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Archiv "Nutznießer und Betroffene einer Verlängerung der MTA-Ausbildung" (13.11.1992)

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Nutznießer und Betroffene

einer Verlängerung der MTA-Ausbildung

Die Bundesregierung hat vor kurzem einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit Hilfe dessen die MTA-Ausbildung von zwei auf drei Jahre verlängert werden soll. Das fordert der Deut- sche Verband medizinisch-technischer Assistenten (dvta) schon seit Jahrzehnten. Wie die betroffenen westdeutschen Schulen und deren Schüler darüber denken und welche Ko- sten ein entsprechendes Gesetz ixn Gesundheitswesen ver- ursachen würde, schildert im folgenden Beitrag Prof. Dr. Dr.

Hans E. Müller, Leiter einer MTA-Lehranstalt.

B

ereits als Anfang der 70er Jah- re das derzeit noch geltende MTA-Gesetz (1, 2) beraten wurde, forderte der dvta eine drei- jährige Ausbildung. Nach seinen da- maligen Vorstellungen sollten La- bor- und Röntgenassistenten weiter- hin gemeinsam ausgebildet werden, um die längere Ausbildung zu recht- fertigen. Inzwischen werden andere Argumente für die Notwendig,keit der dreijährigen Ausbildung ins Feld geführt, doch das Ziel ist das gleiche geblieben: die Aufwertung des Be- rufs.

Wichtige Bundesgenossen fand der dvta im Bundesgesundheitsrat.

Bereits 1978 fand sich hier eine Mehrheit für eine dreijährige MTA- Ausbildung. Das geschah zu einer Zeit, als das Problem fehlender Aus- bildungsplätze noch brennend war, und trotz der Tatsache, daß die Aus- bildungsverlängerung zumindest bei den Röntgenassistentinnen gleich- zeitig zu einer Reduktion von Aus- bildungsplätzen führen muß, weil sie nicht beliebig vermehrt werden kön- nen. 1984 bekräftigte der Bundesrat seine Position (3, 4). Damals blieb die Bundesregierung noch hart.

Die Vereinigung mit den ost- deutschen Ländern gab dem dvta ein gewichtiges Argument an die Hand, denn in der ehemaligen DDR war die MTA-Ausbildung 1974 auf drei Jahre verlängert worden. Zwar gilt diese Regelung gemäß Einigungsver- trag nur noch bis Ende 1995, aber es ist verständlich, daß alle MTA-Schu-

len in den neuen Bundesländern schon jetzt für eine dreijährige Aus- bildung votieren. Schließlich würde eine Umstellung auf die westdeut- sche zweijährige Ausbildung für die ostdeutschen Schulen einige Unbe- quemlichkeiten mit sich bringen.

Die Interessenlage der MTA- Schulen in den alten Bundesländern ist etwas differenzierter. In einer 1983/84 durchgeführten Umfrage sprach sich von 51 westdeutschen MTA-Schulen nur eine Minderheit von 24 ( = 47 Prozent) für eine Ver- längerung und die Mehrheit für die Beibehaltung der zweijährigen Aus- bildung aus. Für die dreijährige Aus- bildung votierten insbesondere von der öffentlichen Hand finanzierte Schulen. Dagegen votieren die auf MTA angewiesenen medizinischen Fachgesellschaften und die Mehrheit der MTA-Schulen, hier insbesonde- re die privaten MTA-Schulen in den alten Bundesländern, für eine Beibe- haltung der zweijährigen Ausbil- dung.

Ner

Repräsentative Umfrage Was die Jugendlichen als die ei- gentlich Betroffenen von einer Aus- bildungsverlängerung halten, war bisher überhaupt kein Diskussions- thema. Deshalb wurden im Novem- ber 1991 in einer repräsentativen Umfrage 312 MTA-Schüler/innen und 105 examinierte und berufstäti- ge MTA aus Braunschweig, Esslin-

gen, Göttingen, Hamburg, Landau, Lübeck und München nach ihrer Meinung zu verschiedenen Aspekten einer Verlängerung der MTA-Aus- bildung auf drei Jahre befragt. Die Ergebnisse sind in der Tabelle wie- dergegeben.

Daraus können folgende Aussa- gen entnommen werden:

• Die noch in Ausbildung ste- henden MTA-Schüler/innen und die examinierten MTA unterscheiden sich in allen Antworten. Daraus wird deutlich, daß der dvta zwar die Mehrheitsmeinung der ausgebilde- ten und im Beruf stehenden MTA vertritt. Doch er steht damit im schroffen Gegensatz zu den Interes- sen und Vorstellungen der MTA- Schüler/innen.

