• Keine Ergebnisse gefunden

Compliance in der Osteoporosetherapie

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Compliance in der Osteoporosetherapie"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Eine US-amerikanische Studie untersuchte anhand der eingelösten Rezepte das Ausmass der Therapietreue bei Osteoporosemedi- kamenten und mögliche Faktoren, die die Compliance beeinflussen könnten.

A R C H I V E S O F I N T E R N A L M E D I C I N E

Heute sind sehr viele verschiedene Medikamente auf dem Markt, die eine Behandlung der Osteoporose erlauben. Da viele Patientinnen und Patienten zunächst vonseiten ihres Knochen- schwunds keinerlei Beschwerden haben, fällt der Beginn einer solchen Therapie, der sich auf anamnestische Faktoren sowie Bildgebung und/oder Knochendichtemessung abstützt, oft in die asymptomatische Krankheitsphase.

Auch bei anderen chronischen Leiden ist für solche Pharmako- therapien bekannt, dass die Therapietreue der Betroffenen zu wünschen übrig lässt. So zeigten grosse Studien bei ambulan- ten Patienten, dass gerade einmal 40 bis 60 Prozent der Betrof- fenen ihre Lipidsenker nach einem Jahr noch einnehmen. Aus vergleichbaren Untersuchungen bei Osteoporosepatienten er- gaben sich nach einem Jahr Compliance-Raten zwischen 60 und 80 Prozent. Die Studien betraffen allerdings ausge- wählte Patienten, umfassten jeweils bloss kleine Teilnehmer- zahlen und stützten sich oft nur auf die Auskünfte der Patien- ten selbst ab. Die vorliegende Studie untersuchte daher ein grosses Kollektiv von Personen aus dem unteren und mittleren Einkommenssegment mit einer Krankenversicherungsform, die nur eine minimale Selbstbeteiligung vorsieht.

Methodik

Die Autoren gingen von der Hypothese aus, dass bei Kranken- versicherten, die ihre Medikamente nicht selbst bezahlen müssen, neben den Patientencharakteristika zum Zeitpunkt der ersten Verschreibung auch weitere Faktoren wie kurz zurück- liegende Hospitalisationen, Frakturen oder Knochenmineral-

dichtemessungen die Langzeitcompliance beeinflussen müss- ten. Sie konnten sich für ihre retrospektive Kohortenstudie auf die Verschreibungsdaten im Rahmen des US-amerikanischen Medicare-Versicherungsprogramms im Bundesstaat Pennsylva- nia (PACE) stützen. Aus diesen Daten filterten sie jene 40 000 über 65-Jährigen heraus, die zwischen Anfang 1996 und Ende 2002 eine Medikation gegen Osteoporose mit Alendronsäure (Fosamax®), Risedronsäure (Actonel®), Calcitonin (Miacal- cic®), Raloxifen (Evista®) oder Hormonen begonnen hatten. Als relevanten Verlaufsparameter erfasste die Studie eine subopti- male Therapieadhärenz, die definiert war mit weniger als 66 Prozent der Tage auf Medikation innert einer 60-Tages-Periode.

Ergebnisse

Das untersuchte Kollektiv war in fortgeschrittenem Alter (im Mittel 80 Jahre), und bei den meisten handelte es sich um Frauen kaukasischer Abstammung. In den der Osteoporose- medikation vorangehenden zwölf Monaten bestanden durch- schnittlich zwei grössere Komorbiditäten sowie neun verschie- dene Medikationen. Entsprechend dem Alter und reduzierten

Compliance in der Osteoporosetherapie

Eine retrospektive Kohortenstudie

ARS MEDICI 8 ■ 2006

365

S T U D I E

■■

■ In einer retrospektiven Kohortenstudie zeigte sich, dass gut die Hälfte der Patientinnen und Patienten die gegen Osteoporose verschriebenen Medika- mente nach einem Jahr nicht mehr einnahm.

■ Verschiedene zur Erklärung herbeigezogene Patien- tencharakteristika hatten statistisch gesehen einen gewissen Einfluss auf die Compliance, blieben in ihrer Erklärungskraft jedoch bemerkenswert bescheiden.

