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Spezifizierung des Curriculums der Ausbildung zur Kinderbetreuerin/zum Kinderbetreuer bzw. zur Tagesmutter/zum Tagesvater in der Steiermark

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Academic year: 2022

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Spezifizierung des Curriculums der Ausbildung zur Kinderbetreu- erin/zum Kinderbetreuer bzw. zur Tagesmutter/zum Tagesvater in

der Steiermark

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Philosophie an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von

Elisabeth FRAUNDORFER Bakk.phil.

am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft Begutachterin Univ.-Prof.in Dr.in Elke Gruber

Graz, Juli 2016

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Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Ar- beit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder aus- ländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorlie- gende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

___________________ _________________________________

Datum Unterschrift

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Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Personen bedanken, die mich bei der Erstel- lung dieser Masterarbeit unterstützt haben.

Ein großer Dank gilt meiner Masterarbeitsbetreuerin, Frau Univ.-Prof.in Dr.in Elke Gru- ber, für die Übernahme und Betreuung dieser Masterarbeit.

Weiters möchte ich mich bei Herrn Mag. Bernhard Seidler, dem Geschäftsführer von GiP - Generationen in Partnerschaft – bedanken, der diese Masterarbeit erst ermöglichte und sowohl finanzielle als auch organisatorische Hilfe bereitstellte.

Ganz besonders danken möchte ich meinen Eltern, die mir dieses Studium ermöglichten und mich stets unterstützen sowie an mich glaubten.

Ich danke meinem Freund für die andauernde Geduld und liebevolle Unterstützung wäh- rend der gesamten Studienzeit, ganz speziell in der Zeit des Schreibens dieser Arbeit.

Vielen Dank auch an meine Geschwister und FreundInnen, die mich während meines Studiums seelisch und moralisch unterstützt, mich in schwierigen Phasen wiederaufge- baut und die guten Momente mit mir gefeiert haben.

Sehr herzlich möchte ich mich auch bei den vielen Personen bedanken, die meine For- schungsarbeit durch spannende Interviews und der Teilnahme an der Fragebogenerhe- bung unterstützt haben.

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„‘Kompetenz umfasst Wissen, Handeln-Können, Motivation und Haltungen – in untrennbarer Form zusammengeführt in der Persönlichkeit des jeweiligen Han- delnden. (…) Die Analyse von Haltungen handelnder Menschen zeigt, wie tief Persönlichkeit und Kompetenz miteinander verbunden sind. Kompetenzorientie- rung als Betonung der Selbstorganisation menschlichen Handels in komplexen Feldern beschreibt so den Aus-, Fort- und Weiterbildung notwendigen Wechsel vom fragmentierten, isolierten Wissen hin zu einer integrierten professionellen Be- wältigung komplexer Anforderungssituationen im Berufsfeld‘“ (Braunstei- ner/Soukup-Altrichter/Zemanek/Seethaler/Wobak/Schulz-Kolland/Weitlander 2014, S. 3 zit. n. ExpertInnengruppe Lehrerbildung Neu 2010, S. 39).

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Abstract

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Ausbildung der KinderbetreuerInnen und der Tagesmütter/-väter in der Steiermark. Im Speziellen hat diese Arbeit zum Ziel, das derzeitige Curriculum zu überprüfen und durch qualitative und quantitative Forschungs- methoden herauszufinden, wie der Ausbildungslehrgang verbessert werden kann, um mehr Qualität in Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen zu bekommen. Im theo- retischen Teil wird der Schwerpunkt auf die Entwicklung von (kompetenzbasierten) Cur- ricula sowie die Begriffsklärung von Kompetenzen und Qualifikationen gelegt, als auch die Themen Berufspädagogik und WiedereinsteigerInnen aufgegriffen werden. Abschlie- ßend werden alle Ergebnisse zusammengeführt und ein überarbeitetes Curriculum mit den ermittelten Bedarfen vorgestellt.

The present work deals with the training of child carer and childminder in Styria. Specif- ically, this work has the objective to review the present curriculum and qualitative and quantitative research methods for how the training course can be improved to get more quality in child education and care facilities. In the theoretical part of the emphasis on the development of curricula and the disambiguation of skills and qualifications is placed, as well as the topics vocational educationand returners taken since these make up a large proportion of the target group. Finally, all the results are merged and presented during a revised curriculum with the requirements determined.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung ... 13 

Begrifflichkeiten ... 17 

2.1.  Berufsbezeichnungen ... 17 

2.2.  Zum Begriff der Kompetenz ... 21 

2.3.  Schlüsselqualifikationen ... 26 

Berufspädagogik ... 31 

4.1.  Gründe für einen Berufsausstieg – eine Situationsanalyse ... 37 

4.2.  Probleme beim Wiedereinstieg ... 41 

4.3.  Humankapitalentwertung ... 43 

5.1.  Zum Begriff Curriculum ... 46 

5.2.  Konzepte bei der Entwicklung von Curricula ... 48 

5.3.  Kompetenzbasierte Curricula ... 49 

6.1.  Ausgangslage ... 57 

6.2.  Methodisches Vorgehen/Mixed-Methods Design ... 60 

6.3.  Praxisinteresse - Pädagogische Relevanz der Fragestellung ... 61 

6.4.  Qualitatives Interview ... 62 

6.4.1.  Interviews der KinderbetreuerInnen ... 64 

6.4.2.  Interviews der Kindergartenpädagoginnen ... 78 

6.4.3.  Interviews mit den Leitenden der Ausbildungen ... 84 

6.5.  Quantitative Erhebung – Ergebnisse aus den Fragebögen ... 108 

6.6.  Auswertungen und Zusammenführungen der Fragebogenfragen ... 117 

6.6.1.  Herausforderungen und Problemfelder in der Ausbildung... 117 

6.6.2.  Hürden/Probleme während oder nach der Ausbildung... 119 

6.6.3.  Wünsche und Bedarfe an die Ausbildung ... 119 

6.6.4.  In diesen Bereichen hätte ich gerne mehr gelernt: ... 121 

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8.2.  Eignungsüberprüfung ... 127 

8.3.  Berufsprofil der KinderbetreuerInnen in der Steiermark ... 128 

8.4.  Ausmaß und Dauer der Ausbildung: ... 129 

8.5.  Didaktische Grundsätze ... 130 

8.6.  Abschluss der Ausbildung ... 130 

8.7.  Modulübersicht inklusive Beschreibung der Lehrinhalte und der vorgeschlagenen Stundenverteilung ... 131 

Resümee und Ausblick ... 137 

Literaturverzeichnis ... 138 

Abbildungsverzeichnis ... 141

12. Anhang………..142

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Theoretischer Teil Einleitung

„Eine Gesellschaft offenbart sich nirgendwo deutlicher als in der Art und Weise, wie sie mit ihren Kindern umgeht.“ (Nelson Mandela)

Die Zeit im Kindergarten, der Kinderkrippe, dem Hort, der Nachmittagsbetreuung und auch die Zeit bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater ist eine sehr bedeutsame in der Entwicklung von Kleinkindern und Kindern. Entwicklungsschritte und Erfahrungen dieses Lebensabschnitts beeinflussen ein Kind ein Leben lang. Aus diesem Grund wird Bildungsqualität in Kinderbetreuungseinrichtungen seit Jahren großgeschrieben. Der bundesländerübergreifende Bildungsrahmenplan für elementare Bildungseinrichtungen, der im Jahr 2009 in ganz Österreich eingeführt wurde, ist nur ein Teil um Bildungsqualität zu sichern. „Die pädagogische Qualität in elementaren Bildungseinrichtungen ist für die Entwicklung der Kompetenzen junger Kinder und damit für ihre Bildungsbiografie von ausschlaggebender Bedeutung“ (BMUKK 2009, S. 25). Ein wesentlicher Aspekt ist die Bildung, Ausbildung und Weiterbildung des Personals in Kinderbetreuungseinrichtun- gen. Aus diesem Grund wird auch gerade an Curricula für die Ausbildung zur Kindergar- tenpädagogin/zum Kindergartenpädagogen auf Hochschulebene gearbeitet. Infolgedes- sen würde auch eine adäquatere Berufsbezeichnung eingeführt werden – der Elementar- pädagogInnen. Trotz einer jahrelangen Diskussion und dem Wunsch die Ausbildung so- wie auch den Stellenwert von KindergartenpädagogInnen in der Gesellschaft anzuheben, bleiben Versuche noch aus. Ähnlich gestaltet es sich in der Ausbildung der Kinderbetreu- erInnen bzw. auch KindergartenassistentInnen genannt. Gab es bis vor kurzem in einigen Bundesländern noch gar keine Ausbildung für einen so wichtigen Beruf, der überaus be- deutend für die Bildungsqualität in Kinderbetreuungseinrichtungen ist, so unterscheiden sich die Ausbildungen im Moment sehr in Hinblick auf Dauer und Qualität. Diese Aus- bildungen sind durch das Landesgesetz der jeweiligen Bundesländer geregelt und haben auch eine jeweilige Berufsbezeichnung, die sich von anderen unterscheiden, meistens aber gleiche oder ähnliche Aufgabenbeschreibungen aufweisen.

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Mein Wunsch war es, mit meiner Masterarbeit einen Beitrag zur Bildungsqualität in Kin- derbildungs- und Betreuungseinrichtungen zu leisten, indem ich die Ausbildung zur Kin- derbetreuerin/zum Kinderbetreuer bzw. zur Tagesmutter/zum Tagesvater in der Steier- mark auf ihre momentane Situation hin überprüfe. Mit den Ergebnissen der qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden wird im Zuge dieser Arbeit ein Vorschlag erar- beitet, wie das Curriculum der Ausbildung modifiziert werden könnte um eine möglichst hohe Bildungsqualität in Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen zu erhalten.

Dieser Masterarbeit liegen daher folgende Forschungsfragen zugrunde:

 Ist das Curriculum für die Ausbildung zur Kinderbetreuerin/zum Kinderbetreuer bzw. zur Tagesmutter/zum Tagesvater auf das jeweilige Handlungsfeld optimal abgestimmt?

