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KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN MACHEN

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Academic year: 2022

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KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN

MACHEN

L A N D E S S C H U L R AT F Ü R O B E R Ö S T E R R E I C H

PÄDAGOGISCHE SCHRIFTENREIHE

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Redaktionsteam:

BSA Gerhard AICHBERGER, Amt der oö. Landesregierung, Abt. Jugendwohlfahrt, Altstadt 30, 4021 Linz

(E-mail: Gerhard.Aichberger@ooe.gv.at) VOL Monika ANZENBERGER, VS 4631 Krenglbach, Krenglbach 28 (E-mail: m.anzenberger@eduhi.at) VOL Ulli BAUMGARTEN,

VS 4653 Eberstalzell, Am Schulberg 2 (E-mail: s418041@lsr-eduhi.at) Bernhard BAUMGARTNER, HS Hochburg-Ach,

Athalerstraße 1, 5122 Hochburg-Ach (Betreuungslehrer)

(E-mail: hs.hochburg-ach@eduhi.at) VD OSR Helmut BRUNNER, VS 5261 Uttendorf, Schulstraße 30 (E-mail: s404541@lsr.eduhi.at) VD IlseJAKOB,

VS 5389 Braunau-Laab, Höfterstraße 41 (E-mail: vs.braunau-laab@eduhi.at;

i.jakob@eduhi.at)

Prof. Elfie KAINZ-KAZDA, Päd. Institut d. Bd. in OÖ, Kaplanhofstr. 40, 4020 Linz

(E-mail: E.Kainz-Kazda@pi-linz.ac.at) LSI Mag. Franz KAPPELMÜLLER, LSR f. OÖ

(E-mail: franz.kappelmueller@lsr-ooe.gv.at) VD Helmut LOIDLund

VOL Brigitte LOIDL,

Im Höplingerhaus, 4822 Bad Goisern 17/3 (E-mail Helmut Loidl: s407101@eduhi.at;

arge@vsgoisern.ac.at

E-mail Brigitte Loidl: br.loidl@eduhi.at)

BSI RR Franz NÖSTERER,

BSR Freistadt, (E-mail: f.noesterer@ooe.gv.at) Prof. Dr. Johannes PÖGL,

Päd. Akademie des Bundes in OÖ, Kaplanhofstraße 40, 4020 Linz (E-mail: poeglj@pa-linz.ac.at)

SOL Eva Maria PRAMMER-SEMMLER, HS 4202 Hellmonsödt, Försterstraße 2 (E-mail: prammer-semmlere@pa-linz.ac.at;

Tel. Pädak: 0732/770401-184) RL Gertrude PREINER,

VS 2 Wels-Stadtmitte, Rablstraße 24, 4601 Wels

(E-mail: rpi.preiner@eduhi.at) VD Renate SCHEUCHENEGGER, Volksschule 4284 Tragwein, Schulstraße 4, (E-mail: s406311@eduhi.at)

SOL Waltraud STEINPARZ,

VS 14 Linz, Webergasse 1, 4040 Linz (Betreuungslehrerin)

(E-mail: w.steinparz@eduhi.at) LSI HR Mag. Herbert SAXINGER, LSR für OÖ.

(E-mail: Herbert.Saxinger@lsr-ooe.gv.at) LSI Dr. Elfriede SCHMIDINGER, LSR für OÖ.

(E-mail: Elfriede.Schmidinger@lsr-ooe.gv.at) BSI RR Alfred WIESINGER,

BSR Wels-Land

(E-mail: Alfred.Wiesinger@ooe.gv.at) LSI HR Dr. Anna WÜRLEITNER, LSR für OÖ.

