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Systematische Studien zur AROCM mit den Komplexen rac-88 und ent-88

II. Allgemeiner Teil

2. Entwicklung neuartiger Rutheniumkomplexe für die enantioselektive

2.2 Entwicklung einer neuen Klasse von chiralen Rutheniumkomplexen

2.2.2 Systematische Studien zur AROCM mit den Komplexen rac-88 und ent-88

Bei ersten Untersuchungen zur AROCM mit ent-88 konnten in unserem Arbeitskreis im Rahmen der Dissertation von Stefan Eibauer bereits viel versprechende Selektivitäten beobachtet werden.[101] Da bei diesen ersten Testreaktionen in der Regel große Mengen des (Prä)katalysators ent-88 eingesetzt wurden, sollten zunächst Optimierungsarbeiten zur AROCM durchgeführt werden, um die idealen Reaktionsbedingungen zu ermitteln. Hierfür wurde mit dem entsprechenden racemischen Komplex rac-88 die AROCM von Tosylat 98, bei dessen Umsetzung in Dichlormethan bei Raumtemperatur bisher eine Katalysatorbeladung von 8 mol% von ent-88 verwendet wurde, untersucht (Schema 17).

Hierbei stellte sich heraus, dass bereits eine Katalysatorbeladung von 1 mol% des (Prä)katalysators ausreicht, um unter den gleichen milden Bedingungen eine vollständige Umsetzung mit Allyltrimethylsilan (99) zum Metatheseprodukt zu erreichen. Des Weiteren konnte der Mengenanteil an Allylsilan, der bisher bei vier Äquivalenten lag, auf ein Äquivalent gesenkt werden, ohne dass sich der Umsatz änderte. Unter diesen optimierten

Bedingungen konnte das racemische Metatheseprodukt rac-100 in einer sehr guten Ausbeute von 90% mit einem E/Z-Verhältnis von 1:1 isoliert werden.

NTs N

Ts

* *

1 mol% rac-88

TMS TMS

DCM, 1 h, RT

98 99 rac-100, 90%

Schema 17. AROCM von Tosylat 98 mit Rutheniumkomplex rac-88.

Die E/Z-Isomere konnten eindeutig im NMR mittels TOCSY zugeordnet werden (Abbildung 30). Anhand der unterschiedlichen vicinalen Kopplungskonstanten von 3J= 20.0 Hz für das E-Isomer und 3J= 10.0 Hz für das Z-Isomer konnten die Signale des 1H-NMR-Spektrums den Konfigurationsisomeren zugeordnet werden.

Abbildung 30. TOCSY-Messung von rac-100 nach der Umsetzung von 98 mit Komplex ent-88.

Interessanterweise wurden in dieser AROCM unter Verwendung des entsprechenden chiralen Rutheniumkomplexes ent-88 nahezu gleiche Enantioselektivitäten für das E- und das Z-Isomer der Verbindung ent-100a beobachtet (Schema 18). Hierbei wurde Enantiomerenüberschüsse von 72% für das E-Isomer und 70% für das Z-Isomer mittels chiraler HPLC detektiert.

NTs

NTs 1 mol% 81a

98 NTs

TMS 1 mol% ent-88 TMS

ent-100a, 90%

E:Z = 1:1

ee = 72% (E-Isomer), 70% (Z-Isomer)

ent-100b, 95%

E:Z = 3:1

ee = 34% (E-Isomer), 8% (Z-Isomer) 2 eq 99, DCM,

1 h, RT 2 eq 99, DCM,

1 h, RT

Schema 18. Darstellung der Metatheseprodukte ent-100a und ent-100b.

