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Seit meinem kleinen Aufsatze über „das Schachspiel der Chinesen&#34

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Streifzüge in das Gebiet der Geschichte des

Schachspieles.

Von K. Himly.

Seit meinem kleinen Aufsatze über „das Schachspiel der

Chinesen" im 24. Jahrgange dieser Zeitschrift*) ist mir so man¬

ches Neue auf diesem anziebenden Gebiete aufgestossen, dass ich

nicht mehr unterlassen will, das Wichtigste davon mitzutheilen,

obgleich es die frühe Ausbreitung dieses Spieles über einen grossen

Theil der Erde vielleicht so mit sich bringen mag, dass mebr

Streitfragen aufgeworfen, als beantwortet werden.

Da die Zeitscbrift der „Asiatischen Gesellscbaft" von Schanghai

(Jourual of the North China Brauch of the Royal Asiatic Society)

wobl den meisten Lesern unbekannt sein wird, sei es mir vergönnt,

aus einem in dieser gehalteneu Vortrage Einiges mit anzuführen,

worauf sich die nachfolgenden Bemerkungen stützen. Zunächst ist

die betreffende Angabe auf S. 175 des im 24. Jahrgange dieser

Zeitschrift entbaltenen Aufsatzes dahin zu berichtigen, dass nach

dem Tai-Ping-Yü-Lan zwar Tschou-Wu-Ti ein Ilsiang-ci erfunden

hat , dass dieses hsiang-ci jedocb dem späteren nicht gleich sein,

sich vielmehr auf Sonne, Mond und Sterne bezogen

haben soll. Es schliesst dieses nicht aus, dass möglicberweise

schon vor Wu Ti ein anderes Spiel dieses Namens gang und gebe

war. Das Tan Cen Tsung Lu spricht zuerst von einem Buche

bsiang-cing (siang-king), das dieser Fürst verfasst und den ver-

•) Es sind dort folgende Druckfehler zu verhessern : S 172 Z. 3 das Dr.

zu streichen, Z. 12 inuss es heissen sl, Z. 14 suai, Z. 15 Pao, S. 175 Z. 1!) Tschou-Wu-Ti, Z. 22 ci mit langem i und hartem c, früherem k (q). Sodann bitte ich mir zu Gute halten zu wollen , dass ich damals noch nicht recht wusste, dass die hinterliidischen Sprachen sich hinsichtlich der Töne ähnlich wie das Chinesische verhalten und danach die betreffende Bemerkung S. 176 Z. 29 „allein" u. s. w. zu bcrichiigm. — S. 177 Z. 12 ist das t in tien, Z. 13 das r in i'i ; Z. 14 das p in pao hart ; wir haben dafür nicht so be¬

queme Zeichen wie q fiir das arabische doch ist der Härtegrad ganz ent¬

siirecbend. [Da unsere Druckerei leider nicht alle von dem Herrn Verf. bui der Transscription der chinesischen (namentlich harten) Consonanten gebrauch¬

ten Lettern besitzt, hat auf eine völlig correcte Wiedergabe seiner Transscription verzichtet werden müssen. D. Red]

(2)

122 Himly, Streifzüge in das Gebiet der Geschichte, des Schachspieles.

sammelten Gelehrten erklärt habe und fübrt dann einen Roman,

dessen Namen es nicht nennt, als Zeugen dafür an, dass in dem

bsiang-cing des Wu-Ti die Bilder von Sonne, Mond und Sternen

in einer gewissen Beziehung auf Werkzeuge des Krieges aufgestellt

seien, und fügt hinzu, dass dieses Spiel sicb vom Schachspiele

(hsiang hsi, während zu Anfang hsiang ci steht)*) seiner Zeit sehr

unterscheide. Letzterem Urtheile nun schliesst sich das in seinem

Uranfange aus dem zehnten Jahrhundert stammende Tai Ping Yü

Lan an, sagt aber auch (wahrscheinlich ungenau), „das hsiang hsi

habe Tschon Wu Ti erfunden ," ganz wie vor obiger Stelle das

Tan Cien Tsung Lu. Wu Ti, der sich den ehrwürdigfn, über

anderthalb Jahrtausende alten Namen des Tschou Kung, Bruders

des Kaisers Tschou Wu Wang, angeeignet hatte, befriedigte viel¬

leicht nur seine Neigung zur Nachahmung des Alterthums, indem

er eine alte Gestalt des Brettspieles der Vergessenheit entriss;

jedoch siebt es wie eine Verwecbselung des Tschou Wu Ti mit

Tschou Wu Wang aus, wenn Legge in seiner Ausgabe des Lun-yu

S. 193 das hsiang chi auf den „ersten Kaiser aus dem Hause

Tschou" zurückführt**). Wu Ti's Liebhaberei für die Sternkunde

ist auch aus seinen Münzen erkenntlich , welche die sieben Sterne

des Bären tragen.

