Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
FÜR SIE GELESEN
Arzneimittelbedingte Todesfälle
im Krankenhaus
Über medikamenten-induzierte To- desfälle liegen recht widersprüchli- che Angaben vor. Die Boston Col- laborative Drug Surveillance Gruppe hat jetzt die sorgfältig analysierten Daten von 26 462 Patienten veröf- fentlicht, die in Akutkrankenhäuser aufgenommen werden mußten. Bei 24 Patienten (0,9 Promille) wurde ein Zusammenhang zwischen dem Ab- leben des Patienten und der Einnah- me eines oder mehrerer Medika- mente für wahrscheinlich gehalten.
Die meisten dieser Patienten waren schwer erkrankt, die häufigsten Komplikationen betrafen Nebenwir- kungen von Zytostatika, Digoxin und einer intravenösen Flüssigkeitszu- fuhr. Sechs der 24 Todesfälle (fünf durch Überwässerung, einer durch eine exzessive Kaliumsubstitutions- therapie) erschienen, retrospektiv betrachtet, vermeidbar. Die Auf- schlüsselung der in sieben Ländern ermittelten Daten (für die Bundesre- publik lieferte das Klinikum Steglitz, Berlin, die Angaben) ergab weitge- hend identische Komplikationsraten in den einzelnen Ländern.
Porter, J., Jick, H.: Drug-related deaths among medical inpatients; J. Amer. med. Ass. 237 (1977) 879-881; Boston Collaborative Drug Surveillance Program, 400 Totten Pond Rd., Waltham, MA 02154
Wachstumshormonmangel bei konnatalen Röteln
Eine intrauterine Wachstumsretar- dierung ist ebenso wie eine postna- tale Wachstumsverzögerung als Zei- chen einer intrauterin erworbenen Rötelninfektion bekannt. Frühere Untersuchungen konnten Endokri- nopathien als Ursache dieser Stö- rung nicht nachweisen. Die Autoren berichten nun über einen sechs- be- ziehungsweise zwölfjährigen Kna- ben mit konnatalen Röteln, die beide einen deutlichen Minderwuchs auf- wiesen. Als Ursache fand sich ein isolierter Mangel an STH. Schon nach 18monatiger Substitution konnte ein signifikanter Anstieg der
Körpergröße erzielt werden. Die Au- toren weisen darauf hin, daß bei ei- ner pränatalen Rötelninfektion die Kinder gezielt auf Endokrinopathien hin untersucht werden sollten und der Minderwuchs nicht generell als Folge einer allgemeinen Wachs- tumsverzögerung bei pränataler In- fektion angesehen werden darf. Dck
Preece, M. A., Kearney, P. J., Marshall: Growth- Hormone deficiency in congenital rubella; Lan- cet 2 (1977) 842; Departments of Growth and Development and Microbiology, Institute of Child Health, University of London, and Royal Hospital for Sick Children, Bristol
Magen- oder
jejunoilealer Bypass?
Bei der Behandlung der extremen Adipositas durch den Chirurgen konkurrieren derzeit zwei Verfahren:
eine Verkleinerung des Magens und eine weitgehende Ausschaltung der Resorptionsfläche durch einen Dünndarmkurzschluß. Bei zwei Gruppen von je 100 Patienten ka- men beide Operationsverfahren zum Einsatz. Während Operationszeit und Operationsmorbidität beider Gruppen annähernd gleich waren, traten Langzeitkomplikationen nach jejunoilealem Bypass häufiger auf.
Schwerwiegende Komplikationen machten bei 32 Prozent der Patien- ten eine erneute Hospitalisierung in- nerhalb eines Jahres erforderlich.
Bei annähernd gleicher Gewichtsre- duktion lag die Zahl der Rehospitali- sierungen nach einem 90prozenti- gen Magenbypass bei 12 Prozent.
Durchfälle, Müdigkeit, Leberverän- derungen, Nierensteine und Polyar- thritis wurden nur bei Patienten mit jejunoilealem Bypass beobachtet, der bei vier Patienten wieder aufge- hoben werden mußte. Wegen der si- gnifikant selteneren Spätkomplika- tionen sollte bei der chirurgischen Behandlung der extremen Adiposi- tas dem Magenbypass gegenüber dem jejunoilealen Bypass der Vor- zug gegeben werden.
John F. Aiden: Gastric and Jejuno-ileal By- pass; Arch. Surg. 112 (1977) 799-806; Depart- ment of Surgery, Mounds Park Hospital and the Miller Division of United Hospitals of St. Paul, St. Peter Str. 350
Hypophysenvorderlappen
zahlreich entwickelten Hormonprä- parate fast risikolos möglich. Bei gu- ter medikamentöser Einstellung und Überwachung ist nicht bekannt, daß die Lebenserwartung dieser Patien- ten geringer wäre als diejenige gleichaltriger Gesunder.
Die therapeutischen Maßnahmen sind in den Tabellen 4a und 4b zu- sammengefaßt. Prinzipiell wird eine Substitution nicht mit Hypophysen- vorderlappen-Hormonen, sondern mit den Hormonen der peripheren endokrinen Organe wie der Neben- nierenrinde, der Schilddrüse und der Gonaden durchgeführt. Diese Substitutionsbehandlung sollte der natürlichen Sekretion dieser peri- pheren endokrinen Organe mög- lichst weitgehend angepaßt werden, so der Höhe der Sekretionsrate und der eventuellen Tagesrhythmik. Sie muß sich im einzelnen an den je- weils vorliegenden klinischen und laborchemischen Parametern orien- tieren. Ein Ersatz der ausgefallenen hypophysären Hormone ist derzeit aus mancherlei Gründen noch nicht empfehlenswert, unter anderem weil hypophysäre Hormone fast aus- schließlich parenteral zugeführt werden müssen, weil sie als Eiweiß- körper zur Antikörperbildung nei- gen, weil ihre Wirkung auf die peri- pheren Organe Nebennierenrinde, Schilddrüse und Gonaden im Ein- zelfall sehr unterschiedlich sein kann, nicht zuletzt auch, weil diese Behandlung mit höheren Kosten verbunden wäre.
Literatur
Simmonds, M.: Über Hypophysisschwund mit tödlichem Ausgang, DMW 7 (1914) 322 - Sheehan, H. L., Stanfield, J. P.: The pathogenesis of post partum necrosis of the anterior lobe of the pituitary gland, Acta En- docr. (Kbh) 37 (1961) 479 - Brunner, H. E., Labhart, A.: Das Koma bei Hypophyseninsuffi- zienz, Differentialdiagnose und Behandlung.
Internist 6 (1965) 406 - Kind, H.: Die Psychiatrie der Hypophyseninsuffizienz, speziell der Sim- mondsschen Krankheit, Fortschr. Neurol.
Psychiat. 26 (1958) 501 - Odell, W. D.: Isolated deficiencies of anterior pituitary hormones, J.
Amer. med. Ass. 197 (1966) 1006
Anschrift für die Verfasser:
Privatdozent
Dr. med. Klaus-Peter Littmann Chefarzt der Medizinischen Klinik Städtisches Krankenhaus
Holwedestraße, 3300 Braunschweig
354 Heft 7 vom 16. Februar 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT