope spätestens nach der Lektüre unserer Arbeit einerseits und andererseits aus der allgemein bekann- ten Bedeutung des Wortes „idiopa- thisch“.

Asystolien beim Kipptisch-Test treten zum Teil zeitgleich mit der Syn- kope auf und lassen sich somit nicht sicher durch sofortiges Zurückstellen des Tisches vermeiden. Präkordiale Schläge zur Therapie des Herzstillstan- des werden in Reanimationsrichtlinien empfohlen (5); die Methode hat sich auch allgemein bewährt bei Asystolien im Rahmen von Herzschrittmacher- implantationen und -batteriewechsel.

Wenngleich uns nicht bekannt ist, daß andere diese sehr effektive Maßnahme beim Kipptisch-Test bislang eingesetzt hätten, so darf doch spekuliert werden, daß man mit dieser sehr einfachen und sicheren Methode kritische Reanimati- onssituationen durch prolongierte Asy- stolien mit notwendiger externer Herz- massage und anderes vermeiden kann;

entsprechende Komplikationen sind uns aus anderen Kliniken und aus der Literatur bekannt. Der Vorschlag, Asy- stolien im Rahmen neurokardiogener Synkopen durch Hustenstöße des Patienten zu terminieren, ist nach ei- ner eigenen Medline-Literaturrecher- che ebenfalls nicht belegt und nebenbei spätestens bei Eintritt der Synkope nicht mehr realisierbar.

Wie schon in unserer Schlußfolge- rung erwähnt, gibt es gerade bei der Therapie von vasovagalen Synkopen mehrere offene Fragen, die in einigen Leserbriefen dankenswerterweise an- gesprochen und deswegen hier vertieft werden sollen. Keineswegs sollte jeder

Patient mit neurokardiogener (vor al- lem singulärer) Synkope therapiert werden; aber praktisch jeder Patient, der therapiert werden muß, ist auch medikamentös (ohne Herzschrittma- cher) einstellbar. Typische als harmlos einzustufende Synkopen, zum Beispiel im Rahmen verschiedener Begleiter- krankungen wie Infekten, nach länge- rem Krankenlager, nach Miktion oder Dehydratation, bedürfen keiner Thera- pie. Es gibt jedoch insbesondere drei Gruppen von Patienten, die wir medi- kamentös einstellen: « neurokardio- gene Synkopen während des Führens eines Kraftfahrzeuges, ¬rezidivieren- de Synkopen, da eine sehr hohe Wahr- scheinlichkeit weiterer Ereignisse be- steht, ­Patienten mit fehlenden prä- synkopalen Mißempfindungen und konsekutiven Stürzen mit entspre- chend hohem Verletzungspotential.

Die nicht prospektive, aber dennoch wichtige Studie von Natale et al. (6) zum seriellen Kipptisch-Test läßt si- cherlich einige Fragen offen. Grubb et al. (3), Gamache et al. (2) und Sra et al.

(8) konnten zeigen, daß ein negativer Befund bei einer Kontroll-Kipptisch- Untersuchung (bei Patienten mit initial positivem Ergebnis) eine langfristige Symptomfreiheit mit hoher Wahr- scheinlichkeit vorhersagt. Der Sinn von seriellen Untersuchungen zur Thera- piekontrolle ergibt sich auch aus der klinischen Beobachtung, daß der The- rapieerfolg eines bestimmten Medika- mentes nicht vorausgesagt werden kann und andererseits daraus, daß zum Beispiel durch b-Rezeptorenblocker auch prosynkopale Effekte möglich sind. Neurokardiogene Synkopen sind potentiell gefährlich; wir haben in unse- rem Kollektiv schwerwiegende Schä- delverletzungen inklusive zerebraler Blutungen, daneben Gesichts- und Ex- tremitätenfrakturen sowie Autounfälle gesehen. So wird zu Recht empfohlen, einen Patienten mit einem Medika- ment zu behandeln, welches im Kon- trolltest effektiv ist (2, 3, 8).

Literatur bei den Verfassern Dr. med. Martin H. Hust Karl F. Heck

Dr. med. Matthias W. Keim Kreiskrankenhaus Reutlingen Steinenbergstraße 31

72764 Reutlingen A-3112

M E D I Z I N DISKUSSION

(48) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 48, 3. Dezember 1999

Schlußwort

(2)

Voranstellen möchte ich meine Hoffnung, daß solche von humanitä- rem ärztlichen Anliegen getragene Be- fragungen, welche Behandlung betag- te lebensbedrohlich Erkrankte wün- schen, nicht von politischer oder von Seiten der Kostenträger zum Nachteil der Patienten falsch interpretiert wer- den. Natürlich ist der Patientenwunsch, der sich aber auch ändern kann, und die (vermehrt auch wissenschaftlich be- achtete) Lebensqualität für ärztliches Handeln von größter Bedeutung (1–4).

Doch ergänzend möchte ich auf die Be- deutung der therapeutischen Bezie- hung und Begegnung hinweisen (1, 3, 4). Bei guter Beziehung sind nicht nur zutreffendere Einschätzungen der Pati- entenwünsche durch Behandlungs- team und Angehörige (als die von den Autoren wiedergegebenen) zu erwar- ten, sondern auch geriatrische Pflege- patienten dürften eher Vertrauen zu Behandlungsangeboten fassen. Mich hat die niedrige Befürwortung der Pati- enten zu einer (ja relativ nebenwir- kungsarmen) Antibiotikatherapie der Züricher Studie überrascht. Ich möchte daher den Ergebnissen der Autoren ei- ne eigene Befragung gegenüberstellen, da hier – bei ansonsten ähnlicher Fra- gestellung und Setting – die Zustim- mung chronisch schizophrener Patien- ten zu ärztlicher Behandlung wesent- lich höher lag und auch die zutreffende Einschätzung der Patientenantworten durch Pflegepersonal recht hoch war (4). Ersteres ist besonders bemerkens- wert, da eine chronische Schizophrenie insbesondere die subjektive Befindlich- keit, Beziehungsfähigkeit, Persönlich- keit und so auch die sozialen Möglich- keiten stark beeinträchtigt sowie die Fähigkeit, angenehme Gefühle erleben zu können (Anhedonie). Ferner ist die Häufigkeit von Suizidversuchen und

Suiziden bei Schizophrenen, gerade auch in stationären Einrichtungen, deutlich erhöht. (Formale Probleme bei Studienvergleichen, wie etwa auch das niedrigere Alter der von uns be- fragten Teilnehmer oder anderes, kann ich hier nicht näher ausführen.) Bei un- serer hier vorgestellten Untersuchung wurde zuerst nach dem generellen Wunsch nach somatischer Therapie im Falle einer lebensbedrohlichen körper- lichen Erkrankung gefragt, anschlie-

ßend nach einzelnen, zunehmend bela- stenderen Behandlungsmöglichkeiten.

Bei allen Fragen wurden mögliche un- angenehme Nebenwirkungen der Be- handlung betont. Befragt wurden alle in einer psychiatrischen Behinderten- einrichtung lebende Menschen, für die die Ein-/Ausschlußkriterien (siehe un- ten) zutrafen, keiner lehnte die Teil- nahme ab. So nahmen 10 ältere Heim- bewohner (4 Männer, 6 Frauen) im Al- ter von 56 bis 79 Jahren (Durchschnitt 65,7 Jahre) teil, die an einer chroni- schen Schizophrenie leiden. Bei der Hälfte (alle Männer, eine Frau) war zu- sätzlich in der Vergangenheit Alkohol- mißbrauch aufgetreten (jetzt absti- nent), ferner bestanden teilweise chro- nische körperliche Leiden. Vorweg wa- ren Demenz, akute Suizidalität und Depression ausgeschlossen worden.

Die Patienten mußten nach Einschät- zung vom psychiatrischen Facharzt und Pflegepersonal in der Lage sein, die Fragen adäquat zu verarbeiten und zu verstehen. Ferner durfte kein Anhalt für eine lebensbedrohliche Krankheit bestehen. Auf die erste Frage, ob die Patienten im Falle einer lebensbedroh- lichen Erkrankung eine ärztliche Be-

handlung – trotz eventueller Nebenwir- kungen – wünschen würden, antworte- ten 8/10 mit ja, 1/10 unentschieden, 1/10 mit nein. Lindernde ärztliche Maß- nahmen, zum Beispiel Schmerzmittel, wünschten aber alle Befragten. Eine Behandlung mit Antibiotika (zum Bei- spiel im Falle einer Lungenentzün- dung) wünschten 7/10, 2/10 waren un- entschieden, 1/10 dagegen. Immerhin noch 5/10 würden wenn nötig auf einer Intensivstation behandelt werden wol- len, 2/10 waren unentschieden, 3/10 lehnten eine intensivmedizinische Be- handlung ab. Insgesamt nahm also die Zustimmung zu ärztlicher Behandlung mit zunehmenden Nebenwirkungen und zu erwartender zunehmender Ein- schränkung der Lebensqualität ab. Für 3/10 der Patienten hatte die jeweils zu- ständige Krankenschwester alle Ant- worten ihrer Patienten richtig vorher- gesagt. Bezogen auf die Gesamtheit der Fragen schätzte das Pflegepersonal da- gegen die Antworten ihrer Patienten für 7/10 richtig und nur für 3/10 unrich- tig ein. Betonen möchte ich abschlie- ßend aber, daß keine Statistik eine the- rapeutische Beziehungsaufnahme zum Patienten und die Fragen nach seinen individuellen Sorgen und Behand- lungswünschen ersetzen kann.

Literatur

1. Frede U: Behandlung unheilbar Erkrankter.

Weinheim: Psychologie Verlags Union, 1992;

37–48.

2. Hope T, Oppenheimer C: Ethics and the psy- chiatry of old age. In: Jacoby R, Oppenhei- mer C (eds): Psychiatry in the elderly. Ox- ford: Oxford University Press, 1997; 709–735.

3. Kipp J, Unger H-P, Wehmeier PM: Bezie- hung und Psychose. Stuttgart: Thieme, 1996;

29–75.

4. Nowack N et al.: Versorgungsangebote für psychisch behinderte Menschen in Sachsen- Anhalt – Wünsche und Wirklichkeit. (In Vor- bereitung)

Dr. med. Nicolas Nowack

Psychiatrisches Pflegeheim Salzwedel Hoyersburger Straße 60

29410 Salzwedel

Die Autoren haben auf ein Schlußwort verzichtet A-3113

M E D I Z I N DISKUSSION

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 48, 3. Dezember 1999 (49)

Lebensverlängernde Maßnahmen in der geriatrischen Langzeitpflege

Wie ist die Akzeptanz Betroffener?

Ältere chronisch schizophren erkrankte Menschen

Zu dem Beitrag von

Med. pract. Georg Bosshard Prof. Dr. med. Walter Bär

Priv.-Doz. Dr. med. Albert Wettstein in Heft 21/1999

Referenzen

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