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Begründung: Erneut ist die Gämsblindheit im Berner Oberland ausgebrochen

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M 202/2003 VOL 29. Oktober 2003 43C

Motion

2952 Staub-Beccarelli, Thun (FDP)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 03.09.2003

Gämsblindheit: Nicht zuschauen – handeln!

Der Regierungsrat wird beauftragt:

1. sich mit einem angemessenen Beitrag bei der Bekämpfung der Gämsblindheit zu beteiligen.

2. sich beim Bund für einen angemessen Forschungsbeitrag zu engagieren.

Begründung:

Erneut ist die Gämsblindheit im Berner Oberland ausgebrochen. Eine Krankheit, die sich rasch ausbreiten kann und den Tieren arg zu schaffen macht. Die blinden Tiere können abstürzen oder verhungern, weil ihnen die Nahrungssuche verunmöglicht wird. Führen sie von der Muttermilch abhängige Jungtiere - das ist zur Zeit der Fall – werden auch diese elendiglich zu Grunde gehen. Den Wildhütern in den betroffenen Gebieten bleibt nur noch die höchst unangenehme Aufgabe, die Tiere zu erlösen.

Für Gämsen, aber auch für Steinböcke besteht Ansteckungsgefahr. Die Ursache der Krankheit ist erforscht. Schafe sind Träger der verursachenden Krankheit „Gämsblindheit“.

Kommt es zu Begegnungen zwischen Schafen und Gämsen, sind es die Fliegen, die dann das spezielle Bakterium auf die Gämsen und Steinböcke übertragen. Die Gefahr der Ausweitung auf weitere Tiere und Arten ist gross.

Die aktuelle Forschung geht in zwei Richtungen: einerseits die Entwicklung eines Impfstoffes und andererseits, das Risiko durch die Begegnung zwischen Schafen und Gämsen zu minimieren. Wie überall fehlt das Geld. Es ist unbestritten, dass grössere Fortschritte bei der Bekämpfung erzielt werden könnten, wenn der politische Wille und das nötige Kleingeld vorhanden wäre. An der Forschung beteiligen sich mit Beiträgen Stiftungen, Private, Schafzüchter, Jäger und der Bund (BUWAL). Der Kanton Bern hat sich früher indirekt am Forschungsprogramm beteiligt, indem befallene Tiere in der Wildstation Landshut zur Untersuchung aufgenommen wurden.

Ich bitte den Regierungsrat dringend einen angemessenen Beitrag zu sprechen. Meines Erachtens sind alle Kantone, in denen Tiere diese Krankheit aufweisen, (Bern, Graubünden, Uri, Wallis) gefordert, sich an der Forschung zur Bekämpfung dieser heimtückischen Krankheit zu beteiligen. Ebenso soll die Bundesbehörde dazu aufgefordert

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werden, damit wir innert nützlicher First eine Lösung haben und nicht jedes Jahr befürchten müssen, dass die Krankheit wiederum ausbricht.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Gewährt: 11.09.2003

Antwort des Regierungsrates

Mit der Motion soll der Regierungsrat beauftragt werden, dass er sich mit einem angemessenen Beitrag an der Bekämpfung der Gämsblindheit beteiligt und sich beim Bund für einen angemessenen Forschungsbeitrag engagiert.

Die Gämsblindheit ist die häufigste infektiöse, spezifische Augenerkrankung von Schafen und Ziegen sowie von Gämsen und Steinböcken. Beim Erreger handelt es sich um Mycoplasmen (Mycoplasma conjuctivae), d.h. um kleinste Mikroorganismen, die sich wie Bakterien durch Zellteilung vermehren, aber keine starre Zellwand und ein überaus klein dimensioniertes Erbgut besitzen. Das macht die Zucht und den Nachweis von Mykroplasmen sehr schwierig. Im Rahmen des Projektes „Gämsblindheit“ konnten zwar Methoden entwickelt werden, mit denen der Erreger selbst bzw. der von ihm ausgelöste Antikörper festgestellt werden kann. Die Entwicklung eines Impfstoffes gegen die Gämsblindheit ist aber auf Grund der erwähnten speziellen Biologie von Mykroplasmen äusserst schwierig.

Der Krankheitserreger wird über Körperkontakt zwischen Tieren und durch sich verflüchtigende Tränenflüssigkeit, indirekt aber auch durch Fliegen übertragen.