(E-mail: Anna.Wuerleitner@lsr-ooe.gv.at) Martina ZINTL,

VS 4421 Aschach a.d. Steyr, Schulstraße 5 (E-mail: vs.aschach-steyr@eduhi.at)

KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN MACHEN

Herausgeberin: Landesschulrat für OÖ, Elfriede SCHMIDINGER

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I N H A L T

Vorwort des Präsidenten des LSR

Erlass des LSR f. OÖ: Kinder und Jugendliche, die uns Sorgen machen Volker, Klaus

Glückliche Schüler/innen

– berufszufriedene Lehrer/innen Kindheit und Jugend als kulturelles und gesellschaftliches Problem

Loidl, Brigitte, Prammer-Semmler, Eva

Regenbogenkinder: Bunte Vielfalt in unseren Klassen

Dernoschegg, Stefanie, Kiesenhofer, Emma, Lang, Agnes, Seyfried, Peter, Wiesmeyr, Othmar

Schulhauskultur als präventives Handeln Jakob, Ilse

Peer-Mediation – Schüler/innen als Streitschlichter/innen Zintl, Martina

Schaffung von kindgerechten Strukturenoder

Eine praxisgerechte Organisationsform für einen schüler/innen- und lehrer/innenfreundlichen Unterricht

Wiesmeyr, Othmar

Hilfe annehmen können im Kontext Schule Über Möglichkeiten und Angebote für Lehrer/innen Loidl, Helmut

„Wir bauen eine bunte Schule!“

Ein Handlungsleitfaden für Schulen mit einzelnen „besonderen“ Kindern &

Jugendlichen

Aichberger, Gerhard

Jugendwohlfahrt – ein Systempartner der Schule Ihre Sorge kann helfen ... Ein Gespräch lohnt sich immer!

Anzenberger, Monika

Die pädagogische Konferenz

– Ein möglicher Weg zum gemeinsamen Lösen schulinterner Aufgaben und Schwierigkeiten

Steinparz, Waltraud

Richtiges Handeln zum richtigen Zeitpunkt ermöglichen.

Steinparz, Waltraud

Kompetenzaufteilung in Krisensituationen Baumgartner, Bernhard

Checkliste als eine Möglichkeit der Dokumentation Seyfried, Peter

Krisenmanagement in der Schule

Erlass des LSR f. OÖ: Betreuung verhaltensauffälliger Schüler/innen;

Antragstellung/Koordination/Dokumentation Antragsformular

Kainz Kazda, Elfie, Brigitte und Helmut Loidl, Pögl, Johannes, Scheuchenegger, Renate

Fortbildungsreihe: „Kinder und Jugendliche, die uns Sorgen machen!“

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WIR STELLEN UNS DER BESONDEREN HERAUSFORDERUNG

D

ie Erziehung der Kinder und Jugendlichen ist eine Aufgabe der Eltern aber auch der Schule. Dieser Auftrag wird von vielen PädagogInnen zunehmend schwieriger erlebt.

Immer häufiger werden Verhaltensauffälligkeiten als schwer bewältigbare Herausforderung der eigenen Erziehungskompetenz erfahren. Wenn wir hohe Leistungsstandards erreichen wollen, müssen wir uns in Verantwortung gegenüber unseren SchülerInnen dieser besonderen Herausforderung stellen.

Die Publikation „Kinder und Jugendliche, die uns Sorgen machen“ soll hier Unterstützung bieten. Es wird einerseits aufgezeigt, welche Bedingungen in einer Schule und im Unterricht gegeben sein müs- sen, um möglichst wenige Erziehungsschwierigkei- ten entstehen zu lassen, andererseits aber auch, wie in Krisensituationen effektiv Unterstützung gegeben werden kann.

In einzelnen Fällen wird nur durch das Bilden von Netzwerken mit anderen unterstützenden Einrich- tungen, wie den schulpsychologischen Beratungs- stellen und der Jugendwohlfahrt, ausreichend Hil- fe möglich sein. Diese vom Landesschulrat für OÖ.

initiierten Netzwerke werden in diesem Werk vor- gestellt.

Um die manchmal sehr belastend erlebten Erzie- hungssituationen als Lehrerin und Lehrer bewälti-

gen zu können, reicht oft das Wissen um entspre- chende Maßnahmen nicht aus. Möglichkeiten der Entlastung durch professionelle Hilfe werden in dem Band aufgezeigt.

„Kinder und Jugendliche, die uns Sorgen machen“

ist auch Inhalt einer Fortbildungsreihe, die in allen Bezirken ab dem Wintersemester 2003/04 vom Pädagogischen Institut angeboten werden wird.

Die Fortbildungsveranstaltungen ermöglichen die zur Weiterentwicklung der eigenen persönlichen Kompetenzen notwendigen Reflexionen.

