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Archiv "Liberale Positionen" (15.02.1990)

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AKTUELLE POLITIK

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Kurz und bündig äußert sich der FDP-Bundesvorstand im Dis- kussionsentwurf des Wahlprogramms für die Bundestagswahl zum Gesundheitswesen. Eine Spalte des 94 enggedruckte Spalten umfassenden Papiers ist der Gesundheitspoliük, spe- ziell der Reform des Gesundheitswesens gewidmet. Weitaus ausführlicher als mit der leidigen Gesundheitsreform beschäf- tigt sich die FDP mit Entwicklungen der Biotechnologie.

D

ie FDP erneuert ihr Be- kenntnis zur freien Arzt- wahl und zur Niederlas- sungsfreiheit. Das Herz der Liberalen schlägt nun einmal für die Freiberufler. Das Bekenntnis zur Freiberuflichkeit, konsequent durch- dacht, bringt indes auch einige der Ärzteschaft weniger passende Folge- rungen mit sich.

So etwa fordern die Liberalen in dem Kapitel „Konsequente Markt- wirtschaft" verstärkte „Deregulie- rungen"; und damit sind nicht nur der Arbeitsmarkt, die Wohnungs- wirtschaft oder die Post gemeint, sondern auch die Freien Berufe. Die FDP stört sich an „zahlreichen Be- rufs- und Standesrechten, deren zu strikte Vorgaben eine flexible Nut- zung neuer Märkte sowohl im Hand- werk als auch bei Freien Berufen er- schweren oder verhindern". Damit dürften zwar in erster Linie die Handwerksordnungen gemeint sein, aber vermutlich auch Berufsordnun- gen wie die der Ärzte mit ihren strengen Werbeverboten. Jedenfalls läuft die Diskussion innerhalb der Europäischen Gemeinschaft dahin, die Werbeverbote aufzulockern. Will auch die FDP das wirklich?

Ein zweiter, die Ärzteschaft tan- gierender Punkt betrifft die Psy- chotherapie durch nichtärztliche Psychotherapeuten. Die Liberalen wittern auch hier und wohl zu Recht freiberufliches (Wähler-)Potential und fordern eine gesetzliche Rege- lung der Berufsausbildung der klini- schen Psychologen. Wie sich eine solche gesetzgeberische Anerken- nung auf die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen auswirken mag, darüber schweigt jedoch der Entwurf des Wahlprogramms

Die Kosten des Gesundheitswe- sens bekümmern die Liberalen nach wie vor. Dem Gesundheits-Reform- gesetz (zu dem sich die FDP etwas

Liberale Positionen

verschämt bekennt) müßten weitere Schritte der Ausschöpfung von Wirt- schaftlichkeitsreserven folgen. Unter der Formel, die Mittel der Kranken- versicherung müßten vor allem für ernsthafte und schwere Erkrankun- gen verwendet werden, kommen die Liberalen auch in dem neuen Pro- gramm wieder auf das alte Anliegen zurück, die Krankenversicherung auf ihre eigentlichen Aufgaben zu kon- zentrieren. Auch die Forderung nach „zumutbaren Eigenbeteiligun- gen" ist altes FDP-Gedankengut.

Mit beiden Forderungen hat sich die FDP freilich bisher so gut wie nicht politisch durchsetzen können.

II Im Zweifel

für das Individuum

Die Forderungen der FDP zu der in der nächsten Legislaturperio- de anstehenden Strukturreform der Krankenversicherung:

• Eine funktionsfähige, geglie- derte Versicherung mit unterschied- lichen Kassenarten und privater Krankenversicherung;

• eine starke Selbstverwaltung mit Vertrags- und Finanzautonomie;

• eine Regionalisierung bun- desweiter Kassen wird ebenso abge- lehnt wie die Ausweitung des kassen- artenübergreifenden Finanzaus- gleichs;

• Ausbau der Kassen-Wahl- freiheit auch zur Stärkung des Wett- bewerbs unter den Krankenkassen.

Zum Krankenhauswesen finden sich zwei — kostenorientierte — Pro- grammpunkte:

• Mehr marktwirtschaftliche Elemente zum Beispiel im Kranken- haus sowie vermehrter Übergang zu echten Leistungsentgelten (Preise, zum Beispiel diagnoseabhängige Fallpauschale, anstelle des Selbstko- stenprinzips);

• eine verbesserte Transparenz und Kontrolle der wirtschaftlichen Tätigkeit der Krankenhäuser.

Ausführlich setzt sich die FDP mit den neuen biotechnologischen Verfahren auseinander. In dem viel- fach nicht aufzulösenden Widerstreit zwischen Forschungs- und Wirt- schaftsinteresse einerseits sowie In- dividualrechten andererseits bezieht die FDP im Zweifel Position zugun- sten des Individuums Die Forderun- gen zum Embryonenschutz ent- sprechen der vom FDP-geführten Bundesjustizministerium gepflegten strikten Haltung.

In Sachen Gentechnologie be- kennt sich die FDP zwar im Prinzip zu der Förderung dieser Schlüssel- technologie; sie fordert aber eine dauernde Technik-Folgen-Abschät- zung auf die ethischen, sozialen, ökologischen und ökonomischen Konsequenzen hin. Der Nutzen von Genom-Analysen — um ein weiteres Beispiel zu nehmen — wird gleichfalls gesehen. Jede Einschränkung der Persönlichkeitsrechte Betroffener müßte jedoch ausgeschlossen wer- den.

Ganz pro Individuum gibt sich die FDP bei der Fortpflanzungsme- dizin. Sie lehnt es ab, „in diesem Rechtsbereich der Sterilitätstherapie mit dem Mittel des Strafrechts die Erfüllung von Kinderwünschen zu regulieren, um einseitige Moralvor- stellungen durchzusetzen". Sprich:

die FDP hat keine Einwände gegen die heterologische Insemination.

Dieser die Individualrechte her- vorhebenden Linie folgt auch die (unveränderte) Einstellung zum Schwangerschaftsabbruch. Eine Ver- schärfung werde es mit der FDP nicht geben. Sie werde sich vielmehr dafür einsetzen, „daß jede Frau das ihr vom Gesetzgeber verbürgte Recht ungehindert in Anspruch neh- men kann" NJ Dt. Ärztebl. 87, Heft 7, 15. Februar 1990 (17) A-441

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