Voraussetzung sind somit Begegnungen auf kurze Distanz. Diese finden bei Gämsen, Steinböcken und Schafen z.B. bei der Nahrungsaufnahme, an Tränken oder vor allem an Salzlecken statt, auch wenn Gämsen (vermutlich auch Steinböcke) die von Schafen genutzten Gebiete normalerweise eher meiden.

Der Erreger Mycroplasma conjuctivae führt zu einer Entzündung der Bindehaut und der Hornhaut. In schwereren Fällen spriessen feinste Blutgefässe in die Hornhaut ein oder Wasser sammelt sich zwischen den Hornhautzellen. Die Oberfläche der Hornhaut kann beschädigt und sogar durchbohrt werden. Die Hornhaut vernarbt zwar mit der Zeit, die Sehschärfe ist jedoch verloren gegangen. Die erblindeten Tiere irren umher, verlieren den Anschluss zu den andern Tieren, sind bei der Nahrungsaufnahme behindert und bringen sich im schwierigen Gelände in Gefahr.

Bei Schafen und Ziegen verläuft die Gämsblindheit in der Regel in einer milden Form. Als Haustiere können sie behandelt und meistens ohne bleibende Schäden geheilt werden. Für die Halter unangenehme Situationen entstehen, wenn ihre sehbehinderten Tiere auf steilen Alpweiden herumirren und abzustürzen drohen.

Bei den Wildtieren verläuft die Gämsblindheit oft ebenfalls in einer milden Form, und nur verstreut sterben einzelne Tiere. Wildtiere können im Gegensatz zu Haustieren jedoch nicht behandelt werden. Die Gämsblindheit kann sich deshalb in Gäms- und Steinbockrudeln epidemisch ausbreiten. Dutzende von Wildtieren gehen in solchen Epidemien an allgemeiner Schwäche ein oder stürzen ab. Die Sterberate kann bis zu 30% ausmachen.

Im Kanton Bern trat die Gämsblindheit erstmals im Jahr 1926 bei Gämsen am Stockhorn auf, 10 Jahre später bei Steinböcken am Augstmatthorn. Seither ist sie insbesondere beim Gämswild in der Schweiz wiederholt lokal oder in Form von regelrechten Epidemien aufgetreten, zum Beispiel im Raum Simmental - Gruyères in den Jahren 1997 bis 1999. An der Stockhornkette führte die Epidemie zu einer geschätzten Sterblichkeit von rund 25%, d.h. jede vierte dort lebende Gämse starb an den Folgen der Gämsblindheit! Seit 2001 waren die Gebiete Gental-Engstlenalp, Gadmental, Haslital, Kiental, Kandertal und Engstligental betroffen. Derzeit wütet die Gämsblindheit im Raum Grindelwald- Schwarzhorn-First-Faulhorn. Viele Gämsen irren im Wandergebiet blind herum und drohen abzustürzen oder zu verhungern.

Mit der bereits erwähnten, im Rahmen des Projekts „Gämsblindheit“ erarbeiteten Nachweismethode und systematischen Blutuntersuchungen in allen Schweizer Kantonen

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konnte festgestellt werden, dass die Schweizer Schafpopulation das Reservoir für den Erreger der Gämsblindheit darstellt. Ein hoher Anteil der Schafe wird zumindest einmal im Verlauf ihres Lebens mit Mycoplasma conjunctivae infiziert. Der Erreger zirkuliert innerhalb und zwischen den einzelnen Herden. Der Infektionsherd wird offenbar durch häufige Kontakte zwischen Schafen z.B. beim Tiertransport aufrecht erhalten und klingt so nie ganz ab.

Im Gegensatz zu den Schafen kann eine Gämspopulation den Erreger der Gämsblindheit nicht dauerhaft beherbergen. Eine Infektion klingt nach einer gewissen Zeit ab und verschwindet wieder (Gämsen sind für Mycoplasma conjunctivae somit ein sog.

„Sackgassenwirt“).

