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Archiv "Ärztliche Arbeit im burmesischen Dschungel" (20.05.1994)

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Eine Assistentin untersucht einen Patienten auf Katarakt. Foto: Dr. Hasselkus THEMEN DER ZEIT

Das Hospital ist ein U-förmiger Flachbau, dessen Seitenteile aus zwei großen Räumen bestehen, in denen die Patientenbetten stehen. Männer und Frauen liegen zusammen in ei- nem Raum. Auf dem Fußboden ha- ben sich weitere Patienten oder de- ren Angehörige einquartiert, die zu- dem noch für die Ernährung der Pa- tienten zuständig sind.

In der Regenzeit sind zwei Drit- tel der Patienten des Hospitals an Malaria erkrankt. Meist handelt es sich bei dem Erreger um Plasmodium falciparum, den therapeutisch weit- aus schwierigsten der drei Plasmo- dien-Arten. Bei dem übrigen Drittel handelt es sich hauptsächlich um un- klare abdominelle Erkrankungen.

Um die nichtärztlichen Mitarbeiter der Karen in Diagnostik und Thera- pie zu schulen, werde ich für diesen Erkrankungstyp in den nächsten Ta- gen einen besonderen Schwerpunkt setzen. Die mitgebrachten Urinstix geben einen guten Rahmen, um zu- nächst theoretisch im Unterricht, dann aber auch am Krankenbett die diagnostischen Möglichkeiten beim unklaren Abdomen zu erweitern.

Trotzdem bleibt eine unüberwindli- che Grenze bestehen: Hier im Dschungel können keine Operatio- nen durchgeführt werden.

So müssen meine Mitarbeiter und ich mit anderen Mitteln gegen eine akute Pankreatitis, eine akute Appendizitis, einen faustgroßen in- traabdominellen Abszeß und Kind- bettfieber kämpfen. Patienten und deren Familien müssen mit der Tat- sache leben, daß in diesem Dschun-

BLICK INS AUSLAND

gelgebiet viele Erkrankungen zum Tode führen.

Thaik mit seinem Hospital liegt direkt am Tenessarim-Fluß, der ei- nen wichtigen Transportweg in dieser Gegend darstellt. Bei der Planung meines Aufenthaltes hatte ich mit meinen Freunden abgesprochen, daß ich mit einigen Mitarbeitern flußab- wärts in einige entfernte Dörfer fah- ren wollte. Dort wollte ich medizini- sches Training geben und insbeson- dere den Mitarbeitern helfen, Kata- rakte diagnostizieren zu lernen und der Bevölkerung gebrauchte Brillen anzupassen. So fahren wir mit zwei Langbooten den Fluß hinunter, mit einigen hundert gebrauchten Brillen beladen, die ich in Deutschland ge- sammelt hatte. Gegen Abend sind

wir in Wheeturi, das nur drei Tages- märsche von der Front entfernt liegt.

Am nächsten Morgen werde ich von dem Schrei eines sterbenden Huhnes geweckt. Längst sind die Frauen bei den Frühstücksvorberei- tungen. Ein Bad im Fluß erfrischt.

Meine Kleider stinken zwar in der Regenzeit erbärmlich, trotzdem oder gerade deswegen leiste ich mir den Luxus von Bad und Rasur. Kurz dar- auf sitzen wir älle zusammen beim Morgenunterricht, und ich erkläre, wie man einen Visustest durchführt und wie man einen Katarakt diagno- stiziert. Obwohl ich selbst eigentlich wenig über diese Themen weiß, sind wir alle am Ende des Tages über den ungeahnten Erfolg der augenärztli- chen und optischen Arbeit begei- stert.

Dorfsprechstunde

Das größte Haus des Dorfes ist die Kirche. Dort richten wir uns ein, um Ambulanz sowie Visustests durchzuführen. Die Bewohner von mehreren Dörfern sind zusammen- gekommen, um ihre medizinischen Probleme vorzutragen. Beim Anblick der gebrauchten Brillen entwickelt sich eine regelrechte Sommerschluß- verkaufsatmosphäre. Die Brillen werden uns aus der Hand gerissen.

Nur mit Hilfe des Dorfältesten ge- lingt es uns, für Ordnung zu sorgen.

Ärztliche Arbeit im

burmesischen Dschungel

Ein kleines 20-Betten-Hospital in Thaik stellt die einzige medizinische Versor- gung für über 200 000 Menschen im burmesischen Dschungel dar. Ärzte ha- ben die Karen — wie die Bewohner des Dorfes genannt werden — nicht. Aus- ländische Hilfsorganisationen wiederum gehen nicht in dieses Gebiet, weil es Kriegsgebiet ist. So hat es sich Dr. Wolfgang Hasselkus zur Aufgabe gemacht, den Karen beim Aufbau eines einfachen medizinischen Versorgungssystems zu helfen. Angesichts der Umstände ist das eine große Herausforderung.

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 20, 20. Mai 1994 (41) A-1441

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THEMEN DER ZEIT BLICK INS AUSLAND / AUFSÄTZE

D

ie Professional Activity Stu- dy (PAS; 1) hat sich in den Vereinigten Staaten von Amerika um einen Quali- tätsvergleich der Krankenhäuser be- müht. Die Professional Standards Review Organizations (PSRO) (2) überwachen Medicaid- und Medi- care-Ausgaben in den USA. Die Nie- derlande haben seit 1974 unter dem Namen CBO (3) eine Qualitätssiche- rung in der Medizin auf unterschied- lichsten Gebieten aufgezogen. Nach ersten Pilotstudien in den Jahren 1977 (4) und 1979 sowie Phase-2-Un- tersuchungen in den Jahren 1980 bis 1983 beschäftigt sich die Chirurgie in der Bundesrepublik Deutschland schon seit 1977 mit dem Thema (5).

