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Begründung Die Berner Landwirtschaft steckt in der Krise

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M 215/2002 VOL 7. Mai 2003 43C

Motion

1313 Kaufmann, Bern (SP)

Weitere Unterschriften: 45 Eingereicht am: 18.11.2002

Bio-Kanton Bern

Der Regierungsrat wird beauftragt

Dem Grossen Rat eine Revision des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes vom Juni 1997 vorzulegen, welche darauf abzielt, die kantonale Landwirtschaftspolitik in Zukunft voll auf Biolandbau auszurichten.

Begründung

Die Berner Landwirtschaft steckt in der Krise. Die Ereignisse um die Swiss Dairy Food haben nicht nur grosse Mängel am Landwirtschaftsmanagement aufzeigt, sondern auch grundlegende Probleme unserer Milchwirtschaft.

Es hat sich gezeigt, dass der in der neuen Agrarpolitik ansonsten akzeptierte Trend nach mehr Qualität (und weniger Quantität) vor allem im Bereich Milchproduktion bisher kaum zum Tragen kommt. Nach wie vor werden auch in bernischen Betrieben mit zugekauften Kraftfuttermitteln Kühe zu Hochleistungen gebracht. Die Zuchtziele für Milchvieh richten sich nach wie vor nach Höchstleistungen, statt nach dem Typus der sogenannten

„Rauhfutterkuh“, welche in erster Linie mit hofeigenem Futter auskommt.

Der Biolandbau (mit der Verpflichtung auf 80-90 Prozent hofeigenes Futter in der Milchwirtschaft) ist der einzige Ansatz für eine vernünftige zukünftige Landwirtschaft und Milchwirtschaft. Er bringt zudem alle anderen Vorteile für die Natur und Landschaft, und den Bauern die Möglichkeit, mit Direktzahlungen und guten Preisen zu überleben.

Innovation und Qualitätsleistungen sollen mit öffentlichen Geldern honoriert werden.

Deshalb soll die Berner Landwirtschaft – welche mit rund 70 Prozent – IP-Anteil bereits in der richtigen Richtung gesteuert wird – noch stärker auf ein Szenario Bio-Kanton Bern verpflichtet werden.

Der Kanton kann dazu mit seiner eigenen Agrarpolitik Anreize geben.

Im kantonalen Landwirtschaftsgesetz sollen klare Vorgaben gesetzt werden. Denkbar sind:

Exklusiver Einsatz der öffentlichen bernischen Agrargelder nur noch für Biobetriebe, zusätzliche Anreizsysteme für Umstieg auf Biolandbau und für Gemeinden oder Regionen mit einem Konzept für die Umstellung auf Biolandbau, Förderung von Bioproduktion, usw.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 22.11.2002

Antwort des Regierungsrates

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Mit dem Vorstoss soll der Regierungsrat beauftragt werden, dem Grossen Rat eine Revision des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes (KLwG) vorzulegen, welche darauf abzielt, die kantonale Landwirtschaftspolitik bzw. deren Fördermassnahmen in Zukunft voll auf Biolandbau auszurichten. Konkret sollen im KLwG klare Vorgaben und Anreize gesetzt werden, damit die öffentlichen bernischen Agrargelder exklusive nur noch den Biobetrieben, den Bioprodukten sowie den Gemeinden und Regionen mit einem Konzept für die Umstellung auf Biolandbau zugute kommen.

Der Regierungsrat hat für das Anliegen des Motionärs zwar Verständnis, lehnt die Motion jedoch aus ökonomischen, ökologischen, markt-, struktur-, sozial- und ordnungspolitischen Überlegungen ab.

Allgemeines

Die neunziger Jahre waren geprägt durch politische Auseinandersetzungen um die strategische Ausrichtung der schweizerischen Agrarpolitik. Im Jahr 1996 haben Volk und Stände einem neuen Verfassungsartikel klar zugestimmt. Dieser gibt vor, dass eine nachhaltige, auf den Markt ausgerichtete multifunktionale Landwirtschaft gefördert werden soll. Das neue eidgenössische Landwirtschaftsgesetz (LwG) vom 29.4.1998 bildet den Rahmen für die nachhaltige Entwicklung einer multifunktionalen Landwirtschaft und für die weitere Liberalisierung der Agrarmärkte. Die drei Grundpfeiler der Nachhaltigkeit sind die Ökonomie, die Ökologie und das Soziale.

Das kantonale Landwirtschaftsgesetz (KLwG) und die Bernische Agrarstrategie 2000 stehen im Einklang mit der Agrarstrategie des Bundes (AP 2002 und AP2007).

Auf Bundesebene werden die ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen der agrarpolitischen Massnahmen laufend auf ihre Zielerreichung überprüft. Wie die jährlichen Agrarberichte des Bundes aufzeigen, kann der Landwirtschaft in Bezug auf den Zielerreichungsgrad ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt werden.

