• Keine Ergebnisse gefunden

Entwicklung neuer chiraler und achiraler Ruthenium(prä)katalysatoren für die Olefinmetathese

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2021

Aktie "Entwicklung neuer chiraler und achiraler Ruthenium(prä)katalysatoren für die Olefinmetathese"

Copied!
196
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Olefinmetathese

vorgelegt von

Diplom-Chemiker Daniel Rost aus Berlin

der Fakultät II

Mathematik und Naturwissenschaften - Institut für Chemie -

der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades

Doktor der Naturwissenschaften - Dr. rer. nat. -

genehmigte Dissertation

Promotionsausschuss:

Vorsitzender: Prof. Dr. rer. nat. M. Schoen Erster Berichter: Prof. Dr. rer. nat. S. Blechert Zweiter Berichter: Prof. Dr. rer. nat. K. Rück-Braun

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 14.12.2009

Berlin 2009 D 83

(2)
(3)

Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wurde ein Grubbs-II homologer Rutheniumkomplex mit einem 1,3-Bis(2-methylnaphthalen-1-yl)-4,5-dihydroimidazol-2-ylidenliganden dargestellt und charakterisiert. Bei NMR-spektroskopischen Untersuchungen wurde bei diesem Komplex das Auftreten eines doppelten Signalsatzes festgestellt. Durch temperaturabhängige 1 H-NMR-Messungen und der darauf aufbauenden Ermittlung der Rotationsbarrieren wurde diese Beobachtung auf die Anwesenheit zweier Atropisomere zurückgeführt. Des Weiteren wurde der entsprechende phosphanfreie Rutheniumkomplex generiert und charakterisiert. Die dargestellten (Prä)katalysatoren zeigten in detaillierten Studien zur Einschätzung ihrer Effizienz in der RCM im Vergleich zu den herkömmlich verwendeten Systemen ähnlich hohe Reaktivitäten. Insbesondere der phosphanhaltige Komplex erwies sich auf Grund seiner hohen Initiierungsgeschwindigkeit und der sterischen Beschaffenheit des NHC-Liganden bei der Darstellung von tetrasubstituierten Doppelbindungen als sehr geeignet. Bei systematischen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass die Kombination mit Hexafluorbenzol bei einer Temperatur von 80 °C eine dramatische Steigerung der Effizienz bewirkt. Unter Verwendung dieses Katalysesystems konnte ein breites Spektrum tetrasubstituierter Olefine mit verschiedenen Ringgrößen in guten Ausbeuten dargestellt werden. Hierbei gelang auch die Umsetzung anspruchsvoller Substrate wie elektronenarmer Olefine oder Verbindungen mit freien Säurefunktionen.

Im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit wurde eine effiziente Synthesemethode zum Aufbau einer neuen Klasse von Rutheniumkomplexen mit verbrückten NHC-Liganden entwickelt. Mit einem chiralen Ruthenium(prä)katalysator dieses Typen wurden systematische Studien zur AROCM durchgeführt. Hierbei wurde im Gegensatz zu den literaturbekannten chiralen Rutheniumkomplexen gleiche Enantioselektivitäten beim E- und Z-Isomer beobachtet. Auf Grund dieser Beobachtung wurde ein zu diesen (Prä)katalysatoren unterschiedlicher mechanistischer Verlauf diskutiert. Des Weiteren konnte bei den Untersuchungen zur AROCM große Einflüsse durch Lösungsmittel, Temperatur und Variation der strukturellen sowie elektronischen Eigenschaften des Metathesesubstrats auf die Enantioselektivitäten festgestellt werden.

In einem weiteren Projekt wurde eine effiziente und breit anwendbare Darstellungsmethode zum Aufbau von neuartigen chiralen Rutheniumkomplexen, die einen cNHC-Liganden mit monosubstituierten Kohlenstoffrückgrat besitzen, entwickelt. Ausgehend von der chiralen Aminosäure tert-L-Leucin wurde auf diese Weise ein solcher cNHC-Ligand sowie der entsprechende chirale Rutheniumkomplex generiert.

(4)
(5)

von Herrn Prof. Dr. Siegfried Blechert am Institut für Chemie der Fakultät II der Technischen Universität Berlin durchgeführt.

(6)
(7)

Meinem Doktorvater Prof. Dr. Siegfried Blechert danke ich für die große Unterstützung, die engagierte Betreuung, die sehr große Freiheit bei der Durchführung meiner Arbeit, für die interessanten Diskussionen, die hervorragenden Arbeitsbedingungen und die sehr gute Ausbildung auf dem Gebiet der Organischen Chemie.

Frau Prof. Dr. Karola Rück-Braun danke ich für die herzliche Zusammenarbeit bei meinen Lehrtätigkeiten, für Ihr großes Engagement bei der Betreuung der Studenten schon während des Studiums und der Übernahme der zweiten Berichterstattung.

Herrn Prof. Dr. Süßmuth danke ich für die gute Zusammenarbeit bei meinen Lehrtätigkeiten und für die vielen Ratschläge.

Herrn Prof. Dr. T. Graening danke ich für die interessanten Diskussionen und die vielen Ratschläge.

Herrn Prof. C. van Wüllen danke ich für die hilfreichen Diskussionen zu den dynamischen Prozessen in Kapitel 1.2.2 sowie für die gute Zusammenarbeit bei meinen Lehrtätigkeiten.

Der Arbeitsgruppe „Die Blechlinge“ danke ich für die schöne und freundschaftliche Zeit und dem angenehmen Arbeitsklima. Insbesondere möchte ich hierbei meinen Laborkollegen Kati Vehlow, Stefan Eibauer, Marta Porta und Axel Kannenberg für die gute Atmosphäre im Labor und die produktive Zusammenarbeit danken.

Der Arbeitsgruppe Rück-Braun danke ich für den äußerst freundschaftlichen Umgang, der großen Hilfsbereitschaft und für die schöne Zeit.

Der Arbeitsgruppe Süssmuth danke ich ebenfalls. Hierbei möchte ich Georg Sambeth und Frank Dettner hervorheben.

Den technischen und wissenschaftlichen Angestellten des Chemischen Instituts danke ich für die gute Zusammenarbeit und die Hilfsbereitschaft. Insbesondere möchte ich mich bei Juana Kern, Monika Ulrich, Dr. Reinhard Zeisberg, Hans-Joachim Hahn, Dietmar Spindler und Michael Grenz bedanken. Roswitha Hentschel danke ich insbesondere für die große Unterstützung und Hilfsbereitschaft.

(8)

Meiner Freundin Tanja möchte ich insbesondere für ihre Liebe, ihre Unterstützung und Hilfsbereitschaft sowie für ihre große Rücksichtsnahme danken. Des Weiteren danke ich ihr für das Korrekturlesen meiner Arbeit.

(9)

All free men, wherever they may live, are citizens of Berlin, and, therefore, as a free man, I take pride in the words

“Ich bin ein Berliner”

(10)
(11)

I. Einleitung ... 1

1. Die rutheniumkatalysierte Olefinmetathese... 1

1.1 Historische Entwicklung der Metathesekatalysatoren... 2

1.1.1 Rutheniumkomplexe mit N-heterocyclischen Carbenen... 5

1.1.2 Rutheniumkomplexe mit chelatisierenden o-Isopropoxybenzylidenliganden ... 8

1.2 Aktuelle Herausforderung in der Entwicklung neuer Ruthenium(prä)katalysatoren .... 9

II. Allgemeiner Teil ...10

1. Ruthenium(prä)katalysatoren mit 1,3-Bis(2-methylnaphthalen-1-yl)-4,5- dihydroimidazol-2-ylidenliganden ...10

1.1 Einleitung...10

1.2 Synthesekonzept und Darstellung der Rutheniumkomplexe ...13

1.2.1 Synthese des 1,3-Bis(2-methylnaphthen-1-yl)-4,5-dihydroimidazol-2-yliden Liganden...14

1.2.2 Darstellung des Ruthenium(prä)katalysators 30...15

1.2.3 Darstellung des Rutheniumkomplexes 37 mit chelatisierendem o-Isopropoxy- benzylidenliganden ...20

1.3 Systematische Untersuchungen zur Ringschlussmetathese ...24

1.3.1 Systematische Untersuchungen zur effizienten Darstellung von tetrasubstituierten Doppelbindungen ...31

1.3.2 RCM in Gegenwart von freien Carbonsäuren ...42

1.4 Zusammenfassung ...43

2. Entwicklung neuartiger Rutheniumkomplexe für die enantioselektive Olefinmetathese...45

2.1 Einleitung...45

2.2 Entwicklung einer neuen Klasse von chiralen Rutheniumkomplexen ...51

2.2.1 Darstellung des racemischen Komplexes rac-88...51

2.2.2 Systematische Studien zur AROCM mit den Komplexen rac-88 und ent-88...56

2.2.3 Untersuchungen zur ARCM ...66

2.2.4 Darstellung des racemischen Komplexes rac-116 ...68

2.2.4 Darstellung der chiralen Imidazoliniumsalze S-123, R-123 und S-124 ...71

2.3 Entwicklung einer effizienten Methode zur Darstellung chiraler Rutheniumkomplexe mit monosubstituiertem Kohlenstoffrückgrat...73

(12)

2.3.1 Erste Darstellung des neuen Rutheniumkomplextypen ...73

2.3.2 Entwicklung einer Synthesestrategie zur Darstellung chiraler Rutheniumkomplexe mit monosubstituiertem Kohlenstoffrückgrat ...77

