264.
Zu Canaan's Artikel „Die Wintersaat in Palästina",
ZDMG. 70, 164—178.
Von R. Mlelek.
In dankenswerter Weise hat Canaan, der bekannte Jerusalemer
Arzt, ein Stück palästinensischer Landwirtschaft bis ins Kleinste
geschildert und einen äußerst reicben Beitrag zur Terminologie und
Technologie geliefert. Seine Angaben sind besonders verläßlich, da
s er geborener Palästinenser ist. Aber gerade als Eingeborener weiß
er am besten, daß es kaum möglicb ist, ein solches Thema er¬
schöpfend zu behandeln. Er selbst .schreibt S. 164 (und wiederholt es S. 178): „Mit dieser Zusammenstellung ist dieses spezielle Thema noch nicht erschöpft, da man in den verschiedenen Teilen Palästinas
10 immer neuen Ausdrücken begegnet". Nach diesen Worten eines
Kenners wie Canaan wird es nicbt wundernehmen, wenn es mir
während meines Kriegsaufenthaltes in Palästina 1916—1918 gelang,
unabhängig von Canaan's Arbeit, die mir leider erst nach meiner
Rückkehr aus der Türkei zn Gesicht gekommen ist, zusammen mit
15 einem schriftkundigen Eingeborenen nocb einige andere Ausdrücke
zu notieren und Abarten des Geräts aufzunehmen. Benennungen
wechseln , wie ich bei anderen Aufnahmen feststellen konnte , oft
schon innerhalb eines engbegrenzten Raumes. Keine Verbesserungen,
sondem nur einige wenige Ergänzungen sollen die folgenden Zeilen
ao bieten. Die heutigen Verhältnisse gestatten mir nicht, mich mit
Dr; Canaan, der mir an Ort und Stelle stets bereitwilligst Aus¬
künfte erteilte, in Verbindung zu setzen. So mögen diese Zusätze
auch ohne eine Nachprüfung seinerseits den Weg in die Öffentlich¬
keit nehmen.
25 Zu S. 169, Z. 2. Außer sikke und mihrät hört man auch 'üd.
Z. 4. käbüse: Im Vulg.-Arab. hat kabasa die Bedeutung:
darauf drücken, einen Druck ausüben. Es liegt also in dem Worte
käiüse gleichzeitig ausgedrückt, daß der Bauer durch das'Aufsetzen
der linken Hand einen Druck auf den ganzen Pflug ausüben muß,
so um ein Heransspringen desselben aus der Ackerfurche zu verhüten.
kabasa wird speziell aucb in solchem Sinne gebraucht. Die käbüse,
die aus einem einfach zurechtgeschnittenen länglichen Holz^) be-
1) Nicht, wie es nach der Abbildung in Bauer's, von Canaan herangezogenen
„Volksleben im Lande der Bibel« (2. Aufl., S. 137) scheint, einer Art runden Platte.
Mielelc, Zu Canaanis Artikel „Die Winter »aat in Palättina"^. 265
steht , hat in der Mitte ein Loch , in das die Sterze hineingreift
Vielfach ist die käbüse überhaupt kein besonderer Teil, sondern
besteht aus einem Stück mit der Sterze und wird nnr stumpfertig
durch eine kurz gekappte Astgabelung gebildet, die vom Pfluge
weg nach hinten zeigt. t
Z. 8. dakar: Besteht die Sterze nur aus einem Teil, so ist
dakar auch Benennung für das ganze Stück. Sie ist unten etwas
breiter und läuft dann spitz aus; diese Spitze wird (wohl wegen
ihrer Form) fidschle (eine Rettichart) genannt.
Z. 10. Für die Spitze der Pflugschar auch räs, für den Flügel lo
auch udn.
Z. 20. Der untere, gebogene, Teil des Pflugbaumes auch birk,
der obere, gerade, auch wa^le. Die äußere Krümmung des unteren
Stumpfes des birk, durch den der Sterz hindurchführt, heißt Zye*).
Z. 23. nätik notierte ich auch aus Jerusalem; erklärt wurde i5
es mir als das an den dakar und den birk „Stoßende" (nafaka
„stoßen"). Um dem näfik, der gegen den Sterz gestemmt ist,
mehr Halt zu geben und ein Weggleiten nach oben zu verhindern,
wird am Sterz entlang ein hölzenier Keil*), «cAa</c'genannt, in den
nätik getrieben. Auch ist vielfach aus gleichem Gmnde noch ein so
kleiner Keil oder Pflock, bajjür, seitlich in den dakar oberhalb
des näfih eingelassen. Ferner ist auch am anderen Ende des
Winkelstückes ein kleiner Keil, kirde, in den birk oder burdsck
hineingetrieben.