 Inwiefern kann das Curriculum optimiert werden, damit die notwendigen Kom- petenzen und Qualifikationen für die Arbeit in den Kindertageseinrichtungen ver- mittelt werden und KinderbetreuerInnen diese nach der Ausbildung auch beherr- schen?

Des Weiteren möchte ich auch folgende Unterfragen innerhalb dieser Arbeit beantworten, die bei der Spezifizierung des Curriculums wichtig erscheinen:

 Wo gibt es derzeit Konfliktfelder in der Ausbildung zur Kinderbetreuerin/zum Kinderbetreuer?

 Welche Kompetenzen sind für KinderbetreuerInnen im täglichen Arbeiten not- wendig und inwiefern werden diese im Curriculum berücksichtigt?

In einem ersten Teil der Arbeit werde ich mich mit den verschiedenen Berufsbezeichnun- gen von KinderbetreuerInnen sowie verschiedenen Definitionen von Kompetenz und Qualifikationen auseinandersetzen, da die Erstellung des Curriculums auf diesen Grund- lagen basiert. Im Kapitel „Berufspädagogik“ setzte ich mich vor allem mit der beruflichen Bildung von Personen und der Bedeutung der Berufstätigkeit für den Menschen ausei- nander. Außerdem wird auch die Flexibilisierung von Arbeitsprozessen auf Grund von Modernisierung thematisiert. Beim Versuch, den Begriff Schlüsselqualifikationen zu de- finieren und näher zu beschreiben, werden auch wichtige Qualifikationen und Kompe- tenzen für die Ausbildung zur Kinderbetreuerin/zum Kinderbetreuer bzw. zum Tagesva-

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ter/zur Tagesmutter sichtbar. Da Kompetenzen auch in der Berufspädagogik eine wich- tige Rolle einnehmen, wird auch das Thema der beruflichen Handlungsmöglichkeiten aufgegriffen.

Im Kapitel der WiedereinsteigerInnen und BerufsrückkehrerInnen möchte ich auf eine der Zielgruppen des Ausbildungslehrganges eingehen und aufzeigen, welche Gründe für einen Berufsaustritt oder Wiedereinstieg festgemacht werden können bzw. welche Prob- leme der Wiedereinstieg in einen Beruf mit sich bringen kann. Das Wissen um diese, soll sensibilisieren und individuelle Hürden dieser Personengruppe in der Ausbildung berück- sichtigen.

Im letzten theoretischen Kapitel der Masterarbeit befasse ich mich mit der Entwicklung von Curricula. In einem ersten Schritt wird die historische Entwicklung des Begriffs auf- gezeigt und der Unterschied zwischen Lehrplänen und Curricula aufgezeigt, sofern dies möglich ist. Des Weiteren wird der Versuch unternommen, verschiedene Bedingungen und Prozesse bei der Entwicklung von Curricula zu beschreiben und die Konzepte des offenen und geschlossenen Curriculums aufzuzeigen. In einem Unterkapitel möchte ich einen Praxisbezug herstellen, indem ich direkt auf die Ausbildung zur Kinderbetreue- rin/zum Kinderbetreuer eingehe und bestimmte Standards sowie Kompetenzen zur Cur- riculumsentwicklung formuliere. Es wird auch ein mögliches Strukturmodell gezeigt, wie der Ausbildungslehrgang auch gestaltet werden könnte, damit nötiges theoretisches und praktisches Wissen, spezifisch vermittelt werden kann.

Im Mittelpunkt der Arbeit steht der empirische Teil, da dieser sehr umfassend ist und wichtige Ergebnisse zur Beantwortung der Forschungsfrage liefert. Zuerst wird die Aus- gangssituation besprochen und ein Überblick über Bedingungen der Ausbildung gegeben.

Weiters wird das methodische Vorgehen genau beschrieben und ein Überblick über die verschiedenen hinzugezogenen ExpertInnen gegeben. Bevor die qualitativen Interviews analysiert und beschrieben werden, wird in die Materie der qualitativen Interviews kurz eingeführt. Die Interviews wurden in drei Untergruppen eingeteilt: (1) Interviews mit den KinderbetreuerInnen, (2) Interviews mit den KindergartenpädagogInnen und (3) Inter- views mit den Leitenden der Ausbildungen. Die Interviews wurden in Kategorien ausge- wertet und beschrieben. Nach den Interviews werden die Ergebnisse der Fragebogener- hebung dargestellt. Auf Grund der umfassenden empirischen Erhebungen, werden haupt- sächlich Häufigkeiten aus den Fragebögen gezeigt, da auch diese sehr gute Aufschlüsse

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über die Ausbildung und die Qualität dieser wiedergeben und genauere Berechnungen den Umfang dieser Arbeit sprengen würden. Zu den Ergebnissen der Fragebögen gehören auch die Auswertungen der freien Fragen, bei denen die TeilnehmerInnen die Möglich- keit hatten, individuell Wünsche, Bedarfe und Probleme in, während und nach der Aus- bildung anzugeben. Diese Erhebungen werden anschließend angeführt und in das nach- folgende Kapitel „Zusammenführung der Ergebnisse“ eingearbeitet. In diesem Kapitel wird versucht, die wichtigsten Ergebnisse der empirischen Untersuchungen zusammen- zuführen. Es werden Vorschläge für Änderungen bzw. Verbesserungen gegeben. Im vor- letzten Kapitel wird der Versuch unternommen, ein mögliches Curriculum für den Aus- bildungslehrgang zu beschreiben, indem Ergebnisse der Untersuchungen in bisherige Konzepte eingearbeitet werden.

Ein Resümee und ein Ausblick schließen die Arbeit ab.

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Begrifflichkeiten

2.1. Berufsbezeichnungen

Beginnen möchte ich dieses Kapitel mit der Beschreibung des Berufsfeldes und der Tä- tigkeiten einer/eines KinderbetreuerIn bzw. einer Tagesmutter/eines Tagesvaters. Wie in diesem Kapitel sichtbar wird, sind Definitionen oft nicht eindeutig und können je nach Wissenschaftsdisziplin oder auch je nach Bundesland abweichen, bzw. unterschiedliche Bedeutungen haben. So in etwa bei der Berufsbezeichnung der KinderbetreuerInnen/Kin- dergartenassistentInnen, etc. Bevor ich mich mit den genauen Berufsbezeichnungen aus- einandersetze, möchte ich ganz kurz eine Übersicht über die Situation der Kinderbetreu- erInnen in österreichischen Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen geben.

Versuch einer Situationsanalyse

Wie in vielen sozialen Berufen sind auch in den Kinderbetreuungseinrichtungen in Ös- terreich hauptsächlich Frauen tätig. Laut einem Bericht von Statistik Austria waren im Jahr 2014/2015, 40 121 Frauen und nur 823 Männer in österreichischen Kinderbetreu- ungseinrichtungen tätig – Wien ist in dieser Statistik nicht miteingeschlossen. (vgl. Sta- tistik Austria 2015, o.S.). Das sind in etwa nur 2% aller Beschäftigten in den Kinderbe- treuungseinrichtungen. Insgesamt gibt es in Österreich (wieder Wien ausgenommen) 13 719 HelferInnen, die aber sehr unterschiedliche Qualifikationen vorweisen. In einem Pa- per vom Österreichischen Institut für Familienforschung und der Universität Wien aus dem Jahr 2011, wird festgehalten, dass nur in den Bundesländern Burgenland, Oberöster- reich, Salzburg, der Steiermark und Vorarlberg das „Hilfspersonal“ eine spezifische Fachausbildung benötigt wird, in allen anderen Bundesländern ist keine Ausbildung er- forderlich (vgl. Baierl/Kaindl 2011, S. 22). Außerdem ist hier auch eine sehr unterschied- liche Berufsbezeichnung gegeben. So wird ein/e BetreuerIn in Kärnten, Wien und Tirol zum Beispiel Kindergartenassistentin genannt während in Oberösterreich und Burgenland die Bezeichnungen KindergartenhelferIn Gang und Gebe sind.

In der Steiermark ist der Begriff der Kinderbetreuerin/des Kinderbetreuers seit 2000 etab- liert: „Die Kinderbetreuerin hat unter Anleitung der Gruppenführenden Betreuungsauf- gaben wahrzunehmen und hauswirtschaftliche Arbeiten, mit Ausnahme von Grobreini- gungsarbeiten, zu verrichten“ (Land Steiermark 2000, S. 91). Seither gibt es auch eine

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eigene Ausbildung zur Kinderbetreuerin/zum Kinderbetreuer in der Steiermark. 2010 wurde die Ausbildung zur/zum Kinderbetreuer/in mit der Ausbildung zur Tagesmut- ter/zum Tagesvater gekoppelt und im Landesgesetz Steiermark verankert.

Im Berufslexikon des AMS Österreich (AMS 2016a) wird die Tätigkeit eines/einer Kin- derbetreuerIn folgendermaßen beschrieben:

„KinderbetreuerInnen betreuen die Kinder entweder kurzzeitig (z.B. als Baby- sitterIn stunden- oder tageweise) oder kontinuierlich, z.B. als Tageseltern in der eigenen Wohnung, im Rahmen der eigenen Familie. KinderbetreuerInnen sind als Tageseltern oder Kinderdorfmütter häufig bei privaten Hilfsorganisationen und Vereinen beschäftigt (z.B. Kinderfreunde, Österreichisches Hilfswerk), welche zumeist auch betriebsinterne Ausbildungen durchführen. Als Nebenbe- schäftigung üben KinderbetreuerInnen den Beruf häufig auch selbständig aus.“

(AMS 2016a, o.S.)

Diese Definition laut Berufslexikon des AMS ist in der Steiermark eher weniger zutref- fend – sie beschreibt nicht das Berufsfeld, dass ein/e KinderbetreuerIn in der Steiermark wirklich ausübt. Das Berufsfeld der Kindergartenassistentin/des Kindergartenassistenten, wie es im Berufslexikon des AMS gefunden werden kann, beschreibt im Wesentlichen die Tätigkeiten, welche ein/e KinderbetreuerIn in der Steiermark in ihrem Beruf täglich zu erfüllen hat.

