• Keine Ergebnisse gefunden

Vorwort zur zweiten Auflage.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Vorwort zur zweiten Auflage."

Copied!
5
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Vorwort zur zweiten Auflage.

Das Buch für diese Auflage neu zu setzen, war wegen der Aasten nicht möglich, und es kannte daher nur weniges, meist Sprachliches, verbessert werden. Trotzdem habe ich die für den Roman inzwischen geleistete Arbeit, soweit tunlich, berücksichtigt. Die meisten Untersuchungen haben meine Auffassung bestätigt.

Besonders ist die Entstehung der Wanderjahre, das Ver­

hältnis des Planes von (80? und der Ausgabe von 1821 zur endgültigen Fassung seither Gegenstand eingehender For­

schung gewesen. Lugen Wolffs Aufsatz im Goethe­

jahrbuch (1913) und die Dissertation von Albert Hassel- bring (Kiel 1923) haben hier wesentliche Förderung ge­

bracht. Aber ich glaubte auch jetzt noch davon absehen zu dürfen, diese älteren Fassungen ebenso selbständig darzu­

stellen, wie die Theatralische Sendung gegenüber den Lehr­

jahren. Denn so reizvoll es auch hier ist, die lvandlungen der Goetheschen Dichtung zu verfolgen, so betreffen sie doch sichtlich mehr die dichterische Gestaltung als den weltan­

schaulichen Gehalt und das Lebensideal. Die bedeutsamste Wandlung, welche der Roman in dieser Hinsicht von der ersten zur zweiten Ausgabe durchmachte, die Steigerung des wanderns zum Auswandern, war schon in der ersten Auflage dieses Buches gebührend berücksichtigt.

Daß auch jetzt noch manchmal die Theatralische Sen­

dung zu wenig aus sich selbst verstanden und schon im Hin.

blick auf die Lehrjahre beurteilt wird, hatte ich öfter zu be­

merken Gelegenheit. Bezeichnen- dafür ist Friedrich Gun.

d o l f , der die Gestalten der Sendung schon mit dem ganzen Schicksal der Lehrjahre belastet und daher auch der Um­

arbeitung des Romans nicht voll gerecht werden kann.

(2)

— XIII -

Die Behandlung der Sendung in Melitta Gerhards Buch über den deutschen Entwicklungsroman (1926) kann ich nur als einen entschiedenen Rückschtttt ansehen, lvenn sie schon die alte Ansicht, daß Wilhelm auch hier bereits über das Theater hinausgeführt werden sollte, erneuern wollte, so mußte sie zunächst die nicht wenigen und ziemlich triftigen Gründe der gegenteiligen Ansicht widerlegen. Diese Gründe sind nicht damit beseitigt, daß man sie nicht beachtet. Ab­

wegig scheint es mir auch, den entscheidenden neuen Ansatz des Wilhelm Meister darin zu suchen, daß vor ihm ein Lhaos liege, während die Helden Wolframs und Grimmelshausens sich in einem Kosmos bewegten. Armer Simplizius! Er hätte gewiß gern seinen chaotischen „Kosmos" mit Wilhelm Meisters „Ehaos" vertauscht, dieser nur allzu geordneten Welt, in der das Genie keinen Platz mehr findet.

Mein Angriff auf die Glaubwürdigkeit Eckermanns im Anhang dieses Buches, dem ich jetzt die Ergebnisse meines Aufsatzes in der Germanisch-Romanischen Monats­

schrift (Jahrgang 1915 5.1??—18-t) eingearbeitet habe, kann heute aus einer sehr viel mehr gesicherten Stellung heraus erfolgen, nachdem Julius Petersen in seinem Buche über die Entstehung der Eckermannschen Gespräche (2. Ausl. 1925) die Frage auf breiter Grundlage aufgerollt und im Ganzen überzeugend beantwortet hat. Mag das Urteil über einzelne Gespräche zweifelhaft bleiben, so ist doch, so viel ich sehe, von keiner Seite versucht, Eckermanns Angaben über den Wilhelm Meister in dem Gespräch vom 15. Mai 1831 zu verteidigen. In meinem soeben genannten Auftatz hatte ich bereits den Entwurf eines Briefes Wilhelms an Natalie (Sophien-Ausgabe Bd. 25,2 5. 58—62) als das älteste Zeugnis für den Plan Goethes, dem Roman Aphoris­

men oder, wie er selbst sagt, Einzelheiten beizugeben, an­

geführt, die Zeit desselben aber nicht genauer festgestellt.

Jetzt teilt mir Herr Professor Hecker auf meine Anftage

(3)

— XIV —

freundlich mit, daß die eine Ausfertigung des Entwurfs (3) auf einem Blatte steht, das vorher zu einem Brief an Klenze aus den letzten Tagen des Wahres 1825 (Sophien-Ausgabe IV Bd. no 5.196 f. und 424—26) benutzt wurde. Goethes Plan solcher Sprüche ist also mindestens volle drei Jahre älter, als Eckermanns Arbeit an den Sammlungen.

