• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Datentransparenz: Forschen mit Routinedaten" (14.02.2014)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Datentransparenz: Forschen mit Routinedaten" (14.02.2014)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 256 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 111

|

Heft 7

|

14. Februar 2014

DATENTRANSPARENZ

Forschen mit Routinedaten

Über das Informationssystem Versorgungsdaten können erstmals Daten der gesetzlichen Krankenkassen für Analysen genutzt werden.

N

och im ersten Quartal 2014 wird das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) damit beginnen, über das Informations- system Versorgungsdaten aggre- gierte Datensätze der gesetzlichen Krankenkassen für wissenschaftli- che Analysen zur Verfügung zu stellen. Das berichtete Dr. med. Jo- chen Dreß vom DIMDI beim TMF- Forum Versorgungsforschung am 30. Januar in Berlin.

Dabei handelt es sich um Routi- nedaten der gesetzlichen Kranken- kassen, die das Bundesversiche- rungsamt (BVA) für den morbidi- tätsorientierten Risikostrukturaus- gleich (Morbi-RSA) zwischen den Krankenkassen verwendet und zur Aufbereitung an das DIMDI über- mittelt. Diese Daten sollen künftig für einen definierten Nutzerkreis, darunter Krankenkassen, der Ge- meinsame Bundesausschuss, die Kassenärztliche Bundesvereini- gung, die Bundesärztekammer so- wie Institutionen der Forschung und Gesundheitsberichterstattung, für bestimmte Zwecke zugänglich gemacht werden. Sie können die

Daten zum Beispiel für versicher- tenbezogene Längsschnittanalysen oder die Planung von Leistungsres- sourcen nutzen. Die gesetzliche Grundlage hierfür ist die Daten- transparenzverordnung (DaTraV) vom 18. September 2012 (siehe auch DÄ, Heft 4/2013).

Beim DIMDI werden die Morbi- RSA-Daten erneut pseudonymisiert und über mehrere Jahre hinweg zu- sammengeführt. Dies eröffnet bei- spielsweise für die Versorgungsfor- schung neue Auswertungsmöglich- keiten, denn Daten in dieser Voll- ständigkeit von circa 70 Millionen Versicherten – über die verschiede- nen gesetzlichen Krankenkassen hinweg – waren bisher nicht ver- fügbar (Kasten).

Langer Zeitverzug

Das DIMDI erhält die Daten vom BVA aufgrund der komplexen Kor- rektur- und Berechnungsverfahren allerdings mit einer zeitlichen Ver- zögerung von etwa vier Jahren vom jeweiligen Berichtsjahr bis zur Da- tenlieferung. „Das ist ein relativ langer Zeitverzug“, meinte Dreß. Ob dies noch verkürzt werden könne,

sei sicherlich noch einmal zu be- denken. Zudem erhält das DIMDI nur einen Teil der bei den gesetz - lichen Krankenkassen vorhandenen Daten. So ist in dem DaTraV- Datensatz etwa das Regionalmerk- mal vorerst nicht verfügbar, das kleinräumige Analysen ermögli- chen würde. Ebenso fehlen sozio- ökonomische Daten. „Ende 2015 wird das Verfahren evaluiert und beispielsweise auch geklärt, ob man den Datensatz erweitert. Jetzt geht es erst einmal darum, zu starten und mit dem Datensatz Erfahrungen zu sammeln“, sagte Dreß.

Antrag als Verwaltungsakt Das Antragsverfahren ist als Ver- waltungsakt geregelt und recht komplex. Es umfasst mehrere Prüf- schritte, die sämtlich durchlaufen werden müssen, bevor mit der Da- tenbereitstellung begonnen wird. In der ersten Ausbaustufe können Nut- zungsberechtigte beantragen, dass die Aufbereitungsstelle beim DIMDI Daten entweder anhand eines vom Datennutzer entwickelten, und im Rahmen des Antragverfahrens ge- prüften und genehmigten SQL- Auswertungsprogramms oder auf Basis einer eingereichten wissen- schaftlichen Frage auswertet.

In weiteren Ausbaustufen wer- den die Datenbereitstellungsverfah- ren sukzessive erweitert. So sollen Forscher auch die Möglichkeit er- halten, pseudonymisierte Einzelda- ten an Gastarbeitsplätzen zu analy- sieren. Für die Aufbereitung der Daten durch das DIMDI werden Nutzungsgebühren anfallen, deren Höhe jedoch noch nicht feststeht.