2.4 Zusammenfassung ...82

III. Experimenteller Teil...84

1. Allgemeines ...84

2. Versuchsvorschriften und spektroskopische Daten ...87

2.1 Versuchsvorschriften zu Kapitel 1 ...87

2.1.1 Umsätze in den RCM Reaktionen zur Bestimmung der Umsatzzahlen (TON’s) ...95

2.1.2 Umsätze in den RCM Reaktionen zur Bestimmung der Wechselzahlen (E-TOF’s bzw. TOF’s) ...97

2.1.3 NMR-Spektren des Rutheniumkomplexe 30 ...100

2.1.4 NMR-Spektren des Rutheniumkomplexe 37 ...101

2.2 Versuchsvorschriften zu Kapitel 2 ...102

2.2.1 zu Kapitel 2.1...102

2.2.1.1HPLC-Spektren zu Kapitel 2.1 ...120

2.2.1.2NMR-Spektren des Rutheniumkomplexe (rac-88) ...131

2.2.1.3NMR-Spektren des Rutheniumkomplexe (rac-116) ...132

2.2.2 zu Kapitel 2.2...133

2.2.2.1NMR-Spektren des Rutheniumkomplexe (136)...144

IV. Anhang ...145

1. Allgemeines ...145

1.1 Abkürzungen ...145

2. Kristallographische Daten ...148

2.1 Srukturdaten der Verbindung aus Kapitel 1...148

2.1.1 Daten zur Kristallstruktur von [1,3-Bis-(2-methyl-naphtalen-1-yl)-4,5-dihydro-3H- imidazol-1-yliden](PCy3)Cl2Ru=HPh (34) ...148

2.2 Srukturdaten der Verbindungen aus Kapitel 2...156

2.2.1 Daten zur Kristallstruktur von Chinaldin-2-carboxylsäure-(2,4,6-trimethylphenyl)- amid (91) ...156

(13)

2.2.2 Daten zur Kristallstruktur von [RuCl2(2-(2,4,6-trimethylphenyl)-1,2,3,3a,4,5-hexa- hydroimidazol[1,5-a]chinaldin-yliden)[=CH-o-OiPr-C6H4)] (rac-116)...161 2.2.3 Daten zur Kristallstruktur von (S)-4-tert-Butyl-(2-isopropylphenyl)-2,2-dioxo-[1,2,3]- oxathiazolidin (139) ...168 3. Literaturverzeichnis...173

(14)
(15)

I. Einleitung

Seit der Einführung des Begriffs Katalyse (griechisch κατάλυσις: Auslösung, Loslösung) 1835 durch Berzelius und der 1894 folgenden Definition durch Ostwald, der als Anerkennung für seine Arbeiten 1909 mit dem Nobelpreis für Chemie geehrt wurde, haben katalytische Verfahren eindrucksvoll an Bedeutung gewonnen. Heute laufen schätzungsweise 90% aller chemischen Produktionsprozesse katalysiert ab.[1] Neben der großtechnisch überwiegend angewendeten heterogenen Katalyse haben sich auch homogen katalysierte Verfahren sowohl in der Produktion von Basischemikalien als auch in der Feinchemie industriell etabliert.[1b,c] Während heterogene Katalysatoren in der Regel in der festen Phase vorliegen, sind Homogenkatalysatoren in einer Flüssigphase gelöst und befinden sich in der gleichen Phase wie die Edukte und Produkte. Dadurch gestaltet sich deren Abtrennung deutlich aufwändiger als bei Heterogenkatalysatoren. Dennoch zeichnet sich die homogene Katalyse gegenüber den heterogenen Prozessen durch milde Reaktionsbedingungen und hohe Selektivitäten aus. Während in der chemischen Industrie die heterogene Katalyse bei Oxidations- und Hydrierungsreaktionen dominiert, spielt die homogene Katalyse ihre Stärke vor allem bei der C-C-Verknüpfung aus. Die Möglichkeit des Aufbaus komplexer Moleküle sowie die Bereitstellung beispielsweise von pharmazeutisch relevanten Wirkstoffen, Pflanzenschutzmitteln, polymeren Materialien und Farbstoffe spiegeln eindrucksvoll die Bedeutung der C-C-Verknüpfung wieder. Insbesondere die übergangsmetallkatalysierten Reaktionen haben sich in der organischen Chemie zu einem extrem vielseitigen Instrument zur Knüpfung von C-C-Bindungen entwickelt. Zu diesen herausragenden Transformationen gehört neben den palladiumkatalysierten Verfahren die Olefinmetathese.[2]

1. Die rutheniumkatalysierte Olefinmetathese

Basierend auf der Beobachtung eines ungewöhnlichen ungesättigten Nebenprodukts bei der metallkatalysierten Polymerisation von Norbornen wurde in den fünfziger Jahren entdeckt, dass einige Katalysatoren des Ziegler-Natta-Typs außer der Additionspolymerisation von Olefinen auch einen wechselseitigen Austausch der entsprechenden Alkylideneinheiten katalysieren.[3] Durch diesen Prozess, der seit 1967 als Olefinmetathese bezeichnet wird,[4] wurde der Zugang einer neuen, sehr effizienten, katalytischen und daher wirtschaftlich sehr interessanten Synthesemethode zur C-C-Verknüpfung erschlossen. In der organischen Synthese konnte das große Potential der Olefinmetathese jedoch über Jahrzehnte nicht ausgeschöpft werden, da sowohl die Inkompatibilität der frühen Katalysatorsysteme mit

(16)

polaren funktionellen Gruppen als auch die zahlreichen Nebenprodukte die Anwendung erheblich einschränkte. Seit der Entwicklung wohldefinierter Metathesekatalysatoren hat die Olefinmetathese an großer Bedeutung gewonnen und ermöglichte eine Vielzahl an Totalsynthesen komplexer und zuvor nicht generierbarer Moleküle.[5] Die Erforschung der Metathese und das damit geschaffene große synthetische Potential wurde schließlich im Jahre 2005 mit dem Nobelpreis für Chemie für Chauvin,[6] Schrock[7] und Grubbs[8] gewürdigt.[9]

1.1 Historische Entwicklung der Metathesekatalysatoren

Seit der Entdeckung der Olefinmetathese wurden noch bis in die achtziger Jahre hinein undefinierte Gemische aus Metallsalzen und organometallischen Verbindungen als Metathesekatalysatoren genutzt.[2d,2h,10] Einige solcher Kombinationen waren WCl6/Bu4Sn, WOCl4/EtAlCl2, MoO3/SiO2 oder Re2O7/Al2O3. Auf Grund des einfachen präperativen Zugangs werden diese kostengünstigen Katalysatoren heute immer noch in der Industrie verwendet.[11] Zu den wichtigsten industriellen Anwendungen zählen hierbei der „Shell Higher-Olefin Prozess“ (SHOP),[12] der Phillips-Triolefin-Prozess[13] sowie die Darstellung von Vestenamer®[14] und Norsorex®[15]. Diese auf Übergangsmetallsalzen basierenden Katalysatoren sind jedoch im Hinblick auf die tatsächlich aktive katalytische Spezies schlecht definiert, da nur wenig Metall am katalytischen Verlauf direkt beteiligt ist. Somit wird nur eine begrenzte Kontrolle ihrer Aktivität zugelassen, das eine gezielte Anwendung in der organischen Synthese erschwert. Ein wesentlicher Fortschritt war die Identifizierung von Methyltrioxorhenium (MTO) als eigentliche Katalysatorvorstufe im System Re2O7/SnMe4 und dessen Synthese durch Herrmann.[16] Auf Grund der gewissen Toleranz gegenüber funktionellen Gruppen konnte sich das oberflächengebundene MTO in den 90er Jahren, beispielsweise in der von Blechert beschriebenen Darstellung von Hydroazulenen,[17] als Metathesekatalysator etablieren.[18] Die Entdeckung der Metallalkylidenverbindungen sowie die Erkenntnis, dass solche Komplexe wichtige Intermediate in der Olefinmetathese darstellen,[19] führten schließlich zur Entwicklung erster wohldefinierter (Prä)katalysatoren für die Metathese. Die Metallalkylidenkomplexe konnten die bereits erwähnten Nachteile der undefinierten Katalysatoren für die organische Synthese wie die Unverträglichkeit mit funktionellen Gruppen und die Bildung zahlreicher Nebenprodukte überwinden und somit das Anwendungsspektrum der Metathese erweitern.[2,20] Einen entscheidenden Hinweis lieferte hierbei Chauvin, der einen heute allgemein anerkannten Mechanismus als eine Sequenz von [2+2]-Cycloadditions- und Cycloreversionsschritten zwischen einem Metallalkylidenkomplex und einem Olefin über Metallacyclobutan-Zwischenstufen postulierte.[21] Die ersten daraufhin

(17)

eingeführten (Prä)katalysatoren dieser neuen Generation enthielten frühe Übergangsmetalle wie Tantal, Titan, Wolfram oder Molybdän als Zentralatom (Abbildung 1).

Mo N O O CF3 F3C F3C CF3 Ph 3 Ta CHtBu CH2tBu CH2tBu tBuCH2 1 W CHtBu OCH2tBu OCH2tBu Cl 2 Cl TiC H2 AlMe2 Cl 4

Abbildung 1. Erste definierte homogene Metathese(prä)katalysatoren und -katalysatorvorstufen.

Den Grundstein für die lawinenartige Entwicklung stabiler Alkylidenverbindungen legte Schrock mit der Isolierung des Tantalneopentylidenkomplexes 1.[22] Bei dem Versuch [Ta(CH2tBu)5] herzustellen, konnte festgestellt werden, dass sich stattdessen durch Abstraktion eines α-Wasserstoffatoms durch eine benachbarte Alkylgruppe die Verbindung 1 bildete.[7,23] Dieser ungewöhnlich stabile Komplex unterscheidet sich hinsichtlich der Polarität in der Carbenbindung gegenüber den Fischer-Carbenen und zeigt, dass sterisch anspruchsvolle kovalent gebundene Liganden elektronisch ungesättigte pseudotetraedrische Carben-Komplexe gegen einen Zerfall stabilisieren können. Es wurde weiterhin festgestellt werden, dass elektronenarme Metallalkylidenkomplexe mit hohen Oxidationsstufen stabilisiert und isoliert werden können.[7,24] Die darauf folgenden Untersuchungen solcher Tantalverbindungen im Bezug auf den von Chauvin postulierten Katalysezyklus zeigten, dass Metallalkylidenkomplexe die Olefinmetathese katalysieren können.[7,25] Des Weiteren stellte sich heraus, dass die Verwendung von Alkoxiden als Liganden die Metathese begünstigen.[7,25a] Basierend auf diesen Erkenntnissen wurden ebenfalls entsprechende Wolframverbindungen entwickelt, wobei sich vor allem der Komplex 2 in Gegenwart von Lewissäuren durch hohe Metathesereaktivität auszeichnet.[26] Etwa um diese Zeit führte Grubbs ebenfalls Metathesestudien mit der Metallcarbenvorstufe 3[27] – dem Tebbe Reagenz – durch und stellte fest, dass durch die Verwendung von Dimethylaminopyridin (DMAP) zur Abspaltung des Aluminiumliganden ein metatheseaktiver Katalysator dargestellt werden kann.[28] Dieses metallacyclischen Intermediat lieferte den Beleg, dass Metallacyclen als kinetisch kontrollierende Katalysatoren in der Olefinmetathese fungieren können. Der Durchbruch in der Verwendung katalytisch aktiver Metallcarbenkomplexe gelang schließlich Schrock 1990 mit der Einführung des stabilen, besonders aktiven und breit anwendbaren Komplex 4.[29] Dieser mittlerweile kommerziell verfügbare Molybdäncarbenkomplex und seine Analoga zeigen sich allerdings äußert empfindlich gegenüber Sauerstoff, Feuchtigkeit und

