verabreicht. Die Einstellung „es hilft doch beim spinalen Trauma“ und „es schadet ja nicht“ scheint weit verbrei- tet. Als die CRASH-Studie begann, ha- ben auch in Deutschland Neurochirur- gen noch mit Vehemenz NASCIS ver- teidigt.
Daher ist es ein großer Verdienst der CRASH-Studie, diese unbefriedigende Situation beenden zu wollen und ver- lässliche Daten zu Wirksamkeit und Nebenwirkung zu finden. CRASH ori- entiert sich ausdrücklich an den von Moskopp zitierten Arbeiten von Gaab et al. (3, 4). Diese haben keineswegs die Frage nach Wirksamkeit und Risiko von Dexamethason bei Schädel-Hirn- Trauma beantwortet, sondern nur die Unmöglichkeit gezeigt, dies mit der an- gewandten Methodik bei durch reine Klinikteilnahme erreichbaren Fallzah- len evident abzuklären. Prof. Gaab war daher am Design der CRASH-Studie beteiligt. In der Publikation (3) wie in der Diskussion innerhalb der Deut- schen Gesellschaft für Neurochirurgie wurde festgestellt, dass sich ein Ergeb- nis nur erzielen lässt, wenn:
>entweder bei begrenzten Fallzah- len aufwendige weitere Daten erfasst werden, wie zum Beispiel regelmäßige quantitative CT-Auswertung, oder
>wenn bei einem klinisch einfache- ren Design weitaus höhere Fallzahlen erreicht werden, die vorher statistisch festzulegen sind.
Letzterem Weg folgt die CRASH- Studie, da diese auch umfassender die Nebenwirkungen dokumentiert.
Auch bei CRASH reicht natürlich die Glasgow Coma Scale (GCS) von 3 bis 15. Ein GCS-Wert von 14 markiert lediglich die Einschlussgrenze.
Neben der Letalität wurde auch eine Reihe möglicher Nebenwirkungen er- fasst. Bereits während der Rekrutie- rungsphase wurde zu festgesetzten Zeitpunkten auch daraufhin analysiert.
Der Abbruch der Studie und die rasche Publikation erfolgten auf Drängen die- ses Data Monitoring and Ethics Com- mittee.
Die Auswertung nach verschiedenen Kriterien – etwa Alter, Geschlecht, Be- gleitverletzungen oder Nebenwirkun- gen – ist möglich. Auch wir sehen der Gesamtauswertung daher mit großem Interesse entgegen.
Literatur
1. Hurlbert RJ: Methylprednisolone for acute spinal cord injury: an inappropriate standard of care. J Neurosurg.
2000; 93 (Suppl.): 1–7.
2. Kalkum M, Gaab MR: Kortikosteroide beim Schädel- hirntrauma – Ist alles gesagt? Notfall & Rettungsme- dizin 5 2002.
3. Gaab MR et al.: „Ultrahigh“ dexamethasone in acute brain injury. Results from a prospective randomized double-blind multicenter trial (GUDHIS). Zentralbl Neurochir 1994; 55: 135–143.
4. Gaab MR, Dietz H: Ultrahohe Dexamethason-Kurz- zeittherapie bei Schädel-Hirn-Trauma. Rationale und Design einer Multicenter-Studie. Neurochirurgia 1989;
4: 93–100.
Dr. med. Mathias Kalkum Kreiskrankenhaus Tirschenreuth St.-Peter-Straße 31
95643 Tirschenreuth
Schlusswort
Bei Hirnödemformen, die durch intra- kranielle Tumoren, auch Abszesse, ver- ursacht werden, besteht eine akzeptier- te Indikation für Corticosteroide. Keine entsprechende neuromedizinische Indi- kation wird derzeit gesehen nach Trau- mata, Hämorrhagien, Ischämien und Hypoxien.
Sofern auch weiterhin von wissen- schaftlich relevanten Daten immer dann gesprochen werden soll, wenn sie unabhängig von Ort, Zeit sowie Person nachprüfbar und gegebenenfalls wie- derholbar sind, dann fällt es schwer, so- wohl den NASCIS-Resultaten als auch den „groben Schätzungen“ zu angebli- chen „Todesfällen durch Steroidgaben im Rahmen der Behandlung von Hirn- verletzten in den 1980er-Jahren“ (4) den Rang der Wissenschaftlichkeit im engeren Sinne zuzuordnen, denn beides hat sich bisher einer Überprüfbarkeit oder einer zweifelsfreien kausalen Zu- ordnung entzogen.
Seit Jahrzehnten spricht man von ei- ner Art Patt bezüglich der Gewichtung von Wirkungen und Nebenwirkungen der Steroide unter neurotraumatologi- scher Indikation. Da aber bisher kein klinischer Nutzen nachprüfbar doku- mentiert wurde, sollte derjenige, der Corticosteroide als individuellen Heil- versuch neurotraumatologisch indi- ziert, wissen, dass die Datenlage für schädliche Nebenwirkungen schlüssi- ger ist als die für günstige Effekte. Der von Drs. Sauerland und Maegele (4)
unterstützenswerterweise aufgestell- ten Forderung nach kritischen Stellung- nahmen auf der Grundlage eigener ex- perimenteller und klinischer Studien versuchte der Autor (neben anderen) seit über zehn Jahren – unter anderem im Rahmen seiner Habilitationsschrift (2) sowie der Herausgabe des Handbu- ches Neurochirurgie (3) – nachzukom- men.