Diese Beobachtung unterscheidet sich von den bisher berichteten Resultaten zur AROCM mit dem für solche Transformationen bevorzugt eingesetzten chiralen Komplex 81a (Abbildung 25, Seite 48). Hierbei tritt in der Regel bei beiden Konfigurationsisomeren ein wesentlicher Unterschied in den Enantioselektivitäten auf. Zur vertiefenden Untersuchung des Vergleichs zwischen beiden (Prä)katalysatoren wurde daher die betrachtete AROCM ebenfalls mit Komplex 81a, der entsprechend der Reaktionsvorschrift von Grubbs synthetisiert werden konnte,[89] umgesetzt. Rutheniumkomplex 81a lieferte unter den gleichen Reaktionsbedingungen das Enantiomer ent-100b als E/Z-Gemisch im Verhältnis von 3:1 mit geringen Enantiomerenüberschüssen von 34% für das E-Isomer und 8% für das Z-Isomer. Da die Verwendung von Komplex 81a zu diesem Isomerenverhältnis führte, konnte durch Integration der Signale im HPLC-Spektrum eine eindeutige Differenzierung zwischen dem E-konfigurierten und dem Z-konfigurierten Enantiomerenpaar ermöglicht werden (Abbildung 31). Die Zuordnung der Enantiomere erfolgte in Anlehnung an die beschriebenen Untersuchungen zur AROCM mit 81a.[89] Demnach katalysiert 81a solche AROCM Reaktionen ausschließlich zu Metatheseprodukten, die eine der Verbindung ent-100b entsprechende Konfiguration besitzen. Diese konnte durch Grubbs mit Hilfe der Kristallstrukur einer Folgeverbindung nachgewiesen werden.[89]

*

N N

Ru Ph Cl

Cl PCy3 rac-88 rac-100

N N

Ru Ph Cl

Cl PCy3 ent-88 ent-100a (E-Isomer: 72% ee, Z-Isomer: 70% ee)

N N

iPr

Ru OMe Cl

Cl PCy3 Ph MeO

Ph Ph

iPr tBu

tBu

81a ent-100b (E-Isomer: 34% ee, Z-Isomer: 8% ee)

Abbildung 31. HPLC-Spektren von rac-100, ent-100a und ent-100b nach Umsetzung von 98 mit den Komplexen rac-88, ent-88 und 81a.

Nach einem durch Grubbs postulierten Mechanismus kann die rutheniumkatalysierte AROCM nach zwei unterschiedlichen Wegen ablaufen (Schema 19).[89] Beim Reaktionspfad A reagiert die aktive Methylenspezies mit dem Substrat, wobei während der Ringöffnung die Enantioselektivität und in der darauf folgenden Kreuzmetathese ausschließlich das

E/Z-Verhältnis bestimmt wird. Dieser Mechanismus führt dementsprechend zu gleichen Enantiomerenüberschüssen beim E- und Z-Isomer. Nach dem Reaktionsweg B hingegen reagiert der Ruthenium(prä)katalysator nach der Phosphandissoziation direkt mit dem Metathesesubstrat, wobei schon bei der Ringöffnung sowohl die Enantioselektivität als auch das E/Z-Verhältnis bestimmt wird. Bei diesem mechanistischen Ablauf steht die Enantioselektivität in unmittelbarer Abhängigkeit von der E/Z-Selektivität. Demnach verlaufen AROCM Reaktionen mit Rutheniumkomplex 81a bevorzugt nach dem Reaktionsweg B. Hier liegt auch der Grund, dass erfolgreiche AROCM Reaktionen bisher nur mit Styrol als Kreuzpartner durchgeführt wurden. Die geringen Enantioselektivitäten bei der Umsetzung von 98 mit Allyltrimethylsilan unterstreicht diese Annahme.

Cl2Ru CH2

cNHC O O O

O Cl2Ru

O O

Cl2Ru

cNHC O O O

cNHC

O Cl2Ru

O O cNHC A

B

Ph Enantioselektivität

wird bestimmt

Enantioselektivität und E/Z-Selektivität

wird bestimmt

Ph

Ph

gleiche ee-Werte beim E-und

Z-Isomer

verschiedene ee-Werte beim E-und

Z-Isomer Ph

Schema 19. Vorgeschlagene mechanistische Verläufe für die AROCM (cNHC = chiraler NHC-Ligand).