Berufsbeschreibung einer KindergartenassistentIn/Kindergartenhelferin aus dem Berufs- lexikon des AMS:

„KindergartenassistentInnen unterstützen das pädagogische Personal in Kinder- gärten und sind auch für hauswirtschaftliche Tätigkeiten, wie etwa Mittagessen herrichten, zuständig. Sie betreuen die Kinder in ihren Gruppen, greifen jedoch nicht in die pädagogischen Maßnahmen der KindergartenpädagogInnen ein. So spielen sie etwa mit den Kindern Brettspiele, unterstützen Kleingruppen beim Malen und Basteln oder beaufsichtigen Gruppen beim Spielen im Garten.“

(AMS 2016d, o.S.)

Zur Ausbildung der KindergartenassistentInnen wird folgendes im Berufslexikon des

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„Die Ausbildung der KindergartenassistentInnen ist landesgesetzlich geregelt.

Daraus ergeben sich die unterschiedliche Bezeichnung des Berufs und die un- terschiedlichen Ausbildungsanforderungen. Die Ausbildung erfolgt entweder betriebsintern oder durch einschlägige Kurse. Weiters beinhaltet die Ausbildung in einigen Fachschulen für Sozialberufe und manchen landwirtschaftlichen Fachschulen die Ausbildung zur/zum KindergartenassistentIn.“ (AMS 2016b, o.S.)

Beim BFI wird der Beruf der/des KindergartenhelferIn wie folgt beschrieben:

„Kindergartenhelfer/innen unterstützen den/die Kindergartenpädagogen/in kompetent in der täglichen Arbeit. Sie führen Spiele, Bastelarbeiten und Ge- schicklichkeitsübungen nach den Anweisungen des/der Kindergartenpädago- gen/in aus, stellen Spiel- und Turngeräte bereit und unterstützen bei Aktivitäten im Freien. Ebenso nehmen sie an Arbeitsbesprechungen und Elternversammlun- gen teil und erledigen mitunter auch administrative Aufgaben.“ (BFI 2016, o.S.) Auch diese Beschreibung würde auf das Berufsbild der Kinderbetreuerin/des Kinderbe- treuers, wie es in der Steiermark gesetzlich geregelt ist, zutreffen.

Das Land Steiermark hat neben einer Berufsbezeichnung auch eine Aufgabenbeschrei- bung von KinderbetreuerInnen erstellt, welche Kompetenzen und Qualifikationen einer Kinderbetreuerin/eines Kinderbetreuers sichtbar macht.

Die Aufgabe der Betreuung von Kinder umfasst u.a.:

 „längerfristige Aspekte der Planung in Teilbereichen unter Einbindung und Be- achtung der Gesamtplanung der Gruppenführenden und partnerschaftliches Ver- halten den Kindern gegenüber

 Förderung der Selbsttätigkeit der Kinder, Nutzung der Möglichkeiten für indivi- duelle Zuwendung zu den Kindern sowie behutsame Hilfestellung beim Aufbau sozialer Verhaltensweisen und der Sprachentwicklung der Kinder

 Pflegehandlungen an den Kindern, soweit diese erforderlich sind, sowie Hilfe beim Erwerb der Alltagsroutine

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 Aufsicht über die Kinder innerhalb und außerhalb der Liegenschaft der jeweiligen Betreuungseinrichtung für begrenzte Zeit, Hilfestellung und Anregung beim frei- gewählten Spiel der Kinder, Anregungen zu einzelnen Spielaktivitäten

 Mitwirkung an der Entwicklung und Umsetzung einer pädagogischen Konzeption der Einrichtung bzw. dessen regelmäßiger Aktualisierung im Kollegium

 Mitwirkung bei schriftlichen und praktischen Vorbereitungsarbeiten bezüglich der pädagogischen Arbeit

 Mitwirkung bei der Dokumentation der Kinderbeobachtungen“ (Land Steiermark 2016, o.S.)

(Im Anhang findet sich eine genauere Aufgabenbeschreibung des Landes Steiermark.)

Wenn die verschiedenen Berufsbezeichnungen miteinander verglichen werden, so ist nicht deutlich zu erkennen, wo die Unterschiede liegen, ob es Unterschiede gibt, bzw.

welche Bezeichnungen in den Bundesländern üblich sind und ob diese auch auf alle Bun- desländer Österreichs zu beziehen sind. So kann die erste Definition der Kinderbetreue- rInnen keinesfalls auf die KinderbetreuerInnen der Steiermark bezogen werden, da diese dem realen Berufsfeld nicht entspricht. Dafür aber einer Tagesmutter bzw. eines Tages- vaters.

Die Berufsbeschreibung von Tagesmüttern/Tagesvätern/Tageseltern wird im Berufslexi- kon des AMS wie folgt beschrieben:

„Tagesmütter oder Tagesväter betreuen bei sich zu Hause tagsüber ihnen anver- traute Kinder. Damit sie auf die Bedürfnisse der Kinder individuell eingehen können, bleibt die Gruppengröße relativ klein. Die Betreuung beinhaltet die al- tersspezifische Förderung der Kinder, die sie mit den Eltern abstimmen. Sie stel- len Spielmaterial zur Verfügung, malen, zeichnen und musizieren mit den Kin- dern, gehen mit ihnen einkaufen, kochen und essen gemeinsam mit ihnen und planen Spiel- und Bewegungsangebote im Freien. Meist ist eine gewisse Zeit nötig, bis sich sowohl das Kind als auch die Tageseltern aneinander und auch ihre eigenen Kinder an die betreuten Kinder gewöhnt haben.“ (AMS 2016b, o.S.)

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2.2. Zum Begriff der Kompetenz

Da in dieser Arbeit der Begriff Kompetenz ein Hauptbestandteil für die Beantwortung meiner Forschungsfrage ist und er für die Arbeit und die empirische Untersuchung sehr wichtig ist, möchte ich diesen genauer beleuchten und beschreiben.

Der Begriff der Kompetenz ist sehr weit gefasst und kann nicht ganz klar definiert sowie zu den Begriffen Handlungsfähigkeit, Qualifikationen sowie Fertigkeiten und Wissen ab- gegrenzt werden. „Danach sind Fertigkeiten, Wissen, Qualifikationen eben keine Kom- petenzen – wiewohl es keine Kompetenzen ohne Fertigkeiten, Wissen und Qualifikatio- nen gibt“ (Erpenbeck/Rosenstiel 2007, S. XII). Folgende Grafik soll dies veranschauli- chen:

Abbildung 1 Übersicht Kompetenzmodell (Erpenbeck/Rosenstiel 2007, S. XII)

Ein weiteres Zitat soll die Abbildung 1 von Erpenbeck und Rosenstiel genauer beschrei- ben und sichtbar machen, wie Kompetenzen nun mit Wissen, Fertigkeiten und Qualifika- tionen in Zusammenhang stehen.

„Kompetenzen schließen Fertigkeiten, Wissen und Qualifikationen ein, lassen sich aber nicht darauf reduzieren. Bei Kompetenzen kommt einfach etwas hinzu, dass die Handlungsfähigkeit in offenen, unsicheren, komplexen Situationen erst

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ermöglicht, beispielsweise selbstverantwortete Regeln, Werte und Normen als

„Ordner“ des selbstorganisierten Handelns.“ (Erpenbeck/Rosenstiel 2007, S.

XII)

Definitionsversuche scheitern immer wieder an klaren Beschreibungen und Abgrenzun- gen. Außerdem wird das Wort Kompetenz auch pauschal eingesetzt und so kommt es, dass vielen Menschen der Kompetenzbegriff überdrüssig ist. „Überall kompetenzelt es verdächtig“ (Drescher/Miller 1995, S. 195) stellen die beiden fest, wenn es um den Kom- petenzbegriff und seine Verwendung geht.

„Abgesehen von der Fragwürdigkeit, überhaupt menschliches Vermögen in Kompetenzen bzw. Schlüsselqualifikationen aufzuspalten, sind die offerierten Kompetenzen oder auch Kompetenzfelder zum einen begrifflich derart schlam- pig und diffus konstruiert, da[ss] sie gar nicht erst als lehr- und lernbar, ge- schweige denn als überprüfbar, me[ss]bar oder beurteilbar erscheinen. (…)“

(Drescher/Miller 1995, S. 202).

Dieses Zitat bringt deutlich zum Vorschein, wie umstritten der Begriff ist und wie schwie- rig es ist, eine wirklich klare Definition zu bilden. Obwohl viele Wissenschaftler davon überzeugt sind, dass Kompetenz nicht definierbar ist, beteuern andere wiederum wie überaus wichtig der Begriff für die Wirtschaft sei (vgl. Vonken 2005, S. 32ff).

Beim Versuch, eine Begriffsdefinition zu bilden, müssen auch verschiedene Wissen- schaftsdisziplinen berücksichtigt werden, da diese mannigfachen Auffassungen von Kompetenz besitzen und in einem jeweiligen Kontext eingebunden ist. In der Linguistik zum Beispiel, wird der Begriff Kompetenz mit der kommunikativen und sprachlichen Kompetenz in Verbindung gebracht (vgl. Vonken 2005, S. 19ff). Aber auch in den Erzie- hungswissenschaften lehnte sich in den 70er Jahren der Kompetenzbegriff an die kom- munikative Kompetenz an, wie sie zum Beispiel Habermas und Baake beschreiben (vgl.

Vonken 2005, S. 25):

Es ist die ‚Kompetenz‘, die den Menschen einerseits erziehungsbedürftig macht, aber auch erziehungsfähig. Unabhängig davon, welcher sozialen Klasse, wel- chem Geschlecht, welcher Rasse, welchem kulturellen Kontext ein Mensch

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seine Herkunft verdankt – er unterscheidet sich in Hinsicht auf seine kommuni- kative Grundausstattung nicht von anderen und mu{ss} entsprechend behandelt werden“ (Vonken 2005, S. 25 zit. n. Baake 1996, S. 6).