Es ist jedenfalls eine beachtenswerthe Thatsache, dass immer

mehr Beispiele auftauchen von einer Beziehung der Brettspiele auf

die Sternkunde. Bei Hyde, Historia Nerdiludii S. 113 heisst es:

„Plate (qui circa 400 ante Christum annis floruit) in Phaedro

dicit „ „Daemonem Thenth Aegyptium esse Inventorem Geometriae

et .\stronomiae et netreiag et xw/^e/org."" Ad haec (inquit Eusta¬

tbius) Piatonis Interpretes Graeci dicunt „ „eum non intelligere

Graecorum neTTStav, dXkd ti'iV tov keyofiivov JJsrTSVTrjgiov,

ubi quidem liiieis notatur Laterculus, ut in altero Ludo Petteutico ;

sed in eo mot iou es Solis et Lunae, et Ellciptica designabatit

Aegyptii." " — Birch in seinem Rhanipsinitus , and the game of

draughts (Transactions of the R. S. of Lit. New Series IX) führt

Herodots Erzählung, „dass Rhampsinit in der Unterwelt „mit der

Demeter gewürfelt habe und dass die Aegypter seit seiner Wieder¬

kunft ein Fest feierten" nach einer anderen Angabe bei Plutareh

auf ein Brettspiel zurück, in dem Thot dem Monde die

fünf Schalttage abgewonnen haben soll, und bringt hierzu aus den

ägyptischen Denkmälern Belege bei. Dass man in Felder getheilte

Bretter zu Berechnungen im Alterthume gebrauchte, ist an und für

sich nicht unwahrscheinlich, noch weniger vielleicbt, dass ein

*) l'i wird nur von Brettspielen , lisi aber aucb namentlicb vom Schau¬

spiel frebraucht.

**) Tschou W'u Ti war freilich der erste liinger herrschende Gegenkaiser

aus dem Hause der nördlichen Tschou, der die Macht der Wci brach und

zugleich den im Südosten herrschenden Tschön Wön Ti zum Gegner hatte.

(3)

Himly, Streifzüge in das Gebiet dei- Geschichte des Schachspieles. 123

Priester des Tliot und Astronom dieses that und seinem Gotte

den Ruhm der Berechnung lassen musste. — Dazu Icommt die

Benennung der Felder des Schachbrettes als „Häuser", welche

besser auf die Sternkunde, als auf die Kriegeskunst zu beziehen

ist , so persisch wlri-, spanisch casa*). Hyde (Mandragorias. seu

bist. Shahiludii Blatt e der prolegomena curiosa) spricht von einer

bei den Sterndeutern für heilig geltenden Mensula seu tabella

Mercurii, die ganz mit unserem Schachbrette übereinzustimmen

scheint. Derselbe Hyde erwähnt in seinem elencbus quornndam

eorum qui de Ludis scripserunt unter 11. Lib. Ouranomachia seu

Astrologorum Ludus, in Abaco rotundo cum calculis ubi duo Pla¬

netarum ordines pro Mundi Imperio decertantes, 4. Forbes in seiner

„history of Chess" S. 138 will dieses in den Nafä'is - ul - Fnnün

wiedergefunden haben, wo die sieben Planeten gegen die 12 Zei¬

chen des Thierkreises kämpfen welchem ein vorsündtlutbliches

Alter beigelegt wird, hat 361 Durchscbnittspuncte (324 Felder),

welche die Tage des Jahres darzustellen scheinen. Das wei chi

(„Umzingelungsbrettspiel").

