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Archiv "Hausärztemangel: Kein sinnvoller Weg" (11.06.2010)

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A 1164 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 23

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11. Juni 2010

Das Leser-Forum

Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.

H A USÄ RZTEM A NGEL

Die Rahmenbedin- gungen für Allge- meinmediziner, auch die Weiterbildung, müssen sich verbes- sern (DÄ 14/2010:

„PJ-Pflichtfach Allgemeinmedizin: Signal gegen den Hausärztemangel“ von Birgit Hibbeler).

US

D g m d m s

„ Allgemeinmedizin:S

Gesundheitssystems, in dem um Ra- battverträge für Medikamente ge- feilscht wird, chronisch Kranke um Fortführung ihrer Therapie bangen müssen und ein Hausarzt mit 35 Euro pro Vierteljahr fair entlohnt erscheint.

Ein mitdenkender junger Kollege fragt nun einmal, was die vierstelli- gen ICD-Litaneien im hausärztlichen Bereich zu suchen haben und was es mit der Honorierung der Hausbesu- che auf sich hat. Eine künftige Ärztin wundert sich über die unzähligen auszufüllenden Formulare und hört genau hin, wenn wieder einmal das Risiko von Arzneimittel- oder Heil- mittelregress die Therapie begrenzt, die Krankenkassen jedoch dem Pa- tienten versichern, der Hausarzt müs- se und könne „alles Notwendige“

verordnen.

Nicht die Arbeit ist abschreckend für angehende junge Ärztinnen und Ärz- te, sondern die gesundheitspoliti- schen Rahmenbedingungen. Steht zu befürchten, dass dieser Eindruck sich nach einem ganzen Quartal noch we- sentlich verstärken wird.

Anette Christian, 91052 Erlangen

Eine Utopie?

In dem oben genannten Artikel ge- hen Sie auf den Hausärztemangel in Deutschland ein und schreiben, dass das Fach an den Universitäten in Deutschland unterrepräsentiert ist.

Dem ist vorbehaltlos zuzustimmen.

Es stellt sich jedoch die Frage,war- um dem so ist.

Zum einen fehlen allgemeinmedizini- sche Lehrstühle, das ist richtig. Ande- rerseits braucht man sich über man- gelnden universitären allgemeinmedi- zinischen Nachwuchs nicht zu wun- dern. Die Anstellung an der Universi- tät erfolgt meist nicht als Arzt, son- dern als wissenschaftlicher Assistent.

Das resultiert aus der fehlenden Pa- tientenversorgung. Dementsprechend erfolgt die Eingruppierung der Stellen nach dem Tarifvertrag der Länder.

Die Vergütung dieser Stellen ist nicht im entferntesten mit der Entlohnung als Arzt beispielsweise nach TV-Ä oder verschiedenen Haustarifverträ- gen vergleichbar. Ebenfalls dem Feh- len der Patientenversorgung an den universitären Einrichtungen ist ge- schuldet, dass sich Schwierigkeiten mit der Anrechnung der Zeiten als Weiterbildungszeit ergeben. Gerade aus diesem Grund entwickeln ja die universitären Abteilungen entspre- chende Ansätze wie die erwähnten Weiterbildungsverbünde mit gesi- cherten Rotationsstellen. Ein Lö- sungsansatz für dieses Problem wäre zum Beispiel die Schaffung allge- meinmedizinischer Polikliniken an den universitären Einrichtungen. Die- se könnten eine universitäre allge- meinmedizinische Weiterbildung und eine stärkere Verzahnung zwischen Allgemeinmedizin, klinisch-stationä- rer Behandlung und medizinisch-wis- senschaftlicher Forschung ermögli- chen und somit auch zu einem größe- ren Interesse von Medizinern an der allgemeinmedizinischen Profession führen. Da hierfür jedoch Ressourcen sowohl aus dem universitätsklini- schen Bereich als auch aus dem nie- dergelassen-allgemeinmedizinischen Bereich notwendig wären, rückt die- ser Lösungsansatz bereits in der Pha- se der Ideenfindung in den Bereich der Utopie.

Jens Udo Seelinger, 35112 Fronhausen- Bellnhausen

Was knapp ist, wird teuer

„Signal“ geht ja noch; aber der

„Kampf“ folgt im Text.

Besser wären Hege und Pflege:

Kein sinnvoller Weg

In der Tat wäre mehr Repräsentanz des Fachs Allgemeinmedizin rettend für die hausärztliche Zukunft – ich glaube dennoch, dass die Einführung eines verpflichtenden Allgemeinme- dizin-Quartals kein sinnvoller Weg wäre.