Ich danke den Autorinnen und Autoren dieser 3.

Nummer der pädagogischen Schriftenreihe des Landeschulrates für OÖ und der Arbeitsgruppe des LSR „Schulentwicklung im Grundschulbereich“

unter der Leitung von Frau LSI Dr. Elfriede Schmi- dinger, von der die Initiative für dieses Fortbil- dungspaket ausgegangen ist, herzlich für ihre pra- xisrelevante gediegene Arbeit.

Ihr

Fritz Enzenhofer

Amtsführender Präsident des Landesschulrates für Oberösterreich

VORWORT

F R I T Z E N Z E N H O F E R

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E

s gehört zu den Aufgaben der Schule, die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler/innen bestmöglich zu unter- stützen (§ 2 SchOG). Gesellschaftliche Veränderungen bewirken veränderte familiäre Erziehungssituationen. Es findet daher auch die Grundschule bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrages immer wieder veränderte, oft auch schwierige Bedingungen vor, denen sie ge- recht werden muss. Das Sorgetragen und die Übernahme der Verantwortung für eine ange- messene schulische Erziehung unter Berücksich- tigung der rechtlichen Rahmenbedingungen1 ver- hindert oder vermindert zumindest das Entstehen von schulisch bedingten Erziehungsschwierig- keiten und schafft die Grundlage für positive Lernentwicklungen.

Eine solche lernförderliche schulische Erziehungs- situation erfordert eine von den Schulpartnern gemeinsam gestaltete Schulhauskultur und die Berücksichtigung der kindlichen Bedürfnisse bei der Gestaltung des Schultages. „Die geteilte Verantwortung unter allen Erziehenden gibt den Einzelnen mehr Sicherheit, wirkt sich positiv auf die Einstellung der Schüler/innen aus und schafft eine Schulmythologie, mit der man sich identifi-

zieren kann“ (Guggenbühl). Peer Me- diation verstärkt eine derartige Schulhauskultur und fördert die Eigenverantwortung und Selbstän- digkeit der Schüler/innen. Sicher- heit bieten den Schülerinnen und Schülern im Unterricht auch geeig- nete Formen des „Classroom Ma- nagements“, die Kinder und Jugend- liche sowie Lehrer/innen entlasten.

Diese Maßnahmen helfen auch den Schülerinnen und Schülern, die auf Grund von eher zeitlich begrenzten Belastungssituationen, wie Entwick- lungskrisen, Verlust von Bezugspersonen, ver- änderten sozialen Strukturen (Klassen- bzw. Schul- wechsel), Über- bzw. Unterforderung (Familie, Schule) Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Richtiges Handeln zum richtigen Zeitpunkt wird mög- lich, wenn die Lehrer/innen das beobachtete Verhalten der Kinder bzw. der Jugendlichen und das eigene Verhalten der entsprechenden (Kon- flikt)-Phase zuordnen können. Soziales Lernen trägt dazu bei, Ansatzpunkte für Präventions- maßnahmen zu finden.

Um in herausfordernden Erziehungssituationen angemessene Entscheidungen zu treffen, sind die

KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN MACHEN

Anregungen, Chancen, Angebote

E R L A S S D E S L A N D E S S C H U L R AT E S F Ü R O Ö .

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Erlass des Landesschulrats für Oberösterreich

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Beratungsmöglichkeiten und Hilfsangebote innerhalb der Schule (Betreuungslehrer/innen, Mitarbeiter/innen der Sonderpädagogischen Zent- ren, Schulpsychologen/innen, Schulaufsicht) und außerhalb der Schule (Jugendwohlfahrt, Kinder- und Jugendanwaltschaft) zu nutzen. Oft sind pädagogische Konferenzen und in der Folge manchmal auch Helferkonferenzen geeignete Bedingungen, effektive Lösungen zu entwickeln, da damit für den jeweiligen Fall ein Netzwerkan Ressourcen aktiviert werden kann.

Auf Grund von schicksalhaften Ereignissen, wie Todesfällen, schweren Erkrankungen oder Suizid- gefahr können Krisensituationen entstehen, die eine besondere Belastung, aber auch eine erzieh- liche Chance darstellen, wenn entsprechende Interventionenerfolgen.