In meinem Editorial war in der Tat von Schwächen im Design der CRASH-Studie die Rede (1). Bezüg- lich der Identifikation anderer Neuro- traumatologen mit diesem Studienkon- zept wird es letztlich der Bewertung des Lesers anheim gestellt, dass in Deutsch- land, dessen Rettungssystem weltweit als eines der besten gilt, lediglich 27 der 10 008 Probanden rekrutiert wurden (Vergleichszahlen lauten auszugsweise:
Albanien 41, Belgien 401, Tschechien 961).
Auf der Grundlage früherer Expe- rimentaldaten und der Analyse klini- scher Subgruppen wurde postuliert, dass Corticosteroide allenfalls für mit- telschwer ZNS-Verletzte etwas günsti- ger wirken – und dies auch nur dann, falls sich innerhalb von 30 Minuten ei- ne Serumkonzentration in der Nähe von 10-5 mol/L erreichen ließe. Wenn nun im Rahmen der CRASH-Studie versucht wird, pathophysiologische und biometrische Grundgegebenhei- ten nachrangig zu berücksichtigen und diesen Mangel durch eine große An- zahl breit gefächerter Hirnverletzungs- typen mit „bewusst einfach gehalte- ner“ Behandlung und Nachuntersu- chung zu ersetzen, dann wird wahr- scheinlich eher statistisches Rauschen erzeugt, in dem sich wenig differenzie- ren lässt. Die alleinige Vorgabe hoher Fallzahlen, insbesondere zu sehr hete- rogenen Grundgegebenheiten, hat sich nicht immer als gewichtiges Sachargu- ment erwiesen.
Es ist zwar nicht vollständig verstan- den, aus welchen Gründen sich experi- mentell günstig erscheinende Detail- aspekte von Corticosteroiden klinisch nicht umsetzen lassen. Aber es wird kaum von jemandem bezweifelt, dass sich die Erholung von ZNS-Verletzten keinesfalls durch die Gabe von Cortico- steroiden allein in der Größenordnung einer Zehnerpotenz verbessern lässt:
M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 16⏐⏐22. April 2005 AA1143
M E D I Z I N
A
A1144 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 16⏐⏐22. April 2005
Corticosteroide sind keine Zauberku- geln. Die Arbeitsgruppe um Schwab (5) hat im Ärzteblatt eine differenzier- te Recherche zur neurotraumatologi- schen Pathophysiologie vorgelegt und damit auch dokumentiert, dass sich Ärzte sehr wohl vorrangig dafür inter- essieren, „wie und warum etwas wirkt“.
Diese Autoren empfahlen bereits im Mai 2004, „aus Fehlern vergangener Hirntrauma-Interventionsstudien (. . . Heterogenität des Patientenkollekti- ves, . . . subtherapeutische Dosierung, unscharfe Zeitfenster . . .) zu lernen, um auch knapper werdende Ressourcen zu schonen“.
Der Aufwand für weitere Studien mit dem Ziel, einen für klinische Belange relevanten Steroideffekt gegenüber ZNS-Traumata nachprüfbar zu doku- mentieren, würde nach aller Empirie absehbar immens sein. Da unsere Res- sourcen tatsächlich knapper werden, empfiehlt es sich, die Bestrebungen um möglichst günstige klinische Erholun- gen nach Neurotraumata durchaus auch alternativ zu gestalten. Einer der vornehmsten Aspekte findet sich in ei- nem beklemmend aktuellen Aphoris- mus, der Walter Raleigh aus der Seefah- rerzeit um 1600 zugeschrieben wird:
„Prevention is the daughter of intelli- gence!“
Literatur
1. CRASH-trial collaborators: Effect of intravenous corti- costeroids on death within 14 days in 10 008 adults with clinically significant head injury (MRC CRASH trial): randomised placebo-controlled trial. Lancet 2004; 364: 1321–1328.
2. Moskopp D: Hirnverletzungen und Dexamethason un- ter besonderer Berücksichtigung glutamatvermittelter Sekundärschäden: klinische und experimentelle Un- tersuchungen. Aachen: Shaker Verlag 1994; 1–5, 13–48, 64–90, 146–190, 253–263.
3. Moskopp D, Wassmann H, Hrsg.: Neurochirurgie – Handbuch für die Weiterbildung und interdisziplinäres Nachschlagewerk. Stuttgart: Schattauer 2004; XVIII:
565, 576, 581.
4. Sauerland S, Maegele M: A CRASH landing in severe head injury. Lancet 2004; 364: 1291–1292.
5. Schwab JM, Brechtel K, Müller CA et al.: Akute Rückenmarkverletzungen: Experimentelle Strategie als Basis zukünftiger Behandlungen. Dtsch Arztebl 2004; 101: A 1422–1434 [ Heft 20].
