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Archiv "Liberale: Klares Bekenntnis zur freien Arztwahl" (22.11.1990)

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Gesundheitsprogramm der CSU: Viele Ziele, wenige Wege

Wenn sie nicht ohnehin Stamm- wähler wären, sinnierten oberbaye- rische Ärzte vor Kollegen, so könn- te das neue gesundheitspolitische Programm der Christlich-Sozialen Union Bayerns sie kaum veranlassen, der CSU ihre Stimme zu geben. Es enthalte zuwenig Konkretes und zu- viele Allgemeinplätze.

In der Tat fehlte es dem Doku- ment an Einheitlichkeit. Genauer:

Die einzelnen Abschnitte sind nicht miteinander verwoben, die Themen fallen auseinander, ihre wechselseiti- gen Interdependenzen werden nicht ausreichend erkennbar. Auch der programmatische Satz: „Die CSU betrachtet die Gesundheitspolitik als wesentlichen Teil einer freiheitli- chen Gesellschaftspolitik" kann den Eindruck des Bruchstückhaften nicht mindern. Mit diesem Kernsatz hat die CSU überdies einen Selbst- gänger gestartet, der sie von keiner anderen politischen Gruppe deutlich abhebt.

Der allgemeine Teil ist eine Sammlung, die Bewährtes und Er- probtes bestätigt: Eigenverantwor- tung des Bürgers, Freiräume für selbständige Entscheidungen, Subsi- diarität, bürgernahe Versorgung, ho- her Standard der ambulanten und klinischen Versorgung, Förderung neuer Disziplinen in Medizin und Medizintechnik, Anpassung der Ge- sundheitspolitik an sich wandelnde Bedingungen, Finanzierbarkeit. Eine der wenigen detaillierten Aussagen in diesem Kapitel: Alle Einrichtun- gen des Gesundheitswesens sollen für jeden Bürger ohne Rücksicht auf seine finanzielle Situation jederzeit offen sein.

An der grundsätzlichen Tren- nung von ambulanter und stationä- rer Versorgung hält das Programm

„unbeschadet einer sinnvollen Ver- zahnung" ebenso fest wie an der Nie- derlassungsfreiheit, der freien Arzt- wahl und dem gegliederten Kranken- versicherungssystem. Das Belegarzt- und Konsiliararzt-System will es aus- gebaut und „in jeder Form geför-

dert" wissen. Auch hier erscheinen neben überwiegend Allgemeinem zwei präzise Aussagen: die Zahl der Ausbildungsplätze ist qualifizierten Ansprüchen anzupassen, die ärztli- che Tätigkeit in Klinik und Praxis vor der Kassenzulassung soll mindestens drei Jahre dauern.

Das Kapitel „Stationäre Versor- gung" wartet mit einem Satz auf: Das bayerische, nach Versorgungsstufen gegliederte System leistungsfähiger Krankenhäuser müsse weiter ausge- baut werden — „auch in bezug auf In- dikationen, wobei die gegenseitige Kooperation Voraussetzung ist".

Das bedarf sicher noch klärender In- terpretation.

An Deutlichkeit und Verbind- lichkeit fehlt es auch in der Passage über das Vergütungssystem im Kran- kenhaus: Es sei „entsprechend der ärztlichen Berufsordnung im Hin- blick auf die Verteilung der Einkünf-

Die Freien Demokraten (F.D.P.) wollen bei der Weiterent- wicklung des Gesundheits- und Krankenhauswesens stärker als bis- her die demographische Komponen- te (Überalterung der Bevölkerung, steigende Zahl der Schwerpflegebe- dürftigen, psychisch Kranken und Langzeitkranken) berücksichtigt wis- sen. Die knapper werdenden Mittel der gesetzlichen Krankenversiche- rung müßten so verteilt werden, daß vor allem ernsthafte und schwere Er- krankungen ärztlich und pflegerisch versorgt werden können. Allerdings will die F.D.P. an der „medizinisch notwendigen Behandlung" keine Ab- striche tolerieren. Die Beitragszah- ler/Patienten müßten vor „finanziel- ler Überforderung" bewahrt werden.

Dies schließe zumutbare Direktbe- teiligungen trotz der kollektiven Bei-

te für alle im Krankenhaus Tätigen leistungsbezogen zu gestalten". Was gemeint ist, kann vermutet werden.

