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Archiv "Soziale Regelkreise: Untersuchungen über ein kybernetisches Modell der sozio-ökonomischen Beziehungen" (24.11.1977)

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen Ärztinnenbund

auf die Leistungsanamnese bezie- hen. In der zweiten Lebenshälfte sei- en Belastungsarten abzulehnen, die vorwiegend statische Arbeit verlan- gen, statt dessen sollten, so Weikl, alle Sportarten empfohlen werden, die auf eine Verbesserung des maxi- malen Sauerstoffaufnahmevermö- gens, d. h. auf eine Ausdauerlei- stung, abzielen und in der Bewe- gungsmechanik vorwiegend dyna- misch ablaufen.

Dies treffe vor allem zu für das Lau- fen, Radfahren, Rudern, Schwim- men und Gehen, selbstverständlich auch für einen großen Teil der Gymnastik.

Nach den Worten Weikls werden durch die Förderung der körperli- chen Aktivität in der zweiten Le- benshälfte vor allem zwei Ziele an- gestrebt: Beseitigung oder minde- stens Milderung von Risikofaktoren, die die Arteriosklerose begünstigen, ferner die Erhaltung bzw. die Ver- besserung der körperlichen Lei- stungsfähigkeit. Durch ein systema- tisches Training könne eine Abnah- me der Adipositas erzielt werden.

Darüber hinaus sei bereits nach vier Wochen eine beträchtliche Reduzie- rung der Hautfaltendicke beobach- tet worden. Sportliche Betätigung gehöre zu den entscheidenden Hil- fen, „dem Leben nicht nur Jahre hinzuzugewinnen, sondern diese auch mit Leben zu erfüllen", meinte der Referent zum Schluß.

Mit ihrem Referat „Von der Hausfrau zur Übungsleiterin" erläuterte Helga Mohl (Mainz) Möglichkeiten, beson- ders Lebensältere zum Bewegungs- training zu motivieren. Sie stellte be- sonders heraus, daß die Ärzteschaft weitaus mehr als bisher auf die Akti- vitäten der örtlichen Sport- oder Gymnastikgruppen bei den Patien- ten hinweisen sollten [diesem The- ma war auch der „Titel" von Heft 33/

1977 des DEUTSCHEN ÄRZTEBLAT- TES gewidmet; die Red.]. Eine Be- fragung im süddeutschen Raum ha- be ergeben, daß nur etwa vier Pro- zent von Teilnehmerinnen an gym- nastischen Bewegungsprogrammen von ihrem Arzt zur Teilnahme moti- viert worden seien.

Daß der Grundstein für Sportge- sundheit bereits bei den Kindern ge- legt werden muß, betonte Frau Dr.

med. Friederike Damm (3557 Ebdor- ferg rund). Die Sportärztin berichtete über sportmedizinische Leistungs- und Entwicklungsdaten, dargestellt an elf bis dreizehnjährigen Schüle- rinnen und Schülern im Landkreis Marburg—Biedenkopf. Die an rund 1000 Kindern durchgeführten Unter- suchungen ergaben, daß etwa ein Fünftel nicht sportgesund waren, mithin für verminderte Herz-Kreis- lauf-Funktionen im Alter disponiert sind.

Hedda Heuser wiedergewählt Der schleswig—holsteinische Sozial- minister Claussen ging auf spezifi- sche Berufsprobleme der Ärztinnen ein. Wie er ausführte, ist die Zahl der Ärzte in den letzten zehn Jahren von 86 000 auf 120 000 angestiegen, da- bei habe sich der Anteil der Ärztin- nen von 17,2 Prozent auf 20,2 Pro- zent gesteigert. Der Anteil der Fach- ärztinnen sei ziemlich niedrig. Wäh- rend im letzten Jahrzehnt der Anteil der Fachärzte um 50 Prozent gestie- gen sei, habe die Zahl der Ärztinnen mit Facharztanerkennung nur um 17 Prozent zugenommen. Der Minister sprach sich dafür aus, daß — ent- sprechend einer Zielforderung des Ärztinnenbundes — die Weiterbil- dung zum Facharzt an Krankenhäu- sern für weibliche Mediziner auch in Teilzeitbeschäftigung (halbtags) ge- fördert werden müßte. Bei den Vor- standswahlen wurde der bisherigen Präsidentin des Deutschen Ärztin- nenbundes, Hedda Heuser-Schrei- ber, erneut das Vertrauen ausge- sprochen. Günter Meißner

BLÜTENLESE

Akupunktur

„An der Akupunktur muß doch was dran sein — man hört eigentlich nie was von kran- ken Igeln."