■ Denkbare Ansatzpunkte für Verbesserungen wären:

Erinnerungssysteme für Patienten, Verbesserungen der Arzt-Patient-Kommunikation, neue Substanzen und neue galenische Formulierungen bestehender Medikamente mit geringerer Einnahmefrequenz.

M M M

M e e e e rr rr k k k k ss ss ä ä ä ä tt tt zz zz e e e e

(2)

Gesundheitszustand war ungefähr ein Drittel im Ausgangsjahr hospitalisiert gewesen, 12 Prozent lebten in einer Pflegeinstitu- tion, und rund je ein Fünftel hatte eine Fraktur durchgemacht oder eine Knochendichtemessung erhalten.

Nach der erstmaligen Verschreibung einer Osteoporosemedika- tion nahm der Prozentsatz der Tage mit dem Medikament rasch ab, und nach einem Jahr hatten 45,2 Prozent der Patientinnen und Patienten die medikamentöse Behandlung abgebrochen.

Danach änderte sich der Prozentsatz derjenigen, die ihr Rezept weiterhin regelmässig einlösten, kaum mehr wesentlich. Nach fünf Jahren bezogen 52,1 Prozent der Osteoporosekranken ihr Medikament nicht mehr.

Auch Kaplan-Meier-Kurven zeigten einen ähnlichen Trend ab- nehmender Compliance. Patientinnen, bei denen zunächst eine Knochendichtemessung durchgeführt worden war, hatten eine etwas höhere Compliance-Wahrscheinlichkeit, über 85-Jährige eine deutlich tiefere als Jüngere. In einem Modell mit vielen Variablen reduzierten folgende Variablen die Compliance- Wahrscheinlichkeit: zunehmendes Alter, mehr Komorbiditäten, mehr nicht gegen Osteoporose gerichtete Medikamente, Insti- tutionalisierung nach Therapiebeginn. Nach Korrektur für diese Patientencharakteristika befolgten diejenigen unter Raloxifen die Behandlung besser als die mit den Bisphosphonaten Be- handelten; am schlechtesten war die Compliance bei Hormon- therapie oder Calcitonin. Allerdings, räumen die Autoren dann doch ein, konnten diese multivariablen Modelle gerade einmal 6 Prozent der Compliance-Variation erklären (R2= 0,06). Auch ein anderes Modell, das nur die Ausgangswerte bei Therapie- beginn berücksichtigte, führte zu ähnlich wenig ausssagekräf- tigen Schätzungen.

Diskussion

Die Autoren fanden bei den nichtselektionierten älteren Men- schen eine relativ tiefe Therapietreue bei den Osteoporoseme- dikamenten. Zwar liessen gewisse Patientencharakteristika eine Beziehung zu einer besseren späteren Compliance erken- nen, statistisch blieb die Erklärungskraft der von den Autoren entsprechend ihrer Arbeitshypothese untersuchten Variablen jedoch bescheiden. Daher vermuten die Autoren, dass noch andere Faktoren – etwa persönliche Überzeugungen der Pa- tienten, sozioökonomische Faktoren, die Haltung der Ärzte oder Eigenschaften des Gesundheitsversorgungssystems – für die Compliance bei Osteoporosemedikationen wichtig sein müssen.

Die hier gefundenen Compliance-Raten von weniger als der Hälfte nach einem Jahr sind tiefer als in anderen Studien, wo sie zwischen 70 und 78 Prozent lagen. Dabei handelte es sich aller- dings um die eigenen Angaben der Patientinnen, während hier von aussen geschaut wurde, ob und in welchen Zeitintervallen die Rezepte für die entsprechenden Medikamente eingelöst wurden. Diese Methodik hatte sicher den Vorteil der grossen

Zahl von Studienteilnehmenden, aber auch den gewichtigen Nachteil, dass die Angaben aus der Datenbank nicht erkennen lassen, weshalb eine Medikation überhaupt begonnen oder weshalb sie beendet wurde.

Insgesamt fanden die Autoren tiefe Compliance-Raten, unab- hängig davon, welches Medikament gegen Osteoporose zu- nächst verschrieben worden war. Denkbar ist auch, dass einige Patientinnen, die als nicht therapieadhärent klassifiziert wur- den, im Verlauf von der verschreibungspflichtigen Medikation zu frei erhältlichen und hier gar nicht erfassten Kalzium- und Vitamin-D-Supplementen wechselten, womit sie bei eindeuti- ger Osteoporose möglicherweise zwar suboptimal behandelt gewesen wären, aber immerhin etwas Wichtiges gegen den Knochenschwund taten.