O Aus den Antworten der Fra- gen 1 und 2 geht hervor, daß die Ausbildungszeit für annähernd die Hälfte aller MTA-Schüler/innen ei- ne wesentliche Rolle bei ihrer Be- rufswahl gespielt hat und der Beruf bei einer dreijährigen Ausbildungs- zeit nicht gewählt worden wäre. Die- se Zahlen müssen ernst genommen werden, denn sie signalisieren, daß eine gesetzliche Verlängerung der MTA-Ausbildung auf drei Jahre zu einer geringeren Ausbildungsrate und zu einem MTA-Mangel führen könnte.

O Zu Frage 3 votierte die über- wältigende Mehrheit aller MTA- Schüler/innen für die zweijährige und umgekehrt eine ebenso große Mehrheit der examinierten MTA für die dreijährige Ausbildung. Das ent- spricht exakt den unterschiedlichen Interessen der beiden Gruppen.

0

Die Fragen 4 bis 6 beziehen sich auf die Verteilung von Theorie und Praxis während der Ausbildung.

In Frage 4 herrscht ausnahmsweise Einigkeit zwischen den beiden Grup- pen. Gegen noch mehr theoretischen Unterricht spricht sich nicht nur eine ganz überwältigende Mehrheit der MTA-Schüler/innen aus (92 Pro- zent), sondern auch die Mehrheit der examinierten MTA (57 Prozent).

Dt. Ärztebl. 89, Heft 46, 13. November 1992 (35) Ar3867

(2)

1) Hätten Sie diese Ausbildung auch angestrebt, JA wenn die Ausbildungszeit (statt 2 Jahre) 3 Jahre NEIN gedauert hätte bzw. dauern würde? n 2) Spielte bei Ihrer Überlegung, MTA zu werden, JA die Ausbildungszeit eine Rolle? NEIN

n 3) Meinen Sie, daß sowohl der theoretische als JA auch der praktische Unterricht verlängert werden NEIN sollten und insgesamt eine dreijährige MTA-Aus- n bildung besser ist als die derzeitige Ausbildung?

4) Meinen Sie, daß Ihnen nicht genug theore- JA tischer Lehrstoff geboten wurde bzw. wird und NEIN daher mehr theoretischer Unterricht gegeben wer- n den sollte?

5) Meinen Sie, daß der theoretische Lehrstoff der JA MTA-Ausbildung in 2 Jahren nicht zu schaffen ist NEIN und daher auf 3 Jahre verteilt werden sollte? n 6) Meinen Sie, daß der praktische Lehrstoff der JA MTA-Ausbildung in 2 Jahren zu kurz gekommen NEIN ist und daher verlängert werden sollte? n

Tabelle: Vergleich der Antworten aus der Kollektiven der MTA-Schüler/innen ( = MTAI Sch) und der examinierten MTA (= MTA-Ex) aus Braunschweig, Esslingen, Göttingen, Hamburg, Landau-/Pfalz, Lübeck und München.

Frage Ant- MTA-Sch MTA-Ex

wort

171 = 55%

141 = 45%

312 173 = 56%

137 = 44%

310 46 = 24%

144 = 76%

190 15 = 8%

178 = 92%

193 44 = 23%

147 = 77%

191 60 = 32%

127 = 68%

187

91 = 87%

14 = 13%

105 21 = 20%

84 = 80%

105 73 = 71%

30 = 29%

103 44 = 43%

58 = 57%

102 62 = 60%

42 = 40%

104 77 = 73%

28 = 27%

105 Für die Mehrheit der MTA-Schüle-

rinnen ist die Fülle des theoretischen Unterrichtsstoffes keineswegs ein hinreichender Grund, die Ausbil- dung auf drei Jahre zu verlängern.

Dagegen wünscht sich die Mehrheit der examinierten MTA, daß der theoretische Unterricht für den Nachwuchs auf drei Jahre verteilt werden soll.

Wie berechtigt die Forderung nach mehr praxisbezogenem Unter-

richt ist, erhellt nicht nur das gesetz- lich verordnete (Miß-)Verhältnis, das für die Gesamtausbildung 1040 Stunden Theorie und nur 1760 Stun- den Praxis vorschreibt. Vergleiche der vorgeschriebenen Stundenzahlen theoretischen Unterrichts für die MTA-Ausbildung und das Medizin- studium lassen erkennen, daß MTA- Schüler/innen in allen Unterrichtsfä- chern mit Ausnahme von Histologie, Pathologie und Zytologie mit mehr Theorie vollgestopft werden als Me- dizinstudent(inn)en.