In den 70er Jahren wurde der Mensch vor allem kommunikativ kompetent und als be- dürftig dargestellt, welcher lernen musste, um Kompetenz zu erlangen. Wenn heute all- tagssprachlich von Kompetenz oder kompetent sein gesprochen wird, impliziert das nicht, dass noch etwas gelernt werden muss, sondern, dass jemand in einem bestimmten Bereich nötiges Wissen und auch die Fähigkeit hat, dieses praktisch umzusetzen.

Eine weitere Begriffsbestimmung versuchen Erpenbeck und Heyse (1999), indem sie Kompetenzen als „Selbstorganisationsdispositionen des Individuums beschreiben“ (Er- penbeck/Heyse 1999, S. 156). Unter selbst organisieren verstehen sie „in der Regel Hand- lungen, deren Ergebnisse aufgrund der Komplexität des Individuums, der Situation und des Verlaufs (…) nicht oder nicht vollständig voraussagbar sind“ (Erpenbeck/Heyse 1999, S. 156). Mit Dispositionen sind allgemein innere Voraussetzungen gemeint, die sich durch Wissen, Werte, Erfahrungen, Fähigkeiten und dem Willen entwickeln. „Kom- petenzen werden von Wissen fundiert, durch Werte konstituiert, als Fähigkeiten dispo- niert, durch Erfahrungen konsolidiert, auf Grund von Willen realisiert (Erpenbeck/Heyse 1999, S. 162).

„Damit diese tatsächlich wirksam werden können, ist jedoch ein ständiges Ler- nen der sozialen Akteure erforderlich, insbesondere des wichtigsten: des Men- schen. Das Lernen unter Bedingungen von Komplexität, Chaos und Selbstorga- nisation, das Lernen in der Risikogesellschaft erfordert eine neue Lernkultur – eine Kultur des selbstorganisierten, die Risiken von Komplexität und Chaos be- wältigenden Lernens. Das wichtigste Produkt dieses Lernens sind Kompeten- zen, die das entsprechende selbstorganisierte soziale Handeln ermöglichen.“

(Erpenbeck/Rosenstiel 2007, S. XX)

„Selbststeuerung oder Selbstorganisation des Handelns ist in der Regel dort not- wendig, wo die Komplexität der Handelnden, der Handlungssituation und des Handlungsverlaufs keine streng nach Plan verlaufenden Problemlösungspro-

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zesse zulässt. Die modernen Selbstorganisationstheorien bieten für Selbststeue- rungs- wie Selbstorganisationsprozesse eine Systematik an, die hier als erster Ausgangspunkt gewählt wird.“ (Erpenbeck/Rosenstiel 2007, S. XXI)

Weiters haben Erpenbeck und Rosenstiel (2007) ein handlungsorientiertes Kompetenz- modell beschrieben, bei dem der Fokus auf die Handlungszentrierung von Kompetenzen gelegt wird. Sie unterscheiden in diesem zwischen vier verschiedenen Kompetenzklas- sen:

 „Personale Kompetenzen: Als die Dispositionen einer Person, reflexiv selbstor- ganisiert zu handeln, d.h. sich selbst einzuschätzen, produktive Einstellungen, Werthaltungen, Motive und Selbstbilder zu entwickeln, eigene Begabungen, Mo- tivationen, Leistungsvorsätze zu entfalten und sich im Rahmen der Arbeit und außerhalb kreativ zu entwickeln zu lernen.

 Aktivitäts- und umsetzungsorientierte Kompetenzen: Als die Dispositionen einer Person, aktiv und gesamtheitlich selbstorganisiert zu handeln und dieses Handeln auf die Umsetzung von Absichten, Vorhaben und Plänen zu richten – entweder für sich selbst oder auch für andere und mit anderen, im Team, im Unternehmen, in der Organisation. Diese Dispositionen erfassen damit das Vermögen, die eige- nen Emotionen, Motivationen, Fähigkeiten und Erfahrungen und alle anderen Kompetenzen – personale, fachlich-methodische und sozial-kommunikative – in die eigenen Willensantriebe zu integrieren und Handlungen erfolgreich zu reali- sieren.

 Fachlich- methodische Kompetenzen: Als die Disposition einer Person, bei der Lösung von sachlich-gegenständlichen Problemen geistig und physisch selbstor- ganisiert zu handeln, d.h. mit fachlichen und instrumentellen Kenntnissen, Fertig- keiten und Fähigkeiten kreativ Probleme zu lösen, Wissen sinnorientiert einzu- ordnen un zu bewerten; das schließt Dispositionen ein, Tätigkeiten, Aufgaben und Lösungen methodisch selbstorganisiert zu gestalten, sowie die Methoden selbst kreativ weiterzuentwickeln.

 Sozial-kommunikative Kompetenzen: Als die Dispositionen, kommunikativ und

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und zusammenzusetzen, sich gruppen- und beziehungsorientiert zu verhalten, und neue Pläne, Aufgaben und Ziele zu entwickeln.“ (Erpenbeck/Rosenstiel 2007, S.

XXIV)

Die aufgezählten Kompetenzklassen helfen, Kompetenzen grob zu gliedern und werden für eine grundlegende Einteilung genutzt.

Der Kompetenzbegriff in der Pädagogik

In der Pädagogik wird unter Kompetenz, ähnlich wie in der Alltagssprache, eher die „pä- dagogische Handlungskompetenz“ gemeint (vgl. Vonken 2005, S. 26f). Unter pädagogi- scher Handlungskompetenz wird dabei folgendes verstanden: „Diese stellt ein Konstrukt dessen dar, was einen pädagogischen Proffesional ausmachen sollte, der im Erziehungs- prozess einerseits nicht nur intuitiv und reaktiv handelt, andererseits jedoch auch nicht durch ein Verharren in theoretischen Reflexionen handlungsunfähig wird“ (Vonken 2005, S. 27).

Es wird dabei also die Verbindung zwischen Theorie und Praxis angesprochen, die zu einer pädagogisch - kompetenten Handlung führen. Dieses Verständnis von Kompetenz, also die Verbindung von theoretischem Wissen und praktischen Erfahrungen, wird in den meisten Begriffsdefinitionen von Kompetenz impliziert. Dies wird auch in Elbings (1978) Definition sichtbar, in der er pädagogische Handlungskompetenz als zweidimensionales Konstrukt beschreibt (vgl. Vonken 2005, S. 27). Zum einen ist pädagogische Handlungs- kompetenz “Umfang und die Qualität jenes Wissens, das die Ausgangsbasis jeder kon- kreten Handlung bildet“ und zum anderen „die Art und Weise des Umgangs mit diesem Wissen“ (vgl. Vonken 2005, S. 27 zit. n. Elbing 1978, S. 37f.).

Auch in dieser Beschreibung wird sichtbar, dass es bei Handlungskompetenz immer auch um die Anwendung des Wissens geht. Kompetent zu sein bedeutet also, handlungsfähig zu sein – nicht nur Theorie oder Praxis getrennt voneinander zu betrachten, sondern bei- des gleichermaßen miteinzubeziehen.

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Mit folgender Grafik möchte ich verdeutlichen, dass Handlungsfähigkeit nur entstehen kann, wenn verschiedene Kompetenzbereiche miteinander verbunden werden. Durch er- worbene Sozialkompetenzen, Fachkompetenzen und Methodenkompetenzen wird ein Repertoire an Handlungsschemata zur Verfügung gestellt, um schwierige Situationen re- flektiert und zielgerichtet zu lösen und Strategien dafür zu entwickeln (vgl. Lenzen 1998, S. 38). Dabei werden ständig neue Handlungsschemata ausprobiert und weiterentwickelt.

In der Praxis (wenn ich nun die Ausbildung der KinderbetreuerInnen als Beispiel heran- ziehe) könnte dies bedeuten, den Erwachsenen nicht nur theoretisch zu vermitteln, welche Bedeutung das Spiel für die Entwicklung des Kindes hat und die didaktischen Grundsätze davon näher zu bringen, sondern auch, wie ich die Umgebung der Kinder so gestalten kann, dass dieses Spiel auch im Alltag möglich ist.

Wenn ich in dieser Arbeit sozusagen von Kompetenz oder pädagogischer Handlungs- kompetenz spreche, meine ich damit immer auch die Fähigkeit/Bereitschaft/das Reper- toire, Theorie und Praxis miteinander so zu verbinden, dass bestmögliche Bedingungen geschaffen werden (können). Solche Kompetenzen fallen meistens auch in den Bereich der Schlüsselqualifikationen, den ich nun näher beschreiben möchte.

2.3. Schlüsselqualifikationen

Der Begriff Schlüsselqualifikationen wird alltagssprachlich oft im Zusammenhang oder auch synonym mit dem Begriff der Kompetenz, Qualifizierung und Handlungsmöglich-

Abbildung 2 Bestandteile der Handlungskompetenzen (vgl. Lenzen 1998, S. 38)

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keit genannt. Folgende Definition bringt näher, was unter Schlüsselqualifikationen kon- kret verstanden werden kann: „Schlüsselqualifikationen sollen in die Lage versetzen, zu- künftige, schnell aufkommende neue Inhalte selbsttätig aufschließen zu können und da- mit lebensbegleitend lernen zu können“ (Schelten 2010, S. 167).

Inhalte von Schlüsselqualifikationen sind:

 „Sie dienen der Erschließung (Schlüssel) wechselnden Spezialwissen

 Sie beinhalten kein spezielles Fachwissen, sondern eine allgemeine berufliche Leistungsfähigkeit

 Sie stellen berufs- und funktionsübergreifende Qualifikationen mit übergeordne- ter Bedeutung für die Bewältigung zukünftiger Aufgaben dar

 Sie dienen der Selbsthilfe, indem sie zum selbständigen lebenslangen Lernen be- fähigen

 Sie sind mehr als traditionellen ‚Kenntnisse‘ und ‚Fertigkeiten‘, sie beinhalten zusätzliche ‚Fertigkeiten‘“ (Lenzen 1988, S. 33).

„Unter Qualifikation wird die Gesamtheit von Kenntnissen und Verständnissen (kognitiv), Fertigkeiten und Fähigkeiten (psychomotorisch und kognitiv), Hal- tungen und Arbeitserfahrungen (affektiv und kognitiv) verstanden, über die ein Mitarbeiter zur Ausübung seiner Tätigkeiten am Arbeitsplatz verfügen muss.