Der Regierungsrat geht deshalb davon aus, dass für die nächste Reformetappe auf Stufe Bund (AP 2007) keine grundlegenden strategischen Änderungen, sondern lediglich Feinabstimmungen der heutigen Instrumente beschlossen werden. Vor diesem Hintergrund hat der Regierungsrat keine Veranlassung, von der engen strategischen Anlehnung an die Agrarpolitik 2002 / 2007 des Bundes und vom Prinzip der nachhaltigen Entwicklung einer multifunktionalen bernischen Landwirtschaft abzurücken. Ein agrarpolitischer Alleingang im Sinne des Motionärs ist weder gerechtfertigt noch verantwortbar.

Ökologische Überlegungen

In der Ökologie (inkl. Biolandbau) hat sich die bernische Landwirtschaft seit 1996 von allen drei Nachhaltigkeitspfeilern mit Abstand am erfolgreichsten entwickelt. Am ökologischen Erfolg sind die meisten bernischen Landwirtschaftsbetriebe massgebend beteiligt – nicht nur die Biobetriebe – weil die Direktzahlungen in der Schweiz an einen strengen ökologischen Leistungsnachweis gekoppelt sind und der Bund besonders naturnahe, umwelt- und tierfreundliche Produktionsformen und deren Ausdehnung zusätzlich mit Öko- und Ethobeiträgen fördert. Die Ökobeiträge müssen gemäss LwG so bemessen sein, dass sich die besondere ökologische und ethologische Leistung für die Landwirtschaft lohnt (inkl.

Biolandwirtschaft). Das ökologische Anreizsystem des Bundes, das vom Kanton Bern nicht nur vollzogen, sondern im Rahmen der agrarpolitischen Aufgabenverflechtung auch finanziell unterstützt wird, hat bis heute mehr als 10 Prozent ökologische Ausgleichsflächen bewirkt. Gestützt auf die neue eidg. Ökoqualitätsverordnung begünstigt der Kanton Bern seit 2001 zudem die regionale Verbesserung der Qualität und Vernetzung der ökologischen Ausgleichsflächen. Ausserdem konnte die Umweltbelastung der bernischen Landwirtschaft seit Beginn der neunziger Jahre drastisch reduziert werden – namentlich die

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Stickstoffbelastung, die Phosphorüberschüsse, der Input an Pflanzenschutzmitteln und Wachstumsregulatoren sowie der Anteil an treibhausrelevanten Gesamtemissionen. Die besonders tierfreundliche Haltung der Nutztiere hat sich ebenfalls auf breitester Basis positiv entwickelt. Mehr als die Hälfte der bernischen Grossvieheinheiten (GVE) haben Auslauf im Freien nach den Regeln des RAUS-Programms. Gemeinsam mit dem Bund begünstigt der Kanton Bern bei der Investitionshilfe den Bau von besonders tierfreundlichen Stallhaltungssystemen mit Zuschlägen bis zu 20 Prozent.

Parallel zu den ökologischen und ethologischen Leistungsverbesserungen der bernischen Landwirtschaft im öffentlichen Interesse hat sich besonders auch der Umstieg auf Biolandbau sehr erfreulich entwickelt. Zu den 6082 schweizerischen Biobetrieben im Jahr 2002 (nach „Bio Suisse“) zählten nicht weniger als 1'370 bernische Biobetriebe (22,5 %).

Diese bewirtschafteten 19'700 ha Landwirtschaftliche Nutzfläche (LN), entsprechend knapp 20 Prozent der schweizerischen Biofläche. Im Jahr 2002 betrug der kantonale Anteil Biobetriebe 10,7 Prozent und der Anteil Biofläche an der gesamten Landwirtschaftlichen Nutzfläche 10,5 Prozent. Mit diesem Bioflächenanteil liegt der Kanton Bern über dem schweizerischen Durchschnitt. Von 1990 bis zum Inkrafttreten der AP 2002 im Jahr 1999 hat der Kanton Bern die Umstellung auf Biolandbau mit Anreizbeiträgen in der Höhe von insgesamt rund 8.5 Mio. Franken unterstützt. Die Aufhebung dieser Beiträge erfolgte im Zuge der Haushaltsanierung in der Novembersession 1999 des Grossen Rates und wurde mit der neuen Agrarpolitik des Bundes und marktpolitischen Überlegungen begründet.

Marktpolitische Überlegungen

Ein wesentlicher Anreiz für die Umstellung auf Bioproduktion stellt die sogenannte Bio- bzw. Spezialitätenrente dar, d.h. die Preisdifferenz am Markt zwischen konventionellen und biologischen Produkten. Ein aktives Eingreifen des Staates in den Markt – auch in den Biomarkt – stört unwillkürlich das Marktgleichgewicht und drückt die reelle Bio- bzw.

Spezialitätenrente. Die Leidtragenden wären dadurch die heutigen Bioproduzenten, deren Vorleistungen durch künstlich gedrückte Marktpreise geschmälert würden.