(18)

polaren funktionellen Gruppen und können nur in sorgfältig getrockneten Lösungsmitteln und mit Schutzgastechnik gehandhabt werden. Ein entscheidender Fortschritt in der Optimierung der Metallalkylidenkomplexe gelang Grubbs basierend auf ersten Forschungsarbeiten von Werner[30] mit der Entwicklung des wohldefinierten Rutheniumkomplexes 5a (Abbildung 2).[31] Zwar ist dieser Metathese(prä)katalysator nicht sehr aktiv, dennoch zeichnet er sich durch hohe Toleranz gegenüber funktionellen Gruppen, einfache Handhabung sowie hohe Stabilität gegenüber Luft und Feuchtigkeit aus.[31,32]

5a R = Ph 5b R = Cy Ru Cl Cl PR3 PR3 Ru Cl Cl PR3 PR3 Ph Ph Ph 7 Ru Cl Cl PCy3 PCy3 Ph 6a R = Ph 6b R = Cy

Abbildung 2. Erste definierte Rutheniumcarbenkomplexe für die Olefinmetathese.

Die differierende Kompatibilität der aufgeführten Komplexe der frühen und späten Übergangsmetalle gegenüber polaren funktionellen Gruppen (harte Lewis-Basen) steht im Einklang mit dem von Pearson 1963 entwickelten HSAB-Prinzip (hard and soft acids and bases).[33] Im Gegensatz zu Titan, Molybdän und Wolfram koordiniert Ruthenium bevorzugt an weiche Lewis-Basen und π-Säuren wie Olefine und besitzt somit eine gute Verträglichkeit gegenüber Luft, Feuchtigkeit und einer Vielzahl funktioneller Gruppen (Tabelle 1).[34]

Tabelle 1. Akzeptanz und Reaktivität früher und später Übergangsmetalle gegenüber funktionellen

Gruppen. Säuren Alkohole, Wasser Aldehyde Ketone Ester, Amide Olefine Säuren Alkohole, Wasser Aldehyde Ketone Olefine Ester, Amide Säuren Alkohole, Wasser Aldehyde Olefine Ketone Ester, Amide Olefine Säuren Alkohole, Wasser Aldehyde Ketone Ester, Amide Steigende Reaktivität Toleranz funktioneller Gruppen Wolfram

Titan Molybdän Ruthenium

Auf Grund dieser wesentlichen Vorteile gegenüber dem Molybdänkomplex 4 wurde 5a im Laufe der Zeit zur Steigerung der Metatheseaktivität gezielt modifiziert. Es konnte festgestellt werden, dass sterisch anspruchsvollere und stärker basische Phosphanliganden die

(19)

Metathese begünstigen.[32] Diese Abhängigkeit der Katalysatoraktivität vom Liganden äußert sich bei diesen Grubbs-Katalysatoren der 0. Generation in der im Vergleich zu 5a wesentlich höheren Metatheseaktivität des käuflichen Komplexes 5b. Ergänzend zu dieser Erkenntnis wurde ebenfalls ein Einfluss des Carbens auf die Initiierungsgeschwindigkeit beobachtet.[35] So bedeutete die Verwendung von Diazoalkanen anstelle von Diphenylcyclopropen bei der Darstellung der Komplexe einen deutlichen Fortschritt und machte die Grubbs-Katalysatoren der 1. Generation (6) zugänglich. Der 1995 auf diese Weise dargestellte und kommerziell erhältliche Rutheniumkomplex 6b (Grubbs I) zeigt die höchste Metatheseaktivität dieser Ruthenium(prä)katalysatortypen und gehört heute zu den am häufigsten eingesetzten Metathesekatalysatoren.[2,7] Auch wenn diese Verbindung eine deutlich geringere Aktivität als der Molybdänkomplex 4 zeigt, erklären sowohl die hohe Verträglichkeit gegenüber Sauerstoff und Wasser, die leichtere Handhabung, als auch die Kompatibilität mit zahlreichen funktionellen Gruppen ihre große Popularität. Durch verbesserte Herstellungsmethoden kann 6b, das Fluka Reagenz des Jahres 1998, mittlerweile auch im Multigramm-Maßstab technisch synthetisiert werden.[35b,36] Ein weitere erwähnenswerte kommerziell erhältliche Rutheniumalkylidenverbindung mit Tricyclohexylphosphanliganden ist der von Fürstner eingeführte Indenylidenkomplex 7, der sich durch eine erhöhte thermische Stabilität gegenüber den Komplexen 5 und 6 auszeichnet und in zahlreichen Metathesereaktionen Anwendung findet.[37]

1.1.1 Rutheniumkomplexe mit N-heterocyclischen Carbenen

Die Einführung der Ruthenium(prä)katalysatoren stellte eine bedeutende Weiterentwicklung definierter Metathesekatalysatoren dar und erweckte ein großes Interesse in der Optimierung solcher Komplexe im Hinblick auf Aktivität, Stabilität und Selektivität. Für ein besseres Verständnis der Elementarschritte des katalytischen Kreislaufes und die Ermittlung eines Struktur-Reaktivität-Profils waren zunächst detaillierte mechanistische Untersuchungen erforderlich. Diese deuten schließlich auf eine Phosphandissoziation als essentiellen Schritt bei der rutheniumkatalysierten Metathese (Schema 1).[38a,b,f] Der daraufhin vorgeschlagene dissoziative Mechanismus verläuft über einen intermediär gebildeten 14-Elektronenkomplex (A), der anschließend durch Assoziation eines Olefins (B) stabilisiert wird, bevor ein Metallacyclobutan (C) ausgebildet wird.[38] Diese Reaktionsschritte sind reversibel, wodurch die Reaktivität des (Prä)katalysators von der Phosphandissoziation, der Rekoordination des Phosphans und der Koordination des Olefins abhängt. Der am Ruthenium verbleibende Phosphanligand bestimmt hierbei durch seine sterischen und elektronischen Eigenschaften die Reaktivität und Stabilität der Zwischenstufen. Damit wurde erklärt, warum die

(20)

Ruthenium(prä)katalysatoren mit sperrigen, basischen Tricyclohexylphosphanliganden reaktiver sind als die entsprechenden Komplexe mit Triphenylphosphanliganden.

PCy3 Ru R Cl Cl PCy3 Ru Cl Cl R + PCy3 - PCy3 Ru Cl Cl PCy3 PCy3 R Ru Cl Cl PCy3 R R' R' R' R' A B C

Schema 1. Dissoziativer Mechanismus der rutheniumkatalysierten Olefinmetathese.

Die Suche nach stärker basischen und sterisch anspruchsvolleren Liganden als Tricyclohexylphosphan führte schließlich zur Verwendung von N-heterocyclischen Carbenen (NHCs),[39,40] die sich aufgrund ihrer starken σ-Donor- und schwachen π -Akzeptor-Eigenschaften als Liganden für die rutheniumkatalysierte Metathese eignen.[41] Im Vergleich zu den Phosphanliganden führen diese elektronischen Eigenschaften zu größeren Dissoziationsenergien und somit erhöhter Stabilität der Komplexe. Des Weiteren weisen die NHC-Liganden im Gegensatz zu den Phosphanliganden stärkere Bindungsaffinitäten gegenüber Metallzentren auf. Die ersten Metathesekatalysatoren mit NHC-Liganden entwickelte Hermann im Jahre 1998.[40c,42] Die Substitution beider Phosphanliganden durch NHC-Liganden machten die äußerst stabilen Komplexen 8a und 8b zugänglich, die sich jedoch als wenig katalytisch aktiv erwiesen (Abbildung 3). Als Ursache wurde eine langsame Ausbildung der katalytisch aktiven Zwischenstufe (A) auf Grund der sehr geringen Dissoziationstendenz der NHC-Liganden angenommen.

N N R R Ru Cl Cl Ph N N R R 9 10 N N Ru Cl Cl PCy3 Ph 8a R = iPr 8b R = Cy N N Ru Cl Cl PCy3 Ph

Abbildung 3. Definierte homogene Ruthenium(prä)katalysatoren mit NHC-Liganden.