FORUM

Soziale

Regelkreise

Untersuchungen

über ein kybernetisches Modell der sozio-ökonomischen Beziehungen

Ferdinand Oeter

Fortsetzung und Schluß

Regelkreis Ökologie

Seitdem der Mensch versucht, die Naturkräfte in seinen Dienst zu stel- len, ist es immer wieder zur Störung ökologischer Regelkreise gekom- men. Das gilt bereits für die vorge- schichtlichen Waldbrandrodungen, bei denen kleinere oder größere Gruppen von Menschen ein be- stimmtes Waldgebiet niederbrann- ten und mit Nutzpflanzen besetzten.

Die geringe Siedlungsdichte erlaub- te es, neue Brandrodungen anzule- gen, sobald der Boden, der noch nicht gedüngt wurde, keine ausrei- chenden Erträge mehr abwarf. Zu eigentlichen Katastrophen kam es aber erst in den Hochkulturen, wie beispielsweise bei den Maja in Yuka- tan, im Zweistromland, vielleicht auch in jenen Gebieten der Sahara, wo uns heute Felsbilder als Zeugen einer großen Vergangenheit be- gegnen.

Demgegenüber ist die Gefahr welt- weiter ökologischer Krisen und Zu- sammenbrüche ein Problem, das erst mit der Entwicklung der moder- nen Industriekultur in unseren Sichtkreis getreten ist.

Ein Zentralpunkt ist der Verbrauch fossiler Energieträger und seltener

2812 Heft 47 vom 24. November 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Soziale Regelkreise

Rohstoffe. Was die fossilen Energie- träger anbelangt, so werden z. Z.

jährlich Mengen verbraucht, zu de- ren Aufbau durch Pflanzenwachs- tum Jahrmillionen notwendig waren.

So kann man es nur als ungeheuer- lich betrachten, daß zumindest die Öl- und Erdgaslager nunmehr in we- nigen Jahrzehnten durch sinnlose Vergeudung verbraucht werden.

Fast noch gravierender sind die durch die Energievergeudung aus- gelösten Umweltschäden an Was- ser, Luft, Boden und nicht zuletzt auch am Klima. Diese sind auch durch die Atomenergie nicht zu be- heben, die zudem weitere unkon- trollierbare Risiken mit sich bringt.

Die einzige Möglichkeit einer befrie- digenden Dauerlösung liegt viel- mehr auch hier im weitvorausschau- enden Gebrauch der verfügbaren Ressourcen und in der Wiederher- stellung eines funktionsfähigen Re- gelkreises. Dieser wird vorerst noch entscheidend dadurch gestört, daß in unserer Wirtschaft das Prinzip der Privatisierung der Gewinne und So- zialisierung der Verluste vor- herrscht, konkret formuliert: „die durch die Produktion von Gütern und Dienstleistungen erwirtschafte- ten Gewinne einzelnen zugute kom- men zu lassen, die mit der Beseiti- gung der unerwünschten Kuppel- produkte (Abfälle, Abgase, Abwäs- ser) verbundenen Kosten jedoch zu sozialisieren (9)." Das hat zur Folge, daß gegenwärtig „derjenige Betrieb, der die größten Umweltschäden ver- ursacht und dadurch die Allgemein- heit am stärksten belastet, auch die größten Kostenvorteile aufweist. Da durch die Kostenabwälzung die Ge- winnsituation erheblich verbessert wird, kann davon ausgegangen wer- den, daß in der Zielsetzung der Ge- winnmaximierung auch das Bemü- hen beinhaltet ist, die innerhalb des bestehenden Ordnungsrahmens der Volkswirtschaft gegebenen Abwäl- zungsmöglichkeiten voll auszu- schöpfen (10)."