Das Beispiel zeigt, dass sich der Staat so weit als möglich aus dem Marktgeschehen heraushalten soll. Denn heute ist die Mengen- und Qualitätssteuerung bei der landwirtschaftlichen Produktion (inkl. Bioproduktion) mit Bezug auf die Regulierung des Marktgleichgewichts eine Aufgabe des Marktes bzw. der Branchenorganisationen. In Anbetracht dieser Zusammenhänge erachtet es der Regierungsrat nicht als angebracht und ordnungspolitisch nicht opportun, mit bernischen Agrargeldern im Sinne des Motionärs im Biomarkt einzugreifen.

Struktur- und sozialpolitische Überlegungen

Während die bernische Landwirtschaft in der Ökologie und im Biolandbau europäische Spitze ist, befindet sie sich infolge von Strukturschwächen in den Bereichen Ökonomie und Soziales immer mehr im Rückstand. Die Beurteilung der wirtschaftlichen und strukturellen Schwächen der bernischen Betriebe anhand der Buchhaltungsergebnisse fällt ernüchternd aus. So liegt das landwirtschaftliche Einkommen der bernischen Bauernfamilien seit Jahren deutlich unter dem schweizerischen Durchschnittseinkommen (- 8 bis –15 %). Das bedeutet, dass die Betriebe (auch Biobetriebe) in finanziell guter Situation im Kanton Bern noch rarer sind als im schweizerischen Durchschnitt. Ebenfalls stark im Hintertreffen ist die bernische Landwirtschaft in allen Regionen auch bei den landwirtschaftlichen Strukturen.

So beträgt das Berner Milchkontingent im Durchschnitt nur gerade 63‘400 Kilo (4'530 kg je ha LN), während die Kontingente in der Waadt 102'900 Kilo (4'614 kg je ha LN), im Kanton Freiburg 105'800 Kilo (5'136 kg je ha LN) und im Thurgau gar 111'700 Kilo (7'206 kg je ha LN) betragen. Auch punkto Betriebsgrösse sind die bernischen Bauernbetriebe um rund 3 Hektaren kleiner als im schweizerischen Durchschnitt.

Erste agrarpolitische Priorität hat für den Regierungsrat somit die Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktionsstrukturen und der preislichen Wettbewerbsfähigkeit. Zwar liegt die Verantwortung für strukturelle Anpassungen in erster Linie bei den

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landwirtschaftlichen Unternehmen selbst. Dennoch müssen Bund und Kanton Bern mit Hilfe von Struktur begünstigenden und sozial begleitenden Massnahmen in Form von Investitions- , Start- , Betriebs- , Diversifizierungs- und Umschulungsbeihilfen einen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf und das Tempo des Strukturwandels nehmen.

Ordnungs- und vollzugspolitische Gründe

Das KLwG ist in erster Linie ein Ausführungserlass zum Bundesgesetz über die Landwirtschaft (LwG). So verlangt der Bund bei den agrarpolitischen Verbundmassnahmen ultimativ die Mitbeteiligung der Kantone in Sachen Finanzierung und regionale Feinabstimmung. Darüber hinaus haben die eigenständigen kantonalen Massnahmen – wie die Begünstigung der Regionalvermarktung, des Viehabsatzes und der Viehvermarktung im Hügel- und Berggebiet sowie der Pflege des Kulturlandes unter erschwerten Bedingungen – die Bundesmassnahmen sinnvoll zu unterstützen und zu ergänzen.

Eine finanzielle Abkehr des Kantons Bern von den Verbundmassnahmen des Bundes hätte schwerwiegende finanzielle Einbussen für die bernische Landwirtschaft zur Folge und wäre sozial unverträglich. Deshalb haben sich auch die eigenständigen kantonalen Massnahmen an den Rahmenbedingungen der aktuellen Agrarpolitik des Bundes auszurichten.

Dem Regierungsrat ist es ein zentrales Anliegen, den strukturellen und einkommensmässigen Rückstand in der bernischen Landwirtschaft möglichst rasch und sozialverträglich aufzuholen. Er misst dabei dem Schutz der sozialen Lage sowie der Förderung des sozialen Wohls der Bauernfamilien durch Abfederung der unerwünschten Folgen des Strukturwandels eine hohe Bedeutung zu – namentlich im abgelegenen, wachstumsschwachen Hügel- und Berggebiet. Aus diesen Gründen will er an der heutigen schwergewichtigen Zweckbestimmung der bernischen Agrargelder festgehalten.

Der Regierungsrat stellt zusammenfassend fest, dass die rechtlichen und agrarstrategischen Voraussetzungen zur Begünstigung einer nachhaltigen und sozial verträglichen Entwicklung der bernischen Landwirtschaft nach wie vor gegeben sind. Er sieht deshalb keine Veranlassung für ein Abrücken von der Bernischen Agrarstrategie 2000 und für eine Revision des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes (KLwG).

Antrag: Ablehnung der Motion An den Grossen Rat

Referenzen

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