Durch die Kombination eines kinetisch inerten, stark elektronenschiebenden NHC-Liganden und eines koordinativ labilen Tricyclohexylphosphanliganden gelang schließlich der Zugang

(21)

zu effektiven Ruthenium(prä)katalysatoren mit NHC-Liganden.[40,43,44] Durch die Verwendung von sterisch anspruchsvollen NHC-Liganden, wie 1,3-Bis(2,4,6-trimethylphenyl)-imidazol-2-yliden (IMes) konnte hiermit verhindert werden, dass beide Phosphanliganden substituiert werden und ermöglichte die Darstellung des entsprechenden Komplexes 9. Dieser stabile (Prä)katalysator zeigt, bei gleichzeitig hoher Toleranz gegenüber funktionellen Gruppen, eine deutlich höhere Reaktivität als die zweifach substituierten Komplexe des Typs 8. Mit dem Einsatz des noch basischeren, gesättigten NHC-Liganden 1,3-Bis(2,4,6-trimethylphenyl)-4,5-dihydroimidazol-2-yliden (IHMes) gelang es schließlich Grubbs den mittlerweile käuflichen Komplex 10 (Grubbs II) zu generieren.[44] Neben einer Aktivität, die vergleichbar mit dem hochaktiven Schrock’schen Präkatalysator 4 ist, zeichnet sich die Verbindung zudem durch hohe Stabilität und Toleranz gegenüber funktionellen Gruppen aus.[43a,43e,45] Diese Grubbs-Katalysatoren der 2. Generation stabilisieren im Verlaufe der katalytischen Transformation das 14-Elektronenintermediat (A) und weisen deutlich größere Halbwertszeiten bei der Zersetzung auf als die Grubbs-Katalysatoren der 1. Generation.[46] Die Beobachtung des gewünschten synergetischen Effekts durch die Kombination aus NHC- und Phosphanligand ist ein Meilenstein in der Entwicklung der rutheniumbasierten Metathese(prä)katalysatoren und leitete weitere Veränderungen der Ligandensphäre ein. Beispielsweise ergab der Austausch des Phosphanliganden gegen schwächere Liganden wie Pyridin Komplexe mit höheren Aktivitäten gegenüber dem Rutheniumkomplex 6b.[44,47] Unter diesen phosphanfreien Grubbs-Katalysatoren der 3. Generation ist insbesondere der Ruthenium(prä)katalysator 11 mit seinen zwei 3-Brompyridyl-Liganden durch sehr hohe Initierungsgeschwindigkeit hervorzuheben (Abbildung 4).[47b]

Ru Cl Cl PCy3 Ph 11 L 12a L = IMes 12b L = IHMes N N Ru Cl Cl N Ph Mes Mes Br N Br

Abbildung 4. Homogene Ruthenium(prä)katalysatoren.

Zusätzlich zu dem Zusammenspiel eines NHC-Liganden mit einem labilen Liganden mit geringen Dissoziationsenergien kann durch Austausch des Alkylidenliganden die Reaktivität und Stabilität der Rutheniumkomplexe beeinflusst werden. Aus diesem Grund wurden die, den Grubbs-Katalysatoren der 2. Generation entsprechenden, thermisch sehr stabilen

(22)

Indenylidenkomplexe 12a und 12b hergestellt, die höhere Reaktivitäten als der korrespondierende Komplex 7 aufzeigen und heute ebenfalls kommerziell erhältlich sind.[37,48]

1.1.2 Rutheniumkomplexe mit chelatisierenden

o-Isopropoxybenzyliden-liganden

Eine weitere herausragende Weiterentwicklung der Ruthenium(prä)katalysatoren ist der Austausch des dissozierenden Phosphanliganden gegen o-Isopropoxybenzyliden-Liganden (Abbildung 5). Hoveyda legte hierbei durch die Einführung des phosphanfreien Rutheniumkomplexes 13 im Jahre 1999 den Grundstein für die Entwicklung nachhaltiger homogener Ruthenium(prä)katalysatoren.[49] Dieser sich selbst regenerierende Katalysator zeichnet sich durch bemerkenswert hohe Stabilität gegenüber Luft und Feuchtigkeit aus und lässt sich durch Säulenchromatographie wiedergewinnen. Basierend auf dieser Erkenntnis wurde im Jahre 2000 der hoch reaktive und ebenfalls sehr stabile Rutheniumkomplex 14 in parallelen Arbeiten von Blechert[50] und Hoveyda[51] eingeführt. Diese Verbindung wird auch als „Grüner Katalysator“ bezeichnet, was nicht nur auf seine Farbe, sondern vor allem auch auf seine Wiederverwendbarkeit zurückzuführen ist. Die Entwicklung dieses hocheffizienten Ruthenium(prä)katalysators führte schließlich zu darauf folgenden Modifikationen dieses chelatisierenden o-Isopropoxybenzyliden-Liganden. Hierbei haben sich vor allem der von Blechert entwickelte (Prä)katalysator 15[52] und der von Grela eingeführte Komplex 16[53] etabliert. Ru Cl Cl O N N Mes Mes Ru Cl Cl PCy3 O 13 14 Ru Cl Cl O N N Mes Mes 15 Ru Cl Cl O N N Mes Mes 16 Ph NO2

(23)

1.2 Aktuelle Herausforderung in der Entwicklung neuer

Ruthenium-(prä)katalysatoren

Trotz der beschriebenen umfangreichen Entwicklung der Ruthenium(prä)katalysatoren sind der rutheniumkatalysierten Metathese immer noch Grenzen gesetzt. Neben den häufig erforderlichen großen Katalysatormengen bei der Synthese komplexer Moleküle, stellen sowohl die Steuerung der E/Z-Selektivität, als auch die Darstellung hochsubstituierter Doppelbindungen eine große Herausforderung dar. Des Weiteren stellt die Entwicklung effizienter chiraler Metathesekatalysatoren für asymmetrische Metathesereaktionen den organischen Chemiker vor eine große Aufgabe. Durch die Tatsache, dass es derzeit auf Grund der hohen Substratspezifizität keinen „idealen Metathesekatalysator“ gibt, ist die Entwicklung neuer effizienter rutheniumbasierter Metathesekatalysatoren von ständigem Interesse und Forschungsgebiet zahlreicher Arbeitsgruppen weltweit. Die mittlerweile zwanzig kommerziell erhältlichen Ruthenium(prä)katalysatoren spiegeln deutlich die Bedeutung der aktuellen Entwicklung leistungsfähiger homogener Metathesekatalysatoren wieder. Bei dem Design neuer rutheniumbasierter Metathese(prä)katalysatoren kann deren Reaktivität und Stabilität durch elektronische sowie sterische Modifizierungen der NHC-Liganden entscheidend beeinflusst werden. Die vorliegende Arbeit leistet einen Beitrag in der Entwicklung neuer chiraler und achiraler Ruthenium(prä)katalysatoren für die Olefinmetathese und befasst sich insbesondere mit der Anwendung dieser Komplexe in der asymmetrischen Metathese sowie zur Darstellung sterisch anspruchsvoller Doppelbindungen.

(24)

II. Allgemeiner Teil

1. Ruthenium(prä)katalysatoren mit

1,3-Bis(2-methylnaphthalen-1-yl)-4,5-dihydroimidazol-2-ylidenliganden

1.1 Einleitung

Die beschriebenen Grenzen der rutheniumkatalysierten Olefinmetathese sind Anlass für die stetige Entwicklung neuer Ruthenium(prä)katalysatoren, die eine breite Anwendung der verschiedenen Metathesereaktionen gewährleisten. Unter diesen einzelnen Metathesetypen hat sich vor allem die Ringschlussmetathese (RCM) als ein wichtiges Instrument in der organischen Synthese etabliert.[2,54] Jedoch ist die Verwendung der RCM zur Darstellung sterisch anspruchsvoller Olefine noch stark eingeschränkt. Insbesondere der effiziente Zugang zu tetrasubstituierten Doppelbindungen stellt große Herausforderungen an die rutheniumkatalysierte RCM. Erst die Einführung der Grubbs-Katalysatoren der 2. Generation ermöglichte den Aufbau tetrasubstituierter Olefine und ebnete den Weg für die Anwendung einer solchen Transformation als Schlüsselschritt in Naturstoff- und Wirkstoffsynthesen.[55] Das große synthetische Potential dieser Cyclisierungsmethode spiegelt sich beispielsweise in der kürzlich illustrierten formalen Totalsynthese des Steroids Estron (Verbindung 19, Schema 2) wieder.[56] MeO MeO 20 mol% 10 Toluol, 90 °C, 16 h H H H 17 O 18, 82% MeO H H H Estron (19) H H H

Schema 2. Darstellung von Estron mittels Ringschlussmetathese.

Bei der Cyclisierung der Ausgangsverbindung 17 zum entsprechenden Metatheseprodukt 18 ist jedoch eine Katalysatorbeladung von 20 mol% des Grubbs II-Katalysators erforderlich.

(25)

Die großen Katalysatormengen, die bei solchen Transformationen in der Regel benötigt werden, zeigen deutlich, dass zur Gewährleistung einer ökonomischen sowie ökologischen Reaktionsführung noch Handlungsbedarf besteht. Erste Lösungsansätze zur effizienten Umsetzung solcher anspruchsvollen Systeme resultierten aus einer zufälligen Beobachtung bei Untersuchungen zur enantioselektiven Olefinmetathese mit Rutheniumkomplex 20 (Abbildung 6).[57] 23 24 N N Ru Cl Cl N N Ru Cl Cl PCy3 Ph tBu tBu tBu tBu O Ph 25 N N Ru Cl Cl O 22 20 N N Ru Cl Cl N N Cl2Ru PCy3 iPr O 21 N N Ru Cl Cl O F Ph Ph iPr F Ph F F

Abbildung 6. Ruthenium(prä)katalysatoren mit geringem sterischen Anspruch in ortho-Position des

N-Aryl-Ringes des NHC-Liganden.