Wie das Gemeinte zu verwirklichen ist, bleibt unklar. Es drängt sich die Frage auf, warum die CSU die gute Gelegenheit vorübergehen läßt, sich auf einen ihr aussichtsreich erschei- nenden Vorschlag eindeutig festzu- legen.

Weitere Abschnitte des Pro- gramms gelten ohne Neuigkeiten den Pflegeberufen, der Absicherung des Pflegefallrisikos und jenen Be- reichen des Gesundheitswesens, die eine unmittelbare Aktivität der öf- fentlichen Hand erfordern, beispiels- weise Umwelthygiene, gesundheitli- cher Verbraucherschutz, Mißbrauch von Drogen und Alkohol, Aids und Schwangerschaftsabbruch.

Vielleicht kommt es auf Korrek- turen und Präzisierungen gar nicht so sehr an. Dank ihrer Mehrheit kann die CSU im Landtag ja ohnehin durchbringen, was immer sie durch- bringen will. Und auf die Bundes- tagswahl kann sich das Programm al- lenfalls als Randerscheinung auswir- ken. KG

tragsfinanzierung in der Krankenver- sicherung nicht aus. Dies sind Kern- thesen der Beratungen des Arbeits- kreises II ( „Sozial- und Gesundheits- politik") des 41. Bundesparteitages der F.D.P. in Nürnberg (29./30. Sep- tember 1990), der eine Reihe von so- zial- und gesundheitspolitischen For- derungen an die Adresse der Gesetz- geber und der Selbstverwaltung for- muliert hat.

Pflegerisiko:

Gegen Versicherungspflicht

Die F.D.P. hat sich auf ihrem Parteitag mit knapper Mehrheit ge- gen eine allgemeine Pflege-Pflicht- versicherung ausgesprochen (wie sie erneut von Bundesarbeitsminister

Liberale: Klares

Bekenntnis zur freien Arztwahl

A-3706 (22) Dt. Ärztebl. 87, Heft 47, 22. November 1990

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Dr. Norbert Blüm, CDU, ins Ge- spräch gebracht wurde). Statt dessen plädiert die Partei für zusätzliche steuerliche Anreize und für eine weitgehende private, finanzielle Vor- sorge gegen das allgemeine Pflegeri- siko (über Lebens- und private Kran- kenversicherung).

Die Gesellschaft und die Ein- richtungen der sozialen Sicherung ebenso wie der einzelne müßten sich verstärkt den Herausforderungen der Altenbetreuung und der Alten- pflege stellen. Bemängelt wird, daß die Möglichkeiten der geriatrischen und rehabilitativen Versorgung heu- te bei weitem noch nicht ausge- schöpft seien; dies verhindere eine wirkungsvolle Hilfe.

Die F.D.P. fordert den Ausbau von speziellen Rehabilitationsabtei- lungen und -kliniken für ältere Mit- bürger, spricht sich für eine ausrei- chende psychotherapeutische Ver- sorgung alter Menschen und Hoch- betagter aus. Die Alternsmedizin sollte Pflichtfach in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung werden, ebenso der Heil-Hilfsberufe. Die F.D.P. engagiert sich für die Schaf- fung zusätzlicher Lehrstühle für Ge- riatrie und Geronto-Psychiatrie.

Zivildienstleistende, die sich für vier Jahre und länger verpflichten, sollten die Möglichkeit erhalten, ei- ne komplette Berufsausbildung zum Krankenpfleger, zum Altenpfleger oder einem ähnlichen „Mangelbe- ruf" zu absolvieren. Es werden Auf- stiegsmöglichkeiten entsprechend der Berufschancen eines Zeitsolda- ten verlangt.

Es sei Auftrag einer „humanen Gesellschaft", sich stärker für die be- hinderten Mitbürger und Langzeit- pflegebedürftige zu engagieren. Dies erfordere finanzielle Hilfen für be- hindertengerechte bauliche Maß- nahmen und mehr Ferieneinrichtun- gen für Behinderte, um die Eltern zu entlasten (Urlaubswahrnehmung).

Zur Behindertenpolitik zähle auch der Ausbau einer verbesserten Früherkennung, der Prävention und der medizinischen wie sozialen Re- habilitation. Schwerpunkt der Behin- dertenpolitik müsse die berufliche Rehabilitation sein.

