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Systematische Untersuchungen zur effizienten Darstellung von tetrasubstituierten

II. Allgemeiner Teil

1. Ruthenium(prä)katalysatoren mit 1,3-Bis(2-methylnaphthalen-1-yl)-4,5-

1.3 Systematische Untersuchungen zur Ringschlussmetathese

1.3.1 Systematische Untersuchungen zur effizienten Darstellung von tetrasubstituierten

voneinander abhängigen Zusammenspiels zwischen Katalysator, Lösungsmittel und Temperatur untersucht.

1.3.1 Systematische Untersuchungen zur effizienten Darstellung von tetrasubstituierten Doppelbindungen

Zur Einschätzung der Katalysatoreffizienz von Rutheniumkomplex 30 bei der Darstellung von tetrasubstituierten Olefinen wurde zunächst die RCM von N-Tosylamid 57 untersucht (Tabelle 9). In Anlehnung an die beschriebene Erkenntnis, dass die Verwendung aromatischer Lösungsmittel bei erhöhter Temperatur die Umsätze bei der RCM erheblich steigern können,[37c,66] wurde der Einfluss verschiedener Lösungsmittel auf die Reaktion untersucht. Hierbei wurden beispielsweise acyclische Lösungsmittel wie Dichlormethan,

Dichlorethan und tert-Butylmethylether mit aromatischen Solventien wie Benzol und Toluol verglichen. Basierend auf der von Blechert beschriebenen Beobachtung, dass die Verwendung von Trifluortoluol als Lösungsmittel in der Kreuzmetathese (CM)[79] zu verbesserten Umsätzen führt,[80] sowie darauf folgenden ersten Metathesebeispielen zur RCM in fluorierten aromatischen Solventien,[81] wurde des Weiteren der Einfluss fluorierter Lösungsmittel untersucht.

Tabelle 9. RCM von 57 mit Ruthenium(prä)katalysator 30.

TsN

TsN

57 58

1 mol% Kat.

12 h

Lösungsmittel (0.05 M) Temperatur [°C] Umsatz [%]a

DCM 40 15

DCE 60 8

MTBE 60 26

Benzol 60 53

Toluol 80 85

Trifluortoluol 80 40

Octafluortoluol 80 95

Hexafluorbenzol 80 >99

Hexafluorbenzol 25 20

a bestimmt mittels 1H-NMR-Spektroskopie

Erwartungsgemäß zeigte die RCM von 57 in aromatischen Lösungsmitteln wie Toluol oder Benzol bessere Umsätze als in aliphatischen wie Dichlormethan, Dichlorethan und tert-Butylmethylether. Erstaunlicherweise führte insbesondere die Verwendung perfluorierter aromatischer Lösungsmittel zu einer beeindruckenden Steigerung des Umsatzes. Bei der RCM in Octafluortoluol konnten 95% des N-Tosylamides 57 zum Metatheseprodukt 58 umgesetzt werden. In Hexafluorbenzol wurde sogar ein quantitativer Umsatz erzielt, während die Verwendung von Trifluortoluol zu einem schlechteren Umsatz als die von Toluol oder Benzol führte. Es konnte somit festgestellt werden, dass sich insbesondere Hexafluorbenzol hervorragend als Lösungsmittel für die RCM zur Darstellung des tetrasubstituierten Alkens 58 eignet. Auch die Temperatur hat einen entscheidenden Einfluss auf den Umsatz in der betrachteten Reaktion. Die RCM von 57 in Hexafluorbenzol führt beispielsweise bei einer Temperatur von 80°C zu einem erheblich besseren Ums atz als bei Raumtemperatur.