Auf Grund der sterischen Wechselwirkungen des NHC-Liganden mit dem Metathesesubstrat und der Benzylideneinheit ist bei 81a während des Katalysezyklus eine trans-Koordination wahrscheinlicher als eine cis-Koordination (Schema 20).[89] Hierbei wurde auf Grund des sperrigen tert-Butylrestes in meta-Position des N-Arylringes vermutet, dass sich die Benzylideneinheit auf die Seite des ortho-Isopropylrestes ausrichtet und somit ein Reaktionsverlauf über die günstige trans-Koordination zu der beschriebenen Stereochemie des Produkts führt. Diese Annahme resultierte auch aus der Beobachtung, dass Komplex 79a (Abbildung 25, Seite 48), der keinen tert-Butylrest in meta-Position besitzt, wodurch sich die Benzylideneinheit auf die entgegen gesetzte Seite des ortho-Isopropylrestes orientieren kann, zu Enantiomerenüberschüsse des Spiegelbilds dieser Verbindung führte.

N N iPr

OMe Ru

Cl Cl MeO

Ph Ph

iPr tBu

tBu Ph

N N

iPr

Ru OMe Cl Cl MeO

Ph Ph

iPr tBu

tBu

O

Ph

O

Ph günstige

trans-Koordination ungünstige

trans-Koordination

O

O O O

N N

iPr

OMe Ru

Cl Cl MeO

Ph Ph

iPr tBu

tBu

N N

iPr

OMe Ru

Cl Cl MeO

Ph Ph

iPr tBu

tBu

ungünstige cis-Koordination

ungünstige cis-Koordination

Ph Ph

Ph

Schema 20. Mögliche trans- und cis-Koordinationen bei der AROCM mit 81a. (Zur besseren Übersichtlichkeit wurde bei den Darstellungen auf den Anhydrid-Ring des Metathesesubstrats verzichtet).

Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Beobachtungen verläuft die AROCM mit ent-88 vermutlich gemäß Reaktionsweg A. Einen Hinweis hierfür liefern die nahezu gleichen ee-Werte des E- und Z-Isomers bei der Verwendung von ent-88 in der AROCM von 98 mit Allyltrimethylsilan. Hierbei wird Orientierung des Substrats durch die sterische Wechselwirkung mit dem am Kohlenstoffrückgrat des NHC-Liganden fixierten N-Aryl-Ring gesteuert. Demnach erfolgt die Annäherung des Substrats von der weniger sterisch abgeschirmten Seite (Schema 21). Daraus ist zu schließen, dass hierbei das Enantiomer ent-100a ausgebildet wird. Selbst wenn eine Rotation um die Ru-NHC-Achse während des Katalysezyklus abläuft, erfährt der Ort der Reaktion einen kontinuierlichen Einfluss durch den verbrückten N-Aryl-Ring, und es wird das Metatheseprodukt ent-100a ausgebildet.

RuCl2 H2C

NTs N

N Mes

RuCl2 N

N Mes

NTs

NTs ent-99a

TMS TMS

Schema 21. Mechanistische Vorstellung der AROCM mit Rutheniumkomplex ent-88.

Des Weiteren ist dieser Reaktionspfad vom Kreuzpartner unabhängig und ermöglicht somit eine breite Anwendung dieser neuen Klasse von chiralen Rutheniumkomplexen in der enantioselektiven Katalyse. Aus der Erkenntnis, dass neben dem Substrat und der Temperatur insbesondere auch die Wahl des Lösungsmittels einen großen Einfluss auf die Enantioselektivität haben kann,[90] wurde bei den weiteren Studien zur AROCM mit Komplex ent-88 zunächst die zuvor beschriebene AROCM in unterschiedlichen Lösungsmitteln untersucht (Tabelle 18). Da eine gewisse Abhängigkeit zwischen Katalysatorbeladung und Lösungsmittel besteht, wurden hierbei jeweils 3 mol% des (Prä)katalysators eingesetzt, um in allen Fällen einen möglichst hohen Umsatz zu gewährleisten.