Es handelt sich hier ganz offensicht- lich um einen unheilvollen Circulus vitiosus: Rücksichtslose Umwelt- ausbeutung und Umweltschädigung führt zu einer Vergrößerung der Ge- winne, Betriebe mit dem Bestreben,

verantwortungsbewußt umwelt- schonend zu produzieren, geraten in Gefahr, von der Konkurrenz über- rollt zu werden, und müssen sich daher notgedrungen auch zu verant- wortungslosem Handeln entschlie- ßen. Diese Situation kann nur berei- nigt werden, indem der Gesetzgeber klare Verhältnisse und klare Verant- wortlichkeiten schafft. Mit anderen Worten: Es muß dafür gesorgt wer- den, daß die Verursacher von Um- weltbelastungen voll und ganz für deren Beseitigung aufzukommen haben bzw. die für deren Beseiti- gung durch andere anfallenden Ko- sten in voller Höhe tragen müssen.

Für die entstehenden Umweltschä- den einschließlich der unzureichend zurechenbaren Schäden und der im- materiellen Verluste (z. B. ästheti- sche Beeinträchtigungen) wären Schutzpreise in Rechnung zu stel- len, welche den Kosten der Vermei- dung dieser Schäden mindestens gleichkommen. Dadurch würde sich ergeben, daß nun plötzlich die Be- triebe, die die geringsten Umwelt- schäden verursachen bzw. ihre Pro- dukte mit möglichst geringen Um- weltschäden erzeugen, Kostenvor- teile gegenüber den Schädlingen aufweisen. Indem sie nunmehr ko- stengünstiger produzieren können, reißen sie das Gesetz des Handelns an sich. Ganz allgemein wird ökono- misches Handeln wieder in Einklang gebracht mit ökologischem Verhal- ten: der ökologische Regelkreis tritt wieder in Funktion und sorgt auto- matisch für eine Sanierung der Umwelt.

Selbstverständlich liegen viele Pro- bleme noch im Detail und selbstver- ständlich wird nicht alles von heute auf morgen möglich sein. Die Um- weltschutz-Auflagen werden viel- mehr nur Schritt für Schritt ver- schärft werden können, damit die betroffenen Betriebe Zeit für die Umstellung gewinnen. Andererseits dürfen Umweltschutz-Auflagen aber auch nicht zu einer Komödie ge- macht werden, wie das unlängst beim Wasserabgabe-Gesetz der Fall gewesen ist. Die hier festgesetzten Abgaben für Verschmutzer sind so lächerlich niedrig, daß sie mit abso- luter Sicherheit unwirksam bleiben

müssen, weil sich jeder Schädiger mit einer ganz geringfügigen Abga- be freikaufen kann. Es gibt im Grun- de genommen auch keinerlei Mög- lichkeit, Betriebe, die bisher umwelt- schädigend gearbeitet haben, vor schmerzhaften Belastungen zu schützen. Sie werden sich wohl oder übel einer verschärften Konkurrenz stellen müssen, bei der in einer recht verstandenen Marktwirtschaft im- mer nur der eine Chance hat, der die besseren Leistungen erbringt.

Wir sollten hier auch nicht gewisse Einbußen im Außenhandel fürchten.

Angesichts der hohen Ausfuhrüber- schüsse können wir es uns heute noch leisten, unsere Umwelt wieder in Ordnung zu bringen, ohne dabei größere Einbußen auf dem Gebiet des Lebensstandards in Kauf neh- men zu müssen. Ob das auch künf- tig noch der Fall sein wird, wenn der jetzige günstige Zeitpunkt verpaßt wird, sollte nicht erst abgewartet werden, es könnte sonst leicht zu spät werden.

Regelkreis Verkehr

Prinzipiell ist dieser Regelkreis nur ein Teilaspekt des ökologischen Re- gelkreises. Sein besonderes Ge- wicht gewinnt er erst durch die un- geheure Entwicklung des motori- sierten Straßenverkehrs in den letz- ten beiden Jahrzehnten.