Um nun auf das hsiang cing des Wu Ti zurückzukommen, so

kann dieses hsiang wohl nur „Bild" bedeuten, eine Bedeutung,

welche das ebenso geschriebene bsiang in hsiang-ci schwerlich hat;

Legge übersetzt dieses durcb ivory cbess, indem er zu hsiang ya

„Zahn" ergänzt, da bsiang-3'a (Elefantenzahn) soviel wie „Elfenbein"

ist. Es ist aber meiner Meinung nach viel weniger bezeichnend

für das Spiel, dass die Steine zuweilen von Elfenbein gemacht

werden, als dass darin ein Elefant vorkommt. Ich übersetze daher,

— zumal sich nach Forbes a. a. 0. S. 262 auf Sumatra der Name

*j Andere Benennungen sina sansltr. padam unser ,,Ke)d", Itostlia ..Korn- Itammer, Sclialzlcainmer" , was nach Herrn Prof. Weljor's \'ortrage in der Berliner Akademie vom 8. Februar 1872 iiber ,, Einige Daten iiber das Schach¬

spiel nach indischen Quellen anf die bekannte Erziihlung von der Belohimng des Erfinders mit Weizonkörnorn sich beziphcn könnte. V'ermulhlich gebrauchten die Inder auch aksa ,,Auge" für ,,Feld", da die Tibeter das .Schachbrett mig- mang (mig ,,Auge" mang ,.viol**) das .,A'ielauge'* wahrscheinlich nach den In¬

dern benannt haben. Auch die Japaner nennen die Felder me .,Augo." Der tibetische Ausdruck ist dann vieder zu den Mongolen gedrungen, die daraus ihr migman gemaclit haben. Beiläufig finde icli ancli in Schmidt's mongolischem Wörterbuche sit.ara Schachspiel, welches wohl ii,Teh desselben Verfasser's mon¬

gol. Sprachlehre S. 12 satara zu sprechen sein wird, augenscheinlich das indi¬

sche '\\'ort eaturanga. Dass aksa auch Würfel heisst, kommt wohl daher, dass CS der Sprachgebrauch nieht so genau nimmt. \^'ir nennen geschecktes Zeug auch gewürfelt. Noch wunderbarer wäre es , dass das persische jvA.*Cv,iCi ,, Würfel" nnd , Schachbrett" bedoutet, wenn niclit die morgenländischen Schach¬

bretter oft sehr dick wären und so wirklich sehr sichtbar sechs [^^Ji.M^ Seiten zeigten. Für die von Hyde S. 59 erwähnten mVs''- '• ^- aggores, valla scheinen die in Aegypten aufgefundenen Ueberbleibsel von Brettspielen, wtnn auch niclit die Bilder auf den Denkmälern und die bekannte Hieroglyphe, eine Stütze zu bieten.

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124 Himly, Streif züge in das Gebiet der Geschichte des Schachspieles.

„mäin gäjah, or „the game of the Elephant" anch findet, ohne Be¬

denken „Elefantenschach."

Das „Elefantenschach" nun ist als solcbes, wenn auch immer

noch nicht vollständig dem jetzigen gleich , mit Sicherheit bis ins

achte Jahrhundert zurückzufiibren, da das dieser Zeit ent¬

stammende Hsüan Knai Lu folgende Gescbichte erzählt:

^„Im ersten Jahre des Zeitraumes Pao Ying hörte Tsön Schun

aus Zu-Nan in dem alten Gebäude der Frau Lü wäbrend der

Nacht den Laut der kriegerischen Trommel. Ein Mann in Rüstung

und Helm meldete die Nachricht des Feldherrn vom goldenen lile-

fanten vom Kampfe mit den Tien-No-Dieben. Schun leuchtete hin,

um besser zu sehn, und nach Mitternacht war ein Mauseloch in

der Ostwand in ein Stadtthor verwandelt. Dort standen zwei Heere

einander gegenüber. Nachdem er das Heer aufgestellt, kam der

Feldherr herein und sagte: ,„,Das Himmelsross*) fliegt über drei

(Fuss) schräg. Die Anführer gehen seitwärts und greifen nacb

allen vier Seiten an. Die Gepäckwagen rücken gerade vorwärts

und gehen nicht zurück. Die sechs Geharnischten gehen in

Reihe und Glied. Dann wird die Trommel gerührt, und aus beiden

Heeren kommt je ein Ross schräg hervor drei Fuss. Wieder wird

getrommelt, und auf beideu Seiten geht ein Fusssoldat seitwärts

einen Fuss. Nochmals wird die Trommel gerührt, die Wagen

rücken vor, und augenblicklich fallen die Steine der Geschütze

nieder wirr durch einander."" So macbte er ein Loch in die Ost¬

wand, AVO er ein Elefanten-Schacli-Spiel in einem alten Grabe fand

mit Wagen und Rossen in Reibe und Glied."