Während bei 80°C ein quantitativer Umsatz erzielt w erden konnte, wurden bei Raumtemperatur lediglich 20% von 57 zu 58 umgesetzt. Zusammenfassend konnte festgestellt werden, dass aromatische perfluorierte Lösungsmittel in Kombination mit erhöhter Temperatur einen beeindruckenden Einfluss auf die RCM haben. Auf Grund dieses

ersten Hinweises wurde Komplex 30 im Folgenden zur Einschätzung der Katalysatoreffizienz bei der RCM von 57 unter diesen Reaktionsbedingungen mit dem bei solchen Transformationen bewährten Komplex 24 (Abbildung 6, Seite 11) verglichen. Es wurde von uns erwartet, dass (Prä)katalysator 30 auf Grund seiner sterisch anspruchsvollen Naphthyl-Substituenten eine größere Stabilität als 24 aufweist. Somit gingen wir davon aus, dass Komplex 24 bei der RCM von 57 in Hexafluorbenzol bei 80 °C einerseits schneller initiiert als 30, andererseits aber auf Grund seiner schnelleren Zersetzung auch schlechtere Umsätze erzielt. Deswegen wurden bei einer festgelegten Katalysatormenge von 0.25 mol% die erreichten Umsätze im Bezug auf die Zeit detektiert (Abbildung 17).

0 20 40 60 80 100

0 5 10 15 20

Zeit [min]

Umsatz [%]

24 30

Abbildung 17. RCM von 57 mit den (Prä)katalysatoren 24 und 30.

Bei dieser Kinetikmessung wurde zu bestimmten Zeitpunkten eine Probe entnommen, die RCM mit Ethylvinylether beendet und die erzielten Umsätze anschließend anhand 1 H-NMR-Spektroskopie ermittelt. Der aus diesen Daten resultierende Graph zeigt, dass bereits nach drei Minuten annähernd die maximal möglichen Umsätze der Ruthenium(prä)katalysatoren unter diesen Reaktionsbedingungen erreicht wurden. Erwartungsgemäß erzielte 24 hierbei auf Grund seiner hohen Initiierungsgeschwindigkeit nach einer Minute einen größeren Umsatz als Komplex 30, jedoch schon nach zwei Minuten erreichte Komplex 30 einen größeren Umsatz als 24. Während Rutheniumkomplex 30 nach drei Minuten 70% der Ausgangsverbindung 57 zum Metatheseprodukt 58 umgesetzt hatte, erzielte Komplex 24 zu diesem Zeitpunkt lediglich 43%. Da auch nach 12 Stunden kein Umsatz über 45%

beobachtet wurde, konnte die effektive Wechselzahl für Komplex 24 hierbei nicht ermittelt werden. Aus diesem Grund wurden die Wechselzahlen zum Zeitpunkt von zwei Minuten

berechnet, da zu dieser Reaktionszeit beide (Prä)katalysatoren näherungsweise die Hälfte des jeweiligen maximal möglichen Umsatzes erzielt hatten. Die resultierenden TOF-Werte von 3240 h-1 für 24 bei einem Umsatz von 27 % und 4320 h-1 für 30 bei einem Umsatz von 36% zeigen deutlich, dass die Metathesereaktion unter diesen Reaktionsbedingungen sehr schnell abläuft (Tabelle 10).

Tabelle 10. RCM von 57 mit den Komplexen 24 und 30.

(Prä)katalysator t [min] TOF [h-1] Umsatz [%]a

24 2 3240 45

30 2 4320 80

a erzielte Umsätze nach 12 h. Bestimmt mittels 1H-NMR-Spektroskopie.

Rutheniumkomplex 30 zeigt demnach im Vergleich zu 24 sowohl eine größere Stabilität als auch Effektivität in dieser RCM-Reaktion. Für eine bessere Einschätzung der Effizienz des Ruthenium(prä)katalysators 30 beim Aufbau von tetrasubstituierten Olefinen unter diesen Reaktionsbedingungen wurden den Untersuchungen zur RCM in Kapitel 1.3 entsprechend die maximal möglichen Umsätze bei unterschiedlichen Katalysatorbeladungen nach 12 Stunden ermittelt (Abbildung 18).

0 20 40 60 80 100

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1

(Prä)katalysator [mol%]

Umsatz [%]

24 30

Abbildung 18. RCM von 55 mit den Rutheniumkomplexen 24 und 30.