Qualifikationen sind auf ihre Verwertbarkeit für bestimmte Tätigkeiten oder Be- rufe ausgerichtet.“ (Schelten 2010, S. 165)

Qualifikationen werden zum Beispiel dann beschrieben, wenn es um Anforderungen ei- ner beruflichen Tätigkeit geht und eine Person gesucht wird, die die gewünschten Kennt- nisse mit sich bringt (vgl. Schelten 2010, S. 165). Schelten (2010) zeigt drei unterschied- liche Ebenen von Qualifikationen auf:

 

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„Qualifikationen geringerer Reichweite unterliegen einem schnelleren technisch- produktiven bzw. ökonomischen Wandel und können daher rasch veralten“

(Schelten 2010, S. 166). Diese finden sich vor allem in Ausbildungsordnungen wie zum Beispiel in berufsschulischen Lehrplänen (vgl. Schelten 2010, S. 166).

Sie sind vor allem fachspezifisch und auf einen Beruf hin ausgerichtet (vgl. Schel- ten 2010, S. 166).

Qualifikationen mittlerer Reichweite schließen alle Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten ein, die ein ganzes Berufsfeld betreffen (vgl. Schelten 2010, S. 166).

Kenntnisse gehen über die eines einzigen Berufes hinaus.

Qualifikationen hoher Reichweite sind sogenannte Schlüsselqualifikationen. Per- sonen haben Kenntnisse über das Berufsfeld hinaus und können ihr Wissen und ihre Fähigkeiten auch in anderen Berufsgruppen anwenden. Es wird dabei auch von überfachlichen Qualifikationen gesprochen (vgl. Schelten 2010, S. 166).

„Zu den Schlüsselqualifikationen zählen grundlegende materiale Kenntnisse und Fähig- keiten, die über den Einzelberuf und insbesondere über das Berufsfeld bzw. die Berufs- gruppe hinausgehen und auf inhaltlich und funktional verwandte Gebiete übertragen wer- den können“ (Schelten 2010, S. 167). Schlüsselqualifikationen sind sowohl berufsprakti- sche als auch berufsübergreifende Kenntnisse, die eine Person besitzt und welche von einem Wandel unabhängig sind (vgl. Schelten 2010, S. 167). Zu den berufsübergreifen- den Fertigkeiten zählen vor allem allgemeinbildende Kenntnisse wie zum Beispiel

(1) Qualifikationen geringer Reichweite fachspezifisch, monoberuflich

(2) Qualifikationen mittlerer Reichweite berufsfeld- bzw. berufsgruppenweit Schlüsselqualifikationen

(3) Qualifikationen hoher Reichweite berufsfeld- bzw. berufgruppenübergreifend

Abbildung 3 Ebenen von Qualifikationen (Schelten 2010, S. 166)

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Fremdsprachen, Kulturtechniken, Lese- und Schreibvermögen und auch mathematisches Verstehen (vgl. Schelten 2010, S. 167).

Das Konzept der Schlüsselqualifikationen hat in der Berufspädagogik seit einigen Jahren einen hohen Stellenwert erhalten. Durch einen raschen ökonomischen und technischen Wandel der Arbeitswelt, sind Arbeitsanforderungen sehr fluktuierend und unsicher (vgl.

Schelten 2010, S. 169). Wie oben schon erwähnt, könnte es dazu kommen, dass Qualifi- kationen mittlerer und geringer Reichweite schon nach einem Jahrzehnt überholt sind, während Schlüsselqualifikationen in dieser Zeit nicht veralten (vgl. Schelten 2010, S.

169). „Die Schlüsselqualifikationen sind als dauerhaft gelegte Basis für die berufliche Existenz anzusehen“ (Schelten 2010, S. 169).

„Je intensiver Qualifikationen hoher Reichweite vermittelt werden, so die These, desto besser ist der zukünftige Mitarbeiter für die Qualifikationsanforderungen des technisch-produktiven und ökonomischen Wandels gewappnet. Er ist befä- higt, im Zug eines lebensbegleitenden Lernens, selbsttätig lernend sie auf ihn zu- kommenden Anforderungen bewältigen zu können.“ (Schelten 2010, S. 169) Ein weiterer Grund, warum das Konzept der Schlüsselqualifikationen immer mehr an Be- deutung gewonnen hat, sind nicht nur die zukünftigen Arbeitsprozesse, sondern auch die Anforderungen der Arbeitswelt von heute (vgl. Schelten 2010, S. 169). „Im Zuge von Produktivitätssteigerungen, Verkürzung von Durchlauf- und Entwicklungszeiten, Erhö- hung von Produktqualität und Senkung von Kosten aufgrund eines internationalen Wett- bewerbs bahnen sich eher ganzheitliche Fertigungsstrategien an“ (Schelten 2010, S. 169).

Es sind nicht nur die zukünftigen Anforderungen, sondern auch die derzeitigen, vielfälti- gen und vor allem ganzheitlichen Qualifikationsanforderungen der Arbeitswelt, die Qua- lifikationen hoher Reichweiter verlangen. Bedeutend sind dabei vor allem personale, so- ziale und kognitive Fähigkeiten.

So wertvoll Schlüsselqualifikationen heute auch sind, so bringen sie auch Probleme mit sich.

„Schlüsselqualifikationen können nicht abstrakt vermittelt werden“ (Schelten 2010, S.169). Der Bezug zu fachspezifischen Inhalten muss gegeben sein, damit ihre Transfer- wirkung gewährleistet werden kann (vgl. Schelten 2010, S. 169). Dies bringt aber auch das Problem mit sich, dass sie bereichsspezifisch bleiben. Schlüsselqualifikationen haben

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aber den Anspruch, dass sie bereichsübergreifend sind (vgl. Schelten 2010, S. 170). Dar- aus ergibt sich ein Dilemma:

 „Werden Schlüsselqualifikationen stark situationsspezifisch und damit eng inter- pretiert, dann genügen sie weniger ihrem Anspruch fachübergreifende Qualifika- tionen hoher Reichweite zu sein.

 Werden Schlüsselqualifikationen dagegen als sehr allgemeine und unspezifische Qualifikationen definiert, dann dürfte ein unmittelbarer Transfer dieser Qualifika- tionen eher misslingen“ (Schelten 2010, S. 170).

Trotz der Probleme die mit den Schlüsselqualifikationen einhergehen, ist es das Ziel vor allem beruflicher Bildung, diese besonders zu fördern (vgl. Schelten 2010, S. 170).

Schlüsselqualifikationen können aber nicht schnell und einfach erlernt werden, sondern brauchen eine lange Zeit und vor allem den Praxisbezug, um ausgebildet werden zu kön- nen. Die Forderung nach (Aus)Bildung von Qualifikationen höherer Reichweite haben nicht nur Personen von sich aus, sondern werden auch sehr stark vom heutigen Beschäf- tigungssystem eingefordert (vgl. Schelten 2010, S. 170). Dies zeigt auf, dass das Erlernen von Schlüsselqualifikationen gelegentlich unter Zwang des heutigen Beschäftigungssys- tems und nicht (immer) aus intrinsischer Motivation heraus erfolgt.

Ich möchte abschließend noch einige aus der Menge an Schlüsselqualifikationen aufzäh- len, die mir auch in Bezug auf die Ausbildung zur Kinderbetreuerin/zum Kinderbe- treuer/zur Tagesmutter/zum Tagesvater, als sehr wichtig erscheinen:

 „Denken in Zusammenhängen

 Flexibilität

 Kommunikationsfähigkeit

 Kreativität

 Problemlösefähigkeit

 Selbstständigkeit

 Teamfähigkeit

 Transferfähigkeit

 Zuverlässigkeit“ (Schelten 2010, S. 167).

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Berufspädagogik

„Als berufsbezogene Wissenschaft ist es ihre Aufgabe, die Zukunft beruflichen Lernens und Lehrens zu entwickeln. Als pädagogische Wissenschaft hat sie da- bei zwischen gesellschaftlichen (und wirtschaftlichen) Lern- und Erziehungsan- forderungen in beruflicher Hinsicht und der Bildung des Individuums abzuwä- gen“ (Vonken 2015, S. 67f).

Die Berufspädagogik ist gemeinsam mit der Wirtschaftspädagogik und der Arbeitspäda- gogik eine Teildisziplin der Pädagogik Sie kann auch als Wissenschaft und Praxis der Berufserziehung umschrieben werden (vgl. Schelten 2015, S. 43). Der Zusammenhang von Beruf und Lernen ist hier essentiell. Die Berufspädagogik setzt sich aus den Wörtern Beruf und Pädagogik zusammen. Pädagogik stammt von dem altgriechischen Wort

„paidagogia“ (Erziehen und Unterweisen) sowie „pais“ (das Kind) und „ágein“ (führen, leiten). Der Begriff Beruf kann folgendermaßen beschrieben werden:

„Beruf bezeichnet auf Erwerb gerichtete Arbeitsverrichtung, die in einer typi- schen Kombination solcher Verrichtungen zusammengehen und besondere Be- rufskompetenz (Fach- und Methodenkompetenz, Personalkompetenz, Sozial- kompetenz) erfordern, die einen in der Regel mehrjährigen Ausbildungsberuf voraussetzen.“ (Schelten 2015, S. 43)

Hauptdisziplinen der Pädagogik

Allgemeine Pädagogik

Schulpä- dagogik

Sozialpä- dagogik

Sonderpä- dagogik

Vergleichende Pädagogik

Berufs-und Wirt- schaftspädagogik, Arbeitspädagogik Abbildung 4 Übersicht über die Hauptdisziplinen der Pädagogik (vgl. Schelten 2015, S.33).

In der Berufspädagogik als Wissenschaft wird davon ausgegangen, dass berufliche Arbeit sowohl persönliche, pädagogische und betriebliche Entwicklungsprozesse initiiert (vgl.

Vonken 2015, S. 71). Dabei verschwimmen die Ziele der Mitarbeiter mit den Zielen der Organisationen immer weiter miteinander (vgl. Vonken 2015, S. 71).

