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Archiv "136 Spezialisten, 95 Ärzte für Allgemeinmedizin" (04.06.1981)

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Die Information:

Bericht und Meinung Allgemeinmedizin

wechser aus, weil er sich nun- mehr als Berufswechsel darstellte, und bis auf etwa gesetzlich zuge- lassene Anrechnungszeiten müß- ten ganze Ausbildungsabschnitte wiederholt werden, wie das bei

‚Röhrenberufen' wesensnotwen- dig der Fall ist."

Ob mit oder ohne Brüsseler Schüt- zenhilfe — der Wettlauf um die

„Endlösung" (dieser Begriff wur- de von Häußler in die Diskussion eingeführt und hat zu manchen maliziösen Kommentaren geführt) hat bereits unmittelbar nach dem Ärztetag begonnen. Am meisten erleichtert war über das Ärztetags- ergebnis vielleicht der BPA-Vorsit- zende Dr. Klotz, der als Vorsitzen- der der Deutschen Akademie für Allgemeinmedizin (das ist ein Aus- schuß der Bundesärztekammer) eines der fünf Hauptreferate zum Tagesordnungspunkt 1 gehalten hat. Für ihn sei es „nach dieser Entscheidung sehr viel leichter, jetzt Aktionen zugunsten des All- gemeinarztes zu unternehmen, ohne in den Geruch eines ,Spal- ters der Ärzteschaft zu kommen".

In welch unterschiedliche Rich- tungen solche Aktionen zielen können, läßt sich aus den Refera- ten von Dr. Klotz und Dr. Bech- toldt, dem Vorsitzenden der Deut- schen Akademie der Fachärzte (ebenfalls ein BÄK-Ausschuß) her- auslesen.

Bechtoldt betonte die Bedeutung der ärztlichen Ausbildung, also des Medizinstudiums, für die Her- anbildung auch der jungen Ärzte, die sich in der allgemeinmedizini- schen Versorgung betätigen wol- len. Er beklagte die hohen Medi- zinstudentenzahlen, die eine pra- xisnahe Ausbildung, wie sie die Approbationsordnung eigentlich vorschreibt, erschweren, wenn nicht gar verhindern. Bechtoldt forderte folglich Reformen im Aus- bildungsgang. Er stimmt in dieser Frage mit dem Marburger Bund überein.

Klotz hingegen focht in seinem Referat für die Weiterbildungslö- sung. So wichtig es auch sei, die

136 Spezialisten, 95 Ärzte

für Allgemeinmedizin

Beim 84. Deutschen Ärztetag in Trier waren 250 Delegierte stimmberechtigt. Davon wa- ren in freier Praxis ärztlich tätig: 158 Delegierte; in Krankenhäusern, Behörden und Körperschaften: 92 De- legierte. 231 Delegierte wa- ren Ärzte mit Gebietsbe- zeichnung, 19 Delegierte oh- ne Gebietsbezeichnung. Von den Delegierten mit Gebiets- bezeichnung waren 95 Ärzte für Allgemeinmedizin. Mithin waren rund ein Drittel der Ärztetagsdelegierten Allge- meinärzte; der Anteil der praktischen Ärzte und Allge- meinärzte an der Ärztege- samtzahl liegt derzeit bei rund zehn Prozent: CI

Allgemeinmedizin in der Ausbil- dung deutlicher hervorzuheben, die Ausbildung werde „immer nur zum Arzt, nicht aber zu einem zu selbständiger Tätigkeit befähigten Allgemeinarzt führen". Was der Allgemeinarzt in Ergänzung seiner Ausbildung brauche, könne er nur als approbierter Arzt erwerben, eben in Weiterbildung. Dem jun- gen Arzt müsse manche Hürde, die derzeit im Weiterbildungsgang für Allgemeinmedizin aufgerichtet sei, weggeräumt werden.