Grubbs stellte fest, dass der Einsatz des chiralen Ruthenium(prä)katalysators 20 in der asymmetrischen Ringschlussmetathese (ARCM)[58-60] zu einem unerwartet großem Anteil des tetrasubstituierten Nebenprodukts führte.[57] Als Ursache dafür wurde der im Vergleich zum IHMes-Liganden geringere sterische Anspruch in ortho-Position des N-Aryl-Ringes vermutet. Basierend auf dieser Beobachtung wurden die stabilen Komplexe 21 und 22 mit einem möglichst geringen sterischen Anspruch in ortho-Position entwickelt.[61] Die Annahme bestätigend zeichnen sich diese Rutheniumkomplexe im Vergleich zu den „klassischen“ Ruthenium(prä)katalysatoren 10 und 14 durch wesentlich bessere Umsätze sterisch gehinderter Substrate aus. Ein weiterer Fortschritt stellt der im Verlauf der durchgeführten Untersuchungen entwickelte Rutheniumkomplex 23 dar.[62] Durch die Kombination aus einem ungesättigten NHC-Liganden mit geringer sterischer Hinderung in ortho-Position und dem chelatisierenden 2-Isopropoxy-3-phenylbenzylidenliganden konnte die Reaktivität gesteigert

(26)

werden. Auf Grund der komplexen Herstellungsmethode eignet sich dieser (Prä)katalysator jedoch nicht für eine breite Anwendung in der organischen Synthese. Im Verlauf weiterer Studien kristallisierten sich schließlich die leicht zugänglichen (Prä)katalysatoren 24 und 25 als vergleichbar effizient in der Darstellung tetrasubstituierter Doppelbindungen heraus.[63] Vor allem Rutheniumkomplex 24 zeichnete sich hierbei durch eine bemerkenswert hohe Initiierungsgeschwindigkeit aus. Da sich dieser (Prä)katalysator jedoch sehr schnell zersetzt, wird in der Regel der stabilere (Prä)katalysator 25 mit dem chelatisierenden o-Isopropoxy-benzylidenliganden trotz seiner vergleichsweise geringeren Aktivität eingesetzt. Auf Grund der einfachen Darstellungsmethoden sind die Komplexe 24 und 25 heutzutage kommerziell erhältlich und haben sich in der Synthese sterisch anspruchsvoller Moleküle etabliert.[63,64] Komplex 25 konnte beispielsweise in der Totalsynthese der Naturstoffe (+)-Laurencenone B (28) und (+)-Elatol (29) zur Cyclisierung der Ausgangsverbindung 26 zum Metatheseprodukt 27 erfolgreich eingesetzt werden (Schema 3).[64b]

Cl Br HO Elatol (29) tBuO O Cl Cl O tBuO 26 5 mol% 25 27, 97% Benzol, 60 °C Cl O (+)-Laurencenone B (28)

Schema 3. Darstellung von (+)-Laurencenone B und (+)-Elatol mittels Ringschlussmetathese.

Der Anwendungsbereich dieser Ruthenium(prä)katalysatoren ist jedoch sowohl durch die weiterhin erforderlichen großen Katalysatormengen als auch durch die gescheiterten Syntheseversuche elektronenarmer tetrasubstituierter Olefine eingegrenzt.[63] Ein weiterer entscheidender Nachteil ist die Möglichkeit einer von Blechert beschriebenen Desaktivierung des Komplexes durch intramolekulare Carben-Aren-Verknüpfung.[65] Auf Grund dieser Einschränkungen ist für die effiziente Umsetzung sterisch stark gehinderter Olefine eine gezielte Weiterentwicklung der rutheniumbasierten Metathesekatalysatoren von großem Interesse. Aus der Erkenntnis, dass das stark von einander abhängige Zusammenspiel zwischen Katalysator, Lösungsmittel und Temperatur von entscheidender Bedeutung für die RCM ist,[37c,66] resultierte die Entwicklung eines katalytischen Systems, das eine effiziente

(27)

Umsetzung sterisch gehinderter Olefine gewährleistet. Die Entwicklung und Anwendung dieses Systems werden im Folgenden beschrieben.

1.2 Synthesekonzept und Darstellung der Rutheniumkomplexe

Erfahrungsgemäß ist es bei der Entwicklung neuer effizienter Rutheniumkomplexe des Grubbs II-Typs sinnvoll, das Grundgerüst des NHC-Liganden möglichst ähnlich dem des IHMes-Liganden zu konzipieren. Entsprechend den beschriebenen Erkenntnissen hat die Verringerung des sterischen Anspruchs in der ortho-Position einen Einfluss einerseits auf die Reaktivität gegenüber anspruchsvollen Doppelbindungen und andererseits auf die Stabilität des gesamten Komplexes. Daher liegt es nahe, einen NHC-Liganden aufzubauen, der zwar in der ortho-Position eine im Vergleich zur Methylgruppe des Mesitylsubstituenten geringere sterische Hinderung besitzt, aber einen insgesamt hohen sterischen Anspruch aufweist. Auf Grund dessen sollte die im Arbeitskreis Blechert im Rahmen der Dissertation von Simon Gessler entwickelte und verwirklichte Synthese des mit diesen Eigenschaften ausgestatteten Rutheniumkomplexes 30[67] (Schema 4) optimiert werden. Dieser Komplex mit 1,3-Bis(2-methylnaphthyl)-4,5-dihydroimidazol-2-yliden (IHMeNaph) Liganden sollte anschließend hinsichtlich seiner Reaktivität in sterisch anspruchsvollen Metathesereaktionen untersucht werden. N N Cl N N Cl Cl Ru Ph PCy3 NO2 32, 39% 3. BH3.THF, RT, 2 h, HOAc, KOH 4. NH4Cl, HC(OEt)3, 120 °C, 3 h 31 30, 73% 1. KOtBu, THF, RT 2. 6b, Toluol, 75 °C, 1 h 1. Pd/C, H2, MeOH/EtOAc, RT, 5 h 2. Glyoxal, MeOH, RT, 3 h

Schema 4. Erste Synthese des Ruthenium(prä)katalysators 30.

Durch das im Vergleich zu 24 vergrößerte π-System des N-Aryl-Substituenten des NHC-Liganden wurde von 30 eine erhöhte Stabilität erwartet. Des Weiteren erfüllt 30 durch seinen

(28)

etwas geringeren sterischen Anspruch in ortho-Position des N-Aryl-Ringes im Vergleich zum Mesityl-Substituenten die Voraussetzung einer erfolgreichen Verwendung für die beschriebene synthetische Herausforderung. Die in Schema 4 dargestellte vierstufige Synthese ausgehend vom kommerziell erhältlichen 1-Nitro-2-methylnaphthalin (31) zum Chlorid 32 und die anschließende Katalysatorsynthese nach der Vorschrift von Grubbs[44] lieferten den gewünschten Rutheniumkomplex 30 in einer Gesamtausbeute von 29%. Durch geringfügige Optimierungsarbeiten sollte dieser Syntheseweg atomökonomischer gestaltet und auf chromatographische Aufreinigungsmethoden verzichtet werden.

1.2.1 Synthese des

1,3-Bis(2-methylnaphthalen-1-yl)-4,5-dihydroimidazol-2-yliden

Liganden

Zur Verkürzung der Synthesesequenz wurde ausgehend von 1-Amino-2-methylnaphthalin (33) das Diimin 34 direkt durch Kondensation mit Glyoxal in einer sehr guten Ausbeute und in kristalliner Form generiert (Schema 5).[68] Da die Ausgangsverbindung 33 kommerziell erhältlich ist konnte somit auf die Hydrierung von 31 verzichtet werden.

NH2 N N X N N HN NH 33 34, 99% 35, 97% 32 X = Cl, 92% 36 X = BF4, 91% Glyoxal, 2-Propanol 60 °C, 4 h NaCNBH3, MeOH 0 °C, 15 min HC(OEt)3, HCOOH NH4X, Toluol 130 °C, 16 h

Schema 5. Synthese der Imidazoliniumsalze 32 und 36.

Die Verwendung von NaCNBH3[69] anstelle von BH3.THF bei der anschließenden Reduktion zum Diamin 35 ermöglichte eine Verbesserung der Ausbeute von 86% auf 97%. Ein weiterer Vorteil dieser Reduktionsmethode ist die Vermeidung einer säulenchromatographischen

(29)

Aufreinigung. 35 wurde als farbloses Öl isoliert, das bei Lagerung bei 4 °C ebenfalls in einen festen Aggregatzustand überging. Die anschließende Cyclisierung zum Imidazoliniumsalz 32 nach Kaloustian erfolgte direkt in einer Eintopfreaktion mit Triethylorthoformiat und NH4Cl in Toluol.[70] Durch die Zugabe von katalytischen Mengen an Ameisensäure, die Erhöhung der Äquivalente an Ammoniumchlorid sowie eine verlängerte Reaktionszeit konnte die Ausbeute dieses Reaktionsschrittes erheblich gesteigert werden. Das Cyclisierungsprodukt 32 wurde in einer sehr guten Ausbeute als luftstabiler Feststoff erhalten. Die dreistufige Syntheseroute konnte ohne chromatographische Aufreinigungen in einer sehr guten Gesamtausbeute von 88% durchgeführt werden. Die Gesamtausbeute des ursprünglichen Syntheseweges von 39% (Schema 4) konnte somit erheblich verbessert werden. Zusätzlich wurde das Tetrafluoroboratsalz 36 auf Grund des stabilisierenden Effekts durch das Tetrafluoroboratanion synthetisiert. Der analoge Syntheseweg lieferte die Verbindung 36 ebenfalls in einer sehr guten Gesamtausbeute von 87% als kristallinen Feststoff. Die Imidazoliniumsalze 32 und 36 zeigen bei Raumtemperatur im 1H und 13C NMR einen doppelten stark verbreiterten Signalsatz, der auf eine langsame Rotation der Naphthylsubstituenten um die N-C-Bindung zurückzuführen ist.

1.2.2 Darstellung des Ruthenium(prä)katalysators (30)

Für die Synthese des Rutheniumkomplexes 30 wurde eine Vorschrift von Nolan verwendet (Schema 6).[71] Hierbei wird in einer Eintopfreaktion das entsprechende Imidazoliniumsalz mit einem Äquivalent Kalium-tert-Amylat in Hexan deprotoniert und anschließend in Gegenwart von 0.5 Äquivalenten Grubbs I (6b) über die α-Eliminierung der Amylatzwischenstufe in den gewünschten Rutheniumalkylidenkomplex überführt.

N N X N N Cl Cl Ru Ph PCy3 32 X = Cl 36 X = BF4 30, 70% (aus 32) 60% (aus 36) 1. KO(CH3)2CH2CH3, Hexan, RT, 1 h 2. 6b, Hexan, 60 °C, 12 h

Schema 6. Synthese des Rutheniumalkylidenkomplexes 30.

