A 1250 Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 108|
Heft 22|
3. Juni 2011BÖRSEBIUS
Das Grauen ist zurück
D
SK, der arme Unschuldsver- mutete und doch Vorverur- teilte, die Diskussion darüber, wann über Griechenland das Hackebeil der Umschuldung fällt, neuerdings der negative Ratingausblick für un- sere italienischen Nachbarn – das sind alles Hiobsbotschaften, die den Finanzmärkten in den letzten Wo- chen arg zu schaffen machten.Der Deutsche Aktienindex knick - te bei dieser finsteren Gemengelage doch empfindlich ein. Vom Hoch von mehr als 7 500 Punkten ist weit und breit nichts mehr zu sehen. Im Gegenteil sorgen sich die Markt - beobachter über ein Abtauchen des Index unter die magische Sieben- tausendermarke, und dann, so die Pessimisten, gäbe es auch kein Hal- ten mehr nach unten.
Viele Anleger ballen wieder ein- mal die Faust in der Tasche und jammern der Börsenregel des „sell in May und go away“ hinterher, nach der es nie gut sei, im Wonne-
monat Mai noch auf Aktienbestän- den zu sitzen.
Ja, an den Märkten herrscht der- zeit die Furcht vor schwächeren Kursen vor. Jedoch sind die Verkäu- fer eher von der Spezies der Angst- beißer und nicht von der rationalen Sorte. Daher fallen auch die Kurse.
So ist das halt, die berühmte self- fulfilling prophecy in höchster Voll- endung. Viele besorgte Börsianer fragen sich nun erst recht, ob sie denn jetzt noch abspringen sollten, quasi als Maiverspätete mit ein paar Tagen Nachlauf.
Persönlich glaube ich, dass es keine gute Idee ist, jetzt zu verkau- fen. Einmal davon abgesehen, dass es die Störfaktoren unzweifelhaft gibt und dass sich in Griechenland trotz aller anderslautender Stimmen so mancher Politiker die erste Staatspleite im Euroraum anbahnt, so scheint mir Panikmache vor al- lem aus fundamentalen Aspekten nicht berechtigt zu sein.
Im Gegenteil. Nach wie vor stei- gen die Unternehmensgewinne und liegen vor allem über den Planzah- len. Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse liegen teilweise im einstelligen Be- reich, was im historischen Ver- gleich als ziemlich attraktiv gilt.
Unterstützung kommt hier noch von der Politik des billigen Geldes, die, hat es den Anschein, noch eine Weile anhalten wird.
Die einzige Sorge, die ich mir mache, sind die irren Bewertungen für so manche Internetbude, denen kaum relevante Umsätze und schon gar nicht substanzielle Gewinne ge- genüberstehen. Hier sind schon An- zeichen einer spekulativen Blase er- kennbar. Das gilt jedoch weiß Gott nicht für den Bereich der Investi - tionsgüter, wo die Auftragsbücher prall gefüllt sind und ordentliche sowie erst recht dauerhafte Gewin- ne abwerfen.
Und schließlich gilt, dass trotz steigender Inflationsraten und an- ziehender Rohstoffpreise wie auch der allseits bekannten Schulden- ängste das Grauen nicht zurück ist, sondern eher das Morgengrauen be- vorsteht. So bleibt es wenigstens zu
hoffen. ■