„Die nicht enden wollende Diskus- sion über die wirtschaftliche und medizinische Zukunft des Allge- meinarztes muß endgültig zu ei- nem positiven Ende gebracht wer- den, um die Motivation, den Weg zum Allgemeinarzt einzuschlagen, zu verstärken", forderte Klotz — ei- ne Forderung, die auch die Hoff- nung einschließt, die „freiwillige Lösung" möge Erfolg haben.

Um die Motivation beim Nach- wuchs scheint es allerdings nicht mehr so schlecht bestellt zu sein.

Übereinstimmend erklärten ein junger Delegierter aus Berlin, Hel- mut Milz, und Prof. Dr. Ulrich Kan- zow, die jungen Kollegen seien heute durchaus motiviert (laut Milz aus der Erkenntnis, man kön- ne in der Klinik die „Medizin am ganzen Menschen" nicht so be- treiben, wie man es sich bei der

Berufswahl vorgestellt habe). Milz wandte sich auch gegen den Vor- wurf, die jungen Ärzte drängten direkt nach der Approbation in die freie Praxis. Jeder junge Kollege wolle sich weiterbilden, und er scheue sich davor, direkt in die Praxis zu gehen. Schwierig sei es allerdings oft, eine zur Weiterbil- dung geeignete Stelle zu be- kommen.

Dieser Meinung waren auch viele andere Delegierte; sie schlug sich in zwei Anträgen (von Frau Dr. In- grid Hasselblatt und Dr. Horst-Joa- chim Rheindorf) nieder und führte zu Appellen an die leitenden Kran- kenhausärzte, sich in dieser Hin- sicht mehr für die Allgemeinmedi- zin einzusetzen. Auch Belegärzte sollen nach Auffassung des Ärzte- tages in die allgemeinmedizini- sche Weiterbildung einbezogen werden (Antrag Dr. Klaus Michael Hahn; der „Beleghahn", wie er sich vorstellte).

Im Zusammenhang mit Forderun- gen nach Weiterbildungsstellen wurde auch offen das Tabu-The- ma „befristete Assistentenstellen"

angesprochen (Antrag Prof. Dr.

Dieter Adam). Das war einer der wenigen Punkte, zu denen die De- legierten ausgiebig diskutierten.

Adams Antrag wurde schließlich abgelehnt. Diskutiert und abge- lehnt wurde auch die Anregung, Ärzten, die eine volle allgemein- ärztliche Weiterbildung absolviert haben, bei der Honorarbemes- sung einen Zuschlag (Bonus) zu bezahlen oder Ärzte ohne Weiter- bildung mit einem Malus zu bela- sten. Bereits in einem Gutachten von Prof. Dr. Fritz Beske „Insti- tut für Gesundheits-System-For- schung", das die Beske-Leute im Auftrag des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung er-

1132 Heft 23 vom 4. Juni 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 23 vom 4. Juni 1981 1133 Die Information:

Bericht und Meinung Allgemeinmedizin

stellt hatten und das den Delegier- ten vorlag, war eine derartige Dif- ferenzierung bei der Honorarbe- messung vorgeschlagen worden.

Als sich — angestoßen von Dr. Jür- gen Bausch — auch der Ärztetag damit beschäftigte, versicherte Dr.

Schmitz-Formes unzweideutig, es entspreche nicht der Honorarpoli- tik der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung, unterschiedliche Ver- gütungen für die gleiche Leistung einzuführen. Schmitz-Formes er- innerte daran, daß es keine unter- schiedlichen Vergütungsregelun- gen für Leistungen von Speziali- sten und von Allgemeinärzten/

Praktikern gibt.

