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ie sei so sexy, die ach so schöne Lufthansa- Aktie. Wie ein Braut- werber buhlte Jürgen Weber, der Vorstandsvorsitzende des deutschen Kranich-Unterneh- mens, anläßlich der Vollpriva- tisierung um neue Aktionäre.In der Tat: Nach der Tele- kom zählt der Lufhansa-Bör- sengang als zweitgrößter in diesem Jahr. Wobei der Be- griff „Börsengang“ hier etwas hinkt, weil Aktien der Luft- hansa ja bereits in Frankfurt und anderen Finanzplätzen gehandelt werden, der Bund lediglich seine restlichen An- teile abgibt, um Waigels Herz zu erleichtern und um die Staatsschulden ein wenig zu senken.
Ohne Wenn und Aber kann die Eliminierung des staatlichen Einflusses bei der Lufthansa als für die Zukunft positiv bezeichnet werden.
Zu lange mußte die deutsche
Airline irgendwelche Politi- ker auf Direktorenpöstchen durchschleppen, und zu lange mußten irgendwelche amtli- cherseits verordneten Rück- sichten genommen werden.
Auch als British Airways ent- staatlicht wurde, gab es dort einen fulminanten Auftrieb.
Insoweit wird auch die lang- ersehnte unternehmerische Freiheit bei der Lufthansa die erhofften positiven Auswir- kungen haben.
Aber aus welchem Grund sollen Anleger jetzt Lufthan- sa-Aktien kaufen, wo doch der Kurs in diesem Jahr mit einem Plus von 60 Prozent
schon kräftig gestiegen ist und die Bewertung der Aktie über der vergleichbarer Kon- kurrenten liegt?
Das ist in der Tat eine wichtige Frage: Klar ist, daß es, im Vergleich zur Telekom, keinen hohen Emissionsge- winn von heute auf morgen geben kann. So etwas ist bei einem Unternehmen, dessen Aktien schon an der Börse ge- handelt werden und wo ein- fach Titel dazukommen, nicht möglich. Klar ist aber auch, daß Wackelbörsen, wie wir sie zur Zeit haben, nun wirklich keinen guten Nährboden für Kursgewinne darstellen.
Sie wissen ja, daß selbst die stürmischen Buchgewin- ne bei der Telekom mittler- weile vor sich hinbröseln. Im übrigen dürfen Anleger nicht außer acht lassen, daß andere milliardenschwere Kapitaler- höhungen anstehen. Volks- wagen und die Commerz- bank haben beispielsweise schon reagiert und zapfen die Börse an. Die Häufung von Kapitalerhöhungen ist immer ein Zeichen für eine ziemlich ausgereizte Börsenhausse.
Dennoch lohnt sich die Zeichnung neuer Aktien bei der Lufthansa, zumal Privat- anleger einen Rabatt von einer Mark je Aktie erhal- ten und bei der Festlegung des Ausgabekurses vielleicht noch mal ein Abschlag von zwei Prozent winkt. Schnelle Gewinne sind allerdings nicht drin, ein Renner wird die Ak- tie allenfalls für Leute mit langem Atem. Börsebius
[32] Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 41, 10. Oktober 1997
S C H L U S S P U N K T
Post Scriptum
„Erwacht doch, ihr Viel- verschreibenden, und er- barmt euch unserer leer ge- wordenen Taschen. Gewis- se Gehülfen in der Mühle wandeln in dem gewohnten Kreise fort, wenn auch schon alles aufgeschüttete
Korn vermahlen; wolltet ihr das? Gebt dem Kranken Rath und Hülfe, aber um des Himmels willen, mit überflüssiger Arznei und vor Allem mit unnützem Anhang verschont ihn in jetziger Zeitnoth.“ Das schreibt im Jahr 1810 ein wohl bewußt anonym gehal- tener Autor in einer jetzt neu herausgegebenen Schrift (Bitte an deutsche
Aerzte, ihre Kranken nicht arm zu machen, AOK-Ver- lag, Postfach 11 20, 53423 Remagen, 1996, 96 Seiten, gebunden: 10,75 DM, karto- niert: 7,74 DM, jeweils plus Versandkosten). Besonders für die Armen konnte da-
mals eine schwere Erkran- kung den Ruin bedeuten.
Das Büchlein wollte auf die Situation dieser sogenann- ten Armenkranken auf- merksam machen.
Dabei sparte der Autor nicht mit Lob für die Ärzte:
„Man sagt manches Gute von eurem Stande und sagt es mit Recht; ihr helft unei- gennützig, wie vielleicht kein anderer; in verpesteten
Wohnungen des Elendes, wo der geforderte Geistli- che nicht selten zurück- bleibt, da seid ihr, die wid- rigsten gefährlichsten Ein- drücke nicht scheuend, ge- genwärtig und hülfreich thätig.“ Hart geht der Autor dagegen mit denjenigen ins Gericht, die seiner Ansicht nach nur ihren eigenen Nut- zen verfolgen: „Ihr habt es in vielen, wo nicht in den meisten Fällen in eurer Gewalt, das gestörte Wohlbefin- den des sich euch anvertrauenden Kranken mit großem oder mit mäßigem Ko- stenaufwand herzustellen, warum wählt ihr fast immer den theure- ren Weg, warum wollt ihr nicht, indem ihr eurem Kranken
seine Gesundheit wieder- gebt, ihm zugleich seinen kleinen Wohlstand erhal- ten? Wenn ihr, wie ihr sagt, die Freunde eures Kranken seid, warum verursacht ihr ihm denn unnöthigen Ko- stenaufwand, ungleich dem Advocaten, der seinem Cli- enten überflüssige Gerichts- kosten, wo sie beider Zweck nicht fördern, gern erspart?
Vor Allem aber huldige kei- ner der bösen, obgleich so häufigen, Sitte, bei jedem Kranken- besuche ein Recept zurückzulas- sen.“
Grundsätz- lich hält er es für ungünstig, wenn
„ein Patient von zwei Aerzten zu gleicher Zeit“ be- handelt wird, „ohne daß beide von ein- ander wissen“. Kli