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Zu Süre 2, Vers 191.
Von P. Schwarz.
Eine für die Beurteilung der koranischen Ausdrucksweise
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wichtige Stelle ist bei der Besprechung der Worte im vorigen
Hefte nicht berücksichtigt worden. Sie ermöglicht die vom Ver-
8 fasser jener Besprechung vertretene Auffassung einer vagen For¬
mulierung des Verses durch eine dem stark rhetorischen Charakter
des Korans gerecht werdende Erklärung zu ersetzen.
Die Belegstellen meines Herrn Vorgängers entstammen ziemlich
späten Zeiten der Sprachentwicklung, sie fallen in das 7.—-11. Jahr-
10 hundert nach Mu^iammed, abgesehen von einer Stelle aus Ihn Hi^äm
und einer nach de Goeje mitgeteilten Stelle aus Tabari. Bei allen
ist eine Beeinflussung durch die Ausdrucksweise des Korans z. T.
sicher, z. T. außerordentlich wahrscheinlich : sie sind deshalb wenig
mehr als wiederholte Koranzitate und können wohl über die Lebens-
16 dauer der Ausdrucksweise nach Muhammed Aufschluß geben, nicht
aber über ihr Werden, ihren eigentlichen Inhalt. Zu Fleischer's
Zeiten hatte man gegen diese Art der Belege keine Bedenken. Ein
Schüler Fleischer's, F. P(raetorius), verlangte noch im Jahre 1893
3 -O-
allen Ernstes, das von allen Handschriften überlieferte jÄaJu bei
so'Umar ihn ab! rabi'a 5, 12 sei zu ändern in ^^aaj, mit Bücksicht
auf das Scholion zu Mutanabbi ed. Dieterici S. 8, V. 7. Dabei ist
dieses yijj! außer an der erwähnten Stelle bei demselben 'Umar
Gedicht 9 V. 6, 11 V. 4, 53 V. 13 und 14 von der Frau, 41, 8
von einem einzelnen Körperteil gesagt, nachzuweisen. Es ent-
25 sprechen in älterer Zeit die Synonyma ^ys^\ bei A'Sä Mu'allaka
ed. Lyall V. 8, oyüt bei Kais ihn al-IJatim Ag. 2, 168, 25*), in
späterer Zeit ^^n '^\ \ bei 'Argi k^. 1, 155, 30. Heute treten die
1) Ebenso von ungenanntem Verfasser KalsSf 3, 10, 1.
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Begriffe der Sprachindividualität und der Sprachentwicklung auch
innerhalb des „klassischen' Arabisch etwas deutlicher zutage. Wir
müssen also für das Verständnis schwieriger Stellen im Koran
Zeugen zu finden suchen, die Mu^ammed's Zeit nahe stehen und
vom Islam möglichst nicht beeinflußt sind. Die Hamäsa des Abu 5
Tammäm bietet nun in einem Gedichte des Rukäd ihn Mundir,
der nach der arabischen Genealogie etwa ein bis zwei Generationen vor Muhammed anzusetzen ist*), folgenden Vers"):
>L>i (J^ er! L?^^i ^5-^^' k^^f. ^\ C5^.
In den vorhergehenden Versen spricht der Dichter seine Freude lo
über den Besitz einer jungen Stute aus. Er wünscht sich, wenn sie
herangewachsen sei, einen fröhlichen Entscheidungskampf, zu dem
sie ihn dann tragen soll. Der Dichter schließt mit einem Danke
für den Spender jener Stute : „Gern opfere ich für den edlen Mann,
der sie mir zum Geschenk gegeben, mein Erbgut, meine Leute, die 15
Herden wie den Freund'.
Die Worte l^ly Jjl^ JsS\ erklärt TibrIzT durch
L*oL^ y ^^1, ^ L^;
,er schenkte sie mir und gab mir die Macht über ihren Zügel".
Wenden wir den Begriff der Übertragung des Besitzes, des Ver- 20
fügungsrechtes auf die Koranstelle an , so ergibt sich dort eine
außerordentlich wirksame Steigerung des Gedankens. Der Auf¬
forderung, für Gottes Zwecke d. h. den Glaubenskampf Aufwen¬
dungen zu machen, tritt in der Form einer Warnung zur Seite der
Hinweis auf die Folgen einer Weigerung. Es bleibt dann nicht 25
bei Vermögenseinbußen, es geht an den Leib : der Besitz, das Ver¬
fügungsrecht an den Händen geht über an das Verderben. Mußte
da nicht jeder Anhänger Mu^ammeds — und hing er auch noch
so sehr an seinem Besitz — das kleinere Übel wählen und lieber
Besitz opfern, als daß er am Leibe büßte? Daß es starker Mittel so
bedurfte, um die Gebefreudigkeit der Muslime anzufeuern, ist zu
verstehen, wenn man auch nur Doughty 's Urteil über die heutigen
Araber vergleicht: „When an Arab has closed the hand upon a
penny, for all his smiling and grave goodly words it comes not
forth again'*). S6
Ob Muhammed mit seinen Hörern in der „Auslieferung der
Hände' nur die Ergebung in die Gefangenschaft verstanden hat,
ist nicht mit Sicherheit zu bestimmen. Allerdings berichtet Wälfidl
1) Wüstenfeld, Genealogische Tabellen J 20.