In meiner hausärztlichen Praxis hos- pitieren seit Jahren Medizinstudieren- de im Rahmen des einwöchigen (!) Pflichtpraktikums in der Allgemein- medizin. Zu Beginn frage ich alle nach ihren bisherigen Erfahrungen zur hausärztlichen Medizin – meist keine seit der letzten eigenen Mandel- entzündung. Die durchweg sehr moti- vierten und wissbegierigen angehen- den Kolleg(inn)en erleben dann nur fünf Tage lang die äußerst anspruchs- volle, abwechslungsreiche, schöne, aber auch schwere Arbeitsrealität, freuen sich über die endlich einmal individuelle und patientennahe Medi- zin, die wissenschaftlich überprüfbar ist, erleben geglückte Heilungen und nahendes Sterben, wir machen Haus- besuche und sehen Patienten in Alten- heimen und im Hospiz, diskutieren über Behandlungsformen und wälzen gegebenenfalls gemeinsam Fachlite- ratur. Am fünften Tag geben aus- nahmslos alle an, die Allgemeinmedi- zin sei in ihrem beruflichen Interesse wesentlich nach vorne gerückt. Was aber allen auch im Laufe dieser weni- gen Tage dämmert, ist der Irrwitz des

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11. Juni 2010 A 1165 Denn, wenn die Hausärzte eine aus-

sterbende Spezies sind, da ihre Le- bensgrundlagen schwinden, muss man dieses Aussterben hinnehmen, oder ihnen wieder Existenzmöglich- keiten schaffen.

Da ich mit knapp 59 das Ganze eh mit der resignierenden Weisheit des Alters betrachten kann, erlaube ich mir, für unsere Nachfolger festzu- stellen: Freut euch über den Ärzte- mangel! Denn in der Biologie wer- den die aussterbenden Spezies ge- schützt; und im Kapitalismus be- stimmen Angebot und Nachfrage den Preis.

Wenn die Ware knapp wird, wird sie auch wieder teurer.

Dr. med. Constantin Röser, 53474 Bad Neuenahr

Erstaunt

Mit Erstaunen habe ich den Leitarti- kel gelesen. Der drohende Ärzte- mangel ist doch nicht auf eine bisher mangelhafte Ausbildung im Fach Allgemeinmedizin zurückzuführen, sondern auf eine (politisch gewollte oder zumindest tolerierte) Ver- schlechterung der Arbeitsbedingun- gen und Zukunftsaussichten für den niedergelassenen oder angestellten Arzt. Solange der Beruf des Arztes besonders in der freien Praxis durch staatliche Vorgaben, Budgetierungen und Eingriffe der Krankenkassen im- mer weiter in seiner Behandlungs- und Handlungsfreiheit eingeschränkt wird, sinkt die Attraktivität, diesen Beruf zu ergreifen. Erst die Verbes- serung der Rahmenbedingungen wird die Zukunftsfähigkeit des Beru- fes verbessern und mehr Medizinstu- denten überzeugen können, sich in die Niederlassung zu begeben. Hier geht es um die eigene Gestaltungs- freiheit im Beruf, Selbstbestimmung in einem freien Beruf und um ein zu- kunftsfähiges Berufsbild mit einem der Verantwortung und dem persön- lichen Einsatz angemessenen Ein- kommen. Eine Pflicht-PJ-Veranstal- tung oder eine reine Imagepflege des Fachs Allgemeinmedizin kann und wird den Trend der Studenten weg vom klassischen Hausarzt nicht um- kehren. Die eigentliche Ursache des Übels wird ignoriert.

Dr. Dr. Frank Schmidt, 91301 Forchheim

Ein Pflichtfach Allgemeinmedizin im PJ sei ein wichtiges Signal, schreibt Birgit Hibbeler. Ein Signal für was?