Z. 25. Für den kalaka genannten eisemen Ring auch ßk. u
Z. 26. Der hölzerne Keil auch massa oder krä'. .
Z. 27 fi". Es kommt auch vor, daß der burdsch oäer birk, die
kuddamije und der jäsül überbaupt nur aus einem Stück sind;
ich sah dies besonders in Nordpalästina (Gegend von Nazaretb).
Der Pflugbaum besteht dann aus einem dünneren, natürlich ge- so
bogenen Baumstamme, von dem nur Aste und Rinde abgeschnitten,
bezw. abgeschält sind, vom Wuraelstück bis zur Krone ; eine weitere
Bearbeitung zeigt der Pflugbaum kaum, er ist auch an seiner Spitze
in den meisten Pällen nicht gekappt. Das Joch wird mit Stricken
an diesem Stamm festgebunden. Daneben sieht man aber auch s5
Pflüge, bei denen nahe an der Spitze ein hölzerner Haken, katribe,
angebracht ist, um in das Joch eingehakt zu werden. Der Trans¬
port des Pfluges gestaltet sich so, daß er umgekehrt, d. h. mit
seinem Sterz und der Spitze für die eiserne Pflugschar nach oben,
seitlich an den Tragesattel eines Esels angebunden wird. Die Spitze 40
des Pfluggestelles läßt man dabei auf dem Erdboden nachschleifen.
1) Nicht hindurchgeht, wie bei Bauer a. a. O., S. IST.
..of 2) So wird «uch der Fettschwanz der Schafe genannt (klass. . KaJ t von Vj).
3) In der Abbildung bei Bauer Nr. 12 auf dem linken Teii der Abbildung.
266 Mielck, Zu Canaan's Artikel „Die Wintersaat in Palästina".
Z. 30. nir bezeichnet sowohl das ganze Joch mit allen seinen
einzelnen Teilen, als anch im besonderen das Querholz.
Z. 35. Für die an den Enden des Joches befindlichen Zapfen
oder Haken wurde mir in Jerusalem hbläni angegeben, für die von
diesen herabhängenden aus Haar gefiochtenen Strickchen znäk. In
der Mitte des Querholzes befinden sich zwei hölzerne Keile, acha-
harije; zwischen diesen liegt der Strick oder (meist) der Leder¬
riemen, achar'ije, mit dem das Joch an den Pflug gebunden ist.
Vielfach hält die um Querholz und schakarije gebundene achar'ije
auch nur eine Art hölzernen (röhrenen) oder eisernen Ringes, mit
dessen Hilfe das Joch dann nicht an den Pfing gebunden, sondern
an diesen angehakt wird.
Z. 41. Pfiügen mit gemischtem Gespann (Maultier-Esel, Ochse-
Esel, S. 167, Z. 32) sieht man vorwiegend in der Jerusalemer Gegend.
S. 170, Z. 6. Die spatenartige eiserne Spitze auch jäbüf.
Z. 8. Neben zughi auch ztght.
S. 175, Z. 23 ff. Die Tenne ist in Palästina eine Dorf- oder
Gemeindetenne, auf der die ganze Dorfbewohnerschar gleicbzeitig
gemeinsam nebeneinander arbeitet. Sie liegt direkt am oder vor
dem Dorfe oder doch wenigstens in nächster Nähe und leicht und
bequem von dort zu erreichen. Das Getreide wird, oft weither,
von den Feldern dortbin gebracht und erst hier, nicht schon auf
den Feldern selbst, ausgedroschen. Die Tenne bleibt natürlich nicht
unbewacht; aber des Abends begeben sich die Leute ins Dorf
zurück*). Ein stärkerer Schutz ist wegen der Nähe der Tenne auch
nicht nötig.
S. 176, Z. 17 fi". Der möradsch besteht meist aus zwei bis drei 1) Klein, „Mitteilungen über Leben, Sitten und Gebräucbe der Fellachen in Palästina' in ZDPV. IV, S. 73 schreibt: Der Fellach „lebt zu dieser Zeit eigentlicb auf der Dreschtenne und manches Dorf ist nun, wenigstens, was die Männer betrifft, ganz ausgestorben." Das Icann sich aber nur auf das Leben am Tage bezieben. Die Leute kehren abends in ihr Dorf zurück. Das er¬
möglicht eben schon die Lage der Tenne. Mir ist während meines Aufenthaltes in der Türkei gerade der Unterschied zwischen den Sitten in Palästina (Gegend von Jerusalem, Gegend von Ramleh, Lydda, Nablus, Tulkarm etc.) und denen im Taurus (Bergdörfer in der Umgegend von Bozanti), also in türkischer Gegend, aufgefallen. Dort sind die Dörfer während der Erntezeit tatsächlich ausgestorben.