Ohnehin war es auf dem Ärztetag umstritten, bei der Förderung der Allgemeinmedizin auch honorar- politische Erwägungen mit ins Spiel zu bringen. Dr. Bechtoldt je- denfalls gab die Auffassung der Akademie für Fachärzte wieder, daß selbst die (relativ vorsichtig gehaltenen) „Gesichtspunkte der Gebührenregelung in die Ent- schließungsvorlage nicht Eingang finden sollten". Daß solche Be- denken gerade von der Akademie für Fachärzte kamen, verdient Be- achtung — auch im Zusammen- hang mit der Diskussion um Bo- nus und Malus. Denn sollte eine Differenzierung innerhalb der all- gemeinmedizinischen Tätigkeit ernsthaft ins Spiel gebracht wer- den, dann wäre in Kürze auch mit Auseinandersetzungen zwischen Allgemeinärzten und Gebietsärz- ten über weitere Differenzierun- gen zu rechnen. Ein „Krieg" zwi- schen Allgemeinärzten und Spe- zialisten um Honorarfragen wäre wohl das Letzte, was sich die Ärz- teschaft wünschen könnte.

Trotz quasi-fraktioneller Vorbespre- chungen keine Bilder etwa von Zwie- tracht. — Bild oben: Unter den Fittichen des BPA kamen Ärztetagsdelegierte, die Praktische Ärzte und Ärzte für Allge- meinmedizin sind, vor der Eröffnung des Ärztetags zusammen. — Mitte: Sit- zung des Gesamtvorstandes des Hart- mannbundes mit Delegierten, die HB- Mitglieder sind. — Unten: Vorberatung von Delegierten, die Angestellte oder Beamte sind, beim Marburger Bund

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Die Information:

Bericht und Meinung Allgemeinmedizin

Eine nennenswerte Debatte gab es schließlich über die Institutionali- sierung der Allgemeinmedizin an den Hochschulen. Sie hängt eng mit der „Abgrenzbarkeit" des Faches zusammen; und die wie- derum hat auch ihre berufspoliti- schen Aspekte. Nach Auffassung von Dr. Hans Hamm, Referent zum Thema „Forschung und Lehre", ist die Allgemeinmedizin in den letzten Jahren „abgrenzbarer und damit lehrbar" gemacht worden.

Den Hochschullehrern liegt an der Abgrenzbarkeit vor allem deshalb, weil nur ein abgegrenzter wissen- schaftlicher Gegenstand Anerken- nung in Forschung und Lehre fin- den kann und weil daraus wieder- um nur die Rechtfertigung für die Einrichtung von Planstellen und Instituten folgt: ein wissenschaftli- ches und hochschulpolitisches Status-Problem also.

Das ist nicht zu unterschätzen, die Allgemeinmedizin ist keineswegs ein etabliertes Fach. Es gibt zwar 68 Lehrbeauftragte, aber bisher le- diglich einen Ordinarius (in Han- nover). Die personellen und sach- lichen Mittel an den einzelnen Fa- kultäten, die für die Allgemeinme- dizin zur Verfügung gestellt wer- den, sind durchweg sehr beschei- den — so bescheiden, daß das Zen- tralinstitut und die Kassenärztli- chen Vereinigungen der Länder jährlich rund zwei Millionen Mark aufbringen — aus Honorarmitteln der Kassenärzte, — um das Fach halbwegs auszustatten (Dr.

Schmitz-Formes in seinem Referat über die Förderung der Allgemein- medizin durch das Zentralinstitut).

Dr. Hamm stellte fest, daß die All- gemeinmedizin als relativ neues universitäres Gebiet „noch nicht in ausreichendem Maße gleichbe- rechtigt mit den anderen Pflichtfä- chern in die Hochschulen inte- griert wurde". Laut Schmitz-For- mes bestehen offensichtlich im- mer noch erhebliche Vorbehalte gegenüber der Anerkennung der Allgemeinmedizin als Wissen- schaft. Dr. Hamm hielt es für nütz- lich, wenn der Deutsche Ärztetag

„einen Appell an die zuständigen

Stellen richten könnte, der Allge- meinmedizin überall die für ein Pflichtfach angemessene Stellung mit entsprechenden Arbeitsbedin- gungen in Lehre und Forschung zu schaffen".