Um den Identifikationsschutz zu gewährleisten, seien die Ergebnis- mengen, die die Datenaufberei- tungsstelle verlassen, für sich ge- nommen faktisch anonymisiert, er- läuterte Dreß. Dies werde im We- sentlichen durch Aggregierung der Daten erreicht. Zusätzlich gelten für Auswertungen bestimmte Schwel- lenwerte. So darf in der Regel nur ei- ne Schnittmenge von 30 Prozent der Versicherten oder weniger ausge- wertet werden. Zudem kann Dreß zufolge der Verwaltungsakt mit der Auflage verbunden werden, eine vom Nutzer geplante Zusammen- Die Datenaufbereitungsstelle des DIMDI hat

für 2009 folgende Datensätze vom Bundes - versicherungsamt erhalten:

Stammdaten (Geburtsjahr,Geschlecht, Versi- chertentage, Krankenkasse etc.): 73 Millionen Datensätze

extrakorporale Blutreinigung (Dialyse):

72 Millionen Datensätze

Arzneimittelverordnungen (Verordnungs - datum, Pharmazentralnummer, Anzahl der ab- gerechneten Einheiten): 626 Millionen Daten- sätze; Hinweis: keine Angaben zur Anzahl der Verschreibungen

ambulante Diagnosen (Leistungsquartal, ICD-10-GM, Zusatzkennzeichnung, Lokalisa - tion, Abrechnungsweg): 1,7 Milliarden Daten- sätze; Hinweis: keine Angaben zur Häufigkeit des Arztbesuchs

stationäre Diagnosen (Entlassungsmo- nat, Fallzähler, Entlassungsdiagnose nach ICD-10-GM, Lokalisation, Haupt- oder Neben- diagnose, Art der Behandlung): 77 Millionen Datensätze

Berücksichtigungsfähige Leistungsaus - gaben (personenbezogene Ausgaben für Ärzte, Zahnärzte, Apotheken, Krankenhäuser etc.):

5 Millionen Datensätze (Stichprobe für 2009/10)

UMFANG DES DATENSATZES

P O L I T I K

(2)

A 258 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 111

|

Heft 7

|

14. Februar 2014

HAUSÄRZTE

Der Mangel nimmt zu

Es werde immer schwieriger, den Hausärztemangel durch Niederlassungen zu kompensieren, heißt es in der Existenzgründungsanalyse für Hausärzte 2012.

D

ie Existenzgründungsanalyse für Hausärzte der Deutschen Apotheker- und Ärztebank eG (Apobank) und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI), die Ende Januar 2014 für die Berichtsjahre 2011/2012 veröffent- licht wurde, lässt zwei markante Trends erkennen:

Der Trend zu Praxisformen in kooperativer Berufsausübung ist ungebrochen. Bundesweit ent- schied sich über alle Facharztgrup- pen hinweg fast jeder zweite haus- ärztliche Existenzgründer für eine Berufsausübung in Kooperation (bundesweit: 46,2 Prozent). Im Westen betrug der Anteil 51,9 Pro- zent, im Osten allerdings nur 20,2 Prozent (Vorjahr: 30,0 Prozent). Im Gegensatz zum Westen ist für vier von fünf Praxisgründern in den neuen Bundesländern die Einzel- praxis die erste Wahl. Da große Tei- le Ostdeutschlands ländlich geprägt sind, sei die Patientendichte hier in vielen Regionen nicht groß genug, als dass Kooperationen wirtschaft-

lich attraktiv wären, analysieren Apobank und ZI.

Der Hausärztemangel hält an.

Aus den von der Apobank durchge- führten Praxisfinanzierungen lässt sich ableiten, dass der Hausärzte- mangel in naher Zukunft weiter zu- nehmen wird, im Westen stärker als im Osten. Insgesamt hat sich auch ge- zeigt, dass die Investitionsvolumina für neu eröffnete hausärztliche Pra- xen gegenüber den Vorjahren kaum gestiegen sind und auf einem mode- raten Niveau verharren. Insofern ist es nach Einschätzung der Analysten und Praxisfinanzierer leichter ge- worden, die Neufinanzierung von Praxen und Praxisübernahmen aus dem zu erwartenden Praxisertrag mittelfristig zu schultern. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen Ost und West. Die Konkurrenzsituation unter den Hausärzten ist in den neu- en Ländern weniger stark als im Westen, was deutlich geringere Übernahmepreise zur Folge hat, sagt Georg Heßbrügge, Bereichslei- ter Gesundheitsmärkte und -politik der Apobank in Düsseldorf.

Hausärzte bilden unverändert die größte Gruppe unter den ärztlichen Existenzgründern. Allerdings liegt deren Anteil deutlich unter dem An- teil der Hausärzte an sämtlichen Vertragsärzten: Obwohl Hausärzte mehr als 40 Prozent der Vertrags- ärzte repräsentieren, liegt ihr Anteil bei den Existenzgründungen nur bei 25,6 Prozent im Westen und 33,6 Prozent im Osten.