Seit 1. Januar 1987 ist in Baden- Württemberg die Qualitätssicherung aus den genannten Studien zur Rou- tine geworden (Phase 3). 1988 schlos- sen sich Nordrhein, 1991 Westfalen- Lippe und 1992/93 Sachsen und Sachsen-Anhalt der Qualitätssiche- rung mit Tracer-Diagnosen an. Im Jahr 1991 nahmen 79 Prozent aller chirurgischen Kliniken in Baden- Württemberg noch auf freiwilliger Ba- sis teil. Im Jahr 1987 waren es 42 Pro- zent, 1988 52 Prozent und 1990 72,6 Prozent. Im Gegensatz zu den Nie- derlanden glaubte die Bundesregie- rung, diese Qualitätssicherung zum Gesetz (6) erheben zu müssen, und

ist nun dabei, diesem Gesetz Geltung zu verschaffen.

Es ist an der Zeit, den Erfolg ei- ner Qualitätssicherung ärztlicher Leistungen im Krankenhaus aufzu- zeigen. Zwei Gründe veranlassen, dies zu tun:

> Die Freiwilligkeit dieser Maßnahme geht zu Ende.

> In Baden-Württemberg lie- gen Ergebnisse aus fünf Jahren vor.

Interne und externe Qualitätssicherung

Die interne Qualitätssicherung verändert die Qualität ärztlichen Handelns im Krankenhaus. Die ex- terne Qualitätssicherung liefert hier- zu die Anhaltszahlen.

1, Interne

Qualitätssicherung

Erst eine interne Qualitätssiche- rung verbessert die Qualität ärztli- chen Handelns im Krankenhaus. Der Begriff einer internen Qualitätssiche- rung subsumiert alle Aktivitäten der Mitarbeiter eines Krankenhauses, die nachweislich der Sicherung und — wo nötig — der Verbesserung der sta- tionären Krankenhausversorgung dienen. Erleichtert wird diese Aufga- Erst dann kann ich in Ruhe den je-

weiligen Visus bestimmen und die passende Brille aus dem Brillenwühl- tisch aussuchen. Enjou und Thein- Nwe sind meine Assistenten. Sie übersetzen und werden gleichzeitig von mir trainiert. Bei der Arbeit in einer Dorfambulanz kommt es allein auf die Anamnese und die klinische Untersuchung an. Dabei stehen nur Stethoskop, Ohrenspiegel, Augen- spiegel und Blutdruckmeßgerät zur Verfügung. In den ganzen Jahren, in denen ich schon in den abgelegenen Gebieten medizinisch arbeite, habe ich keine größere Herausforderung erlebt als die Dorfsprechstunde: Um- geben von einem riesigen Knäuel von Patienten und Neugierigen ein- schließlich der Dorftiere, mit einem Dolmetscher, den notwendigen Ba- sismedikamenten, den fünf Sinnen und dem Mut der Pioniere muß ich der Not des Dorfes standhalten.

Nichts hat mich je mehr stimuliert als der Wunsch, einen Tag lang für die Vergessenen und Verlassenen „Licht und Salz" zu sein.

Enjou leistet Großartiges. Den ganzen Tag übersetzt sie mir die Krankengeschichten der Patienten, untersucht mit und lernt, mit einer schmalen Lampe Katarakte zu dia- gnostizieren. Mit ihrer Fröhlichkeit steckt sie die anderen Mitarbeiter an, als diese beginnen, müde zu werden.

Thein-Nwe füllt geduldig die Medi- kamente in kleine Plastiktüten und paßt ansonsten auf, daß er so viel wie möglich vom Unterricht profitiert. So lernt er etwas über akute und chroni- sche Malaria, Bronchitis und Bron- chopneumonie, Hauterkrankungen, Katarakte, Zahnprobleme, Wirbel- säulen- und Gelenkbeschwerden, Verletzungen und Verletzungsfol- gen, Anämie, Fehlernährungen, un- klares Abdomen, Tbc-Verdacht und vieles mehr. Krankheit im burmesi- schen Dschungel bedeutet eine nicht endenwollende Kette von Nöten, Ge- brechen, Schmerzen, unlösbaren und unheilbaren Erkrankungen — aber auch Hilfen, Trost, Gelingen in Dia- gnostik und Therapie.

Anschrift des Verfassers:

Dr. Wolfgang Hasselkus In der Aue 20

96472 Rödental

Qualitätssicherung in der Chirurgie

Erfahrungen aus

der klinischen Praxis

Qualitätssicherung in der Medizin bedeutet Pflege erwie- sener oder Besserung schlechter Qualität. Ob eine Quali- tätssicherung im Rahmen der Zulassung eines Kranken- hauses betrieben wird oder die Qualität des in den letzten 15 Jahren erheblich erweiterten Leistungsangebotes durch Spezialisierungen (zum Beispiel Replantations-, Trans- plantations- und Onkologie-Chirurgie) intern kontrolliert und verglichen wird: Die Qualitätssicherung nützt dem Otto Scheibe zunehmend informierten und aufgeklärten Patienten.

A-1442 (42) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 20, 20. Mai 1994

Referenzen

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