Man sieht bier, dieses Elefantenschach konnte zur Zeit der

Verfassung dieser Erzählung nicht Avohl etAvas neu Erfundenes sein.

Die Uebereinstimmung mit dem jetzigen chinesischen Schachspiele

ist aber im Ganzen so auffallend, dass Avir nur die Abweichungen

hervorheben Avollen. Zunäcbst fällt der „Feldherr vom goldenen

Elefanten" (ein hsiang ciang cUn) .auf, da hsiang und öiang heut¬

zutage verschiedene Steine sind ; sollte dieses der kin sho (ein

ciang) oder „goldene Anführer" des japanischen Spieles sein? Das ZAveite Mal ist „Feldherr" durch suai ausgedrückt (s. meinen Auf¬

satz im Jahrgange 1870). Die Anführer, die nach allen vier

Seiten angreifen, heissen auch Avieder ciang; auch das erinnert an

das japanische Spiel, avo der yok sho (yü ciang) oder „Edelsteiu- Fcldhcrr" von ZAvei kin sho „Gold-Anführern" und diese von zwei

giu sho (yin ciang) „Silber-Anführern" umgeben sind und noch ein

kuku sho (cio ciang) „Horn- oder Flngel-Anführer" im ZAveiten

Gliede steht. Was die Gepäckwagen betrifft, so Averden es wobl

*) tien ma, so genannt wegen seiner Selnielllglieit , gleiclisam als flöge es durch die Luft. Für diese hat der Chinese, wie so manche andere Sprachen, keinen rechten Ausdruck ; das Volk kennt diesen unsichtbaren StofT eben nicht ; kung ist eigentlich „die Leere".

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Himly, Streif züge in das Gehiet der Geschichte des Schachspieles. 125

Streitwagen sein müssen; es sciieint nur den sonst durchgängig

eine wahre Liebhaberei für das Alterthum bezeigenden chinesischen

Gelehrten uicht in den Kopf zu wollen , dass ihre Vorfahren , wie

andre alte Volker, die Wagen zum wirklichen Angriffe gebrauchten,

was doch aus einer Stelle wie Möng-tse (.Mencius) VII, II, 4, 4,

wo 300 Wagen und 3000 Mann ein Heer bilden, und die Wagen

zuerst erwähnt werden, klar hervorgeht, üass die Wagen uicbt

zurückgehn, ist ebenfalls im japanischen Spiele der Fall. Die ü

Geharnischten sind offenbar unsere Bauern , im japanischen Spiele

sind ihrer neun, im jetzigen chinesischen 5. Die Zahl ü scheint

aber andre Abweichungen zu bedingen. Sechs Uauern sind näm¬

lich auf unserem Brette wohl ebenmässig zu stellen , indem man

die vor deu Läufern fortlässt; im chinesischen Spiele aber sind

zwei Umstände hinderlich, nämlich der, dass sich die beiden Feld¬

herrn nie gegenüber stehn dürfen , ohne dass etwas dazwischen

steht , und der , dass die Steine auf den Ecken der Felder stehn.

Sollen also beide Gesetze beobachtet werden, so ist das Ebenmass

dahin. Hier lässt uns das japanische Spiel mit seineu 9X9

Feldern ebenfalls im Stich; ihnen entsprechen eben 9 Soldaten (ho

bei = pu ping „Fusssoldaten"), die mitten auf den Feldern stehn.

Sollten wir hier den Zeitraum vor uns haben, wo die Chinesen des

Ebenmasses halber neben dem Könige oder Feldherrn einen zweiten

Rathgeber (Wesir, Königin) hinzufügten? Die Geschütze sind nicht

nothwendig mit Pulver geladen zu denken.

Tschao Wu Tschin, ein Zeitgenosse der Sung, welche von 970

bis 1127 herrschten, berichtet, dass das Elcfantenschach eine

Nachahmung des Krieges sci, wie ja Ilnang Ti wilde Thiere zum

Zwecke der Ki'iegführung gebraucht habe. (Dieses scheint sich auf

die Pllefanteu zu beziehen.) Er habe als Knabe die Leute Schach

spielen sehn. Später habe er versucht 19 aus den ursprünglichen

11 Strichen zu machen, welche das Brett nach beiden

Richtungen theilten, und die ursprüngliche Anzahl von 32

Steinen auf 98 zu vermehren*).