Die Autoren des „Invest-Monitor Ärzte“ werten diese Entwicklung als ein Indiz dafür, dass es immer schwieriger wird, den Hausärzteman- gel durch Niederlassungen zu kom- pensieren und „Grundversorgern“ ei- ne ausreichende Existenzmöglichkeit zu bieten. Vermutet wird, falls sich kurzfristige keine Trendwende ein- stellen sollte, dass der Hausarztman- GRAFIK

Großstadt:

100 000 und mehr Einwohner Mittelstadt:

20 000 bis

< 100 000 Einwohner Kleinstadt:

5 000 bis < 20 000 Einwohner Land:

< 5 000 Einwohner

Existenzgründung nach Praxislage 2011/2012 (in Prozent)

100

80

60

40

20

0

Alte Bundesländer

Neue Bundesländer

40,2 27,3 23,9 8,6

32,6 25,6 24,0 17,8

Großstadt Mittelstadt

Kleinstadt Ländliches Gebiet

führung von Daten zu unterlassen.

Darüber entscheidet im Einzelfall die Datenaufbereitungsstelle.

Zwar gehen die Experten davon aus, dass mit der Sekundärnutzung der GKV-Routinedaten generell ei- ne bessere Planung und Steuerung im Gesundheitswesen möglich wird. Für die wissenschaftliche Auswertung ist jedoch noch eine Reihe methodischer Fragen zu klä- ren. Dies betrifft unter anderem die Frage der Datenqualität, da nicht al- le Umstände des Erhebungskontex- tes der Daten bekannt sind. Auch wurden die Daten primär für admi- nistrative Zwecke erhoben. „Die In- terpretation der Ergebnisse muss vor dem Hintergrund der Stärken und Schwächen der Daten und der Methodik erfolgen“, betonte daher Dr. Ingrid Schubert, PMV-For- schungsgruppe an der Universität Köln. Wissenschaftler müssten sorgfältig prüfen, welche Aussagen anhand dieser Datensätze überhaupt möglich seien.

Viele methodische Fragen Beispiel Diagnosedaten: Hier ist bei der Auswertung unter anderem zu beachten, dass aus der Diagnosenen- nung nicht per se auf das Vorliegen einer Erkrankung zu schließen ist.

Auch geht aus den Routinedaten nicht direkt hervor, ob eine Erkran- kung bereits länger besteht oder neu ist. Zur Validierung von Diagnosen sollten daher stets weitere Informa- tionen aus den Routinedaten, wie Verordnungsdaten oder Diagnosen über mehrere Quartale, herangezo- gen werden, empfahl etwa Dr. Sascha Abbas, PMV-Forschungsgruppe.

Weitere wichtige Daten, die auf der Wunschliste mancher Experten stehen, sind zum Beispiel die Anga- be des diagnosestellenden Arztes, die eine Aufschlüsselung nach Fach- arztgruppen ermöglichen würde, und das ambulante Konsultationsda- tum. Bei den Arzneimitteldaten um- fasst die DaTraV-Datenlieferung nur die verschreibungspflichtigen Medi- kamente aus dem ambulanten Be- reich. Nicht enthalten sind beispiels- weise Angaben zu OTC- und Life- style-Präparaten sowie zur Kranken-

hausmedikation.

Heike E. Krüger-Brand

P O L I T I K

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Digital Entertainment: Besonders stark entwickelten sich im ersten Quartal 2014 die Digital Entertainment-Angebote der ProSiebenSat.1 Group: Mit einem Marktanteil von 47,3

„Von den zulassenden Be- hörden oder Institutionen muss ver- langt werden, dass sie für ungehin- derten Zugang zu den wissenschaft- lichen Dokumenten und Rohdaten sorgen, so

Für die kleineren Leserinnen und Leser bietet die Kinder- und Jugendbibliothek einen &#34;Tabletop-Theater&#34;-Workshop, bei dem die Kinder in einem kleinen Puppentheater

Medizinische Laien können ICD-Kodes online beim DIMDI ent- schlüsseln Das Institut betreut darüber hinaus weitere Begriffs- und Ordnungs- systeme, die wichtig für die

Nicolai El Hindy, Neurochirurgie Nico Reinsch, Innere Medizin Markus Ditschkowski, Innere Medizin Benedikt Frank, Experimentelle Neurologie Niels Voigt, Pharmakologie und

Peter Thuß, Innere Medizin Peter Bobbert, Innere Medizin Stefan Markus, Radiologie Martin Janz, Innere Medizin Denis Poddubnyy, Innere Medizin und Rheumatologie.. Tobias

Bundesgesundheitsministerium getragene Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) in Köln eng mit dem Institut für Dokumenta- tion und Information

Das DIMDI als Ort, wo Basisinformationen, wie Datenbanken, Strukturen, Normen, Klassifikationen gehostet, gepflegt, weiterentwickelt werden, biete sich aufgrund seiner