Die vom Ärztetag verabschiedete Entschließung trägt diesem Wunsch Rechnung. Zuvor waren allerdings die Bedenken einiger Delegierter auszuräumen. Die stie- ßen sich an der Forderung, die All- gemeinmedizin solle „in gleicher Weise wie die klinischen Fächer"

an den Hochschulen institutionali- siert werden. Dies — so der Ein- wand — würde die Etablierung von Ordinariaten, Oberärzten, Assi- stenzärzten und Polikliniken, halt des üblichen akademischen Appa- rates bedeuten. Damit würde sich die Allgemeinmedizin von der Pra- xis entfernen; die Allgemeinmedi- zin, die ein die Fächer durchdrin- gendes Fach sein solle, würde da- mit zu einem Fach wie alle ande- ren. Der Ärztetag glaubte jedoch, folgt man einigen Rednern, die In- stitutionalisierung sei möglich, ohne der Allgemeinmedizin ihren spezifischen Charakter zu neh- men.

Das aus Status-Sorgen sich ablei- tende Abgrenzungsbemühen der Hochschullehrer hat auch auf die niedergelassenen Allgemeinärzte durchgeschlagen. Jedenfalls fol- gen Berufspolitiker aus deren Kreisen weithin der Argumenta- tion der Lehrbeauftragten. Hier spielt aber auch das spezifische Status-Problem der niedergelas- senen Allgemeinärzte hinein. Die- se möchten, das kam in Trier im- mer wieder heraus, den Speziali- sten exakt, und das bedeutet eben auch: in der Umschreibung des Gebietes, gleichgestellt werden.

In der Ärztetagsentschließung kommt das an einer Stelle beson- ders zum Ausdruck. Dort heißt es:

„Der Allgemeinarzt muß gleich- wertig neben den Ärzten aller an- deren Gebiete stehen." Dahinter steckt der Wunsch, die Allgemein- medizin quasi zu einem Fachge- biet zu machen und neben die üb- rigen Fachgebiete zu stellen. In

der freien Praxis bliebe dann (nach derzeitiger Rechtslage) nur mehr der „(praktische) Arzt" üb- rig, der keine einem Kanon folgen- de Weiterbildung absolviert hat.

Verfechter der oben schon apo- strophierten sauberen „Endlö- sung" wünschen daher ja auch, diesen Stein des Anstoßes zu be- seitigen. Dem wurde in Trier offen auch nicht widersprochen. Einmal weil „inhaltlich" kaum diskutiert wurde, um nicht das zuvor gefun- dene Konzept zu zerreden, zum anderen, weil die „praktischen Ärzte" keine Lobby mehr haben.

Jedenfalls nicht in Trier, wo allen- falls eine Handvoll „praktischer Ärzte" unter den Delegierten aus- zumachen war.

Aus alldem folgt: Der weitergebil- dete Allgemeinarzt hat in Trier nach Punkten gesiegt.

Dessen Wunsch nach Abgrenzung und Einreihung in „alle anderen Gebiete", dürfte die Ärzteschaft in Zukunft noch einigermaßen be- schäftigen. Denn die Abgrenzung des Gebietes müßte die Forderung nach Beschränkung auf das ab- gegrenzte Gebiet zur Folge ha- ben. Da der Allgemeinarzt wegen seiner „Filterfunktion", seiner

„Steuerungsfunktion" gegenüber den Spezialitäten nicht „horizon- tal" begrenzt werden kann, ist le- diglich eine „vertikale" Begren- zung möglich. Praktisch würde das darauf hinauslaufen, den All- gemeinarzt in seinen diagnosti- schen und therapeutischen Mög- lichkeiten zu beschränken. Im europäischen Ausland gibt es für diesen auf die „Filterfunktion" re- duzierten Arzt der Primärversor- gung Beispiele.

Die Allgemeinärzte sind bei der Wahl zwischen Abgrenzung und dem bisher in der Weiterbildungs- ordnung verbrieften, uneinge- schränkten Recht auf „die Krank- heitserkennung und -behandlung sowie die Gesundheitsführung des Patienten, unabhängig von Al- ter, Geschlecht und der Art der Gesundheitsstörung" nicht zu be- neiden. Norbert Jachertz 1134 Heft 23 vom 4. Juni 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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