Bekämpfungsmassnahmen

a. Gezielte Abschüsse bei Gämsen und Steinböcken, Vermeidung von Störungen

Viele erkrankte Gämsen und Steinböcke werden wieder gesund, selbst wenn sie vorübergehend erblinden. Erkrankte Tiere zu erlegen, ist deshalb nicht sinnvoll, umso weniger, als durch diese rigorose Massnahme auch nicht verhindert werden könnte, dass sich die Epidemie weiter ausbreitet. Nur der gezielte Abschuss erblindeter und wenig überlebensfähiger Gämsen macht daher Sinn. Abgesehen davon sollten befallene Gäms- und Steinbockrudel möglichst wenig gestört werden. Eine entsprechende Aufklärung und Information von Touristen und Berggängern in der Region ist deshalb notwendig. Diese Massnahmen werden vom Jagdinspektorat bereits getroffen und umgesetzt.

b. Vorbeugende Massnahmen bei Gämsen, Steinböcken und Schafen

In Wildbeständen erkranken und sterben umso mehr Tiere, je grösser die befallene Population ist (die Grösse hat aber keinen Einfluss auf den Ausbruch einer Epidemie). Als prophylaktische Massnahme kann deshalb empfohlen werden, Wildtierpopulationen durch jagdliche Regulierung dem vorhandenen Lebensraumangebot anzupassen. Im Kanton Bern haben wir heute jedoch nirgends in diesem Sinne zu hohe Gäms- und Steinbockpopulationen. In der Jagdplanung sind deshalb vorderhand keine besonderen Massnahmen vorgesehen.

Das Anlegen von künstlichen Salzlecken für Nutz- oder Wildtiere kann ungewollt die Begegnungen zwischen Schafen und Wildtieren und damit die Krankheitsübertragung fördern. Salzlecken sollten deshalb vorsorglich so angelegt werden, dass sie für artfremde Tiere möglichst nicht nutzbar sind (z.B. an für Schafe unzugänglichen oder für Gämsen zu stark gestörten Stellen). Das Jagdinspektorat wird die betroffenen Kreise vermehrt informieren und entsprechende Massnahmen empfehlen.

Das Übertragungsrisiko von M. conjunctivae kann auch über die Nutztiere minimiert werden. Die Volkswirtschaftsdirektion wird eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern des Jagdinspektorates, der Abteilung Veterinärdienst sowie des Schafzuchtverbandes beauftragen, entsprechende Massnahmen zu prüfen.

c. Künftiger Impfstoff für Schafe und weitere wildbioligische Massnahmen

Eine systematische, vorbeugende Impfung aller gesömmerten Nutztiere ist zur Zeit noch nicht möglich. Die im Rahmen des Projektes Gämsblindheit durchgeführten Impfstoffversuche waren leider nicht erfolgreich.

Gegenwärtig laufen im Rahmen des Projektes Gämsblindheit folgende Forschungsarbeiten:

- Das Institut für Veterinär-Bakteriologie der Universität Bern untersucht zur Zeit die molekularen Mechanismen für die Entstehung der Infektion und der schweren klinischen Symptome. Die Klärung dieser Frage bis 2005 bildet die Grundlage für weitere immunologische Studien, die 2-3 Jahre in Anspruch nehmen werden, und von denen man sich die Entwicklung eines Impfstoffes sowie bessere Nachweismethoden erhofft.

- Wildbiologisch weiter untersucht wir der Übertragungsmechanismus zwischen Schafen und Gämsen. Die genaue Kenntnis der Art und Weise von Begegnungen ermöglicht die Formulierung von konkreten Vorschlägen zur Lenkung des Tierverhaltens. Die

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wildbiologischen Abklärungen in ausgewählten Weidegebieten des Berner Oberlandes erstrecken sich auf eine Periode von 3 Jahren.

Der Regierungsrat ist bereit, im Rahmen seiner bestehenden erläuterten Instrumente an die konkrete Bekämpfung der Gämsblindheit beizutragen. Demgegenüber ist die Erforschung der Gämsblindheit und entsprechender Bekämpfungsmassnahmen Aufgabe des Bundes.

Vor diesem Hintergrund und in Anlehnung an den RRB 0190 vom 22. Januar 2003, wonach alle Motionen und Postulate, welche bei Annahme zu Kostenfolgen führen, zur Ablehnung beantragt werden sollen, lehnt der Regierungsrat Punkt 1 der Motion ab.

Gestützt auf seine Ausführungen ist der Regierungsrat aber bereit, sich beim Bund dafür einzusetzen, dass die eingeleiteten Forschungsarbeiten fortgesetzt werden können.

Antrag

Punkt 1: Ablehnung Punkt 2: Annahme

An den Grossen Rat

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