Aus dem resultierenden Graphen lässt sich deutlich die im Vergleich zu 24 größere Aktivität von 30 erkennen. Erstaunlicherweise konnte bei Rutheniumkomplex 30 bereits mit 0.15 mol% Katalysatorbeladung ein Umsatz von 50% erzielt werden. Dieses stellt eine erhebliche Verbesserung zu den gewöhnlich benötigten Katalysatormengen dar. Auch Komplex 24 lieferte bei gleicher Katalysatorbeladung mit einem Umsatz von 30% im Vergleich zu den

bisher publizierten Ergebnissen verbesserte Resultate. Im Vergleich zum Komplex 30 zeigt sich 24 jedoch unterlegen, was auch durch den entsprechend größeren TON-Wert bei einer Katalysatorbeladung von 0.2 mol% wiedergespiegelt wird (Tabelle 11). Somit konnte die Annahme bestätigt werden, dass 30 die RCM zwar langsamer iniitiert als 24, die sterisch anspruchsvolleren Naphthyleinheiten jedoch zu einer größeren Stabilität verglichen mit Rutheniumkomplex 24 führen.

Tabelle 11. RCM von 57 mit den Rutheniumkomplexen 24 und 30.

(Prä)katalysator Umsatz [%]a TON

24 58 250

30 30 150

a erzielte Umsätze nach 12 h. Bestimmt mittels 1H-NMR-Spektroskopie.

Die aus den beschriebenen Experimenten gewonnene Erkenntnis, dass Komplex 30 die betrachtete RCM in Hexafluorbenzol bei 80 °C sehr e ffizient katalysiert, führte uns zu einer gezielten Anwendung dieses Katalysesystems bei besonders anspruchsvollen Substraten.

Eine solche große Herausforderung für die RCM ist beispielsweise die effiziente Umsetzung der elektronenarmen Verbindung 59 (Abbildung 19). Da fünf- und sechsgliedrige Lactone Untereinheiten zahlreicher Naturstoffe mit wichtigen biologischen Aktivitäten darstellen,[82]

sind solche α,β-ungesättigten Ester sehr attraktive Substrate für die Metathese. Früheren Berichten zur Folge konnte diese RCM bisher nur in mäßigen Ausbeuten mit sehr großer Menge an Grubbs II-Katalysator (10) sowie des entsprechenden ungesättigten Komplexes 9 ermöglicht werden.[83] Die darauf folgenden Syntheseversuche solcher elektronenarmen Verbindungen mit dem für sterisch anspruchsvolle Substrate etablierten Rutheniumkomplex 24 in Benzol bei 60 °C und einer Katalysatorbeladung von 5 mol% blieben erfolglos.[63] Daher untersuchten wir den Einfluss von Hexafluorbenzol auf eine solche Transformation unter Einsatz der Komplexe 24 und 30. In Anlehnung an unsere ersten Experimente verglichen wir die maximal möglichen Umsätze der beiden Rutheniumkomplexe bei unterschiedlicher Katalysatorbeladung (Abblidung 19). Interessanterweise konnte die RCM von 59 mit Komplex 24 unter diesen Reaktionsbedingungen erstmals realisiert werden. Mit einer Katalysatorbeladung von 5 mol% wurden hierbei 23% der Ausgangsverbindung 59 zum Metatheseprodukt 60 umgesetzt. Mit Ruthenium(prä)katalysator 30 konnte unter identischen Reaktionsbedingungen ein guter Umsatz von 83% verzeichnet werden. Bereits mit einer Katalysatorbeladung von 0.25 mol% lässt sich mit der Rutheniumalkylidenverbindung 30 der gleiche Umsatz erzielen, wie unter Verwendung von 5 mol% des Komplexes 24. Daraus lässt sich schließen, dass bei dieser RCM insbesondere die Stabilität des Komplexes eine wichtige Rolle spielt.

O O

Kat.

O O

59 60

C6F6 (0.1 M) 80 °C, 12h

0 20 40 60 80 100

0 1 2 3 4 5

(Prä)katalysator [mol%]

Umsatz [%]

24 30

Abbildung 19. RCM von 60 mit den (Prä)katalysatoren 24 und 30.

Die Überlegenheit des Komplexes 30 gegenüber 24 in der betrachteten Transformation lässt sich auch aus den Umsatzzahlen ablesen. Beispielsweise zeigen die ermittelten TONs bei einer Katalysatorbeladung von 0.5 mol% einen zwanzigfach größeren Wert für Komplex 30 als für 24 (Tabelle 12).

