© Anästh Intensivmed 2015;56:95-96 Aktiv Druck & Verlag GmbH
Mitteilungen 95
Communications
Briefe an die Herausgeber
Letters to the Editor
Leserbrief zu:
Akute Pankreatitis
F. Fiedler (Anästh Intensivmed 2014;55:577-593) C. Ertmer · H. Van Aken
Too much of a good thing
In dem Artikel „Akute Pankreatitis“ gibt Professor Fiedler eine sehr lesenswerte Übersicht über die Ätiologie, Patho- physiologie und Therapie der akuten Pankreatitis [1].
Die Empfehlungen zur Volumentherapie dürfen allerdings nicht unwidersprochen bleiben. Im Hintergrund der aktuellen Evidenz darf keine am zentralen Venen- druck (ZVD) orientierte Volumentherapie mehr empfohlen werden. Es ist bekannt, dass die Höhe des ZVD nicht mit dem Volumenstatus [2,3], wohl aber mit der Inzidenz von Letalität und Komplikatio- nen korreliert [4,5]. Des Weiteren sollten pragmatische Angaben einer Mindestin- fusionsmenge (hier: „mindestens 250- 300 ml/h i.v.“ oder „im Einzelfall mehr als 10 l/24 h“) unterbleiben, da nicht nur eine zu geringe, sondern insbesondere auch eine zu liberale Infusionstherapie dramatische Folgen für Morbidität und Letalität haben [4,6,7]. Es werden schließlich auch keine Mindestdosierun- gen für Katecholamine angegeben. Nicht zuletzt ist eine Orientierung der Infu- sionsmenge an der Diurese als äußerst kritisch zu betrachten, da insbesondere die Schwerstkranken häufig eine oligu- rische akute Nierenschädigung zeigen, die nicht auf Volumentherapie reagiert.
Bei diesen Patienten ist eine Flüssigkeits- überladung besonders deletär [6,7].
Literatur
1. Fiedler F: Akute Pankreatitis. Anästh Intensivmed 2014:55:577-593 2. Marik PE, Baram M, Vahid B: Does
central venous pressure predict fluid responsiveness? A systematic review of the literature and the tale of seven mares.
Chest 2008;134(1):172-178
3. Marik PE, Lemson J: Fluid responsiven- ess: an evolution of our understanding.
Br J Anaesth 2014;112(4):617-620 4. Boyd JH, Forbes J, Nakada TA, Walley
KR, Russell JA: Fluid resuscitation in septic shock: a positive fluid balance and elevated central venous pressure are associated with increased mortality. Crit Care Med 2011;39(2):259-265
5. Legrand M, Dupuis C, Simon C, Gayat E, Mateo J, Lukaszewicz AC, Payen D: Association between systemic hemodynamics and septic acute kidney injury in critically ill patients: a retrospective observational study. Crit Care 2013;17(6):R278
6. Shum HP, Lee FM, Chan KC, Yan WW:
Interaction between fluid balance and disease severity on patient out- come in the critically ill. J Crit Care 2011;26(6):613-619
7. Payen D, de Pont AC, Sakr Y, Spies C, Reinhart K, Vincent JL: A positive fluid balance is associated with a worse outcome in patients with acute renal failure. Crit Care 2008;12(3):R74.
Stellungnahme zum Leserbrief Herzlichen Dank den Kollegen Dr.
Ermter und Professor Van Aken, die in Ihrem Leserbrief [1] zu meinem Artikel [2] zu recht auf eines der schwierigsten Probleme der Intensivmedizin, die ad- äquate Volumentherapie, hinweisen. Es ist unstrittig, dass sowohl ein zu wenig als auch ein zu viel an Flüssigkeitssub- stitution zu schweren Schädigungen des kritisch Kranken führen kann. Die Schwierigkeit ist jedoch, dass man zwar eine theoretische Vorstellungen hat, wie ein adäquater Volumenstatus aussehen sollte, für den klinischen Alltag jedoch keine Vorgehensweisen etabliert sind, sich diesem theoretischen Ziel zu nähern.
Eines der zentralen pathophysiologi- schen Phänomene der schweren akuten Pankreatitis ist die initiale Hypovolämie mit Volumenmangelschock. Deshalb ist die Stabilisierung des Volumenhaus- haltes eines der zentralen Ziele der Initialtherapie. Die dazu notwendige initiale Volumentherapie sollte, wie im Artikel ausgeführt, im Sinne einer „early goal-directed“-Therapie erfolgen [2].
Das heißt, im Sinne eines „Plan-Do-Act- Check“-Zyklus wird nach Hypothesen- bildung (Hypovolämie) eine Therapie initiiert (Volumengabe), der Therapieer- folg wird geprüft (anhand vorgegebener Zielparameter), die Ursprungshypothese wird geprüft, und der Zyklus beginnt von vorne. Im Rahmen einer solchen Vorgehensweise werden auch von den großen Fachgesellschaften in Ermange- lung evidenzbasierten Wissens durchaus sehr pragmatische Ratschläge erteilt, die in meinem Artikel zitiert sind [2]. So