Verhaltensbehinderungen, die auf strukturelle psychische Mängel, wie langandauernde früh-

kindliche Beziehungsstörungen, langandauernde Krisen, traumatische Erlebnisse zurückzuführen sind, erfordern zusätzliche schulische Maßnah- men. Dies setzt die Feststellung eines sonder- pädagogischen Förderbedarfes voraus. Zur Vorbereitung der Feststellung eines sonderpäda- gogischen Förderbedarfes ist jedenfalls eine Helfer- konferenz unter Beiziehung des Sonderpädago- gischen Zentrums notwendig.

Die in diesem Erlass und in den Beiträgen der Veröffentlichung „Kinder und Jugendliche, die uns Sorgen machen“ angeregten Maßnahmen sind im wesentlichen die Möglichkeiten, wie in der Schule jenen Kindern und Jugendlichen, die uns Sorgen machen, entsprochen werden kann. Zur Professio- nalität des „Sorgetragens“ gehört aber auch das Erfahren und Akzeptieren von Grenzen der Verant- wortungsübernahme.

(B9-102/1-2003)

1 § 19 SchUG: Information der Erziehungsberechtigten und

„Frühwarnsystem“ bei auffälligem Verhalten

§ 44 SchUG: Gestaltung des Schullebens und Qualitätssicherung (schuleigene Hausordnung und Verhaltensvereinbarung)

§ 47 SchUG: Mitwirkung der Schule an der Erziehung (Erziehungsmittel)

§ 48 SchUG: Verständigungspflichten der Schule

§ 49 SchUG: Ausschluss eines Schülers

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D

ie Kindheit und die Jugend gibt es nicht.

Beide sind durch gesellschaftliche Zuord- nung zu sozialen Schichten, zu Regionen, zu Jugendkulturen, zu gesellschaftlichen Moden und durch oft recht unterschiedliche Verhaltens- muster sowie psychosoziale Faktoren definiert.

Endet das Kindsein mit der ersten Menstruation oder den ersten nächtlichen Samenergüssen?

Im großstädtischen Raum wurden bereits Menses mit 8 Lebensjahren festgestellt. Endet die Jugend mit 18 oder 21 Lebensjahren?

Früher konnten 21–25-jährige junge Erwachsene auf eine abgeschlossene Berufsausbildung zurück- blicken, hatten eine bereits stabilisierte politische Weltanschauung und zumindest begonnen, eine stabile Partnerschaft oder Ehe einzugehen. Heute ist vieles offener und unabgeschlossener. Ausbil- dungen dauern länger, sind bezogen auf das mögliche Berufsziel unsicherer geworden. Das lebenslange Lernen setzt sich wirklich durch, zumindest für den, der die Zeichen der Zukunft verstanden hat.

Weltanschauungen, vor allem politische, sind jugendlichen Menschen suspekter geworden und auch in späteren Jahren einem Wandel unter- worfen. Es gibt zwar ein hohes religiöses Bedürfnis (78%), aber eine ebenso hohe Kirchendistanz.

Sinn- und Wertorientierung scheinen schwieriger geworden zu sein. Das Finden eines richtigen Lebenspartners dauert heute gewiss länger, viele benötigen dazu zwei oder gar mehr Anläufe.

Offiziell spricht man vom 3. Lebensjahrzehnt mit dem Attribut „postadoleszent”, obwohl Jugend als gesellschaftlicher Wert und als Lebensstil sich weit ins 6. Lebensjahrzehnt erstrecken kann.

J. J. Rousseau hat vor mehr als 230 Jahren in seinem Entwicklungsroman ”Emile” erstmals deut- lich auf den Eigenwert und das Eigengewicht der kindlichen und jugendlichen Entwicklungsphasen hingewiesen. Diese sind eigentlich Verweilphasen, die nicht möglichst rasch zu durcheilen sind, son- dern ausgelebt werden müssen. Diese Erkenntnis gilt bis heute und ist wissenschaftlich hinreichend untermauert worden.