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Historisch gesehen hat die Berufspädagogik ihre Wurzeln in der Berufsschule und ihrer Lehrerbildung (vgl. Schelten 2015, S. 42). „Über das Feld der Berufsbildung hinaus hat sich das die Lehrerbildung in der Berufs-Wirtschaftspädagogik heute auf das gesamte Schulwesen ausgeweitet“ (Schelten 2015, S. 42).

Von der Erziehungswissenschaft aus betrachtet, geht es in der der Berufspädagogik um die Erforschung der Voraussetzungen, Prozesse und Ergebnisse von Berufserziehung so- wie genauer betrachtet um die Lernorte Betrieb mit seinen Ausbildungsstätten, in denen Berufserziehung stattfindet (vgl. Schelten 2015, S. 45). Darunter fallen zum Beispiel be- rufliche Schulen, Berufsbildungswerke, Stiftungen beruflicher Bildung und Volkshoch- schulen (vgl. Schelten 2015, S. 45).

Die Erziehungspraxis beschäftigt sich im Zuge der Wirtschafts- und Berufspädagogik

„mit dem Vollzug und mit der Lehre der Berufserziehung“ (Schelten 2015, S. 46). Folg- lich geht es darum, berufliche Schulen zu errichten und diese zu führen, sowie die inhalt- liche Planung dieser zu übernehmen anhand von Rahmenlehrplänen/Ausbildungsordnun- gen/Curricula (vgl. Schelten 2015, S. 46). Solche Vorgaben der Erziehungspraxis, müs- sen vom Personal der jeweiligen Einrichtungen umgesetzt werden.

Die Erziehungspraxis und die Erziehungswissenschaft sind wichtige Disziplinen, die ohne einander die Realität der Berufserziehung nicht erfassen und entwickeln könnten.

„Eine wissenschaftliche Berufs- und Wirtschaftspädagogik ohne Praxis ist praxisfern und unrealistisch, eine praktische Berufs- und Wirtschaftspädagogik ohne die wissenschaftli- che Berufs- und Wirtschaftspädagogik macht praxisblind und unflexibel“ (Schelten 2015, S. 47).

Die Berufserziehung kann in unterschiedliche Teilbereiche unterteilt werden:

Berufserziehung

Vorberufliche Bildung Berufsausbildung Berufliche Fortbildung Berufliche Umschulung Abbildung 5 Bereiche der Berufserziehung (Schelten 2015, S. 49)

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Unter vorberuflicher Bildung fällt zum Beispiel auf den Arbeitslehre- bzw. Technikun- terricht in allgemeinbildenden Schulen (Haupt- und Realschule) (vgl. Schelten 2015, S.

49). „Verbunden mit Betriebspraktika ist das besondere Anliegen dieser vorberuflichen Bildung, die Berufs- und Arbeitswelt dem allgemeinbildenden Unterricht zu erschließen sowie die Berufswahl der Schüler zu objektivieren, zu fördern und zu stützen“ (Schelten 2015, S. 49). Nicht nur in der Schule, sondern auch im beruflichen Bildungswesen ist eine vorberufliche Berufsausbildung zu finden – es geht dabei um die Förderung der Berufs- bildungsreife und wird vor allem von Institutionen wie dem BFI oder auch durch Berufs- bildungswerke umgesetzt (vgl. Schelten 2015, S. 49).

Berufsausbildungen machen jene Personen, die eine allgemeinbildende Schule verlassen haben und sowohl eine Berufsschule besuchen und in einem Betrieb arbeiten (=Lehre) (vgl. Schelten 2015, S. 49).

„Die berufliche Fortbildung setzt nach einer beruflichen Erstausbildung ein“ (Schelten 2015, S. 49). Dabei geht es darum, die erworbenen Kenntnisse und Qualifikationen einer Erstausbildung aufrechtzuerhalten sowie weiter zu entwickeln und berufsspezifischen Änderungen anzupassen bzw. auch beruflich aufzusteigen (vgl. Schelten 2015, S. 49).

Eine berufliche Umschulung wird von jenen Personen in Anspruch genommen, die schon längere Zeit berufstätig waren und eine andere Tätigkeit, bzw. einen anderen Beruf nun erlernen möchten (vgl. Schelten 2015, S. 50).

Die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung sind sehr stark mit dem Kon- zept des Lebenslangen Lernens verbunden und bekommen in der heutigen Zeit immer mehr Bedeutung beigemessen. Dies ist vor allem durch einen raschen fluktuierenden Wandel in der Arbeitswelt bestimmt.

Berufe haben sich im Laufe der Zeit sehr verändert – waren es früher sehr wenige aber dafür Berufe, die ein Leben lang ausgeübt wurden, so ist die Berufstätigkeit heute von einer starken Fluktuation gekennzeichnet. Den Beruf fürs Leben kann sich heute kaum noch jemand vorstellen. Vor allem durch einen schnellen technisch-ökonomischen Wan- del, dem viele Berufe heute unterliegen, muss sich der Mensch ständig neu anpassen und flexibel sein (vgl. Schelten 2015, S. 43). Durch ein vielfältiges Angebot der Erwachse- nenbildung (Fort- und Weiterbildungen, Zusatzausbildungen, Lehrgängen usw.) ist es

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möglich, Anpassungsleistungen zu erbringen und sich stets beruflich weiterzuentwickeln oder auch umzuorientieren. Trotz der verlangten Flexibilität des Berufes darf nicht ver- gessen werden, dass ein Beruf wesentlich für den Sinn des Lebens eines Manschens ist und dieser einen wesentlichen Beitrag zur Identitätsbildung eines Menschen leistet. Der Beruf bleibt auch heute „ein lebensbestimmender Faktor, über den eine Identitätsfindung des Menschen erfolgt und sein Einkommen gesichert wird“ (Schelten 2015, S. 43). Auch Udo Müllges (1991) beschreibt die Wichtigkeit des Berufes für den Menschen in seinen Schriften zur Berufspädagogik.

„Die Relevanz, erst recht die Dominanz der Erwerbs- und Berufstätigkeit ist nicht nebensächlich oder beliebig, sondern geradezu sinnstiftend für die Huma- nität. Die beeinflu[ss]t das menschliche Antriebs- und Verhaltensgefüge, die geistigen Interessen wie die Charakterbestimmung, das Weltverständnis wie die Handlungsverantwortung, das Selbstwertgefühl der Person wie die soziale Ein- ordnungsbereitschaft usw. Ohne diese ‚berufsbildenden’ Grunderfahrungen samt ihrer gedanklichen Verarbeitung bleibt auch die Menschlichkeit funda- mentlos und substanzlos, weil es ihr an existenziell verbindlichen Gehalten und Richtmaßen mangelt“ (Müllges 1991, S. 180).

Wenn Beruf so verstanden wird, dass er eine essentielle Rolle in unserem Leben spielt, von dem unser Handeln abhängt und auch unsere soziale Realität bildet, wird uns erst der Wert und die Rolle eines Berufes in unserem Leben bewusst. Es ist also nicht verwunder- lich, wenn Menschen immer wieder neue Berufe für sich entdecken, Fortbildungen ma- chen und Umschulungen besuchen. Denn hier sind sie auf der Suche nach einem Beruf, der ihrem Verständnis, ihrem Denken und Handeln entspricht und dem Leben Sinn gibt.

Dies spielt auch dann eine große Rolle, wenn Menschen den Beruf aus verschiedensten Gründen unterbrechen und dann wieder einsteigen wollen. Unter Umständen geht es da- bei um Gestaltungsmöglichkeit, soziale Anerkennung, Selbstwertgefühle und Selbstver- wirklichung. Auf dieses Thema werde ich im nächsten Kapitel „WiedereinsteigerInnen“

genauer eingehen. Nun möchte ich aber noch auf den Kompetenzbegriff in der Berufspä- dagogik näher eingehen.

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Der Kompetenzbegriff in der Berufspädagogik

Berufspädagogik beschäftigt sich unter anderem auch mit der Entwicklung von Methoden und didaktischen Ansätzen zur beruflichen Kompetenzentwicklung (vgl. Vonken 2015, S. 71). „Berufliche Kompetenzentwicklung ist nicht in Lehrgängen oder in herkömmli- chen Lehr- Lernprozessen möglich, sondern sie verlangt, will man dem Charakter der Entwicklung entsprechen, die Verlagerung beruflichen Lernens in die berufliche Situa- tion“ (Vonken 2015, S. 71). Handlungskompetenz kann sich nur, wie in vorherigen Ka- piteln bereits angeführt wurde, durch eine Vernetzung von Theorie und Praxis entwi- ckeln. In beruflichen Alltagssituationen kann sowohl Theorie und Praxis gleichzeitig ge- lernt werden – beispielweise durch den Austausch mit KollegInnen und das Ausprobieren sowie dem Lernen durch Fehler. Der Gedanke etwa, Kompetenzen erzeugen zu können, wird abgelöst von dem Gedanken, dass Kompetenzen Möglichkeiten zur Entwicklung benötigen (vgl. Vonken 2015, S. 71). Schwierigkeiten hat die Berufspädagogik damit, zu bestimmen, welche beruflichen Kompetenzen genau gemeint sind und wie diese über- prüfbar wären (Vonken 2015, S. 71). Laut Vonken würden Betriebe vor allem „möglichst flexible, selbstständige, selbstverantwortliche“ Menschen als kompetent wahrnehmen (vgl. Vonken 2015, S. 71). Diese Begriffe sind aber unterschiedlich definierbar und be- dingen auch die Möglichkeit, flexibel, selbstständig oder selbstverantwortlich sein zu können (vgl. Vonken 2015, S. 71).

Berufliche Weiterbildung

Die berufliche Weiterbildung bezieht sich in dieser Arbeit nun nicht auf die zuvor er- wähnte berufliche Fortbildung, sondern eher auf den gesamten Bereich der Bildung von Erwachsenen im sogenannten quartären Bildungssektor.