Tabelle 18. Lösungsmitteleinfluss auf die ee-Werte bei der AROCM von 98.a

Lösungsmittel Umsatz [%]b E : Z ee [%] E (Z)c

Dichlormethan >99 1 : 1 72 (70)

Dichlorethan 95 1 : 1 56 (73)

Chloroform 98 1 : 1 61 (61)

MTBE >99 2.2 : 1 58 (50)

THF >99 1.2 : 1 55 (67)

Benzol >99 1.7 : 1 52 (37)

Toluol >99 1.7 : 1 50 (36)

Trifluortoluol 92 1.5 : 1 66 (51)

Hexafluorbenzol >99 2.7 : 1 65 (50)

a Reaktionsbedingungen: 3 mol% ent-88, 2 eq Allyltrimethylsilan, Lösungsmittel (0.05 M), RT, 12 h. b bestimmt mittels 1H-NMR-Spektroskopie. c bestimmt mittels chiraler HPLC.

Interessanterweise zeigt die Variation des Lösungsmittels einen signifikanten Einfluss auf die Enantioselektivitäten bei dieser Metathesereaktion. Beispielsweise führte die Verwendung von aromatischen Lösungsmitteln wie Benzol und Toluol zu geringeren ee-Werten. Hierbei unterscheiden sich zudem die ee’s der E-Isomere von denen der entsprechenden Z-Isomere.

Bei der Verwendung von Dichlorethan oder THF wurden ebenfalls unterschiedliche Enantioselektivitäten bei den beiden Konfigurationsisomeren beobachtet. Als ideales Lösungsmittel für diese AROCM kristallisierte sich Dichlormethan heraus. Der nächste

Parameter, dessen Einfluss auf die betrachtete Metathesereaktion untersucht werden sollte, ist die Temperatur. Dazu wurde die Metathesereaktion in Dichlormethan bei 0 °C, 25 °C und 40 °C durchgeführt (Tabelle 19). Die Senkung der Re aktionstemperatur auf 0 °C führte hierbei zu einer minimalen Verbesserung des ee-Wertes des E-Isomers. Der ee-Wert des Z-Isomers blieb hingegen unverändert. Die Erhöhung der Temperatur auf 40 °C führte erwartungsgemäß zu geringeren ee-Werten. Interessanterweise wurde hierbei ein geringfügig größerer ee-Wert des Z-Isomer beobachtet. Die Experimente wurden zur Minimierung von Messfehlern wiederholt, wodurch die ermittelten Werte bestätigt werden konnten.

Tabelle 19. Temperatureinfluss auf die ee-Werte bei der AROCM von 98.a

Temperatur Umsatz [%]b Ausbeute [%] E : Z ee [%] E (Z)c

0 °C >99 89 1 : 1 74 (70)

25 °C >99 90 1 : 1 72 (70)

40 °C >99 90 1 : 1 63 (65)

a Reaktionsbedingungen: 3mol% ent-88, 2 eq Allyltrimethylsilan, DCM (0.05 M), RT, 12 h. b bestimmt mittels 1H-NMR-Spektroskopie. c bestimmt mittels chiraler HPLC.