Das System der gesetzlichen Gesundheitssicherung sollte weitge-

hend entstaatlicht werden. Die F.D.P. setzt sich für die Beibehal- tung und den Ausbau eines funkti- onsfähigen, gegliederten Systems der Krankenversicherung mit unter- schiedlichen Kassenarten und unter wesentlicher Einschaltung der priva- ten Krankenversicherung ein.

Freie Arztwahl verteidigt

• Wesentliche Gestaltungs- und Strukturelemente des Gesund- heitswesens seien die Gewährlei- stung der freien Arztwahl, der Frei- beruflichkeit der akademischen Heilberufe, die Niederlassungsfrei- heit und die Therapiefreiheit der Kassenärzte.

Ein funktionsfähiges geglieder- tes Gesundheitssicherungssystem setze eine starke Selbstverwaltung und eine erweiterte Vertrags- und Finanzautonomie voraus.

Die Wahlfreiheit des Versicher- ten bezüglich seiner Krankenkasse müsse ausgebaut und der Leistungs- wettbewerb der Krankenkassen for- ciert werden.

Die Ausbildung zum Arzt müsse qualitativ verbessert werden (auch durch Abbau der Multiple-choice- Prüfungen).

Marktwirtschaft im Krankenhaus

411■IN 1■111■111

Marktwirtschaftliche Elemente sollten auch im Krankenhaus instal- liert und modellhaft erprobt werden.

Wie bereits im Erfahrungsbericht der Bundesregierung angeklungen, spricht sich auch die F.D.P. für einen vermehrten Übergang zu echten Lei- stungsentgelten und Sonderentgel- ten (gemäß § 6 BPflV) aus.

Nach Ansicht der Liberalen ist auch die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und anderen Heilberufen verbesserungsbedürftig. Die Thera- piefreiheit im Gesundheitswesen sei zu erhalten und zu verteidigen.

Eine Lanze bricht die F.D.P. für die „wissenschaftliche Aufarbeitung der Natur- und Erfahrungsmedizin".

Die Nachsorge und die Rehabi- litation müßten stärker ausgebaut und mit mehr finanziellen Mitteln ausgestattet werden. Private Unter- nehmen im Krankentransport und im Rettungsdienst sollten gleichbe- rechtigt an der umfassenden Sicher- stellung teilnehmen.

Die F.D.P. engagiert sich für das vom Bundesgesundheitsministerium vorbereitete „Psychotherapeutenge- setz". Dies solle die Berufsausübung der klinisch weitergebildeten Di- plom-Psychologen auf eine neue ge- setzliche Grundlage stellen.

Im Mittelpunkt liberaler Ge- sundheitspolitik müsse weiter die Bekämpfung von HIV-Infektionen und von AIDS sein. Gefordert wird bei verbesserten Schutzmöglichkei- ten der Ausbau von sozialen Kontak- ten, die Solidarität mit Infizierten und Erkrankten. Im Rahmen der Prävention müsse die Sexualpädago- gik intensiviert werden. Die Gesund- heitserziehung müsse die AIDS- Problematik stärker in den Vorder- grund rücken.

Statt die AIDS-Bekämpfung

„örtlichen Zufallskonstellationen"

und „gestückelten Modellen" zu überlassen, verlangt die F.D.P. eine verläßliche, dauerhafte institutiona- lisierte Finanzierung.

Regeltests werden ebenso wie generelle Einstellungsuntersuchun- gen für Bewerber des öffentlichen Dienstes abgelehnt (mit Ausnahme besonderer beruflicher Risikoberei- che). Zwangsuntersuchungen führ- ten, so der Arbeitskreis, zum „Ab- tauchen"; darüber hinaus werde die Bekämpfung der Krankheit wesent- lich erschwert.

Die F.D.P. bekräftigt ihr am 19.

Mai 1990 beschlossenes Grundsatz- papier „Drogen in unserer Gesell- schaft". Dieses Programm, das auch Teil des Wahlprogrammes der F.D.P.

ist, plädiert für Präventionsmaßnah- men „vor Ort" und für flankierende Maßnahmen im rechtlichen, polizei- lichen und im internationalen Be- reich. Die Präventionsforschung müsse eigenständiger Schwerpunkt

der Programme der Bundesregierung

und der Landesregierungen werden.

An der Finanzierung von Präventiv- maßnahmen sollten sich die Kran- kenkassen beteiligen. HC Dt. Ärztebl. 87, Heft 47, 22. November 1990 (23) A-3707

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