Nach zwölfstündiger Reaktion bei 60 °C wird der Kom plex 30 als violetter Feststoff durch Filtration in guten Ausbeuten isoliert. Die Reaktionsführung in Hexan bietet zum Einem die

(30)

Möglichkeit der leichten Isolierung des in der Regel schwerlöslichen (Prä)katalysators, zum Anderem wird eine Zersetzung in Lösung vermieden. Analog zur Synthese des Grubbs II-Katalysators (10) ließ sich das Chloridsalz leichter deprotonieren und zeigte sich gegenüber dem Tetrafluoroboratsalz überlegen.[47d,67,71] Im Vergleich zu der herkömmlichen Synthese des Rutheniumkomplexes 30 nach Grubbs[44] (Schema 4, Seite 14) wurde durch die Verwendung der Methode von Nolan jedoch keine Steigerung der Ausbeute erzielt. Eine mögliche Ursache hierfür ist die beobachtete geringfügige Löslichkeit des Komplexes 30 in Hexan, die zu einer Zersetzung während der Synthese führen kann. Dennoch erweist sich diese Synthesevorschrift auf Grund der einfachen Aufarbeitung als vorteilhaft. Somit konnte ausgehend von dem kommerziell erhältlichen Amin 33 der Komplex 30 in sehr guten Gesamtausbeuten von 62% (X = Cl) bzw. 56% (X = BF4) erhalten werden. Eine weitere Darstellungsmethode von Komplex 30 ausgehend von 1-Brom-2-methylnaphtalin in einer Gesamtausbeute von 30% beschrieb Dorta in einer parallelen Arbeit,[72] in der jedoch eine aus ökonomischer sowie ökologischer Sicht ungünstige palladiumvermittelte Kupplungs-reaktion verwendet wurde. Der auf diesen Synthesewegen zugängliche Rutheniumkomplex 30 zeigt analog zu den Imidazoliniumsalzen 32 und 36 bei Raumtemperatur einen doppelten stark verbreiterten Signalsatz im 1H- und im 13C-NMR-Spektrum in einem Verhältnis von 1:1 (Tabelle 2). Dieses deutet auf eine gehinderte Rotation der Naphtylsubstituenten um die N-C-Bindung hin.

Tabelle 2. 1H-, 13C- und 31P-NMR-Daten der Rutheniumkomplexe 10, 24 und 30 (500 MHz, CD2Cl2).

a

Katalysator 1H (Ru=CH) 13C (Ru=CNHC)

31

P

10 19.16 220.3 31.4

24 19.06 219.5 27.9, 25.2

30 19.10, 18.59 224.8, 218.9 29.6

a Die chemischen Verschiebungen wurden bei Raumtemperatur gemessen und in ppm angegeben.

Der Vergleich der NMR-Daten des Rutheniumkomplexes 30 mit den verwandten Komplexen 10 und 24, die im Bezug auf eine solche Rotation sterisch weniger gehinderte N-Aryl-Substituenten besitzen, zeigt, dass bei 10 und 24 im Gegensatz zu 30 im 1H-NMR nur ein Signalsatz auftritt. Interessanterweise treten im 13C-Spektrum des Komplexes 24 dennoch zwei Signalsätze auf, wobei die in Tabelle 2 dargestellten Signale für den Carbenkohlenstoff zu einem stark verbreiterten Signal zusammenfallen. Des Weiteren zeigt das 31 P-NMR-Spektrum von 24 zwei Signale, die ebenfalls auf das Auftreten von Rotationsisomeren zurückzuführen sind. Die unterschiedlichen Substituenten in den ortho-Positionen des N-Aryl-Ringes führen hierbei analog zu 30 zu unterschiedlichen Anordnungsmöglichkeiten auf Grund verschiedener dynamischer Prozesse. Zahlreiche Arbeitsgruppen berichteten über die möglichen Arten der Rotation, die bei Grubbs-II homologen Komplexen auftreten können.[42,73] Demnach gibt es fünf relevante Rotationen, die bei dem symmetrischen

(31)

NHC-Komplex 30 ablaufen können (Abbildung 7). Die Rotationen a und b des N-Aryl-Substituenten um die N-C-Bindung sollten bei 30 stark gehindert sein und auf der NMR-Zeitskala langsam erfolgen. Daher sind diese dynamischen Prozesse laut Literatur eine sehr wahrscheinliche Ursache für eine Aufspaltung der NMR-Signale. Die Rotation c um die Ru-CNHC-Bindung sollte ebenfalls eingeschränkt sein, sie wird allerdings in der Regel bei Raumtemperatur nicht auf der NMR-Zeitskala erfasst. Das Auftreten der bei spektroskopischen Studien zu unsymmetrischen Rutheniumkomplexen[73a] beobachteten dynamischen Prozesse d und e sind bei Komplex 30 ebenfalls sehr wahrscheinlich und stehen in starker Abhängigkeit zu den Rotationen a, b und c. Die elektronischen und sterischen Eigenschaften der Liganden und die damit eng verbundenen dynamischen Prozesse a-e führen somit bei Grubbs II homologen Rutheniumkomplexen zu bevorzugten Orientierungen des NHC-Liganden im Bezug auf den Benzylidenliganden. Beispielsweise treten bei unsymmetrischen Rutheniumalkylidenverbindungen mit unterschiedlichem Substitutionsmuster in para-Position am N-Aryl-Ring zwei Atropisomere auf, wodurch doppelte Signalsätze in den NMR-Spektren auftreten. Somit bildet Komplex 30 höchst wahrscheinlich bevorzugt die in Abbildung 7 dargestellten Atropisomere aus. Hierbei liegt einerseits ein anti-Isomer mit C2-symmetrischen Carbenliganden vor, das bei Drehung um

180° um die Ru-CNHC-Achse wieder in seine Ausgangsverbindung zurückgeführt wird, und andererseits ein syn-Isomer mit CS-symmetrischen Carbenliganden, das bei einer solchen

Rotation nicht wieder in die entsprechende Ausgangsposition überführt wird.

N N Cl Cl Ru PCy3 a c d b syn-Isomer mit cs-symmetrischen Carbenliganden anti-Isomer mit c2-symmetrischen Carbenliganden e N N Cl Cl Ru PCy3

Abbildung 7. Rotationsisomere des Rutheniumkomplexes 30.

Die beobachteten Rotationen bei den Imidazoliniumsalzen 32 und 36 sowie bei mit 30 vergleichbaren Rutheniumkomplexen bestätigen die Annahme, dass der doppelte Signalsatz auf eine Rotation um die N-C-Bindung zurückzuführen ist.[72,74] Dementsprechend deuten die beiden Signale der 1H-Benzylidenresonanz im 1H-NMR auf eine Aufspaltung in die Signalsätze der anti- und syn-Isomere. Der Benzylidenligand richtet sich auf Grund des stabilisierenden Effektes durch intramolekulare π-π-Wechselwirkungen mit sehr hoher

(32)

Wahrscheinlichkeit flach unterhalb des Naphtalingrundgerüstes aus. Hierbei sind vier Rotationsisomere des Rutheniumkomplexes 30 begünstigt, wobei je zwei dieser vier Isomere Enantiomere sind (Abbildung 8). Verschiedene Kristallstrukturen stark verwandter Komplexe zeigen deutlich diese räumliche Orientierung des Benzylidenliganden und bestätigen diese Annahme.[74] N N Cl Cl Ru PCy3 N N Cl Cl Ru PCy3 N N Cl Cl Ru PCy3 N N Cl Cl Ru PCy3

Abbildung 8. Mögliche Orientierungen des NHC-Liganden im Bezug auf den Benzylidenliganden auf

Grund intramolekularer π-π-Wechselwirkungen bei Rutheniumkomplex 30.

Der stabilisierende Effekt durch die intramolekularen π-π-Wechselwirkungen wird jedoch in Lösung stark vom Lösungsmittel beeinflusst.[37c] Diese Eigenschaft beeinträchtigt somit die Rotation und ist eine mögliche Erklärung für die Lösungsmittelabhängigkeit der katalytischen Reaktivität eines Ruthenium(prä)katalysators. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die starke Abhängigkeit der Rotation und Aktivität von der Temperatur.[37c,66] Zur Untersuchung dieser Einflüsse auf die Rotation wurden daher die 1H-NMR-Spektren von 30 in deuteriertem Dichlormethan und Benzol bei unterschiedlichen Temperaturen gemessen (Abbildung 9).

313 K 308 K 285 K 290 K 295 K 298 K 303 K 313 K 308 K 285 K 290 K 295 K 298 K 303 K 313 K 308 K 285 K 290 K 295 K 298 K 303 K 313 K 308 K 285 K 290 K 295 K 298 K 303 K d2-Dichlormethan d6-Benzol

Abbildung 9. Einfluss der Temperatur auf die 1H-Benzylidenresonanz (500 MHz) in d2-Dichlormethan

(33)

Erwartungsgemäß führte die Erhöhung der Temperatur in beiden Fällen zur Aufhebung des doppelten Signalsatzes und unterstreicht somit auch die Annahme, dass dieser auf das Auftreten von Rotationsisomeren zurückzuführen ist. Die Betrachtung der 1 H-Benzylidenresonanz zeigt, dass bei der Verwendung von d2-Dichlormethan zwei Rotationsisomere auftreten, deren Signale bei einer Temperatur von 308 K zu einem Signalsatz zusammenfallen. Dieser Effekt ist in d6-Benzol bereits bei Raumtemperatur zu beobachten. Die Rotation des Komplexes 30 in C6D6 ist somit weniger gehindert als in CD2Cl2. Die Wechselwirkung der Naphthylsubstituenten mit d6-Benzol führt hierbei zu einer offensichtlichen Aufhebung der π-π-Wechselwirkung der N-Aryl-Ringe mit dem Benzylidenliganden, und 30 besitzt in diesem Fall eine größere konformative Freiheit.[37c] Das identische Experiment in d1-Chloroform zeigt ein vergleichbares Verhalten der 1 H-NMR-Resonanzen bei den unterschiedlichen Temperaturen wie in d2-Dichlormethan. Die Variation des Lösungsmittels, insbesondere der Wechsel von einem aliphatischen zu einem aromatischen Solvens, hat also einen Einfluss auf die Rotation des Komplexes 30. Mittels einer Linienformanalyse lässt sich die Energie bestimmen, die zur Überführung von einem Rotationsisomer in das andere notwendig ist. Bei einem solchen ungekoppelten Fall mit Signalen gleicher Intensität im 1H-NMR-Spektrum ist es möglich, aus der Temperatur der behinderten Rotation am Koaleszenzpunkt Tc mit Hilfe der Eyring-Gleichung die Rotationsbarriere des Komplexes 30 in einem Lösungsmittel als freie Aktivierungsenthalpie ∆Gc‡ zu berechnen (Abbildung 10, Gleichung 1).[75]

k = kb x Tc h exp ∆Gc -= R x Tc (1) k = π x ∆ν 2 (2)

Abbildung 10. Gleichungen zur Bestimmung der Freien Aktivierungsenthalphie ∆Gc

und der Geschwindigkeitskonstanten k. ∆ν = Linienabstand ohne Austausch, kb = 1.38 x 10

-23

J/K

(Boltzmann-Konstante), R = 8.31 J/mol x 1/K (Gaskonstante), Tc = absolute Temperatur am Koaleszenzpunkt, h = 6.62 x 10-34 Js (Plancksches Wirkungsquantum).