Weiterbildungen sind Maßnahmen der Erwachsenenbildung (Andragogik), welche in be- rufliche und nicht-berufliche Weiterbildungen differenziert werden. Die nicht-berufliche

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Weiterbildung wird auch als freie, allgemeine oder private Weiterbildung bezeichnet (vgl.

Schelten 2015, S. 103). Die berufliche Weiterbildung macht heute einen Großteil der Weiterbildungen aus. „Die berufliche Weiterbildung bezeichnet alle Formen der Fortset- zung oder der Wiederaufnahme organisierten arbeits- und berufsbezogenen Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Berufsbildungsphase und in der Re- gel nach Aufnahme einer Berufstätigkeit“ (Schelten 2015, S. 103).

Weiterbildungen sind durch formelle und informelle Lernfelder gekennzeichnet. Unter formellem Lernen wird zum einen institutionalisiertes Lernen verstanden, zum anderen aber auch systematisches Lernen in nicht staatlichen Bildungsinstitutionen wie zum Bei- spiel bei Berufsverbänden oder in Betrieben (vgl. Schelten 2015, S. 103f). Unter infor- mellem Lernen wird in der Weiterbildung vor allem folgendes verstanden: „Das infor- melle Lernen erfolgt in Lebens- und Arbeitszusammenhängen außerhalb von Bildungs- institutionen. Es ist ein funktionales Lernen in der Arbeitstätigkeit und betrifft das Erfah- rungslernen in der Arbeitstätigkeit“ (Schelten 2015, S. 104).

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WiedereinsteigerInnen/BerufsrückkehrerInnen

Der Beruf der Kinderbetreuerin/des Kinderbetreuers ist ein überwiegend frauentypischer Beruf. Durch genauere Betrachtung ist dies auch nicht verwunderlich, da er die Betreuung und Erziehung von Kindern zur Aufgabe hat und diese sowohl eine urtypische Aufgabe der Frau ist, als auch eine niedrige Entlohnung mit sich bringt. Die Anforderungen und Tätigkeiten sind aber durchwegs anspruchsvoll und setzen eine hohe Belastbarkeit vo- raus. Einige Frauen haben bereits mit jungen Jahren den Wunsch mit Kindern zu arbeiten und beginnen die Ausbildung zur Kinderbetreuerin mit 18 Jahren. Viele von ihnen wären gerne Kindergartenpädagoginnen geworden, haben aber die Aufnahmeprüfungen nicht geschafft und sich mit dem Beruf der Kinderbetreuerin zufriedengegeben. Wieder andere Frauen, welche aber den größten Anteil der Kinderbetreuerinnen ausmachen, haben sich nach einer Familienphase oder auch in einem zweiten Bildungsweg für die Ausbildung zur Kinderbetreuerin entschieden. Da diese Personengruppe eine sehr große Zielgruppe der Ausbildung zur/zum KinderbetreuerIn darstellt, möchte ich in diesem Kapitel näher auf die WiedereinsteigerInnen/BerufsrückkehrerInnen eingehen.

4.1. Gründe für einen Berufsausstieg – eine Situationsanalyse Unter dem Begriff „WiedereinsteigerInnen“ wird alltagssprachlich der Wiedereinstieg in das Berufsleben nach der Kinderbetreuungszeit bzw. auch der Karenzzeit, oder einer an- deren familienbedingten Berufsauszeit, verstanden.

Der häufigste Grund aus dem Berufsleben auszutreten ist für Frauen und Männer die Ge- burt eines eigenen Kindes. Dabei ergeben sich gravierende Änderungen des alltäglichen Lebens (vgl. Statistik Austria 2011, S.51). „Bei Paaren kommt es mit der Geburt eines Kindes oftmals zu einer Re-Traditionalisierung der familiären Rollen“ (Statistik Austria 2011, S.51). Unter Re-Traditionalisierung wird gemeint, dass auch wenn beide Partner vor der Geburt des Kindes erwerbstätig sind, so unterbricht die Mutter meistens ihre Er- werbsarbeit für die Betreuung des Kindes (vgl. Statistik Austria 2011, S.51).

„In Österreich ist die Strategie der sequenziellen Vereinbarkeit von Kinderbe- treuung und Beruf stark verankert. Vor allem für noch sehr junge Kinder wird eine Erwerbstätigkeit zumindest für einen bestimmten Zeitraum unterbrochen,

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um sich in dieser Zeit der Kinderbetreuung zu widmen, im Gegensatz zu einer Strategie, die ein gleichzeitiges Nebeneinander von Erwerbstätigkeit und Kin- derbetreuung vorsieht“ (Statistik Austria 2011, S. 51).

Während im Jahr 2010, 92,9% der Männer mit Kindern unter 8 Jahren berufstätig wa- ren, waren nur 67,5% der Frauen mit Kindern unter 8 Jahren erwerbstätig (vgl. Statistik Austria 2011, S. 52). Dies zeigt deutlich, dass es für nur sehr wenige Männer, aber für wesentlich mehr Frauen, eine Veränderung in der Erwerbstätigkeit gibt, wenn eigene Kinder betreut werden müssen. Insgesamt sind es nur 6,4% aller berufstätigen Männer, die für die Kinderbetreuung ihre Arbeit unterbrechen (vgl. Statistik Austria 2011, S. 52).

Im Gegensatz dazu haben 87,3% der erwerbstätigen Frauen für die Betreuung ihrer Kin- der unter 8 Jahren, ihre Berufstätigkeit unterbrochen (vgl. Statistik Austria 2011, S.52).

Interessant in der Studie der Statistik Austria ist auch noch die Tatsache, dass österrei- chische Frauen ihren Beruf häufiger für die Kinderbetreuung unterbrechen (89,4%), als Frauen ohne österreichische Staatsbürgerschaft (77%) (vgl. Statistik Austria 2011, S.52).

„Eine mögliche Erklärung dafür könnte die finanzielle Notwendigkeit sein, wa- rum Migrantinnen ihre Erwerbstätigkeit seltener über die Mutterschutzfrist hin- aus unterbrechen. Unter Migrantinnen ist die Erwerbstätigenquote generell nied- riger als bei den österreichischen Frauen. Jene, die einer Erwerbstätigkeit nach- gehen, tun dies wahrscheinlich verstärkt aus finanziellem Druck, wodurch eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit zu noch größeren finanziellen Engpässen führen würde“ (Statistik Austria 2011, S.52).

In Bezug auf die Ausbildung zur Kinderbetreuerin ist dies ein wichtiger Gesichtspunkt, der Berücksichtigung finden sollte. Wenn Frauen ohne österreichische Staatsbürgerschaft einer Erwerbstätigkeit nachgehen, tun sie dies meist durch einen finanziellen Druck. In der Ausbildung zur Kinderbetreuerin/zum Kinderbetreuer finden sich auch immer wieder Frauen mit Migrationshintergrund, die in Österreich einen Beruf erlernen möchten, oder nach der Zeit der Kinderbetreuung wieder in einen Beruf einsteigen möchten. Wenn hier- bei finanzielle Ressourcen maßgebend sind, sollte dies auch bei den Kurskosten, bei dem finanziellen Aufwand für einen Deutschkurs oder auch bei der zeitlichen Dimension der

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Nicht nur finanzielle Gründe (und vor allem nicht nur bei Frauen ohne österreichischer Staatsbürgerschaft!), sondern auch „strukturelle Rahmenbedingungen wie in etwa eine ausreichende Verfügbarkeit von geeigneten Betreuungsangeboten“ (Statistik Austria 2011, S.53) sind ausschlaggebend für die Dauer der Unterbrechung. Beeinflusst wird diese auch durch die Arbeit selbst, die unterbrochen wird – welche Erfahrungen damit gemacht wurden (positiv/negativ) – sowie durch verschiedene Faktoren wie flexiblen Ar- beitszeiten, Entfernungen zum Wohnort usw. (vgl. Statistik Austria 2011, S.53). Auch das Bildungsniveau hängt eng mit der Unterbrechungsdauer zusammen. Durchschnittlich unterbrechen von den Personen, die ihren Beruf unterbrechen, Männer 8 Monate lang und Frauen 22 Monate ihren Beruf, bevor sie Wiedereinsteigen.

„Unterschiedliche Dauern einer Erwerbsunterbrechung von Frauen zeigen sich vor allem nach der höchsten abgeschlossenen Schulbildung. Frauen mit höherer Bildung (Matura, Universität) steigen früher wieder ins Erwerbsleben ein als Frauen mit höchstens Pflichtschulabschluss, Lehrabschluss oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule“ (Statistik Austria 2011, S.56).

Abbildung 6 Unterbrechungsdauer Frauen/Männer (Statistik Austria 2011, S. 54)

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Dies wird unter anderem in folgender Grafik der Statistik Austria deutlich:

Wie in den vorhergegangenen Seiten schon erwähnt wurde, haben BerufsrückkehrerInnen verschiedene Gründe, warum sie wieder in das Berufsleben zurückzukehren wollen.

Diese Gründe können beispielsweise in ökonomische oder persönliche Faktoren einge- teilt werden. Oft können es sich Familien auf Dauer nicht leisten, mit nur einem Einkom- men auszukommen. Gerade bei alleinerziehenden Müttern oder Vätern geht es vorrangig um eine Existenzsicherung. Aber auch die Unabhängigkeit vom Partner/der Partnerin könnte einen Beweggrund für eine Berufsrückkehr liefern. Zu den persönlichen Gründen würden zum Beispiel auch die Selbstverwirklichung und der Wunsch, Karriere zu ma- chen, zählen. Beides verlangt einen Wiedereinstieg in das Berufsleben nach einer Fami- lienphase/Krankheit, etc.

Aus den verschiedenen Gründen für das Aussteigen aus dem Beruf, ergibt sich teilweise auch die Dauer, bis zum Wiedereinstieg. So bleiben Frauen und Männer häufig für die Betreuung ihrer Kinder zuhause und nehmen ihre Berufstätigkeit wieder auf, wenn das Kind/die Kinder in eine Kinderbetreuungseinrichtung aufgenommen wird/werden. Einige davon kehren aber auch erst wieder in den Beruf zurück, wenn die Kinder älter als 8 oder 15 Jahren sind. Ebenso bei der Pflege von beeinträchtigen oder älteren Menschen kann Abbildung 7 Unterbrechungsdauer nach höchster Ausbildung (Statistik Austria 2011, S. 57).

