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Bericht und Meinung
NACHRICHTEN
Eine Systemanalyse muß Reformen
im Gesundheitswesen vorangehen
Die „Gesundheitspolitische Aktions- gemeinschaft '77" — eine auf Einla- dung der „Gesundheitspolitischen Gesellschaft" unter Vorsitz von Staatssekretär Prof. Dr. med. Fritz Beske tagende Gesprächsrunde maßgeblicher Bundesverbände des Gesundheitswesens — hat sich noch einmal dafür ausgesprochen, erst nach einer sorgfältigen Systemana- lyse Änderungen bei der gesund- heitlichen Sicherung in der Bundes- republik Deutschland vorzunehmen.
Die Verbände lehnten daher die Stru ktu rveränderu ng u ngspläne („Kostendämpfungsgesetz") der Bonner Koalitionspartner bei einem Pressegespräch in Bad Godesberg erneut ab.
Aber auch eine echte Kostendämp- fung sei per Gesetz heute nicht er- forderlich, erklärte Beske als „Mo- derator" des Pressegesprächs.
Denn die Diskussion um die Kosten- dämpfung sei bereits 1976 deutlich zur Ruhe gekommen. Als wesentli- chen Grund nannte Beske die in Selbstverwaltung vereinbarten oder eigenverantwortlich in Angriff ge- nommenen Maßnahmen zur Ko- stendämpfung. „Diese freiwilligen Schritte haben weitgehend gegrif- fen", betonte er. Und diese Bereit- schaft zur Kostendämpfung werde auch anhalten. Beske setzte sich wiederum für eine freiwillige „Kon- zertierte Aktion" ein, mit deren Hilfe es während eines Zeitraumes von etwa zwei Jahren gelingen müsse, Kostendisziplin zu wahren. In diesen zwei Jahren sollten dann unter Nut- zung der Gesundheits-Systemfor- schung systemgerechte Reform- überlegungen erarbeitet werden.
Die Aussagen von Beske wurden auf der Veranstaltung von Sprechern der Kassenärzte (Dr. Rolf Schlögell), der Kassenzahnärzte (Dr. Ekkehart Huber) und der Pharma-Industrie (Dr. Kurt Engelhorn) unterstrichen.
Sie sowie Beske konnten sich dabei auch stützen auf die Versicherun- gen, die alle Beteiligten — anläßlich
des Bundestagshearings — abgege- ben hatten, wonach die Politik der Kostendisziplin, wie sie sich etwa in der Empfehlungsvereinbarung der Kassenärzte mit den Kassen aus- drückt, für einen begrenzten Zeit- raum und den Umständen angepaßt fortzusetzen sei.
Angesichts dessen war es überra- schend, daß eine solche Politik der Selbstdisziplin im Rahmen einer freiwilligen „Konzertierten Aktion"
auf der Bonner Veranstaltung nicht (mehr) allgemein vertreten wurde.
Einer der ärztlichen Verbandsvertre- ter (Dr. Horst Bourmer) setzte sich für eine gesetzliche Fixierung einer
„Konzertierten Aktion" ein.
Forschungsauftrag erteilt
Wenige Tage nach dem Bonner Pressegespräch der „Gesundheits- politischen Aktionsgemeinschaft '77" bzw. der Gesundheitspoliti- schen Gesellschaft, auf der auch die Gesundheitssystem-Forschung eine Rolle gespielt hatte, wurde bekannt, daß die Kassenärztliche sowie die Kassenzahnärztliche Bundesvereini- gung beim „Institut für Gesund- heits-System-Forschung" (Kiel) eine wissenschaftliche Untersuchung der Leistungs- und Finanzstruktur des Systems der gesundheitlichen Si- cherung in der Bundesrepublik Deutschland in Auftrag gegeben ha- ben. Ziel der Arbeit ist es — einer Mitteilung der Pressestelle der Heil- berufe in Baden-Württemberg zufol- ge —, unser Gesundheitssystem von der Basis her grundlegend zu durch- leuchten, um Ansätze für eine sy- stemgerechte Reform in der gesetz- lichen Krankenversicherung zu liefern.
Unter Bezugnahme auf die „Kosten- dämpfungspläne" der Bundesregie- rung kommentierte der Vorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundes- vereinigung, Huber: Ärzte und Zahn- ärzte hätten damit eine Aufgabe an- gefaßt, die eigentlich von den poli- tisch Verantwortlichen hätte gelei- stet werden müssen, bevor sie eine so diffizile Materie, wie die mit dem
„Kostendämpfungsgesetz" ange- sprochene, regelten. NJ
FDP Köln protestiert gegen Ehrenberg-Gesetzentwurf
In einem Protestschreiben an FDP- Bundestags- und Landtagsabgeord- nete hat die FDP-Fraktion des Rates der Stadt Köln ihre „große Besorg- nis" über das „Krankenversiche- rungs-Kostendämpfungsgesetz" der Regierungskoalition zum Ausdruck gebracht. Die Kölner FDP-Sprecher bezeichnen den Ehrenbergschen Gesetzentwurf in seinen wesentli- chen Teilen als unausgegoren und auch nicht mit der gesundheitspoli- tischen Programmatik der FDP ver- einbar. Dagegen wird die Empfeh- lungsvereinbarung der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung (KBV) vom Mai 1976 als Maßnahme zu einer
„vernünftigen Kostenbegrenzung im ambulanten Sektor" apostrophiert.
Die Kölner FDP-Gesundheitspoliti- ker wenden sich vor allem gegen die geplante Festsetzung eines Arznei- mittelhöchstbetrages. Diese Maß- nahme sei nicht nur gesundheitspo- litisch außerordentlich bedenklich, sondern gehe vor allem zu Lasten der Versicherten. Zudem seien die Ärzte keinesfalls hinreichend phar- makologisch ausgebildet, um den Forderungen des Gesetzgebers ge- recht zu werden. Hierzu bedürfe es dringend der Erstellung sogenann- ter Transparenzlisten hinsichtlich
pharmakologischer Wirksamkeit und Kosten sämtlicher im Handel befindlicher Medikamente. DÄ
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 19 vom 12. Mai 1977 1265