Die Frage, was ihre Beobachtungen für die Praxis bedeuten könnten, führt die Autoren zu Mutmassungen. Ist es tatsächlich so, dass eine Bestimmung der Knochenmineraldichte zu einer anhaltend besseren Motivation des Patienten für die Osteopo- rosebehandlung führt, oder ist die Durchführung der Messung eher ein Anzeichen, dass der betreffende Arzt sich mehr mit der Problematik auseinander setzt und daher die Patientin später auch besser begleitet? Wird bei institutionalisierten Patienten vor allem dann eine Therapie begonnen, wenn eine klare In- dikation besteht, und deshalb auch mit höherer Wahrschein- lichkeit fortgeführt? Könnte die hier beobachtete schlechtere Compliance bei Patienten, die erst nach Beginn einer Osteo- porosemedikation in ein Pflegeheim kommen, damit zu- sammenhängen, dass dort die Ärzte den Therapienutzen be- ziehungsweise die Behandlungsrisiken bei ihren sehr gebrech- lichen Patienten deutlich kritischer betrachten und daher die Medikation eher absetzen?

Das hier beobachtete betrübliche Bild einer über weite Strecken fehlenden Therapietreue bei der Langzeitmedikation der Osteoporose sollte aber auch Ansporn sein, nach besseren Strategien zu suchen, fordern die Autoren. Dabei denken sie an Erinnerungssysteme für Patienten, Verbesserungen der Arzt- Patient-Kommunikation, neue Substanzen und neue galeni- sche Formulierungen bestehender Medikamente mit geringe- rer Einnahmefrequenz. Allerdings werden die Versprechungen effektiverer Medikamente immer nur dann wahr werden, wenn die Patienten sie auch wirklich applizieren. Angesichts der demografischen Entwicklung wird dies ein wichtiges

Problem bleiben. ■

Halid Bas

Quelle:

Daniel H. Solomon et al. (Divisions of Pharmacoepidemiology and Rheumatology, Brigham and Women’s Hospital, Boston/USA): Compliance with osteoporosis medica- tions. Arch intern Med 2004; 165: 2414–2419.

Interessenkonflikte: keine

S T U D I E S T U D I E

366

ARS MEDICI 8 ■2006

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Aber die Arbeit unter den Bedingungen der Pandemie ist auch eine große Chance: Wir haben neue Aufgabenfelder für die Apotheken er- schlossen?. Und es hat sich gezeigt, dass

Wenn es also darum geht, wie künftig Anschläge verhindert werden können, so gilt für Deutschland ebenso wie für Frankreich: Nicht durch strengere.. Gesetze sondern durch

Die brutalen Änderungen am Asylgesetz der letzten Jahre und die Verwaltungspraxis des BAMF haben das Grundrecht auf Asyl mitlerweile weitgehend unbrauchbar gemacht: Sei es durch

„Er liegt", so Steinbach, „für den Patienten in der Packung und ist zum Teil konzipiert, als sei der für den Doktor gemacht." Er hält es für durchaus denkbar, daß

4–8: καί μοι δοκεῖ τὸ τὴν νόησιν ἔχον εἶναι ὁ ἀὴρ καλούμενος ὑπὸ τῶν ἀνθρώπων, καὶ ὑπὸ τούτου πάντας καὶ κυβερνᾶσθαι καὶ πάντων κρα τεῖν· αὐτὸ γάρ μοι τοῦτο

Die umstrittene Er- nennung von 13T Reema Dodin 13T , einer Amerikanerin mit palästinen- sischen Wurzeln, als Teil seines Teams für Gesetzgebungsfragen, deutet neben den Plänen

Vor al- lem die dort erwähnten Schätzungen ( „rund 10 Prozent aller Umsteller nehmen die Hypoglykämie nicht mehr richtig wahr") sind in dieser Verallgemeinerung völlig

Denn auch bei älteren Patienten lasse sich durch einen mul- tifaktoriellen Ansatz mit ves tibulärem Training und medikamentöser Thera- pie eine Verbesserung um 25 – 40 % er-