Um den Einfluss der strukturellen Beschaffenheit des Metathesesubstrates zu untersuchen, wurde die Schutzgruppe am Stickstoff variiert und der Einfluss der jeweiligen Modifizierung auf die Enantioselektivität untersucht (Tabelle 20). Bei ersten Aktivitätsstudien mit dem racemischen (Prä)katalysator rac-88 wurde festgestellt, dass die Schutzgruppe einen großen Einfluss auf die Reaktivität bei dieser AROCM hat. Beispielsweise konnte im Gegensatz zum zuvor beschriebenen Tosyl-geschützten Substrat bei der Verwendung der Boc-, der Trifluoracetamid- oder der Triflat-Schutzgruppe kein Umsatz in Dichlormethan bei Raumtemperatur und 40 °C beobachtet werden. Daher w urden bei den darauf folgenden Studien zur Enantioselektivität mit dem chiralen Komplex ent-88 die entsprechenden Metathesereaktionen in Tetrahydrofuran bei 60 °C du rchgeführt. Interessanterweise zeigte nur das Metatheseprodukt 107 mit der para-Nosyl-Schutzgruppe analog zu ent-100a in den HPLC-Spektren ebenfalls eine Aufspaltung der Signale des E- und dem Z-Isomers. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass sich die Enantioselektivitäten durch die Wahl der Schutzgruppe am Stickstoffatom beeinflussen lassen. Während beispielsweise die Verwendung der Boc-Gruppe zu einem ee-Wert von 64% führte, lieferte der Einsatz des Substrats 102 mit der Trifluoracetamid-Schutzgruppe unter gleichen Reaktionsbedingungen einen ee-Wert von 82%. Dieser signifikante Unterschied zeigt deutlich die Abhängigkeit der Enantioselektivität von den sterischen sowie elektronischen Eigenschaften der Amino-Schutzgruppe. Die daraus gewonnene Erkenntnis unterstreicht zudem die große Substratspezifität in der enantioselektiven Olefinmetathese.

Tabelle 20. Einfluss der Schutzgruppe auf die Enantioselektivität.

NR

NR 3 mol% ent-88

TMS

98, 101-104 ent-100a, 105-108

TMS 99

R Edukt Produkt Lösungsmittel T [°C] Umsatz

(Ausbeute) [%]b E:Z ee [%] E(Z)c

Boc 101 105 THF 60 >99 (80) 1:1 64

CO2CF3 102 106 THF 60 >99 (82) 1:1 82

pNos 103 107 DCM 25 >99 (93) 1:1 68 (64)

Tf 104 108 THF 60 >99 (85) 1:1 72

Ts 98 ent-100a DCM 40 >99 (92) 1:1 72 (70)

a Reaktionsbedingungen: 2 eq Allyltrimethylsilan, Lösungsmittel (0.05 M), 1 h. b bestimmt mittels 1H-NMR-Spektroskopie.

c bestimmt mittels chiraler HPLC.

Durch die Zugabe von Natriumiodid konnte bisher keine Steigerung der Enantioselektivität erzielt werden. Es wurde festgestellt, dass der entsprechende iodhaltige Rutheniumkomplex in Dichlormethan weder bei Raumtemperatur noch bei 40 °C generiert werden kann. Bei der Verwendung von Tetrahydrofuran bei 60 °C konnte hin gegen bei der Umsetzung von ent-88 mit Natriumiodid eine Veränderung im 1H-NMR-Spektrum beobachtet werden. Es bildeten sich neue Signale im Bereich des Benzylidenpeaks aus, die bisher auf Grund der geringen Stabilität der entstandenen Verbindung nicht auf vermutete Rotationsisomere zurückgeführt werden konnte (Abbildung 32). Auf Grund des Auftretens von dynamischen Prozessen bei einer Tieftemperaturmessung des Ruthenium(prä)katalysators ent-88, die mittels 1 H-NMR-Spektroskopie beobachtet wurden,[101] kann jedoch das Auftreten von Rotationsisomere nicht ausgeschlossen werden. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass nur ein Chloratom durch ein Iodatom ausgetauscht wurde. Die geringe Stabilität sowie die damit verbundene schwer zu handhabende Isolierung der auf diese Weise generierten Verbindung ermöglichte bisher jedoch keine eindeutige Charakterisierung des entstandenen Komplexes. Daher wurde nach der Umsetzung von ent-88 mit Natriumiodid einerseits versucht, die AROCM in Dichlormethan bei 40 °C nach Entfernung des Tetrahy drofurans durch Destillation durchzuführen und andererseits die Metathesereaktion direkt in Tetrahydrofuran bei 60 °C ablaufen zu lassen. Trotz der Verwendung von Katalysatorbeladungen von bis zu 3 mol%

konnte in beiden Fällen kein Umsatz verzeichnet werden.