Nur wer (gemäß tiefenpsychologischer Entwick- lungspsychologie) entsprechend

Selbstgewissheit im Bewusstsein des Geliebt- werdens,

Autonomie, Selbstkontrolle und Sprachsicher- heit,

Fantasie und Ausdauer im Spiel,

Initiative beim Handeln und Gestalten sowie Geschlechtsrollenidentifikation

in der Kindheit erworben hat, ist offener und freier in der Bewältigung der Stürme in der Jugendzeit,

GLÜCKLICHE SCHÜLER/INNEN – BERUFSZUFRIEDENE

LEHRER/INNEN

Kindheit und Jugend als kulturelles und gesellschaftlliches Problem

D R . K L A U S V O L K E R

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ist auch offener für ein selbstgesteuertes Lernen und Handeln.

Aber Kindheit und Jugend stellen sich bei näherer Untersuchung als durchaus problematisch dar.

Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts prokla- mierte Ellen Key dieses zum ”Jahrhundert des Kindes”, und am Ende dieses Jahrhunderts verab- schiedeten die Vereinten Nationen die UN-Kon- vention über die Rechte des Kindes.

Dennoch scheint die Kindheit eine ”vergessene”

Kategorie der Bevölkerung zu sein. Im west-, nord- und mitteleuropäischen Raum droht das Jungsein eine zunehmend statistisch abnehmende Größe zu werden (von 30% 1890 auf 17% 1991; 2040: 13 %).

Bei der Frage nach der Qualität von Jungsein im gesellschaftlichen Kontext fallen zwei Wider- sprüche auf:

1. Einerseits werden bestimmte Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ignoriert (z.B. im Wohnbau, im Straßenverkehr, im Freizeit- bereich), andererseits erleben wir die totale Kommerzialisierung der Kinder und der Ju- gendlichen durch die Wirtschaft.

2. Einerseits ging es den Kindern und Jugend- lichen noch nie so gut wie heute (weitgehend repressionsfreie Erziehung, hohes Maß an Freizeit, subjektive Entfaltungsmöglichkeiten, hohes Maß an Gesundheit, ...), andererseits tauchen neuartige psychosomatische und psy- chosoziale Krankheiten und Beschwerden auf (Allergien, Asthma, Neurosen, Süchte, Selbst- mord, ...).

Sie zeigen, dass einem Teil der Kinder und Jugendlichen die Auseinandersetzung mit den Anforderungen des Lebensalltags in postmodernen Gesellschaften nicht hinreichend gelingt und dass trotz aller Fortschritte die Sicherung der Gesund- heit in vielen Bereichen auf eine neuartige Weise stärker gefährdet erscheint als in früheren Epo- chen. Dazu kommt, dass Kindheit und Jugend im kulturellen Entwicklungsprozess durchaus kritisch gesehen werden.

Philippe Aries (1978) sieht im Interesse an Erzie hung und der damit verbundenen ”Beschulung”

jenen Faktor, der ”Kindheit” erst geschaffen hat.

Glückliche Schüler/innen – berufsufriedene Lehrer/innen

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Damit sei aber der Rückzug der jungen Menschen in pädagogische „Ghettos“ verbunden, der ihnen einen Verlust an unmittelbarer Erfahrung und Freiheit gebracht habe.

Lloyd de Mause (1980) stellt die Interaktion zwischen Kindern und Erwachsenen als „evolu- tionäre Errungenschaft“ dar. Kindheit sei in früher- en Jahrhunderten für die Betroffenen häufiger ein Alptraum gewesen, während gegenwärtig Kindheit in der Regel lebenswerte Startbedingungen ermög- liche.

Allerdings wird nahezu zeitgleich von Neil Post- man (1983) das ”Verschwinden der Kindheit” be- klagt. Die modernen Medien nivellieren den Unterschied zwischen Erwachsenenwelt und Kinderwelt dadurch, dass Kindern mit Hilfe des Fernsehens und der dabei verwendeten Bilder- sprache der Zugang zum Wissen und den Geheim- nissen der Erwachsenen tagtäglich ermöglicht werde. Für Elkind (1991) werde Kindheit durch den Stress, der Kindern heute zugemutet wird, zerstört. Kinder werden von Eltern, Schule und Medien ”permanent gehetzt”, sie sind gezwungen, auf ständige Veränderungen schnell zu reagieren und Verantwortung, die sie überfordert, zu über- nehmen. All dies versetze Kinder in einen emotio- nalen Stress, der dazu führe, dass sie frühreif und pseudoerwachsen werden.