Aufier einigen alten Frauen ist kaum jemand im Dorfe zu sehen. Alles ist draufien bei der Ernte auf den oft stundenweit entfernten Feldern. Man lebt dort Tag und Nacht mit der ganzen Familie, auch der nötigste Hausrat und selbst das ganze Federvieh fehlen nicbt. Als Unterkunft für die Nacht und gleichzeitig zum Schutz gegen den Sonnenbrand sind unmittelbar neben der Tenne, die mitten auf dem Felde ist, in primitiver Art aus Gestrüpp Hütten erricbtet. Das Korn wird gleich gedroschen, geworfelt und gesiebt vom Felde eingebracht. Korn und Häcksel werden in grofie Säcke aus Ziegenbaaren ge¬
füllt und im Dorfe direkt vom Rücken der Tragetiere durch eine Öffnung in den von oben her leicht zugänglichen Dächern der an den Bergbang angeklebten Häuser in den Vorratsraum geschüttet. Ein weiterer Unterschied ist der, dafi es dort keine gemeinsame Dorftenne gibt, sondern dafi eine jede Familie ihre Tenne allein, oft weit von den anderen entfernt, hat.
Mielck, Zu Canaan'* Artikel „Die Wintersaat in Palästina". 2^(57
aneinandergefügten dicken Brettern, deren vordere Enden ein vfenig
in die Höhe gebogen , bezw. winklig nach oben geschnitten sind.
Auf der Oberseite sind zwei Querhölzer, sef pl. sjüf, aufgenagelt (die
Nägel reaae.pl. rizzät), von denen das vordere mit seinen Enden
über die Kanten des möradsch hinüberragt'^). An diesen vor- 5
ragenden Enden werden die Zugstricke befestigt. Die Enden der
Bretter bis zu diesen Querhölzern heißen mkaddam el-möradsch
und m'ahhar el-möradsch. Vereinzelt findet man auch eine Ver¬
steifung durch zwei Hölzer, die einander parallel rechtwinklig von
dem vorderen Querholz weg zur hochgebogenen Spitze führen und lo
auf dem möradsch aufgenagelt sind*).
Neben der von Canaan beschriebenen Zugvorrichtung kommt
auch noch eine ändere vor. Es befinden sich in den vorderen, hoch¬
gebogenen Enden der Bretter zwei Löcher, durch die von unten
Stricke durchgezogen sind. An den Enden dieser Stricke sind is
hölzeme spitzwinklige Haken*), m'äkil, angebunden, die in zwei auf
dem vorderen Querholz angebrachte eiserne Binge, zird, eingehakt
werden. Diese Ringe selbst werden durch Nägel oder Haken, rizze
oder razze, gebalten, die durch das Holz des möradsch durchge¬
schlagen und deren Spitzen dann auf der Unterseite desselben seitlich so
umgeschlagen sind. Bei dieser Zugvorrichtung greift das vordere
Querholz nicht über den Rand des möradsch hinaus, sondern schließt
mit diesem ab. Die beiden Stricke sind in kurzem Abstand vom
Dreschschlitten an die Enden eines kurzen Stockes 'asa, gebunden,
und von diesem auseinandergehalten ; diese Stricke heißen marasa 25
pl. mräs. Die Bedeutung dieses Stockes wurde mir damit erklärt,
daß er Schutz gegen das Ausschlagen des Pferdes bieten soll.
Ebenfalls an den Enden dieses Stockes sind die eigentlichen Zug¬
leinen, hibäl, gebunden, die dann an der von Canaan beschriebenen
kaddäne, für die auch die Benennung nir vorkommt, befestigt sind, so
Die kaddäne ruht aber nicht auf dem iklil (auch klile), zu dessen
Füllung auch Kleie verwandt wird, sondern ist vor diesen auf den
Hals des Pferdes gesetzt, so daß der iklil den beim Ziehen nötigen
Halt und Widerstand leistet. Bei der von mir beschriebenen Zug¬
vorrichtung werden die hibäl in doppelter Weise gehalten, erstens 35
1) S. die Abbildungen bei Bauer, a. a. 0.*, S. 145 u. 147. Man wird aber kaum einen derartigen exakt gearbeiteten, wie auf 8. 145 abgebildeten, Drescbscblitten finden.