Die Größe der Freien Aktivierungsenthalpie bestimmt die Geschwindigkeit der thermischen Isomerisierung. Ist ∆Gc‡ größer als 23 kcal/mol, so sind die Isomeren bei Raumtemperatur stabil. Bei einem kleineren ∆Gc‡-Wert erfolgt eine mehr oder weniger rasche Isomerisierung, wobei die Geschwindigkeitskonstante k nach der Eyring-Gleichung von ∆Gc‡ abhängt. Die Geschwindigkeitskonstante k des chemischen Austausches bei der Koaleszenztemperatur Tc kann mit Hilfe der Gleichung 2 relativ einfach erhalten werden (Abbildung 10). Der hierfür notwendige Linienabstand ∆ν lässt sich in der Regel durch lösungmittelabhängige 1 H-NMR-Messungen bei variabler Temperatur ermitteln. Bei den Tieftemperaturmessungen des

(34)

Komplexes 30 in den in Tabelle 3 aufgeführten deuterierten Lösungsmitteln zeigte sich, dass bereits bei der Temperatur Tν = 285 K für diese Lösungsmittel aussagekräftige Linienabstände ermittelt werden konnten. Beim Vergleich der daraufhin berechneten ∆Gc‡ -Werte ist zu erkennen, dass der Wechsel von aliphatischen Lösungsmitteln wie d2 -Dichlormethan und d1-Chloroform zu aromatischen Lösungsmitteln wie d6-Benzol eine leichte Senkung der Energiebarriere zur Folge hat (Tabelle 3). Die Abnahme von ∆Gc‡ ist hierbei auf die bereits erwähnte größere konformative Freiheit durch die Aufhebung der π-π-Wechselwirkung der N-Aryl-Ringe mit dem Benzylidenliganden zurückzuführen. Dieser Befund spiegelt die Wechselwirkung des Lösungsmittels mit dem Rutheniumkomplex 30 in Abhängigkeit von der Temperatur und den damit resultierenden Einfluss auf die Geschwindigkeit der Rotation im Sinne der statistischen Kinetik wieder.

Tabelle 3. Rotationsbarrieren des Komplexes 30 in verschiedenen Lösungsmitteln.

Lösungsmittel Tc [K] νννν [Hz]a ∆Gc [kcal/mol] d2-Dichlormethan 313 275 14.34 d6-Benzol 298 215 13.77 d1-Chloroform 313 265 14.37 a

Ermittelt bei Tν = 285 K mittels 1H-NMR-Spektroskopie (500 MHz).

Dorta führte vergleichbare Untersuchungen an den Imidazoliniumsalzen 32 und 36 sowie verwandten Verbindungen durch und erlangte hierbei ebenfalls die Erkenntnis, dass die doppelten Signalsätze im 1H-NMR-Spektrum auf das Vorhandensein C2-symmetrischer und Cs-symmetrischer Atropisomere zurückzuführen ist, die durch Rotation um die N-C-Achse ineinander überführt werden können.[72,74] Zusammenfassend konnte festgestellt werden, dass die doppelten Signalsätze auf Rotationsisomere zurückzuführen sind und dass die Wahl des Lösungsmittels sowie der Temperatur einen entscheidenden Einfluss auf die dynamischen Prozesse hat. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung des Zusammenspiels von Ruthenium(prä)katalysator, Lösungsmittel und der Temperatur für die Olefinmetathese.

1.2.3 Darstellung des Rutheniumkomplexes (37) mit chelatisierendem

o-Isopropoxybenzylidenliganden

Auf Grund der Beobachtung, dass die Einführung eines o-Isopropoxystyrenliganden zu einer Steigerung der Stabilität und auch der Aktivität führen kann,[50,51] wurde der entsprechende Rutheniumkomplex 37 nach einer Vorschrift von Hoveyda synthetisiert (Schema 7).[51] Hierbei wurde der Rutheniumalkylidenkomplex 30 unter Stickstoffatmosphäre in Gegenwart einer äquimolaren Menge Kupfer(I)-chlorid mit zwei Äquivalenten 2-Isopropoxystyren (38) in

(35)

Dichlormethan zusammengegeben und eine Stunde bei 45 °C gerührt. Auf diesem Weg konnte schließlich der (Prä)katalysator 30 in den phosphanfreien Komplex 37 überführt werden, der nach säulenchromatographischer Reinigung in guter Ausbeute als grüner Feststoff isoliert werden konnte. Erwartungsgemäß wurde bei der NMR-spektroskopischen Charakterisierung von 37 analog zu Komplex 30 und den Imidazoliniumsalzen 32 und 36 ein doppelter Signalsatz festgestellt.

N N Cl Cl Ru Ph PCy3 N N Cl Cl Ru O 45 °C, 1 h O 38 30 37, 68% CuCl, DCM

Schema 7. Synthese des Rutheniumkomplexes 37.

Da Rutheniumkomplex 37 einen chelatisierenden Benzylidenliganden besitzt, der in der Regel orthogonal zum N-Aryl-Ring lokalisiert ist, sind intramolekulare π-π-Wechselwirkungen zwischen dem Elektronensystem des Naphthalingrundgerüstes und dem des Phenyl-grundgerüstes (vgl. Abbildung 8, Seite 18) auszuschließen. Des Weiteren können auch die dynamischen Prozesse d und e (Abbildung 7, Seite 17) vernachlässigt werden. Der beobachtete doppelte Signalsatz unterstreicht somit die in Kapitel 1.2.2 ausführlich beschriebene Annahme einer spektroskopischen Differenzierung zwischen syn- und anti-Isomeren. Durch Kristallisation aus Dichlormethan/Hexan konnten geeignete Kristalle für die Röntgenstrukturanalyse zur Charakterisierung von Rutheniumkomplex 37 erhalten werden (Abbildung 11). Die Röntgenkristallstrukturanalyse lieferte ausschließlich die Molekülstruktur des syn-Isomers. Dieses ist sehr wahrscheinlich auf eine größere Stabilität oder eine bessere Kristallisation dieser Konformation zurückzuführen. Anhand der ermittelten Molekülstruktur ist zu erkennen, dass das Ruthenium analog zur Kristallsruktur des herkömmlichen Rutheniumkomplexes 14 in einer verzerrten, quadratisch pyramidalen Anordnung von seinen Liganden umgeben ist. Des Weiteren ist einer der beiden Naphtylsubstituenten vergleichbar zum Mesitylsubstituent von 14 direkt über dem Benzylidenproton lokalisiert (Abbildung 12). Der Naphtylsubstituent, der sich auf der Seite der Halogen-Liganden befindet, zeigt hingegen eine Drehung um ungefähr 25° um die N-C-Achse.

(36)

Abbildung 11. ORTEP-Darstellung von Rutheniumkomplex 37 (Schwingungsellipsoide für 50%

Aufenthaltswahrscheinlichkeit).

(37)

Der Strukturvergleich mit den Bindungslängen und –winkeln der publizierten Komplexe 14 und 25 zeigt nur minimale Unterschiede (Tabelle 4). Der Bindungsabstand Ru(1)-C(11) ist bei 37 etwas kürzer als bei 14 und etwas länger als bei 25. Diese Eigenschaft spricht für eine Aktivitätsreihenfolge von 25 > 37 > 14.[76] Des Weiteren sind die Bindungslängen Ru(1)-C(1) sowie Ru(1)-O(1) bei 37 etwas kürzer und Ru(1)-Cl(1), Ru(1)-Cl(2) sowie N(2)-C(25) etwas länger als bei 14. Im Vergleich mit 25 hat 37 vor allem einen kürzeren Ru(1)-O(1) Bindungsabstand und einen längere N(2)-C(25)-Bindungslänge.

Tabelle 4. Vergleich ausgewählter Bindungslängen [Å] und –winkel [°] der Komplexe 14, 25 und 37.

14[51] 25[63] 37 Bindungslängen Ru(1)-C(11) 1.981(5) 1.9611(11) 1.965(3) Ru(1)-C(1) 1.825(5) 1.8329(11) 1.818(4) Ru(1)-O(1) 2.261(3) 2.2979(8) 2.250(2) Ru(1)-Cl(1) 2.3393(12) 2.3523(3) 2.3515(10) Ru(1)-Cl(2) 2.3279(12) 2.3445(3) 2.3329(10) N(1)-C(11) 1.351(6) 1.3503(15) 1.348(4) N(2)-C(11) 1.350(6) 1.3550(14) 1.344(5) N(1)-C(14) 1.434(6) 1.4316(16) (syn) 1.399(6) (anti) 1.429(4) N(2)-C(25) 1.442(6) 1.4352(16) 1.464(5) Bindungswinkel N(1)-C(11)-Ru(1) 131.6(3) 132.26(8) 131.0(3) N(2)-C(11)-Ru(1) 120.8(3) 120.34(8) 122.1(3) C(11)-N(1)-C(14) 127.2(4) 127.49(7) (syn) 122.8(7) (anti) 127.8(3) C(11)-N(2)-C(25) 127.2(4) 124.61(10) 126.5(3) C(11)-Ru(1)-C(1) 101.52(19) 100.45(5) 101.45(15) C(11)-Ru(1)-O(1) 176.22(14) 179.15(4) 178.22(12) Cl(1)-Ru(1)-Cl(2) 156.47(5) 160.382(12) 157.16(4) Intramolekulare Abständea C(1)---C(14) 3.086 3.137 (syn) 3.036 (anti) 3.144 C(25)---Ru(1) 3.326 3.205 3.341 C(25)---Cl(1) 4.253 4.152 4.480 C(25)---Cl(2) 3.469 3.306 3.206 a

(38)