Schon im Grundschulalter spüren Kinder heute die Vorteile und die Nachteile einer offenen, kommer- ziellen Gesellschaft. Sie hetzen schrankenlos durch die TV-Kanäle, doch dieses Angebot ist relativ, die Freiheit schmeckt schal. Viele Kinder leben in kaputten oder desorganisierten Familien, erfahren Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit der Eltern, soziale Armut und seelische Beraubung.

Die Kinder der Gegenwart stehen eigentlich mitten im Ernst des Lebens. Vielfach sind Kindergarten, Schule und Freizeit zu Arbeitsplätzen geworden.

Zeit für Gespräche und für die Verarbeitung von Wirklichkeit ist rar und das Fehlen dieser Zeit wird von jungen Menschen allgemein beklagt. So schreibt ein Achtjähriger in einem Deutsch-Auf- satz: ”Da mühen sich die Eltern jahrelang, uns das Sprechen beizubringen, und dann reden sie nicht mehr mit uns”. Mehr als 50 % der 17-jährigen

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Gymnasiasten und Gymnasiastinnen in Österreich geben an, dass nach 19.00 Uhr (Fernseh-Vorabend- programm) ”zu Hause Stummfilm” herrsche, also nicht mehr sinnvoll kommuniziert werde.

Einige besonders sensible Kinder und Jugendliche reagieren auf alle diese entwicklungsgefährdenden Faktoren mit einer Art von ”Diktatur der Bedürftig- keit”, flüchten in Traumwelten oder verschaffen sich durch Clownerien, Radau, Aggression und Gewalt sowie durch andere Formen auffälligen Verhaltens Luft.

Gerade in den Schulen wird das zum fast unlös- baren Problem: Schüler/innen zeigen ein sehr hohes Maß sozialer Unangepasstheit und geistiger Ablenkbarkeit bzw. Schwierigkeit, sich zu konzen- trieren, Intoleranz und Unfähigkeit zuzuhören.

KINDLICHE UND JUGENDLICHE VERARBEITUNGSMUSTER

Jugendliche sind nach dem Gießener Sozialpsycho- logen Hans-Jürgen Wirth „Seismographen“ der Gesellschaft, die „frühzeitig auf psychische und soziale Konflikte in allen Lebensbereichen mit offenem Leiden, mit Angst und Protest“ reagieren (Psychologie heute,1992, S.65).

Lehrer/innen neigen aus eigener Alltagserfahrung dazu, Verhaltensauffälligkeit mit hohem Störungs- potential, Aggressivität und Gewalt mit dem männ- lichen Geschlecht zu verknüpfen. Kinder und Jugendliche reagieren allerdings unterschiedlich auf die Belastungen des Lebens: Die einen leben ihre Verunsicherung und Angst aggressiv oder explosiv nach außen, die anderen fressen ihre Ängste in sich hinein, reagieren regressiv und implosiv.

Nach einer Studie an 586 Wiener Schülern und Schülerinnen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren sind 11,3 Prozent der Befragten als depressiv einzustufen. Die Mädchen des als depressiv einzu- stufenden Anteils machen fast drei Viertel aus. Das mag aber mit der höheren Bereitschaft der Mäd- chen zusammenhängen, eher „ehrlich“ über ihre Ängste und Gefühle Auskunft zu geben als die Burschen. Nach dieser Studie gibt es zwei unter- schiedliche Störungsbilder: depressive Jugendliche

KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN MACHEN

mit einem stark ängstlichen Schwerpunkt und Jugendliche mit einem stark aggressiven Schwer- punkt. Leistungsängste, soziale Isolierung, geringe Frustrationstoleranz sind Merkmale der meist in Mischformen auftretenden Angststörung (A. Nuss- baumer nach SN vom 31. Mai 2002).

Bei der Verarbeitung von Wirklichkeit lassen sich drei Grundmuster unterscheiden (Mischformen sind natürlich möglich):

Aggressives Verarbeitungsmuster

Umweltreize, innere und äußere Konflikte lösen Unsicherheit bzw. unterschiedliche Grade von Angst aus: Angst wird üblicherweise nicht akzep- tiert bzw. verdrängt und in Aggressivität umge- wandelt.