War nun das Spiel des Tschao dasselbe, wie das im Ilsüan

Kuai Lu erwälinte, so bleiben nach Abzug der 6 Bauern nur 10

Steine auf jeder Seite, und diese können den Rand des Brettes

nur ausfüllen, wenn sie nicht auf den Ecken, sondern auf der Mitte

der Felder stelin, die 2 Geschütze können dann auch nicht in

einer besondern Reihe gestanden hahen. Alles dieses beruht je¬

doch auf der Voraussetzung, dass die Steine nicht in Zwischen¬

räumen schon in der Ilauptrcihe, die dem Spieler am nächsten

liegt, standen. Keine Voraussetzung irgend einer Art braucht je¬

doch die Behauptung zu beschränken, die wir nun wagen, dass

*) Diese N'ürinehniiigeii sclieinen noch spurloser verloren gegangen zu sein, al» ühnlicho iin Abeudlande, beziehungsweise im westlichen Asien versuchte Krweiterungcii.

1

(6)

126 Himly, Streif züge in das Gehiet der Geschichte des Schachspieles,

uämlich der Fluss auf dem alten gleichseitigen, 11 X 11 Striche,

oder 10 X 10 Felder enthaltenden Brette keiue Stelle finden kaun.

Dieses scheint dem Verfasser der die Sache betreffenden Bemer¬

kung im Hu Ying Lin Pi Tsung entgangen zu sein, welche wir

hier einrücken wollen:

„Die Geschichte vom Tsön Schun im Hsüan Kuai Lu beweist,

wie das Elefantenspiel zur Zeit der Tang beschafi'en war. Dass

das Ross drei Striche weit in schräger Richtung, der Soldat seit¬

wärts einen Schritt geht, das ist gerade, wie heutzutage. Wenn

aber der Wagen gerade vorrückt und nicht rückwärts geht, so ist

er wie der jetzige Soldat, und ich argwöhne, dass das Uebrige

nicht ganz stimmt. Was nun das Hsü des Tschao sagt, dass das

Elefantenschach zur Zeit der Sung nach beiden Richtungen 11

Striche gehabt habe, ist wieder ein grosser Abstand von heutzu¬

tage, wo geradeaus 10 Striche, seitwärts 9 sind. Dazu kommt

noch, dass auch das Schi Wu Tschi Yüan aus der Zeit der Sung

die Geschichte mit Tsön Schun als mit der Sung-Zeit ganz über¬

einstimmend anführt. So stimmten sicherlich die Zeiten der Tang

und der Sung mit einander überein, und die Zeit unseres gegen¬

wärtigen Herrscherhauses mag wohl nicht ganz damit überein¬

stimmen".

Es ist wohl nicht überflüssig zu bemerken, dass, wenn nach

dem Zeugnisse des Sein Wu Tschi Yüan das Spiel der Tang mit

dem der Sung übereinstimmte uud dieses Sammelwerk sich dabei

auf obige Erzählung im Hsüan Kuai Lu stützt, der Nachweis dieser

Uebereinstimmung sich nicht auf das erstrecken kann, was letzteres unerwähnt lässt, z. B. die Zahl der Steine und das Vorhandensein

oder Nichtvorhandensein der si.

Nicht lange Zeitr nach Entstehung des Hsüan Kuai Lu , näm¬

lich im ersten Jahrzehnt des 9. Jahrhunderts, war Kobodaisi in

China, welcher von dort das verbesserte Buddhathum und das

Schachspiel nach Japan brachte. Eigenthümlicher Weise sprechen

jetzt die Japanesen hsiang ci (siang ki) statt zo gi , wie man er¬

warten sollte, so gi aus, als ob die erste Sylbe das chinesische

ciang (tsiang) wie bei ciang-cün wäre , aus welchem letzteren sie

ihr so-gun gemacht haben, welches bis vor wenigen Jahreu der

Amtsname des weltlichen Herrschers von Japan war. Es ist dieses

derselbe Fehler, den Irwin in seiner Abhandlung über das chine¬

sische Schachspiel in den Transactions of the Royal Academy of

Dublin begeht, indem er sein „chong-ki" durch „royal game" über¬

setzt, während schon Hyde a. a. O.S. 105 sagt: „Shahiludiuni lin¬

gua Sinica vocatur Siang Ki, i. e. Elephantum Ludus"-, doch ist

der Irrthum der Japaner, wenu es einer ist, deshalb verzeihlich,

weil ihr Spiel die Elefanten nicht mehr (oder noch nicbt?) ent¬

hält. Auf eineni aus 9 mal 9 Feldern gleicher Farbe bestehenden

Numen beschrieben mitten auf die Felder (nicht auf die Ecken,

Brette werden je 20 Steine von dieser

(7)