Es kann nicht bestritten werden, daß dieser in der Wohlstandsentwick- lung der Bundesrepublik eine über- ragende Rolle gespielt hat, aber nicht erst seit gestern, und heute zeigt sich, daß auch seine Ausufe- rung Folgen nach sich zieht, die zu größten Besorgnissen Anlaß geben müssen. Die Automobilwirtschaft hält dem entgegen, daß nur die Mo- torisierung die Wirtschaft der Bun- desrepublik in Gang halte und daß der Staat und die Öffentlichkeit Mil- liardennutzen daraus zögen. Eine Gegenrechnung kommt zu völlig an- deren Ergebnissen. Werden nämlich die sozialen Folgekosten des moto- risierten Verkehrs in die Gesamt- rechnung einbezogen, so ergibt sich dadurch beispielsweise für das Jahr

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 47 vom 24. November 1977 2813

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen Soziale Regelkreise

1974 eine Belastung der öffentlichen Hand in Höhe von 30 Milliarden DM (11). Es handelt sich dabei vor allem um die volkswirtschaftlichen Verlu- ste, die durch Todesfälle und Unfall- verletzungen hervorgerufen werden.

Allein die Unfalltoten dieses einen Jahres bedeuten einen Ausfall von rund 280 000 Arbeitsjahren. Rechnet man dazu die zeitlich begrenzte und lebenslange durch Verkehrsunfälle verursachte Arbeitsunfähigkeit, so kommt man auf einen jährlichen Verlust von 400 000 Arbeitsjahren.

Zu den Folgekosten des motorisier- ten Verkehrs müssen aber auch die Ausgaben für verkehrspolizeiliche Dienste gerechnet werden. Weiter- hin beeinträchtigt die Wettbewerbs- verzerrung zugunsten des Straßen- verkehrs die Ertragslage der Bun- desbahn in erheblichem Maße und führt hier zu Verlusten, die von der öffentlichen Hand abgedeckt wer- den müssen. Gleichzeitig kommt es zu einer Abwanderung des Perso- nen- und Güterverkehrs von der si- cheren Schiene zur unfallträchtigen Straße.

In Betracht gezogen werden müssen auch eine Reihe anderer Folgen, die sich schwer in Geldwert umrechnen lassen, wie beispielsweise die durch Luftverschmutzung und Lärmbelä- stigung hervorgerufenen Krankhei- ten und Organschäden, schließlich aber auch die Korrosionsschäden an unersetzlichen Kunstwerken und die Gebäudeschäden durch Erschütte- rungen. Epidemiologische Daten aus verschiedenen Ländern weisen eindringlich darauf hin, daß Lärm, Abgase, Psychostreß, Einengung des Lebensraumes, Verlust von Spielflächen für Kinder u. v. a.

Krankheiten verursachen oder zu- mindest entscheidend mitbedingen, die viel persönliches Leid und nicht abschätzbare Kosten nach sich ziehen.

Besonders erschreckend ist der Ver- lust an Lebensqualität, der durch den motorisierten Verkehr hervorge- rufen wird, denn ehedem waren die Straßen und Plätze der Städte und Dörfer vor allem auch Stätten der menschlichen Begegnung. Beson-

ders schwerwiegend sind die Folgen für die Kinder, deren Lebens- und Spielraum — eine notwendige Vor- aussetzung für eine gedeihliche Ent- wicklung — in so gefährlicher Weise eingeengt worden ist, daß namhafte Kinderärzte von schweren Pfer- chungsschäden sprechen, die sich lebenslang in negativem Sinne auf die körperliche und seelische Ge- sundheit auswirken (12).

Ein großer Teil dieser unheilvollen Folgen ließe sich vermeiden, wenn genügend Geldmittel für die Entzer- rung des motorisierten Verkehrs und des nichtmotorisierten Straßen- lebens verfügbar gemacht würden.

Dafür liegen eine ganze Reihe kon- struktiver Vorschläge vor. So hat ei- ne Frankfurter Architektengruppe bereits vor Jahren den Plan einer sogenannten „Trassenstadt" veröf- fentlicht, mit dem eine Bündelung des motorisierten Verkehrs auf ei- gens dafür angelegten Schnellstra- ßen erreicht werden soll, während der Einstrom des motorisierten Ver- kehrs in die Wohngebiete entspre- chend gedrosselt und teilweise bis zum Schrittempo herabgesetzt wer- den soll. Dies ist durch geschickte Planung ohne weiteres möglich, er- fordert allerdings sehr große Geld- mittel. Gewinner würden ebenso die motorisierten Verkehrsteilnehmer wie natürlich vor allem die Fußgän- ger, Radfahrer und spielenden Kin- der sein.