Aggressivität wird destruktiv gegen eine Person oder Sache ausgelebt,

wenn ich Angst habe, angegriffen zu werden und/oder zu unterliegen,

wenn ich Angst habe, ein Problem nicht zu bewältigen,

wenn ich Angst vor eigenen unbewussten Gedanken, Motiven und Gefühlen habe, wenn ich Angst vor dem Anderssein der anderen habe,

wenn ich Angst vor sozialer Isolation habe usw.

Aggression nach außen gegen den tatsächlichen Verursacher meiner Angst oder gegen Ersatz- Personen oder gegen Sachen befreit mich schein- bar von meiner Angst und Unausgeglichenheit. In der Gesellschaft oder in bestimmten sozialen Gruppen ist Aggression gegen bestimmte ”Sünden- böcke” erlaubt, ja sogar erwünscht (Gruppen- druck).

Regressives Verhaltensmuster

Menschen, die dieses Muster gelernt haben, ziehen sich auf sich selbst zurück, flüchten in ihre Fantasiewelt,

flüchten in subkulturelle Kleingruppen oder in die Familie,

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flüchten in Drogen oder Alkohol,

verinnerlichen Aggression, schlucken Ärger, Zorn und Hass und

laufen Gefahr, daran psychosomatisch zu er- kranken.

Im gesellschaftlichen und politischen Bereich äußert sich das dadurch, dass das Gefühl vor- herrscht, nicht wichtig zu sein, dass man ohnehin nichts bewirken kann, dass man Information nicht mehr wahrnimmt, verweigert oder selektiv wahr- nimmt, dass man apathisch wird und von der Gesellschaft eher gelebt wird, als dass man selber aktiv lebt.

Angemessenes Verarbeitungsmuster

Bei diesem tauchen die wesentlichen Elemente der beiden anderen Muster abgeschwächt ebenso auf, doch gelingt es der Person eher, die Wirklichkeit positiv wahrzunehmen und zu verarbeiten, meist in konstruktiven Gesprächen mit Erwachsenen oder Gleichaltrigen.

Höhere Bildung, ein positives Selbstbild, über- prüfte ”beliefs” (Grundannahmen, Denkmuster), gute Kontakte zu anderen Menschen erleichtern angemessene Verarbeitungsmuster.

Heranwachsen war für die jeweilige junge Genera- tion nie konfliktfrei, für die Eltern und Lehrer/in- nen nie ohne Schmerzen. Aber noch nie floss der Strom der Geschichte so schnell und wild. Gefühle der Allmacht und Ohnmacht sind die beiden Seiten derselben Medaille. Die Auffälligkeiten von Kin- dern und Jugendlichen ist eigentlich ein Spiegel für die Welt der Erwachsenen. Darin liegt die große Herausforderung für die Pädagogik.

SOZIALES LERNEN – LEBENSHILFE FÜR HERANWACHSENDE,

CHANCE FÜR LEHRER/INNEN

Soziales Lernen ist der didaktische Ansatz, der die Schulklasse zum solidarischen Lernfeld macht (Teamarbeit),

die Selbst- und Sozialkompetenz der einzelnen Schüler/innen entfalten hilft,

Glückliche Schüler/innen – berufsufriedene Lehrer/innen

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die Integration unterschiedlicher Persönlich- keiten (z.B. Verhaltensauffälligkeit) und Lern- stile zum bewussten Thema macht,

die geeigneten Lernumwelten ermöglicht, in der erfolgreiches Lernen erreichbarer wird, am Lernprozess in gleicher Weise interessiert ist wie am Ergebnis,

die Vorteile des entdeckenden Lernens und der Handlungsorientierung nutzt und

die Mitverantwortung der Klasse am Lernpro- zess reflektiert.

Traditionell gleicht die Klasse einer Festung, bei der die vielen Türme (= die einzelnen Schüler/in- nen) nach außen mit einer Mauer verbunden sind.

Diese Mauer schützt vor „äußeren Feinden“

(Autorität, Normen, Rivalen). Insoweit tritt die Klasse als Festung geschlossen in Erscheinung.