Tabelle 12. RCM von 59 mit den Komplexen 24 und 30 (0.5 mol% Katalysatorbeladung).

(Prä)katalysator Umsatz [%]a TON

24 2 4

30 41 82

a erzielte Umsätze nach 12 h. Bestimmt mittels 1H-NMR-Spektroskopie.

Auch die Darstellung von 7-gliedrigen Ringen mit tetrasubstituierten Doppelbindungen stellt eine große synthetische Herausforderung dar. Bisher konnten solche Ringsysteme nur mit sehr großen Katalysatormengen in moderaten Ausbeuten aufgebaut werden. Daher wurde die Verbindung 61 unter den bewährten Reaktionsbedingungen mit den (Prä)katalysatoren 24 und 30 umgesetzt und die Umsätze der Rutheniumkomplexe bei verschiedenen Katalysatorbeladungen miteinander verglichen (Abbildung 20).

EtO2C CO2Et

CO2Et EtO2C

Kat.

C6F6 (0.1 M), 80 °C, 12 h

61 62

0 20 40 60 80 100

0 1 2 3 4 5

(Prä)katalysator [mol%]

Umsatz [%]

24 30

Abbildung 20. RCM von 61 mit den (Prä)katalysatoren 24 und 30.

Der resultierende Graph zeigt deutlich, dass (Prä)katalysator 30 auch hier dem kommerziell erhältlichen Komplex 24 überlegen ist. Während 3 mol% des Komplexes 30 zu einem quantitativen Umsatz führen, konnte mit 24 lediglich ein guter Umsatz von 72% festgestellt werden. Dementsprechend ist die berechnete Umsatzzahl bei 0.5 mol% von Komplex 30 doppelt so groß wie die von 24 (Tabelle 13). Des Weiteren konnte im Vergleich zur Verwendung von Benzol als Lösungsmittel die Umsätze erheblich gesteigert werden.

Während beispielsweise bei der RCM von 61 mit einer Katalysatorbeladung von 5 mol% des Komplexes 24 in Benzol lediglich ein Umsatz von 20% erzielt werden konnte, führte Hexafluorbenzol zu einem Umsatz von 80%.

Tabelle 13. RCM von 61 mit den (Prä)katalysatoren 24 und 30.

(Prä)katalysator Umsatz [%]a TON

24 29 58

30 60 120

a erzielte Umsätze nach 12 h. Bestimmt mittels 1H-NMR-Spektroskopie.

Zusammenfassend zeigen diese systematischen Untersuchungen, dass 30 mehr als eine Alternative zum kommerziell erhältlichen Komplex 24 ist und sich in Kombination mit Hexafluorbenzol und erhöhter Temperatur hervorragend für den effizienten Aufbau anspruchsvoller Ringsysteme eignet. Eine mögliche Begründung für die unterschiedlichen Effektivitäten der Komplexe 10, 24 und 30 bei solchen Transformationen liefert der Vergleich relevanter π-Komplexe, die während des Reaktionsverlaufes ausgebildet werden können (Abbildung 21). Im Gegensatz zum NHC-Liganden von 24 behindert der NHC-Ligand von 10 durch die beiden Methylgruppen in ortho-Position des N-Aryl-Ringes den Ringschluss stärker. Trotz der sehr wahrscheinlich daraus resultierenden größeren Reaktivität von 24 begrenzt dessen geringere Stabilität die Anwendung dieses Komplexes. Die größeren Stabilität im Vergleich mit 24 und die geringere sterische Beeinflussung der Reaktion im Vergleich zu 10 ist aller Voraussicht nach die Ursache der beobachteten größeren Effektivität des (Prä)katalysators 30 bei der RCM zur Darstellung tetrasubstituierter Doppelbindungen.

N N

[Ru]

Stabilität sowie sterische Hinderung steigt

N N

[Ru]

N N

[Ru]

Abbildung 21. Relevante π-Komplexe der (Prä)katalysatoren 10, 24 und 30 während der RCM zur Darstellung von tetrasubstituierten Doppelbindungen. [Ru] = RuCl2.