Himly, Streifzüge in das Gebiet der Geschichte des Schachspieles. 127

wie in Cliina) hingelegt in drei Reihen. Dem Spieler zunächst ist

in der Mitte der yolc so (yü ciang) oder „Edelstein-Feldherr", zu

seinen beiden Seiten befinden sicb die beiden kin so oder „Gold-

Feldherren", dauu kommen die beiden gin so oder „Silber-Feld¬

herren", dann die beiden ke-ma „Pferde", dann die beiden kio-shia

„Wagen", iu zweiter Reihe dor hishia oder „fliegende Wagen" und der kaku so „Flügel-Anführer". Vor diesen in der innersten Reihe stehn die 9 ho hei (chinesisch pu ping) oder „Fusssoldaten". Einen

Fluss enthält das Brett nicht, und die Bauern haben wie bei uns

die Fähigkeit , in höhere Steine verwandelt zu werden. Wären

hier nicht 9 Soldaten statt 6, so wäre das des Ilsüan Kuai Lu

das am nächsten verwandte Spiel, da in beiden die Wagen nicht

rückwärts gehn und auch im Hsüan Kuai Lu die ciang genannten

Steine zahlreicher zu sein scheinen. Will mau im japanischen

Spiele eiu Ueberbleibsel eines auf die Sternkunde und in Folge

dessen auf die Götterlehre sich beziebenden Brettspieles sehn*}, so

mag man den yok so mit dem Yü Ti oder Ilimmelskönig der Chi¬

nesen vergleichen, der „Goldstein" war eigentlich die Venus ; sonst ist der Edelstein yü (Jaspis, Nephrit, jade) Zeichen der kaiserlichen

Würde, die vornehmsten der Siegel, welche ja ein Hauptzeichen

der Amtsübertragung in China bilden, waren ja von diesem Edel¬

stein, sonstige hohe Würdenträger führton cin goldenes, andere ein

silbernes Siegel.

Wäre die Quelle, weicbe Irwin a. a. 0. (abgedruckt in der

Abhandlung vou Coxe über das birmanische Spiel im 7. Bande der

Asiatic Researches und von Forbes a. a. 0. S. 275) unter dem

Namen Concum anführt, nicht so zweifelhaft, so liesse sicb ein

hsiang-ci genanntes Brettspiel bis ins zweite Jahrhundert vor

Christus zurückführen. Ebe wir jedoch hierauf eingehen, wollen

wir noch erwähnen, dass nach Kang-Hsi's Wörterbuch das Zeichen

für ci, welches sonst aucb mit dem Zeichen für Stein"P-, si ge¬

schrieben wird, schon im Suo-wön, also um 100 n. Chr., mit

mu „Holz" vorkommt. Da nun ci (ki) die Steine und nicht das

Brett bezeichnet, kann hier nicht wohl das wei chi gemeint sein,

dessen 360 Steine immer aus Stein, oder Glasfluss gemacht werden

und nicht wobl aus Holz gemacht werden können, da sie nothwendig

klein sein müssen.

Der übrigens von Irwin mehr umschriebene und ausgeschmückte,

als übersetzte Text besagt, dass 379 Jahre nach Confueius der

Hankaiser Kao Tsu, dessen Name Liu Pang war, einen 36 Jahre

alten im Kriege und Frieden gleich erfahrenen Beamten (ta yüan

sT), Namens Han Sing, mit mehreren Zehntausenden, Reitern und

Fussvolk, ausgesandt habe, den König, welcher sich die Herrschaft

*) Beides moclite wohl zusammenhängen , wie sich ja bei dem Brettspiele der alten Griechen und Kömer ein Heiligthum in der Mitte als ZuHuchtsort befand.

(8)

128 Himly, Streif züge in dae Gebiet der Geschichte des Schachspieles.

in Tscliü (Tsu) angemasst, zu beliriegen. So sei unverriebteter

Sache der Winter hereingebrochen und die Truppen hätten nach

Hause zurüclckeiiren wollen. Da hätte Han Sing das hsiang ci er¬

dacht, um seinen Truppen die Grillen zu vertreiben u. s. w.