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die Unterbrechung sehr stark variieren. Meistens spielen jedoch ökonomische und per- sönliche Gründe zusammen, wieder in den Beruf einzusteigen. Neben den Gründen für den Wiedereinstieg, gibt es auch etliche Gründe, warum die Berufsphase unterbrochen wird. Diese sind sehr vielfältig und können etwa in freiwillige oder unfreiwillige Berufs- unterbrechungen eingeteilt werden. Dazu zählen beispielsweise:

freiwillige Unterbrechungen durch: unfreiwillige Unterbrechungen durch:

 Betreuung von Kindern

 Weiterbildungen

 Umzug

 Andere persönliche Gründe

 (längere) Arbeitslosigkeit

 Krankheit

 Pflege hilfsbedürftiger Familienange- höriger

4.2. Probleme beim Wiedereinstieg

„Aufgrund einer längeren beruflichen Auszeit ist es möglich, dass die zuvor adäquate Ausbildung nicht mehr am neuesten Stand ist, die Interessen der Familie einen hohen Stellenwert einnehmen und Vorurteile gegenüber einer berufstätigen Mutter allgegenwär- tig sind“ (Ramsenthaler 2012, S. 40 zit. n. Kapeller 1999, S. 43).

Es sind hauptsächlich Frauen, die eine Unterbrechung des Berufes in Kauf nehmen müs- sen, wenn sie eine Familie gründen. Beim Wiedereinstieg in den Beruf haben sie oft Schwierigkeiten, die es zu bewältigen gilt. Neben dem Druck, finanziell wieder auf eige- nen Beinen stehen zu wollen aber auch die Existenzsicherung, gilt es sich auf dem Ar- beitsmarkt zu beweisen.

„Sowohl die deutschsprachige als auch die internationale Forschungsliteratur sind durch eine generelle Einigkeit darüber geprägt, dass hinsichtlich der Auf- gabenverteilung zwischen den Partnern und der Verteilung der Hausarbeit im Besonderen nach wie vor ein beträchtliches Ungleichgewicht zwischen den Ge- schlechtern besteht. Dabei wird einerseits ein quantitatives Ungleichgewicht zu Lasten der Frau konstatiert, dass trotz der zunehmenden Erwerbsbeteiligung der Frau eine erstaunliche Stabilität aufweist.“ (Buchebner-Ferstl/Rille-Pfeiffer 2008, S. 7)

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Dieses Zitat macht sichtbar, dass die Frau in der heutigen Zeit einer enormen Doppelbe- lastung ausgesetzt ist, wenn sie sich sowohl für einen Beruf als auch Kinder entscheide.

Neben den Belastungen durch den Haushalt, die Betreuung der Kinder und den berufsbe- zogenen Anstrengungen, kommen vielfach auch noch subjektive Hürden in Bezug auf das fortgeschrittene Alter, fehlendem Selbstvertrauen und der langzurückliegenden Aus- bildung hinzu (vgl. Ramsenthaler 2012, S. 40).

„Erschwerend hinzu kommen die steigenden Anforderungen am Arbeitsmarkt, weil Fle- xibilität, Dynamik und die Bereitschaft Überstunden zu leisten, schwer mit den der Frau zugeschriebenen Haus- und Familientätigkeiten in Einklang gebracht werden können“

(Ramsenthaler 2012, S. 40). Somit muss sich eine Frau mit Kindern auch noch einem enormen Konkurrenzdruck aussetzen, um am Arbeitsmarkt sozusagen mithalten zu kön- nen.

„Der Wandel überkommener Berufsstrukturen, die Veränderung von Qualifika- tionsprofilen, die ‚Schulung für eine Existenz in der modernen Gesellschaft‘

(Dieter Mertens) erfordert permanente Anpassungsleistungen im Beruf, im ge- sellschaftlich- politischen sowie im persönlichen Bereich, wobei sowohl intel- lektuelle, emotional-mentale Fähigkeiten und Sozialkompetenzen angesprochen werden. Insgesamt wird von den Mitarbeitern die permanente Fähigkeit erwar- tet, sich den veränderten gesellschaftlichen, ökonomischen und kulturellen Ver- änderungen geschmeidig anzupassen (…)“ (Olbrich 2001, S. 357).

Dieses Zitat verdeutlicht die wachsenden Ansprüche der Gesellschaft auf das Individuum.

Es wird ständige Lernbereitschaft, Anpassungsbereitschaft und Flexibilität vorausgesetzt, damit Qualifikationen aufrechterhalten werden können und Wissen nicht „veraltet“. Dies erfordert ein enormes Ausmaß an Leistungsbereitschaft von jedem Einzelnen. Personen, die eine Zeit aus dem Berufsleben ausgetreten sind und sich entscheiden, nach einer Pause wieder in den Beruf einzusteigen, sehen sich auf Grund des generellen Druckes am Ar- beitsmarkt nun mehrfach belastet. Denn sie müssen auch die „verlorenen“ Fähigkeiten und das Wissen der Zeit der Berufspause nachholen. Dieser sogenannte „Verlust“ an Wis- sen und Fähigkeiten, kann auch als Humankapitalentwertung verstanden werden. Oftmals

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stellen gerade Flexibilität und die Bereitschaft überdurchschnittliche Leistungen zu er- bringen, eine Herausforderung für Personen nach der Familienplanung- also im Speziel- len für Frauen, dar.

4.3. Humankapitalentwertung

Unter Humankapital werden sowohl Schul- und Berufsausbildungen verstanden, als auch Fähigkeiten wie die Übernahme neuer Aufgaben, Zuverlässigkeit, Lernfähigkeit und die Teamfähigkeit (vgl. Sesselmeier 1997, 27f). In der Phase der Familiengründung verlieren Frauen häufig Fähigkeiten und Eigenschaften in Bezug auf ihr Humankapital sowie auch Fachwissen (vgl. Feider 2006, S. 25). „Gleichzeitig ändern sich während der Unterbre- chungszeit Berufsbilder, Arbeitstechniken und Einsatzbereiche“ (Feider 2006, S. 25). Der Verlust ihrer Qualifikationen und die gesellschaftlichen Veränderungen während dieser Zeit, fordern Frauen beim Wiedereinstieg in den Beruf in besonderem Maße. Dies veran- schaulichen auch Engelbrecht und Kraft in einer 1992 veröffentlichten Studie. Sie befrag- ten mittels Briefen 19 000 Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten – die Rücklaufquote lag bei mehr als 60%. Von den Befragten ist ein Viertel der Betriebe der Ansicht, dass Frauen auf keinen Fall länger als zwei Jahre den Beruf unterbrechen sollten, auch wenn sie nur einfache berufliche Tätigkeiten überhaben (vgl. Feider 2006, S. 25 zit. n. Engel- brecht/Kraft 1992). „80% der Unternehmen erachten einen über drei bis fünf Jahre dau- ernde Unterbrechung als schädlich. Für qualifizierte Tätigkeiten gehen mehr als die Hälfte der Unternehmen davon aus, dass eine Unterbrechung von mehr als ein bis zwei Jahren zu lang ist“ (Feider 2006, S. 25 zit. n. Engelbrecht/Kraft 1992). Diese Ergebnisse zeigen deutlich auf, dass je länger Mütter aus dem Beruf ausscheiden, desto schwieriger wird es für sie, wieder in den Beruf zurückzufinden und ihre Tätigkeiten im Betrieb wie gewohnt weiterzuführen. Gerade Unternehmen nehmen die Familienzeit der Mütter als sehr negativ wahr. „Die Familienzeit der Frauen wird vor allem von Unternehmen immer noch als dequalifizierend angesehen, als Lücke im Lebenslauf“ (Feider 2006, S. 25f).

Dabei könnten auch positive Faktoren innerhalb einer Erwerbsunterbrechung ins Licht gerückt werden. Obwohl die Frau an Fachwissen in bestimmten Bereichen verliert und auch gewisse beruflich-verwertbare Eigenschaften verloren gehen, so gewinnt die Frau aber auch an Fähigkeiten hinzu. Denn auch die Familie kann als Lernort (informell) be- trachtet werden – Sozialkompetenzen, Selbstkompetenzen und auch kommunikative Kompetenzen werden in dieser Phase ganz besonders ausgebildet (vgl. Feider 2006, S.

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26). Diese so genannten Schlüsselqualifikationen, sind sowohl für das Privat- als auch Berufsleben von großem Vorteil und könnten in beruflicher Hinsicht als Qualifikations- gewinn anerkannt werden. Gerade diese Kompetenzen sind es oft, die Frauen und Männer in beruflichen Weiterbildungen erwerben sollen/müssen (vgl. Feider 2006, S. 26).

Auch für die Ausbildung zur KinderbetreuerIn/zum Kinderbetreuer bzw. zur Tagesmut- ter/zum Tagesvater entscheiden sich häufig Frauen, die die Ausbildung in einem zweiten Bildungsweg besuchen oder nach der Familienplanung wieder zurück in das Arbeitsleben möchten, dies wird auch in der Auswertung der Fragebögen sichtbar. Der Beruf der Kin- derbetreuerIn ist auch deshalb für Frauen vorteilhaft, weil er in vielen Fällen gut mit ei- genen Kindern verbunden werden kann (Öffnungszeiten, Ferien, Teilzeitarbeit, etc.).

Auch die Arbeit mit den Kindern, schließt an den Tätigkeiten und aktuellen Interessen der Familie und der Frauen an. Natürlich bringen einige Faktoren davon, wie zum Bei- spiel Teilzeitarbeit auch negative Folgen mit sich – in etwa bei der Entlohnung oder bei den Versicherungszeiten für die Pension. Hier ist sozialpolitisch auf jeden Fall noch Ar- beit nötig, um Frauen gerechtere Chancen auf angemessene Entlohnung und eine faire Anrechenbarkeit der Pensionszeiten, durch Ausfall bei der Kinderbetreuung etwa, zu er- halten.

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