Einen Überblick über die Anwendungsbreite des (Prä)katalysators 30 zum Aufbau tetrasubstituierter Doppelbindungen ist in Tabelle 14 dargestellt. Es konnte gezeigt werden, dass einige 5-Ringe schon mit einer Katalysatorbeladung von 1 mol% in sehr guten Ausbeuten aufgebaut werden können. Die Darstellung von 6- und 7-Ringen wurde ebenfalls vergleichsweise effektiv ermöglicht.

Tabelle 14. RCM zur Darstellung tetrasubstituierter Olefine mit (Prä)katalysator 30.a

Eintrag Substratb Produkt Kat. [mol%] Umsatz [%]b Ausbeute [%]

TsN

TsN 1

57 58

1 >99 99

O

O 2

63 64

1 >99 -c

E E

E E 3

55 56

5 >99 97

E

E E

E 4

65 66

1 >99 99

TsN

NTs 5

67 68

1 >99 99

O O

O O 6

59 60

5 83 80

E E

E E

7

61 62

3 >99 98

a Reaktionsbedingungen: C6F6 (0.1 M), 80 °C, 1 h. b Die Umsätze wurden mittels 1H-NMR bestimmt. E = CO2Et.

c Auf Grund der hohen Flüchtigkeit konnte das Produkt nicht isoliert werden.

Auf Grund der bei den beschriebenen Experimenten beobachteten dramatischen Effekts des Hexafluorbenzols und den damit verbundenen äußerst kurzen Reaktionszeiten stellte sich die Frage, ob das Hexafluorbenzol bei der RCM als Reagenz direkt am Reaktionsverlauf beteiligt ist. Aus diesem Grund wurde die RCM von 57 mit unterschiedlichen Verhältnissen von Toluol und Hexafluorbenzol durchgeführt (Tabelle 15). Hierbei konnte festgestellt werden, dass der Umsatz umso größer ist je größer der Anteil von Hexafluorobenzol ist.

Beispielsweise wurden bei einem Verhältnis von 10:1 zugunsten von Toluol 86% des Tosylates 57 zum Metatheseprodukt 58 umgesetzt, während bei dem gleichen Verhältnis zugunsten von Hexafluorbenzol ein Umsatz von 96% erreicht werden konnte. Somit stellte sich heraus, dass zur Gewährleistung eines möglichst hohen Umsatzes die Reaktion in reinem Hexafluorobenzol durchgeführt werden muss.

Tabelle 15. RCM von 57 mit dem Komplex 30 in verschiedenen Lösungsmittelverhältnissen.

Lösungsmittelverhältnis Umsatz [%]a

Toluol/Hexafluorbenzol (10:1) 86

Toluol/Hexafluorbenzol (5:1) 88

Toluol/Hexafluorbenzol (1:1) 90

Toluol/Hexafluorbenzol (1:5) 92

Toluol/Hexafluorbenzol (1:10) 96

a erzielte Umsätze nach 12 h. Bestimmt mittels 1H-NMR-Spektroskopie.

Für gute Erfolge in der RCM zur Darstellung von tetrasubstituierten Olefinen durch die Verwendung von Hexafluorbenzol als Lösungsmittel können verschiedene Faktoren verantwortlich sein. Beispielsweise postulierte Grubbs einen annäherungsweise proportionalen Zusammenhang zwischen der Initiierungsgeschwindigkeit eines Komplexes und der Dielektrizitätskonstante des Lösungsmittels.[38b] Da die Dielektrizitätskonstante von Hexafluorobenzol jedoch kleiner ist als die von Benzol und Toluol bei gleicher Temperatur, trifft dieser Zusammenhang hier nicht zu.[84] Ein signifikanter Effekt auf die Effizienz der Metathesereaktion bei Verwendung von aromatischen Lösungsmitteln sind mögliche π-π -Wechselwirkungen zwischen dem N-Aryl-Ring des NHC-Liganden und dem entsprechenden Lösungsmittel sowie der daraus resultierende Einfluss auf die π-π-Wechselwirkung zwischen NHC- und Benzylidenliganden.[37b] Der größere Umsatz bei der RCM von 57 in Benzol im Vergleich zu Dichlorethan bei gleicher Temperatur deutet auf einen solchen Lösungsmitteleffekt hin (Tabelle 8, Seite 32). Auf Grund der Anwesenheit von Fluoratomen und der damit verbundenen elektronischen Eigenart des Hexafluorbenzols kann auf diese Weise ein großer Einfluss auf die elektronischen Eigenschaften des NHC-Liganden und somit auf dessen Donor-Charakter ausgeübt werden. Die in Abbildung 22 (links) dargestellte intermolekulare π-π-Wechselwirkung kann hierbei mit dem (Prä)katalysator oder auch mit der eigentlichen aktiven Spezies erfolgen. Ein interessanter Gesichtspunkt ist hierbei die Möglichkeit einer damit verbundenen Veränderung der elektronischen Umgebung des