Je höher uns die chinesischen Quellen ins Altertbum zurück¬

fübren, desto unsicherer und spärlicher fliessen sie natürlich. Das

Si-Wu-Ci-Yüan erwähnt nach dem Sammelwerke Ko-ci-cing-yüan,

wo dieses von der Geschichte des Elefantenschaches spricbt, folgende,

offenbar einem alten Schriftsteller entnommene Stelle :

„Yung-Mön-Con sagte zu Möng-Cang-Öün : Mein Herr, wann

Ihr bei Müsse seid, so spielt das Elefanten-Schach ! "

Hieran knüpft das Si-Wu-Ci-Yüan die Frage: „Gab es denn

zur Zeit der „streitenden Reiche" scbon ein Elefantenschach ?"

Die streitenden Reiche (can kuo) befehdeten sich zur Zeit des

letzten anerkannten Tschou - Kaisers Nan bis gegen die Mitte

des dritten Jahrhunderts v. Chr. , und Möng - Gang - Öün war

Minister eines dieser Theilreiclie , Namens Ci fTsi), im jetzigen

Schantung.

Ueber diese Zeit binaus reichen die Spuren des hsiang-ci nicht,

ja der Ausdruck ci ist verschwunden. Im Lun Yü und bei Möng-

Tse dagegen findet sich das Wort yi , welches allgemein als Brett¬

spiel aufgefasst, chinesisch durch ci, im Mandschu durch das ebenso

dunkele tonio wiedergegeben wird.

* *

*

Zum Schlüsse sei es mir vergönnt, nocb einige Streitfragen

näber zu beleuchten.

In Forbes' History of Chess S. 283 wird die Frage aufge¬

worfen, ob die zwischen dem chinesischen Geschütze und seinem

Ziele stehenden Steine alle feindliche sein müssen. Diese Frage

ist mit „nein" zu beantworten, da ein befreundeter Stein denselben

Erfolg hat, was sehr zu den Feinheiten des Spieles beiträgt. Bei¬

läufig ist Irwin's Schreibung chinesischer Wörter sehr unzuver¬

lässig und durch die Mundart von Kanton schwerlich ganz zu

rechtfertigen-, aber Coxe verbessert ihn noch durch Ballborn und

macht das Wort ciang noch zu einem zweisylbigen choohong; besser

Ilyde. Das Ziel des Ileereszuges des Hau Sing war nicht Schansi,

sondern Tsu im Süden Chinas, und so fällt leider die Folgerung

des Herrn Forbes (S. 283), dass das Schachspiel über Tibet ein¬

geführt wurde, fürerst zu Boden!

Es ist merkwürdig, dass die so ausführlichen Darstellungen

der Abweichungen des neueren indischen Spieles , weicbe P'orbes

wiedergiebt , eine Thatsache nicht enthalten , die Herr Professor

Weber a. a. 0. schon hinsichtlich des alten Spieles aus der angeb¬

lich dem Dhawishya Puräna entlehnten Sanskritstelle schliesst (S.

70 der .Vbliandlung und Vers 10 der Unterredung zwischen Yu-

(9)

Himly, Slreifzüge ins Ochiet der Geschichle des Schachspielrs. 129

dhishthira und Vyäsa), dass das Tauschen unerlaubt ist. Dieses

Gesetz bezieht sich hier nur auf den König, den Elefanten und das

Pferd. Wie mir ein Parse aus Bombay jedoch mittheilte, ist in

dem dasigen Spiele alles Tauschen verboten. — Daich gerade beim

Spiele der Parsen bin!, will ich doch hier die Namen erwähnen,

welche die Figuren bei ihnen führen. Sie sind: passa König, wa¬

zir Königinn, 6t („Kamel") Läufer, ghora Springer (auch hindu¬

stanisch für „Pferd"), jiäda Bauer, hatthi („Elefant") Thurm, letzterer 'O ^

auch, qal'e = \ i3 genannt. Dieses letztere ist (neben dem ma¬

laiischen tir oder t6r) ein Beispiel mehr für die Anwendung von

Thürmen im morgenländischen Scliachspiel. Ich halte es für durch¬

aus unerwiesen, ja unglaubwürdig, dass die Thürme nur dem Um¬

stände ihr Dasein zu verdanken haben sollen, dass die Italiäner

einen Felsen, oder eine Felsenburg rocca*) nannten. Ganz abge¬

sehn von der Erklärung, dass die Thürme auf den Elefanten ge¬

meint sein können , findet ein Tlmrm eine ähnliche Erklärung wie

das doch nun nicht mehr hinwegzuleugnende Boot**); der Tlmrm

setzt einen Bel.agerungskrieg voraus, und vielleicht ist unter der

S.jGj> des Timur ein solcber Belagerungstburm zu verstehn***).