Argumente pro und contra

Die Argumente im BMG-Ge- setzentwurf für eine Ausbildungsver-

längerung sind wenig überzeugend.

So wird der rasante Fortschritt

„nicht nur im Bereich der medizini- schen Diagnostik, sondern auf dem ganzen Gebiet der Medizintechnik"

(5, 6, 7) ins Feld geführt. Aber nach dieser Logik müßten alle Ausbil- dungsgänge ständig verlängert wer- den. Doch daran denkt niemand.

Das zweite Argument für eine Ausbildungsverlängerung ist die Öff- nung des EG-Binnenmarktes und ei-

ne dreijährige MTA-Ausbildung in einigen anderen EG-Ländern. Deut- sche medizinisch-technische Assi- stenten könnten hier nur eine An- stellung auf niederem Niveau finden, behauptet der dvta (7). Allerdings liegt der Prozentsatz davon betroffe- ner MTA schon aufgrund der Sprachbarrieren weit unter 1 Pro- zent, und die wenigen MTA, die in andere EG-Länder wollen, können sich bereits heute durch eine einjäh- rige Zusatzausbildung entsprechend qualifizieren. Sinnvoll wäre jedoch eine Entschlackung und Entrümpe- lung des überladenen theoretischen Lehrstoffs zugunsten eines stärkeren Praxisbezugs — eine Forderung, die auch aus den Ergebnissen der Schü- ler/innen-Befragung abzuleiten ist.

Kosten des Gesetzes

Die Kosten des geplanten Ge- setzes über eine dreijährige MTA- Ausbildung ergeben sich

* aus der Ausbildungsverlän- gerung an den MTA-Schulen,

* aus einer dadurch verkürzten Lebensarbeitszeit und

* aus einer höheren Besoldung der berufstätigen MTA. Sie folgt zwar nur mittelbar und indirekt aus einer Verlängerung der Ausbildung, aber dennoch unausweichlich. Insge- samt kämen etliche hundert Millio- nen DM an zusätzlichen Ausgaben zusammen, obwohl Bundesgesund- heitsminister Horst Seehofer ebenso wie seine Vorgängerin, Gerda Has- selfeldt, die Gesundheitskosten an- geblich mit allen verfügbaren Mit- teln bremsen will.

Literatur

1. Bundesgesetzblatt I, Nr. 39, S. 1515-1519:

Gesetz über technische Assistenten in der Medizin (MTA-G) vom 8. September 1971.

2. Bundesgesetzblatt I, Nr. 54, S. 929-944: Aus- bildungs- und Prüfungsordnung für medizi- nisch-technische Laboratoriumsassistenten, für medizinisch-technische Radiologieas- sistenten und für veterinärmedizinisch-techni- sehe Assistenten (Ausbildungs- und Prüfungs- ordnung für technische Assistenten in der Me- dizin — MTA-APrO) vom 20. Juni 1972.

3. Bundesgesundheitsrat: Vollversammlung des Bundesgesundheitsrates. Bundesgesundhbl.

22 (1979) 274-276.

4. Bundesgesundheitsrat: Voten des Bundesge- sundheitsrates. Bundesgesundhbl. 28 (1985) 244-246.

5. Entwurf eines Gesetzes über technische Assi- stenten in der Medizin (MTA-Gesetz — MTAG), Bundestags-Drucksache 12/3165, Stand: 14. 8. 1992.

6. Bundesministerium für Gesundheit: Ergeb- nisniederschrift über die Besprechung mit den Ländern am 11. September 1991 im HMG, Az. 316 — 4346 —1/1, vom 30. Septem- ber 1991.

7. dvta: Stellungnahme des Deutschen Verban- des Technischer Assistenten in der Medizin e. V. (dvta) zum Diskussionspapier zur No- vellierung des Gesetzes über Technische As- sistenten in der Medizin (MTA-G) des BMJFFG vom Juli 1990, MTA 3 (1990) Nr.

11, 1157-1159.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. Dr. Hans E. Müller Leiter der staatlich anerkannten Lehranstalt für medizinisch-techni- sche Assistentinnen Braunschweig Hallestraße 1

W-3300 Braunschweig 43868 (36) Dt. Ärztebl. 89, Heft 46, 13. November 1992

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