Geht man davon aus, daß sowohl im Interesse gesunder Lebensführung wie auch ganz allgemein im Interes- se der menschlichen Wohlfahrt dem Fußgänger- und Radfahrerverkehr größte Bedeutung beigemessen werden muß, geht man ferner davon aus, daß die Straße ursprünglich ein absolutes Reservat dieser Gruppen war und erst nachträglich vom mo- torisierten Verkehr usurpiert worden ist, so erscheint es nicht mehr als recht und billig, daß die Kosten für eine Wiederherstellung optimaler Verhältnisse auf den Straßen von den motorisierten Verkehrsteilneh- mern aufgebracht werden müssen.

Da nicht das ruhende Fahrzeug auf privatem Stellplatz öffentliche Ko- sten verursacht, sondern vielmehr

das fahrende bzw. auch das auf ebenso teuren wie knappen inner- städtischen Flächen parkende Kraftfahrzeug, empfiehlt sich nicht eine Erhöhung der fixen Abgaben, sondern vielmehr eine Erhöhung der Abgaben auf Kraftstoffe und der in- nerstädtischen Parkgebühren. Da- durch würde zudem auf, seiten der Verkehrsteilnehmer eine bessere Kalkulation der Verkehrskosten und eine zweckmäßigere Entscheidung über die Wahl des Verkehrsmittels — Schiene oder Straße, Individual- oder Massenverkehr — veranlaßt werden.

Gleichzeitig würde auf diese Weise aber auch der „Regelkreis Verkehr"

so in den Gesamtbezug des sozialen Lebens eingebaut werden, daß all seine segensreichen Wirkungen er- halten und möglicherweise noch besser entwickelt werden, während die davon ausgehenden schweren Schädigungen der menschlichen Wohlfahrt schrittweise systematisch abgebaut werden würden.

Ausblick

Die wirtschaftliche Leistungsfähig- keit des marktwirtschaftlichen Sy- stems ist in der Welt unerreicht, kein anderes kann sich auch nur entfernt mit ihm messen. Das haben immer wieder selbst seine schärfsten Kriti- ker anerkennen müssen. So erklär- ten bereits Marx und Engels lapidar im Kommunistischen Manifest: „Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen." (Im Original nicht kursiv.) Aber ihr Re- zept zur Behebung der aufgedeck- ten Fehler hat kläglich versagt, denn mit der Zerstörung der bürgerli- chen Eigentumsverhältnisse wurde gleichzeitig auch die Effizienz die- ses hochempfindlichen Systems zerstört.

Mit Recht wird von der Marktwirt- schaft gesagt, daß sie blind sei. Sie ist ebenso blind wie ein Kompaß oder ein Seismograph. Aber gerade darauf beruht ihre unerreichte Fä- higkeit, die Güterproduktion zu ma- ximieren. Sie ist ein Instrument von

2814 Heft 47 vom 24. November 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Bekanntmachung der Neufassung

der Bundesärzteordnung

Vom 14. Oktober 1977

Auf Grund des Artikels 5 des Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung vom 16. August 1977 (BGBl. I S. 1581) wird nachstehend der Wortlaut der Bun- desärzteordnung vom 2. Oktober 1961 (BGBl. I S. 1857) in der ab 21. August 1977 geltenden Fassung bekanntge- macht. Das Gesetz in seiner ursprüngli- chen Fassung ist am 1. Januar 1962 in Kraft getreten. Die Neufassung berück- sichtigt:

1. die Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1970 (BGBl. I S. 237), 2. den am 1. Januar 1975 in Kraft getre- tenen Artikel 52 des Einführungsgeset- zes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469),

3. das am 6. April 1975 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung der Bundesärzte- ordnung vom 26. März 1975 (BGBl. I S.

773),

4. den am 21. August 1977 in Kraft getre- tenen Artikel 1 des Gesetzes zur Ände- rung der Bundesärzteordnung vom 16.

August 1977 (BGBl. I. S. 1581).

Bonn, den 14. Oktober 1977 Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit

Antje Huber

Bundesärzteordnung

I. Der ärztliche Beruf

§1

(1) Der Arzt dient der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes.

(2) Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe;

er ist seiner Natur nach ein freier Beruf.

§ 2

(1) Wer im Geltungsbereich dieses Ge- setzes den ärztlichen Beruf ausüben will, bedarf der Approbation als Arzt.