Interessanterweise lieferte die Röntgenstrukturanalyse von 25 ein Gemisch aus syn- und anti-Isomer in einem Verhältnis von 9:1 (syn:anti).[63] Bemerkenswert ist hierbei der kürzere N(1)-C(14)-Bindungabstand beim anti-Isomer. Erwartungsgemäß zeigen die Bindungslängen in der Molekülstruktur von 37 insbesondere einen ähnlichen Aufbau der Ligandensphäre wie bei Komplex 25, wobei 25 auf Grund des geringeren sterischen Anspruches eine größere konformative Freiheit besitzt. Bei beiden Komplexen ist eine starke Verzerrung des NHC-Liganden im Vergleich zu Komplex 14 zu erkennen (vgl. Abbildung 12, Seite 22). Diese Beobachtung spiegelt sich vor allem auch in den aufgeführten Bindungswinkeln wieder. Beispielsweise zeigt 37 eine Aufweitung des N(2)-Ru-C(11)-Winkel und 25 eine Verengung des C(11)-N(1)-C(25)-Winkel. Bemerkenswert ist ebenfalls der größere Cl(1)-Ru(1)-Cl(2)-Bindungswinkel von 25. Interessanterweise ist der C(11)-Ru(1)-C(1)-Winkel bei Komplex 37 im Vergleich zu 25 um 1 Grad aufgeweitet und im Vergleich zu 14 geringfügig verengt. In der Regel spricht die Aufweitung dieses Winkels für eine erhöhte Metatheseaktivität,[85] die geringere sterische Wechselwirkung zwischen dem NHC-Liganden und dem Benzylidenliganden im Vergleich zu 14 und 37 führt bei dem sehr aktiven Komplex 25 jedoch zu einer Verengung des Winkels. Des Weiteren zeigt die Betrachtung verschiedener intramolekularer Abstände bei Komplex 37 einen bemerkenswert größeren Abstand zwischen C(25) und Cl(1) als zwischen C(25) und Cl(2). Dieser signifikante Unterschied zu den Komplexen 14 und 25 verdeutlicht die stark verzerrte Orientierung des NHC-Liganden in der Molekülstruktur von 37. Zusammenfassend ist eine große Verwandtschaft der Komplexe 14, 25 und 37 zu erkennen, wobei 25 und 37 auf Grund der entsprechenden NHC-Liganden stark verzerrte Molekülstrukturen aufweisen.

1.3 Systematische Untersuchungen zur Ringschlussmetathese

Für eine aussagekräftige Einschätzung der Katalysatoreffizienz von 30 und 37 wurden zunächst systematische Studien zur RCM durchgeführt. Die Effizienz eines Katalysators umfasst die Komponenten Aktivität, Selektivität und Stabilität. Die Betrachtung der Chemo-, Regio- sowie Stereoselektivität konnte bei den grundlegenden Untersuchungen zur RCM vernachlässigt werden, da eindeutige Substrate eingesetzt wurden. Für die Beurteilung der Aktivität und Stabilität des Metathesekatalysators mussten somit Experimente durchgeführt werden, die eine Aussage über Lebensdauer, Produktausbeute, Reaktionszeit und benötigte Katalysatorenmenge liefern. Zur Beurteilung der Effizienz einer Katalyse eignen sich sehr gut die Umsatzzahl (turnover number, TON) und die Wechselzahl (turn over frequency, TOF).[77] Die Umsatzzahl eines Katalysators gibt die Anzahl der durchlaufenen Katalysezyklen an und beschreibt damit die Lebensdauer und den Grad der Aktivität eines Katalysators. Sie ist als

(39)

Quotient aus Produkt und Katalysatormenge definiert und ist abhängig von der Temperatur und der Zeit (Abbildung 13).

TONT,t = nKat. [mol] nProd.,t [mol] nEd. [mol] TOFT = nKat. [mol] x t [h] nProd.,t [mol] nEd. [mol]

Abbildung 13. Definition der Umsatzzahl und der Wechselzahl.

Die Geschwindigkeit einer Katalyse wird durch die temperaturabhängige Wechselzahl beschrieben, die sich im Vergleich zur TON zusätzlich auf eine Zeiteinheit bezieht und häufig zur Bestimmung der Katalysatoraktivität herangezogen wird. Als Maß für die Reaktionsgeschwindigkeit wurden daher zuerst die Komplexe 30 und 37 in der RCM von N,N’-Diallyltosylamid (39) eingesetzt, wobei die erreichten Umsätze bei einer bestimmten Katalysatormenge im Bezug auf die Zeit detektiert wurden (Abbildung 14).

Ts N Ts N 1 mol% Kat. DCM (0.05 M), RT 39 40 0 20 40 60 80 100 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 Zeit [min] U m s a tz [ % ] 10 14 30 37

Abbildung 14. Kinetik der RCM von 39 mit 10, 14, 30 und 37.

Zur Einstufung dieser kinetischen Studie wurden hierbei die Rutheniumkomplexe 30 und 37 mit den „klassischen“ Ruthenium(prä)katalysatoren 10 und 14 verglichen. Die Umsetzung von Tosylat 39 zum Cyclisierungsprodukt 40 wurde in d2-Dichlormethan (0.05 M) bei

(40)

Raumtemperatur unter Stickstoffatmosphäre in Gegenwart von 1 mol% (Prä)katalysator durchgeführt und mittels 1H-NMR-Spektroskopie kontrolliert. Der Kurvenverlauf zeigt hierbei deutlich, dass Rutheniumkomplex 30 die RCM von 39 bei diesen Reaktionsbedingungen sehr gut und vergleichbar mit dem Rutheniumkomplex 10 katalysiert. Interessanterweise zeigt 30 im Einklang mit einer ersten orientierenden Kinetikmessung im Arbeitskreis Blechert im Rahmen der Dissertation von Simon Gessler[67] eine schnellere Initiierung als der Grubbs II-Katalysator (10). Bereits nach 18 Minuten wurden 50% der Ausgangsverbindung 39 zum Metatheseprodukt 40 umgesetzt. Der im Vergleich mit den ersten Untersuchungen verbesserte Umsatz ist auf die Aufreinigung des Substrates und des (Prä)katalysators unmittelbar vor Reaktionsbeginn sowie durch das Arbeiten unter Schutzgas zurückzuführen. Die Verwendung von Komplex 30 führte somit schon nach zwei Stunden zu einem quantitativen Umsatz. Diese Kinetikmessung wurde anschließend wiederholt und ebenfalls in getrocknetem Dichlormethan durchgeführt. Hierbei wurde nach festgelegter Zeit eine Probe entnommen und die RCM zu diesem Zeitpunkt mit Ethylvinylether beendet. Die zu den entsprechenden Zeitpunkten erzielten Umsätze wurden anschließend ebenfalls durch 1 H-NMR-Spektroskopie ermittelt und zeigten keine signifikanten Unterschiede zu den ersten beiden Messungen. Der phosphanfreie Rutheniumkomplex 37 zeigte bei dieser RCM im Vergleich zum phosphanhaltigen Komplex 30 eine geringere Initierungsgeschwindigkeit. Erst nach einer Reaktionszeit von 34 Minuten wurden 50% des Diens zum entsprechenden Metatheseprodukt umgesetzt. Dennoch zeigte 37 im Vergleich zum kommerziell erhältlichen Komplex 14 eine schnellere Initierung und erzielte einen besseren Umsatz nach 12 Stunden. Zur Beschreibung der Geschwindigkeit, mit welcher der jeweilige Metatheseinitiator die Reaktion katalysiert, wurden die Zeit (t50%), die ein Katalysator zum Erreichen eines Umsatzes von 50% benötigt und die zu diesem Zeitpunkt erreichte effektive Wechselzahl (E-TOF) verwendet (Tabelle 5).

Tabelle 5. RCM von 39 mit den Komplexen 10, 14, 30 und 37.

(Prä)katalysator t50%[min] E-TOF [h

-1 ] Umsatz [%]a 10 23 130 99 13 50 63 89 30 18 167 99 37 34 88 97 a

erzielte Umsätze nach 12 h. Bestimmt mittels 1H-NMR-Spektroskopie.

Die genaue Anzahl der Substratmoleküle, die von einer einzigen katalytisch aktiven 14-Elektronenspezies umgesetzt werden, kann hierbei nicht ausgemacht werden, da die Konzentration der aktiven Spezies während der Reaktion nicht bekannt ist. Deswegen bezieht sich die effektive Wechselzahl auf die Anzahl der Substratmoleküle, die von einem (Prä)katalysatormolekül umgesetzt werden. Entsprechend des graphischen Verlaufes weisen die (Prä)katalysatoren 30 und 37 im Bezug auf die verwandten Rutheniumkomplexe (10 bzw.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Nach Erwärmen auf RT wurde dreimal mit DCM extrahiert und die vereinigten organischen Phasen wurden über MgSO 4 getrocknet und DCM anschließend unter reduziertem

Es zeigte sich jedoch sowohl in Metathesereaktionen mit 10, als auch von Anke Berger und David Schlesiger mit 13 und 12 analog durchgeführten Reaktionen, dass

Durch Variation der Substituenten am Phosphan konnten Liganden unterschiedlicher Lewisbasizität erhalten werden, wobei sich zeigte, dass Phosphane mit größerer

Wie zuvor angedeutet, ist die intermolekulare Hydroaminierung bisher nur eingeschränkt möglich und es existieren nur wenige Beispiele für diese

Im Rahmen dieser Arbeit wurden neue Liganden für Gruppe 4 Metall-Komplexe synthetisiert, welche ihren Einsatz in der Hydroaminierung und in der Hydroaminoalkylierung

Nach Zugabe von MTBE (10 mL) wurde die Reaktionsmischung filtriert, unter Vakuum zur Trockne eingeengt und der Rückstand chromatographisch an Kieselgel gereinigt (PE/MTBE 2/1)..

Reaktionssequenzen aus In-En-Kreuzmetathese, Diels-Alder-Transformation mit Acetylendicarbonsäuredimethylester und Aromatisierung können auch an fester Phase erfolgreich

Es ist bei der Durchführung der Reaktion im Grammmaßstab besonders darauf zu achten, dass die Zugabe der Lösung des Katalysators sehr langsam unter mechanischem Rühren des