Abbildung 32. 1H-NMR-Spektren im Bereich der 1H-Benzylidenresonanz von ent-88 (links) und nach Umsetzung von ent-88 mit Natriumiodid (rechts) .

Bei den Untersuchungen zur AROCM wurden des Weiteren im Arbeitskreis Blechert im Rahmen der Dissertation von Stefan Eibauer erste Beispiele zur Umsetzung von Tosylat 98 mit unterschiedlichen Kreuzpartnern durchgeführt (Tabelle 21).[101] Hierbei konnten gute Enantioselektivitäten beobachtet werden, die den postulierten Mechanismus bekräftigten und auf eine breitere Anwendung in der AROCM im Vergleich mit dem literaturbekannten Komplex 81a hinweisen. Bei den aufgeführten Transformationen wurden in Dichlormethan bei Raumtemperatur bisher nur mäßige Ausbeuten erzielt. Daher werden derzeit umfangreiche Optimierungsarbeiten, wie beispielsweise die Variation des Lösungsmittels, durchgeführt. Zudem werden weitere Olefine als Kreuzpartner eingesetzt, um die Anwendungsbreite von ent-88 in der AROCM zu untersuchen. Es wurde bereits auch im Rahmen dieser Arbeit Allylalkohol, Allyloxy-tert-butyldimethylsilan und Hexenol getestet, wobei Tosylat 98 nur mit Hexenol zum entsprechenden Metatheseprodukt reagierte. Hierbei war es jedoch nicht möglich, die Enantiomere mittels chiraler HPLC zu trennen.

Tabelle 21. AROCM von 98 mit ent-88 mit weiteren Kreuzpartnern.a

NTs N

Ts 8 mol% ent-88 R

4 eq R

R Produkt Ausbeute [%] E/Zb ee [%] E(Z)c

p-OMeC6H4 109 50 14:1 74 (n.b.)

(CH2)4OCOCH3 110 32 3:2 53d

a Reaktionsbedingungen: DCM (0.1 M), RT, 2 h. b bestimmt mittel 1H-NMR-Spektroskopie (n.b. = nicht beobachtet). c bestimmt mittels chiraler HPLC. dkeine Differenzierung zwischen E- und Z-Isomer möglich.

In einem gemeinsamen Projekt mit Stefan Eibauer wurden auch Metathesetests mit Anhydrid 111 durchgeführt (Tabelle 22). Bei ersten Reaktiviätstests mit dem racemischen Komplex rac-88 wurde festgestellt, dass für die Umsetzung von 111 mit Styren oder para-Methoxystyren sehr große (Prä)katalysatormengen notwendig sind. Trotz der noch zu optimierenden Bedingungen führte die Verwendung des chiralen Komplexes ent-88 zu guten Enantiomerenüberschüssen von 83% bzw. 70%. In beiden Fällen wurde ausschließlich das E-Isomer ausgebildet. Die Optimierung dieser AROCM sowie Untersuchungen zu vergleichbaren Metathesereaktionen sind derzeit Bestandteil der Forschungsarbeiten im Arbeitskreis Blechert.

Tabelle 22. AROCM von 111 mit Rutheniumkomplex ent-88.

O O

8 mol% ent-88 R 3 eq R

O O O O

111 112, 113

R Produkt Ausbeute [%] ee [%]b

Ph 112 39 83

p-OMeC6H4 113 42 70

a Reaktionsbedingungen: DCM (0.04 M), 40 °C, 18 h. b bestimmt mittels chiraler HPLC.