2) ed; Freytag 281, 23; Büläk 2, 62, 26.
3) Arabia Deserta 1, 26 Mitte.
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von den bei Rägi' gefangenen Gegnern Mu^ammeds^) : .sie waren
mit den Sebnen ibrer Bogen gefesselt* und zwar an den Händen,
denn einer, der sich selbst befreite ,zog seine Hand aus der Fessel'.
Die Fesselung der Hände ist das Entscheidende; die nach unserer
5 Anschauung nächstliegende Entwafihung der Gefangenen war nicht
erfolgt. Der Mann kann sofort sein Schwert ergreifen und seine
Hüter damit bedrohen. Möchte man den Ausdruck symbolisch
deuten, so könnte man die Schilderung des Abü RijäS von dem
Ausgange des Kriegszuges gegen die Banü Fazära unter dem
10 Chalifate des 'Abdalmelik vergleichen. Um den Stamm vor der
Vernichtung zu bewahren , opferten sich zwei angesehene Männer ;
sie begaben sich zu dem Statthalter des Chalifen und »legten ihre
Hände in seine Hand'"). Sie werden dadurch zu Gefangenen und
als solche vom Statthalter zum Chalifen geschickt. Aber das dem
15 Ausdrucke J! »jJi.aj Jül in dem Sinne der Ergebung in
Hand darbieten zum Abhauen'. So sagt zur Zeit des Chalifen
Abü Bekr der als einer der »falschen Propheten' bekannte folailja
von sich *):
»und will als Sühne meiner Untat meine Hand hingeben'. Wie
naheliegend die Vorstellung vom Handabhauen noch der Generation
nach Muljammed war, sieht man aus Stellen wie 'Umar 91, 28
und 94, 4 oder Ferazdak 74, 12.
Gefangenschaft synonyme bedeutet daneben auch: ,die
1) WSkidl ed. v. Kremer 347, 21; 848, 1.
2) HamSsa ed. Freytag 263, 23; Büläk 2, 44, 27.
3) Ibn Wädih, Historiae 2, 145, 15.
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Tod und Andenken des Chalifen Jezid I.
VoD Ign. Goldzlher.
I.
Das fortlaufend erscheinende ausgezeichnete Werk H. Lammens'
über die Regierung des Omajjaden JezTd I. (Mölanges Beyrouth,
Bd. IV — V) bringt mir eine das Ende dieses Chalifen betreffende
schl'itische Version in Erinnerung.
Es ist nicht auffallend, wenn Schl'iten den ihnen .als Ver¬
ursacher des Märtyrertodes des 5usejn noch mehr als die anderen
Omajjaden verhaßten Jezid nicht eines so ruhigen Todes sterben
lassen woUen, wie dies in der allgemeinen historischen Überlieferung
geschieht, die übrigens auch von 'alidisch gestimmten Historikern i
rezipiert ist. Ihre Gesinnung fordert vielmehr im Sinne historischer Gerechtigkeit eine fürchterliche Ahndung des durch Jezid begangenen Verbrechens. Er müsse des Feuertodes sterben, eine Antizipierung
des Höllenfeuers, dem er doch ohne Zweifel verfallen • ist. Es ist
ja ihre allgemeine Anschauung von der Regierung der Omajjaden,
daß das „Blut der heiligen Familie' während ihrer Regierungszeit
unablässig nach Rache rief. Am Morgen, der auf die Tötung des
Husejn folgte, fand man in Jerusalem frisches Blut unter jedem
Stein, den man von der Erde aufhob. Die Herrscher der Dynastie
selbst waren sich der bösen Folgen ihrer 'Alidenverfolgung bewußt.
Diese Überzeugung habe den 'Abdalmalik veranlaßt, dem grausamen
Wüten des IJag^äg b. Jüsuf Einhalt zu gebieten^).
1) Leidener Handschrift Amin, Nr. 271, fol. 6»: i\ft*Jt liUs
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