2) Wie mir gesagt wurde, sollen in Palästina aucb Drescbscblitten vor¬
kommen, deren Unterseite nicht mit Basaltsteinen, sondern mit parallel laufen¬
den eisernen Kufen beschlagen ist. Ein Jerusalemer Jude, bei dem ich mir ein Modell eines möradsch machen lieS, lieferte mir unaufgefordert auch ein Modell dieser Art. Ich selbst habe solcbe jedoch nirgends geseben. Erwähnt werden sie aber von Musil, Arabia Petraea III, S. 301. Daß sie ferner auch anderswo in islamischer Gegend vorkommen, zeigte mir ein Stück aus Nord¬
afrika in der Schausammlung des Museums für Völkerkunde in Hamburg.
3) Wie die beim Verschnüren von Lasten auf Tragtieren verwendeten hölzernen Baken.
2 1
268 Mielck, Zu Canaan's Artikel „Die Wintersaat in Paläslina".
durch einen um den Leib des Tieres gelegten (iurt, hzäm, meistens
aus Leder, aber auch geflochten, bezw. gewebt, oder aus Stricken
bestehend, zweitens durch Stricke, hibäl el-hawa, die über eine
Art Sattel über den Rücken des Tieres fübren. ■ Diese Sättel
s mhaddät sind aus vier kleineren, aus mit Stroh gefülltem Sacktuch
bestehenden Eissen zusammengesetzt, je zwei auf jeder Seite, über
die dann wieder auf jeder Seite je zwei Holzstangen gelegt sind.
Das Ganze entspricbt also ungefäbr einem Tragesattel. Teilweise
ist unter die mhaddät noch eine Decke, farache, gelegt. Vom
10 Kopfgeschirr des Tieres seien noch genannt der Stirnriemen, 'adär
(klass.: 'idär), und der Riemen üm das Maul, raachme. Für das
Lenkseil neben riäh auch riähät.
In Palästina wird der möradsch meistens von einem Maultier
oder Pferd gezogen. Der darräs steht auf • demselben (daß er, wie
16 Canaan beschreibt, sich auf denselben setzt, habe ich nie gesehen)
und lenkt das Pferd oft unter lebhaftem Gesang, wie es scheint,
um dieses anzufeuern, und schnell in ziemlich kurzer Abwechslungs¬
folge bald links-, bald rechtsherum auf dem kreisförmig aufge¬
schütteten Getreide, fährt mit seinem Schlitten bald auch kreuz
«0 und quer darüber hinweg'^).
Beide Arten des Dreschens, durch Austreten und durch Be¬
nutzung des Dreschschlittens, sieht man überall gleichzeitig auf
einer Tenne mehrmals nebeneinander.
S. 177, Z. 4. Das Umdrehen des Getreides auf der Tenne
11 während des Dreschens geschiebt mittels einer einfachen natürlichen zwei-, vereinzelt auch mehrfingrigen Astgabel scha'üb.
Z. 13. Die eigentliche Worfelgabel, mdräje, bestebt aus einem
stärkeren viereckigen Querholz, das mit der einen Breitseite auf
einen Stiel, 'asäj, aufgesetzt ist und in dessen entgegengesetzte 30 Breitseite 5 sanft gebogene, etwas flache hölzerne Zinken, sabl'"^),
an der Spitze abgerundet, eingelassen sind*). Es kommen von dieser
Art auch sechszinkige Gabeln vor, ferner auch solche, bei denen zur
Versteifung noch ein Querholz über den fünf Zinken befestigt ist.
Wohl noch häufiger findet sich eine andere Art, die man wohl besser 86 Worfelschaufel, rafS, nennen würde; sie ist drei- bis fünf-, vereinzelt
auch sechszinkig. Die Zinken sind mit ihrem unteren Teil sorgfältig
aneinandergearbeitet und durch eine saubere, oft ziemlich breite
1) Ich gewann in Palästina einen ganz anderen Eindrack als im tUrkischen Orient und wie ihn auch die Abbildungen in Bierbaum's „Bilder aus Anatolien", S. 41 zeigt (dort auch eine wesentlich andere Zugvorrichtung als in Palästina) und wie es dort S. 42 beschrieben ist: „auf welchen die Frauen, oft mit ihren Kindern , hocken und gemütlich ihre Zigaretten rauchen uud mit einem langen Stecken die Zugtiere antreiben" (es sind dort Ochsen oder Büffel), Das Dreschen mit dem möradsch ist in Palästina Männer- bzw. Jünglingsarbeit, wäbrend das Antreiben der Tiere beim Austreten des Getreides Sache der Frauen und Kinder ist.