Rutheniumzentrums. Fürstner beschrieb beispielsweise die Senkung der Donorkapazität bei cyclophanbasierten Rhodiumdicarbonylkomplexen durch die Einführung von fluorierten Cyclophosphanen.[85]

N N

Cl Cl

Ru

F F

F

F F

F Ph

PCy3

N N

Cl Cl

Ru Ph PCy3 F

F F

F

F

F

π-π-Wechselwirkung Ru-F-Koordination

Abbildung 22. Mögliche Wechselwirkungen zwischen Hexafluorbenzol und dem Komplex 29.

Des Weiteren kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine Ruthenium-Fluor-Koordination auftreten (Abbildung 22). Grubbs konnte eine Koordination zwischen einem Fluoratom des N-Aryl-Substituenten des NHC-Liganden und dem Rutheniumatom bei Komplex 22 (Abbildung 6, Seite 11) beobachten.[61b] Es wurde angenommen, dass diese Koordination zu einer Beschleunigung der Phosphandissoziation bei dem entsprechenden phosphanhaltigen Komplex führt und somit die Ursache für die beobachtete hohe Reaktivität ist. Daher wurde der in perfluorierten Lösungsmitteln schwer lösliche Komplex 30 durch Erhitzen auf 80 °C mit Hexafluorobenzol in Lösung gebracht. Nach dem Abkühlen auf Raumtemperatur wurde die Lösung mit flüssigem Stickstoff eingefroren und anschließend der Großteil an Hexafluorobenzol an der Hochvakuumpumpe entfernt. Der restliche Bestand an Lösungsmittel wurde an einer Öl-Diffusionspumpe abdestilliert. Interessanterweise konnte hierbei eine geringfügige Veränderung des Farbtons von Rutheniumkomplex 30 beobachtet werden. Der typische dunkelviolette Farbton von 30 wechselte in ein helleres Violett. Das gleiche Experiment wurde ebenfalls mit den Komplexen 10, 14 und 37 durchgeführt, wobei ebenfalls ein jeweils hellerer Farbton erhalten wurde. Die anschließenden 1H-NMR Experimente in d1-Chloroform zeigten jedoch keine Verschiebung der jeweiligen Benzylidenresonanz. Das 19F-NMR-Spektrum zeigte hingegen ein deutliches Hexafluorbenzol-Signal. Daraus lässt sich vermuten, dass Hexafluorbenzol im festen Zustand am Rutheniumkomplex koordiniert war und in Lösung in d1-Chloroform wieder frei wurde. Dies steht auch im Einklang mit dem RCM-Experiment, bei dem das Tosylat 57 mit dem auf diese Weise generierten Feststoff in DCM bei 40 °C umgesetzt wurde und keine Verbesserung des Umsatzes im Vergleich zu dem in Tabelle 9 (Seite 32) dargestellten

Resultat mit 30 bei gleichen Reaktionsbedingungen beobachtet werden konnte. Demnach scheint der mögliche Komplex in d1-Chloroform oder Dichlormethan nicht stabil zu sein.

Deshalb werden derzeit in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Braun an der Universität Humboldt weitere Untersuchungen zur Charakterisierung dieses Komplexes durchgeführt. Es konnten hierbei bereits erste Hinweise, die auf eine Ruthenium-F-Komplexierung deuten, aufgezeigt werden. Beispielsweise zeigte das analoge Experiment mit anschließender 1H-NMR-Messung in d6-Benzol eine Verschiebung der Benzylidenresonanz. Das 19F-NMR-Spektrum zeigte ebenfalls ein neues Signal.