Dass man zu diesem Fach gezwungen werden muss? Natürlich ist der Nach- wuchsmangel bei den Hausärzten ein Problem. Aber den Politikern fallen als Lösung wieder einmal nur Zwangs- maßnahmen ein. Noch ein Pflichtfach mehr für die jungen angehenden Kolle- ginnen und Kollegen, noch mehr Rege- lungen. Kaum ein Mediziner, der gerne Radiologe oder Laborarzt werden möchte, wird während eines solchen Pflichtkurses die Liebe zur Allgemein- medizin entdecken. Auf der anderen Seite wird derjenige, der gerne als Hausarzt arbeiten möchte, nicht wegen eines fehlenden Pflichtfachs einen an- deren beruflichen Weg einschlagen, sondern weil die Bedingungen im haus- ärztlichen Bereich schlecht sind – ein unklares, undurchschaubares Honorar- system, Regressdrohungen beim Ver- ordnen von Medikamenten und Hilfs- mitteln, unglaubliche Bürokratie der DMP, integrierte Versorgung, Einzel- verträge und vieles mehr. Es sind die politisch geschaffenen schlechten Rah- menbedingungen, die junge Ärztinnen und Ärzte vom Schritt in die Selbst- ständigkeit als Hausarzt abhalten, nicht die Inhalte des Fachs Allgemeinmedi- zin. Außerdem ist es inhaltlich fraglich, was ein Pflichtfach der Allgemeinmedi- zin bringen soll. Wir brauchen Ärztin- nen und Ärzte mit viel klinischer Erfah- rung, die vieles gesehen haben, die eine gute internistische und chirurgische Ausbildung erfahren haben und mög- lichst noch Erfahrungen aus den „klei- nen“ Fächern mitbringen, um den im- mer größer werdenden Anforderungen in der ambulanten hausärztlichen Medi- zin gerecht zu werden in einer Zeit, in der die Patienten nur noch kürzeste Zei- ten stationär behandelt werden.

Nicht noch mehr Pflicht, mehr Frei- heit im Studium ist notwendig. Natür- lich ist es sinnvoll, dass die Allge- meinmedizin an den Universitäten vertreten ist, aber doch nicht als Zwangsmaßnahme. Wer die Allge- meinmedizin wählt, sollte Freude am Umgang mit dem Menschen in seiner individuellen Lebenssituation haben, sie oder er sollte die Nähe zum Pa- tienten suchen, und diese ganz beson-

deren Seiten dieses schönen Fachs Allgemeinmedizin lernt man sicher- lich nicht besonders gut, wenn man dazu gezwungen wird . . .

Dr. med. Kai Hansen, 24321 Lütjenburg

Zurück zu den Vorfahren

Die Autorin geht davon aus, dass die Vorschläge des niedersächsischen Sozi- alministeriums . . . eine Verbesserung des deutschen Ärztemangelproblems mit sich bringen könnten. Sie übersieht dabei aber, dass dieses Problem nicht nur die Hausärzte, sondern das ganze Spektrum des Arztberufs betrifft. Dem deutschen Jungarzt wird das Medizin- betreiben nämlich schon in den aller- ersten Jahren seiner Arzttätigkeit ver- miest durch eine überbordende Büro- kratie, die ihm einen viel zu gro- ßen Teil seiner Arbeitszeit nimmt. Da- zu kommt die frustrierende Gewissheit, dass ein großer Teil der medizinisch- pflegerischen Arbeit zwar dokumen- tiert und protokolliert, aber keineswegs ausgeführt wird. Was nicht dokumen- tiert ist, wurde auch „nicht gemacht“.

Was nicht gemacht, aber dokumentiert ist, gilt dann aber als getan. Der Wust an Pflegedokumentation ist nahezu per- vers und dient in erster Linie dem Nachweis der Existenzberechtigung der Pflegeleitungen und ihren zusätzli- chen Planstellen . . .

Und dann schauen wir auf die Nieder- gelassenen mit Zeitvorgaben für Pa- tientengespräch, Zeitvorgaben für Ein- griffe aller Art, sogenannte Trödelpro- gramme, die besagen, dass man eine Mindestzeit bei einer Behandlung ver- bringen muss und schnelleres Arbeiten bestraft wird (bedeutet: ein guter Arzt wird reglementiert, der Trödler be- lohnt) Regelleistungsvolumina, Lang- zeitbetreuungsprogramme, in die Pa- tienten „nach Kassenwunsch“ hinein- gedrückt werden, ohne dass sie in diese Programme wirklich gehören etc. . . . Unsere Medizinalfunktionäre und -po- litiker sollten uns endlich wieder Ver- hältnisse schaffen, unter denen wir wie- der Ärzte – wie unsere Vorfahren in den 60er, 70er und 80er Jahren . . . – sein können, deren Leitspruch wieder

„salus aegroti suprema lex“ ist und nicht „superbia sancti buerocratii su- prema lex“ . . .

Dr. med. Eckhard Gebert, 53227 Bonn-Oberkassel

Mehr Freiheit im Studium

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