Prof. Dr. med. Dag Moskopp Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie Universitätsklinikum Münster Albert-Schweitzer-Straße 33 48149 Münster
E-Mail: dagmos@uni-muenster.de
Neben der endoskopischen Sphinktero- tomie wird in einigen Zentren versucht, den Sphincter Oddi zu erhalten, indem bei kleinen Steinen eine Ballondilatati- on mit anschließender Steinextraktion durchgeführt wird.
Die Autoren berichten über eine ran- domisierte, kontrollierte Multicenter- Studie an 237 Patienten. Bei 117 Patien- ten wurde eine Ballondilatation, bei 120 Patienten eine Sphinkterotomie durch- geführt. Komplikationen einschließlich akuter Pankreatitis traten nach Dilata- tion in 15,4 Prozent, nach Sphinkteroto- mie in 0,8 Prozent auf. Zwei tödliche Pankreatitiden (1,7 Prozent) wurden nach einer Ballondilatation beobachtet.
Die Autoren sind der Auffassung, dass eine Ballondilatation des Sphinc- ter Oddi zur Steinextraktion im Routi- nebetrieb vermieden werden sollte. Zu diskutieren ist die Ballondilatation al-
lenfalls bei Patienten mit erheblichen Gerinnungsstörungen, zum Beispiel ei- ner Leberzirrhose, wo das Blutungsrisi- ko einer Sphinkterotomie den Nutzen überwiegen dürfte, wie Autoren aus
Seoul berichten. w
Disario JA, Freeman ML, Bjorkman DJ et al.: Endoscopic balloon dilatation compared with sphincterotomy for ex- traction of bile duct stones. Gastroenterology 2004; 127:
1291–1299.
Dr. J. A. DiSario, Division of Gastroenterology, University of Utah Health Sciences Center, 30 N. 1900 E., 4 Room 118, Salt Lake City, Utah 84132, USA, E-Mail: james.disa- rio@hsc.utah.edu
Park DH, Kim MH, Lee SK et al.: Endoscopic sphinctero- tomy vs. endoscopic papillary balloon dilatation for choledocholithiasis in patients with liver cirrhosis and co- agulopathy. Gastroint Endosc 2004; 60: 180–185.
Dr. Myung-Hwan Kim, Department of Internal Medicine, University of Ulsan College of Medicine, Asan Medical Center, 388-1 Pungnap-dong, Songpa-gu, Seoul 138–
736, Korea.
Keine Ballondilatation bei Choledocholithiasis
Referiert
Zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms ist die Untersuchung auf ok- kultes Blut im Stuhl weltweit etabliert.
Neu ist eine Stuhluntersuchung auf ab- norme DNA, die mit Kosten von 400 bis 800 US-$ wesentlich teurer ist als der so genannte Haemoccult-Test.
Die Autoren berichten über eine prospektive Studie an 2 507 Patienten, in der beide Verfahren eingesetzt wur- den. Mittels fäkaler DNA-Analyse wur- den 16 von 31 invasiven Karzinomen (51,6 Prozent) entdeckt, mit dem Hae- moccult-Test nur 4 von 31 (12,9 Pro- zent).
Bei 71 Personen mit invasivem Kar- zinom plus Adenom mit hochgradiger Dysplasie lagen die Raten bei 40,8 be- ziehungsweise 14,1 Prozent zugunsten der DNA-Analyse.
Bei 418 Patienten mit Neoplasie (tu- buläres Adenom über 1 cm Durchmes- ser, villöses Adenom, Polypen mit hoch- gradiger Dysplasie oder Karzinom) war die DNA-Analyse bei 76 (18,2 Pro- zent), der Haemoccult-Test bei 45 (10,8 Prozent) positiv. Die Spezifität wurde mit 94,4 Prozent für die fäkale DNA-
Analyse und mit 95,2 Prozent für den Haemoccult-Test ermittelt. Obwohl die Mehrzahl der neoplastischen Läsionen, die koloskopisch entdeckt wurden, mit keinem der beiden Testverfahren er- fasst worden waren, deckte die fäkale DNA-Analyse mehr klinisch relevan- te pathologische Befunde auf als der Haemoccult-Test.
Führt man allerdings eine Kosten- Nutzen-Analyse durch, wie dies in einem begleitenden Editorial vorgenommen wurde, liegen die Ausgaben für ein ge- wonnenes Lebensjahr nach Haemoccult- Testung bei 5 700 bis 17 800 US-$, bei der DNA-Analyse bei 47 700 US-$. w Imperiale TF, Ransohoff DF, Itzkowitz SH et al.: Fecal DNA versus fecal occult blood for colorectal-cancer screening in an average-risk population. N Engl J Med 2004; 351:
2704–2714.
Dr. T. F. Imperiale, Regenstrief Institute, 1050 Wishard Boulevard., Indianapolis, IN 46202,USA
Woolf SH: A smarter strategy? – Reflections on fecal DNA screening for colorectal cancer. N Engl J Med 2004; 351:
2755–2758.
Dr. S. H. Woolf, Department of Family Medicine, Preventi- ve Medicine, and Community Health, Virgina Common- wealth University, Richmond, USA