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Sind Brackets gesund oder gewerblich?

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Liebe Leserin, lieber Leser,

die sich drastisch ändernden Rahmenbedingungen für unser Leben betreffen nicht nur die Energiekosten und das Klima.

Ein prägnantes Beispiel aus dem zahnmedizinischen Bereich ist die Diskussion um den Nutzen einer kieferorthopädischen Behandlung. So hat die Deutsche Agentur für Health Tech- nology Assessment (DAHTA) des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) kürzlich geprüft, ob sich die finanziellen Aufwendungen einer festsitzenden kieferorthopädischen Behandlung für die Ge- sundheit der Patienten auf längere Sicht lohnen. Der Bericht stellt einen Mangel an publizierten Beweisen zum lang- fristigen Gesundheitsnutzen und an einer wissenschaftlich abgesicherten Indikationsstellung fest. Neben der Aufforde- rung zu mehr Forschung werden auch Auswirkungen auf die Honorarsysteme angedeutet.

Nun mögen sich jene freuen, die einen Kieferorthopäden kennen, in dessen Garten das Gras viel grüner ist als im eigenen. Aber hier geht es um mehr als die Kieferorthopädie.

Das Diktat der Zukunft lautet eher folgendermaßen: Alle zahnmedizinischen Interventionen, deren lebensverlängernde Wirkung oder Verbesserung der Lebensqualität nicht bereits durch wissenschaftliche Studien belegt ist, dürfen früher oder später nicht mehr freiberuflich angeboten werden. Auf diese Weise könnte man viele Bereiche der Zahnmedizin unter Rückgriff auf eine moralisierende Pseudoethik abschießen und letztendlich zur gewerblichen Dienstleistung auf Ver- langen degradieren.

Nun lässt sich in etlichen medizinischen und zahnmedi- zinischen Feldern ein Mangel an publizierter Versorgungs- forschung feststellen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig.

Jetzt werden aber Studien über den langfristigen Therapie- erfolg dringend eingefordert, um das Indikationsspektrum weiter einzuschränken und so Kosten im Gesundheitswesen zu senken. Die Methode funktioniert nach dem öffentlichkeits- wirksamen Motto: Verlangt nicht so viel Honorar für eine Therapie, deren wissenschaftlicher Nutzen nicht erwiesen ist.

Das klingt doch besser als die Botschaft „Die Krankenkassen- beiträge steigen, aber das Leistungsspektrum sinkt“.

Nachdem nun ein mehrstelliges Millionenbudget für das DIMDI sowie das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) zur Verfügung steht, um den Mangel an Beweisen zu identifizieren, muss man sich fragen, wer Studien über den Therapienutzen eigentlich finanziert.

Die staatlichen Förderungsprogramme zur Versorgungs- forschung reichen kaum für die Medizin aus, die Industrie sponsert sicherlich keine Forschung, die die Heilkunde ledig- lich billiger machen soll, und die Deutsche Forschungsge- meinschaft fördert eher die Grundlagenforschung. Da aber zur Existenzsicherung unseres Fachgebietes entsprechende klinische Studien benötigt werden, bleibt eigentlich nur, immer mehr Netzwerke aus niedergelassenen Kollegen und Hochschulen zu bilden, um langfristig gemeinsam die not- wendigen Daten methodisch korrekt zu sammeln.

Selbstverständlich müssen wir alle zahnärztlichen Maß- nahmen kontinuierlich dahingehend ausrichten, dass der gesundheitliche Nutzen für unsere Patienten optimiert wird.

Und natürlich sollte man auch ernsthaft darüber diskutieren, was die Solidargemeinschaft finanzieren muss und was nicht.

Aber es sollte bitte nicht so getan werden, als gäbe es in diesem Zusammenhang moralische oder ethische Aspekte einer Verteilungsgerechtigkeit. Gleichzeitig wird nämlich das Prinzip der Kostenerstattung erschwert oder unmöglich ge- macht, um die Begrenztheit des Versicherungssystems nicht jederzeit für die Patienten erfahrbar zu machen. Insofern werden wissenschaftlich eigentlich sinnvolle methodische Instrumente missbraucht, um offensichtliche Klientelpolitik zu betreiben. Dies ist das Gegenteil von Gerechtigkeit und führt auch nicht zu einer Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung.

773

Quintessenz 2008;59(8):773

EDITORIAL

Sind Brackets gesund oder gewerblich?

Prof. Dr. Michael J. Noack Chefredakteur

Ihr

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