(2) Die vorübergehende Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist auch auf Grund einer Erlaubnis zulässig.

BEKANNTMACHUNGEN

(3) Ärzte, die Staatsangehörige der Mit- gliedstaaten der Europäischen Wirt- schaftsgemeinschaft sind, dürfen den ärztlichen Beruf im Geltungsbereich die- ses Gesetzes ohne Approbation als Arzt oder ohne Erlaubnis zur vorübergehen- den Ausübung des ärztlichen Berufs aus- üben, sofern sie vorübergehend als Er- bringer von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 60 des EWG-Vertrages im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig werden. Sie unterliegen jedoch der An- zeigepflicht nach diesem Gesetz.

(4) Für die Ausübung des ärztlichen Be- rufs in Grenzgebieten durch im Inland nicht niedergelassene Ärzte gelten die hierfür abgeschlossenen zwischenstaat- lichen Verträge.

(5) Ausübung des ärztlichen Berufs ist die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung „Arzt" oder „Ärztin".

§ 2 a

Die Berufsbezeichnung „Arzt" oder

„Ärztin" darf nur führen, wer als Arzt approbiert oder nach § 2 Abs. 2, 3 oder 4 zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs befugt ist.

II. Die Approbation

§3

(1) Die Approbation als Arzt ist auf An- trag zu erteilen, wenn der Antragsteller 1. Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes, Staatsangehöriger eines der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft oder heimatloser Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung hei- matloser Ausländer vom 25. April 1951 (BGBl. I S. 269), geändert durch das Ur- heberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273), ist,

2. sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwür- digkeit oder Unzuverlässigkeit zur Aus- übung des ärztlichen Berufs ergibt, 3. nicht wegen eines körperlichen Ge- brechens oder wegen Schwäche seiner geistigen oder körperlichen Kräfte oder wegen einer Sucht zur Ausübung des ärztlichen Berufs unfähig oder ungeeig- net ist,

4. nach einem Studium der Medizin von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Mona- te auf eine praktische Ausbildung in

Soziale Regelkreise

höchster Reagibilität, das nur auf ei- nen Zweck und auf ein Ziel ausge- richtet ist; anderes von ihr zu erwar- ten, wäre Selbstbetrug. Entschei- dend für ihre Funktionsfähigkeit ist der ungestörte Ablauf von Rückkop- pelungsprozessen, die sich alle des gleichen Reglers bedienen, nämlich des Preismechanismus. Damit ist sie ein Musterbeispiel eines sozialen Regelkreises.

Wenn allerdings das Marktsystem optimal menschliche Bedürfnisse erfüllen soll, dann muß diese für den Markt inadäquate Aufgabe ihrerseits durch unabhängige, wiederum auto- matisch wirkende Regelkreise be- werkstelligt werden. Zahlreiche der- artige Regelkreise wirken bereits heute so selbstverständlich, daß ihr Vorhandensein überhaupt nicht be- merkt wird. Andere sind im Verlauf der Entwicklung in Unordnung ge- kommen oder haben überhaupt noch nie zufriedenstellend funktio- niert. Diese beiden Gruppen waren Gegenstand dieser Untersuchung.

Durch verhältnismäßig kleine Kor- rektureingriffe, wie sie vorstehend gleichfalls eingehend, wenn auch nicht in jeder Hinsicht erschöpfend beschrieben wurden, ist es jederzeit möglich, die Funktionsfähigkeit ge- störter Regelkreise (wieder-) herzu- stellen. Dadurch wird es automa- tisch zu einer Harmonisierung von Marktwirtschaft und menschlicher Wohlfahrt kommen. Das marktwirt- schaftliche System wird in diesem Falle eine Unmenge von unnützem Ballast abwerfen können. Seine Lei- stungsfähigkeit wird sich dadurch noch gewaltig über das bereits heu- te erreichte Ausmaß steigern lassen.

Derjenige Staat, der entschlossen die hier aufgezeigten Möglichkeiten in Angriff nimmt, wird nach kurzer Zeit die Führung bei der Förderung der menschlichen Wohlfahrt über- nehmen.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Ferdinand Oeter Rösrather Straße 692 5000 Köln 91 (Rath)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 47 vom 24. November 1977

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