Um so mehr nimmt es mich wunder, daß mein im Vor­

wort zur ersten Auflage dieses Buches ausgesprochener Wunsch nach einer Wiederherstellung der Wanderjahre in ihrer echten Gestalt bis heute noch nicht erfüllt ist. Die Propyläen-Ausgabe druckt wenigstens die beiden Spruch- sammlungen in ihrer ursprünglichen Form wieder ab, reiht sie aber als selbständige Schriften dem Roman an und gibt ihnen nicht den von Goethe bestimmten Platz innerhalb

desselben.

Auch den Terzinen auf Schillers Schädel hat man die ihnen gebührende und sie allein verständlich machende Bemerkung „Ist fortzusetzen" (vgl. S. 346—348 dieses Buches) nicht wieder zukommen lassen, wenn Karl Heinemann (Goethe-Kalender 1926 S. 81) sie auf die vorausgehende Spruchsammlung beziehen will, so kann er den Erstdruck nicht gesehen haben (Ausgabe letzter Hand Bd. 23 S. 286). Herrn Professor Hecker verdanke ich jetzt noch den Hinweis auf Verse, die Goethe für den nicht ausgeführten Teil des Gedichts entworfen hat und die also gleichfalls seinen unfertigen Zustand beweisen (Sophien- Ausgabe Bd. 5, 2 S. 408 f. Nr. 108). Der Entwurf ist schwer leserlich und die Verse schwer zu deuten; eins aber springt in die Augen: Goethe vergleicht sich selbst mit dem Freunde. Damit hätte die Dichtung einen höchst würdigen Gehalt empfangen, ein Gegenstück zu jenem herrlichen Bilde, das dereinst Schiller von ihrer beider Wesen ent­

worfen und mit dem er mehr als dreißig Jahre zuvor ihren Briefwechsel und ihre Freundschaft eröffnet hatte. Mit den

(4)

— XV —

Vorbereitungen zur Ausgabe ihres Briefwechsels war Goethe gerade damals lebhaft beschäftigt; wenige Tage vor Abfassung der Terzinen hatte Schillers Sohn die Einwilligung gebracht (Sophien-Ausgabe III, Bd. jo S. 24s).

Der Wunsch nach einer neuen Ausgabe der ersten Fassung der Wanderjahre von l 82 t ist 1922 durch einen von Max Ls e ck e r dankenswerter Weise besorgten Neudruck und jetzt in der Propyläen-Ausgabe erfüllt; und auch die älteste Gestalt hat Eugen Wolff nach dem ursprünglichen plane als einen Novellenkranz herausgegeben (1916).

Meinem frühen zeitlichen Ansatz des Liedes „Ljeiß mich nicht r e d e n" (S. hat die Antik entgegen­

gehalten, daß ich mich dadurch in Widerspruch zu der wohl gesamten Literaturforschung setze. Der Umstand, auf den es mir hauptsächlich ankam, nämlich daß Mignons Lieder in der Theatralischen Sendung noch nicht als Selbstbekenntnisse gelten, wird dadurch nicht berührt. Aber um das Gedicht entgegen Goethes eigenem Zeugnis der ersten Weimarer Zeit zuzuweisen, müßten sehr triftige Gründe angeführt werden. Sonst kann man unmöglich glauben, daß Goethe damals noch Verse gedichtet habe, wie diese:

Zur rechten Zeit vertreibt der Sonne Lauf Die düstre Nacht, und sie muß sich erhellen.

Die einleuchtende Vermutung, daß in dem S. 2?? be­

nutzten Briefentwurf Goethes statt des sinnlosen „Lsaltbar- keit" vielmehr „Lsalbarbeit" zu lesen sei, verdanke ich Herrn stuck. Thierbach in )ena.

Tübingen, zu Beginn

des Goethe-Jahrs t932.

M.Wundt.

(5)

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Hans-Dietrich Wagner, Ulrich Kock (10.1), überarbeitet durch Constanze

1 Digitale Transformation in der beruflichen Bildung - Versuch eines Ansatzes für den Ausbildungsalltag Stefan

Art 30 AEUV: Abgaben gleicher Wirkung .... Art 110 AEUV: Diskriminierende

14 Wie kann eine Flasche von einer Messerklinge getragen werden?.. 15 Wie ein Schlüssel auf einem Nagelkopf Gleichgewicht halten

Zukunftsoptionen für ordenseigene Krankenhäuser 27 1.1.3.1.. Option eins: Orden bleiben Träger

1.4.2 Festwertregelung 38 1.4.3 Folgeregelung 40 1.4.3.1 Nachlaufregelung 40 1.4.3.2 Verhältnisregelung 41 1.5 Steuer- und Regelschaltungen 42 1.5.1 Festwertregelschaltungen 42

Der Name der Datei, die heruntergeladen wird, entspricht der Angabe in href (hier: dokument.pdf ). Enthält der Link in href keinen sinnvol- len Namen, können Sie dem

[r]