Das unter den in Europa im Mittelalter eingeführten Spielen

auch solche waren, welche den persischen (sinnverwandt j^U.«

im Schabnämeh) als Recken darstellten, beweist das Spiel von

der Insel Lewis, von dem Massmann's Geschichte des mittelalter¬

lichen Schachspieles sehr gute Abbildungen enthält.

Die russischen puski (ICanonen) sind vielleicht nicht die canons

des franzüsischen Freistaates von 1793, sondern Verwandte der chi¬

nesischen ps.0. Die Mongolen, welche auch die Karten nach Europa

gebracht haben sollen, mögen hierbei die Vermittler gespielt haben.

*) Der Ursprung dieses Wortes muss aueh erst noch entschieden werden Icli hezweifle , dass es von rupes abzuleiten sci , da man ausserdem rupe sagt Vielleieht ist es omyris:; oder ^li-^??

**) Sanskrit nauka , malaiisch prau , siainisch riia (nach Bastian III. Ztg.

No. lOSf)), russisch ladiya. Das von Korbes angefiihrte Saiiskritwort roka wird in dieser Bedeutung wieder angezweifelt von Weber a. a. O. S. 84.

■""'\ Das Spiel des TImnr enthielt auch die «oiaXu Späher, aus welches

Worles Mehrzahl ^J^Ia das spanische at.alaya entstanden zu sein schwnt, welches nunmehr einen Wartthurm bedeutet.

Bd. xxvn.

1 1 *

(10)

13U

Siebente Athenische Phönikische Inschrift.

Von J. Gildemeister.

(Mit einer lithographirten Tafel.)

Herr Dr. Geizer von Basel, der im Herbst 1871 an der von

E. Curtius geleiteten arcbaeologiscben Reise nacb Kleinasien Theil

genommen, stiess auf der Rückkehr, am Piräeus umherwandernd,

am innersten Theil des s. g. Limenaki auf dem Gute des Herrn

KalovSrjg ') auf einen Bau, zu welchem verschiedene aus altem

Gemäuer ausgegrabene Steine gerade verwendet werden sollten.

Er fand darunter einen grossen viereckigen Marmorblock, der oben

mit geschweiften Ornamenten versehen war und eine einzeilige

Phönikische Inschrift trug, von der er zwei Abklatsche nahm. Die

Wissenschaft ist ihm nicht bloss für die Bekanntmachung, sondern

auch für die Erhaltung des Denkmals verpflichtet, da er dasselbe

vor dem Schicksal neuer Vermauerung bewahrt hat. Die Abklatsche

übergab er Hrn. Dr. A. Socin, der sie zur Veröffentlichung an den

verstorbenen Levy scbickte und nacbdem er sie mit dem in dessen

Nacblass gefundenen Brouillon einer Erklärung zurück erhalten,

mir mitgetheilt hat.

Da die Scbrift überhaupt nur ziemlicb Hach eingegraben war

und vielleicht auch schon etwas verwittert ist, sind die Abklatsche

nicbt überall gleich scharf ausgefallen und einzelne Bucbstaben

lassen sich kaum und nur unsicher ermitteln. Die Lithographie

giebt sie iu natürlicber Grösse, aber aus Rücksichten des Raumes

in gebrochenen Zeilen wieder.

Levy hat die Inschrift gelesen:

rnn nay p ucujn in^bya p ann p ns^ iiäs t nm«

pD mbii

1) Die Inschrift ist, nnd zwar otl'enhar nach Levy's Deutung, bereits er wähnt im Bullettino dell' Instit. Apr. 1872 p. 103, wo die Localität bezeichnet wird als an einem kleineu Meerbusen westlich von der Halbinsel Eetioneia ge¬

legen. Ganz in der Nähe fanden sich zwei Griechische Votivinschriften , eine

»n den Hermes, die andere an den }{evt Jlotxrjq gerichtet.

1 I *

Referenzen

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