2) In dieser Aussprache für klass. asäbi'.
S) Etwa wie in der Abbildung bei Musil a. a. 0., S. 303.
2 1
Mielck, Zu Canaan's Artikel „Die "Wintersaat in Palästina". 269
Umschnürung auf dem Stiel befestigt; das Ganze gleicht fast einer
Hand*), zumal die Schaufel schwach gewölbt ist.
iL
Äjl^lX^ J^J
S. 178, Z. 15. l)as Sieben findet gleich auf der Tenne selbst
statt und ist Beschäftigung für alte Männer und für Frauen.
In der Transkription bin ich Canaan gefolgt, wenn auch manch¬
mal die Aussprache damit nicht ganz genau wiedergegeben ist.
Diese Zusätze erheben natürlich auch noch nicbt den Anspmch
auf Vollständigkeit. Man wird auch diese jederzeit weiter ergänzen
können.
1) Bei Musil ist a. a. O. eine siebenzinkige abgebildet; in Palästina habe ich siebenzinkige nicht gesehen. Sonst aber entspricht die Abbildnng etwa den von mir beschriebenen, besonders im nördlichen Palästina und Syrien gebräuch¬
lichen Worfelgabeln ; doch sind sie meistens sfbaufelartiger als in der Abbildung.
270
Zum Citralaksana.
Von J. Kirste.
In der im tibetischen Tanjur stehenden Abhandlung über Malerei
(herausgegeben und übersetzt von B. Laufer, Leipzig, 1913), die
auf ein indisches Original mit dem Titel citralaksana zurückgeht,
findet sich eine Legende über den ürsprung der Malerei , § 30 if.,
6 zu der ich mir einige Bemerkungen erlauben möchte. Der erste
Maler erhielt den Namen nagnajit „Bezwinger des Nackten", d. h.
nacb der Tradition der preta „Totengespenster", da er nämlich durcb
die bildliche Darstellung eines solchen denselben in seine Gewalt
bekommt, eine mit der orientalischen Auffassung von der magischen
10 Bedeutung von Nachbildungen , wozu im weiteren Sinne auch die
Personennamen gehören, durchaus übereinstimmende Vorstellung.
Da Laufer selbst (S. 138) darauf aufmerksam macht, so verstehe
ich nicht, weshalb er nagnajit im Sinne von „Nacktkünstler" anf¬
fassen will (S. 5 f ), als Benennung eines Malers , der den mensch-
16 liehen Körper in seiner Nacktheit studiert habe und dem es ge¬
lungen sei denselben darzustellen. DaB man dem Kompositum diese
Bedeutung beilegen könne, möchte ich vom indischen Standpunkte
aus bezweifeln, und ferner muß man doch billig fragen , wieso die
Malerei, die Kunst der Farbenwirkung, sich aus dem Studium der
20 Stellungen des einem ungeübten Auge gewiß einfarbig erscheinen¬
den menschlichen Körpers sollte entwickelt haben, wenngleich Laufer
(S. 31) dies für möglich hält. Zieht man in Betracht, daß die
Reliefs der buddhistischen Kunst, deren Anfänge in die ersten Jahr¬
hunderte V. Chr. zurückreichen, bemalt waren (Poucher, L'art greco-
26 bouddbique. Paris 1905. S. 198), so wird man, glaube ich, viel
eher geneigt sein, die indische Malerei aus dem Bemalen von Statuen
hervorgehen zu lassen , die ursprünglich den plumpen , bemalten
Holzfiguren unserer Kinderspielzeuge nicht unähnlich gewesen sein
dürften, bei denen die Farbe als Hilfsmittel der Verähnlichung auf-
3(1 getragen wird. Wenigstens erinnert die noch jetzt in Tibet übliche
Malmethode, von der die von Ribbach (Vier Bilder des Padmasam¬
bhava. Hamburg, 1917) veröfifentlichten bunten Tafeln eine an¬
schauliche Vorstellung geben, sehr an unsere kolorierten Bilderbogen
und es ist deshalb im höchsten Grade bedauerlich, daß Fpucher in