Aber wenn man das merkwürdige Treiben nach innen beobachtet, dann stehen einander die befestigten Türme gegenüber, wehrhaft und wie starke Panzer für das, was im Inneren eines jeden Turmes verborgen ist. Zwischen den Türmen wird gleichsam aus den Schießscharten heraus mit Worten, aber auch mit „tätlichen“ Waffen scharf geschossen.

Die Dynamik der starren Türme besteht in einem oft für Außenstehende undurchschaubaren Ritual von konstruktiven und destruktiven Verhaltens- weisen und Handlungen. Jeder Turm ist jedenfalls darauf bedacht, der Allgemeinheit den Blick in das Innere des eigenen Turmes zu verwehren. Aus dem Turm herauszugehen, sich der „Turmlosig- keit“ (Ungepanzertheit) preiszugeben, wird in der Regel als unangenehm und angstvoll erlebt.

Was spielt sich eigentlich in so einem menschli- chen Festungsturm ab?

Da ist die Sorge um eine angemessene Position in der Klasse,

da beschäftigen die Beziehungskonflikte in der eigenen Klasse,

da gibt es die innere Zerrissenheit im drama- tischen Prozess des eigenen Werdens,

da gibt es die Angst vor unangemessenen Leistungen und den Folgen zu Hause und in der Klasse,

da quält die Sorge um die Probleme, die in der

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KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN MACHEN

eigenen Herkunftsfamilie schwelen oder to- ben,

da gibt es immer wieder Zorn und Auflehnung gegenüber tatsächlichen oder vermeintlichen Ungerechtigkeiten von Lehrerautoritäten, da bekümmert die allgemeine Lage der Welt:

Krieg, Not, Elend, Umweltverschmutzung, Arbeitslosigkeit usw.

Glücklich die Lehrperson, der es gelingt, in die Festung der Klasse eingelassen zu werden oder es zu ermöglichen, dass die Mehrheit der Schüler/in- nen ihre schützenden Festungstürme verlässt und lernt, frei und ungeschützt vertrauensvoll mitei- nander umzugehen.

Wie kommt man nun in diese Festung namens Schulklasse und wie bringt man die Schüler/innen dazu, ihre Türme zu verlassen?

Die „Zauberantwort“ lautet „soziales Lernen“.

Elemente des sozialen Lernens

Reflexion der eigenen Persönlichkeit, der Stärken/Schwächen und Gefühle

Aufbau und Stärkung von Selbstwert und Identität

Reflexion der Realitätswahrnehmung und - verarbeitung

Arbeit an Beliefs, Motiven und Zielen

Lernen konstruktiver Kommunikation und Gesprächstechniken

Erwerb von Konfliktfähigkeit

Feedback als Teil der Beziehungsklärung ler- nen

Verstehen von Rollen, Funktionen, Führung, Einfluss im Gruppenprozess

Ethische Reflexion des eigenen Handelns, Normen, Regeln, Verantwortungsübernahme Konstruktiver Umgang mit Entscheidungen im Team

Kooperation und Solidarität versus Durch- setzung

Nutzen von Rollen- und Planspielen als lebens- bezogene Lernmöglichkeiten

Überdenken von Anpassung und Widerstand im Gruppenprozess

Rhetorik, Diskussion und Selbstpräsentation

als Mittel der Entwicklung von Selbstkom- petenz

Training der subjektiven Lernmethodik und des Gruppenlernens

Berücksichtigung unterschiedlicher Lebens- realitäten von Buben und Mädchen

Lehrer/innen arbeiten anfangs in einem ständigen Dilemma:

Einerseits möchten sie curricular die einzelnen Elemente des sozialen Lernens mit den Schülern und Schülerinnen erarbeiten und trainieren, um prophylaktisch schwierigen Situationen zu be- gegnen, andererseits werden sie in der Aufbau- phase immer wieder zu kurativen Interven- tionen veranlasst. Ist aber ein bestimmter Aspekt trainiert, genügt in speziellen Situationen der bloße Hinweis auf das Gelernte.

Beispiele:

In einer Klasse wurden die verschiedenen Arten des Lachens/Lächelns erarbeitet und szenisch dargestellt (Arbeit an den Gefühlen).

Schüler/innen haben die Einsicht gewonnen, dass der Mensch nicht nur im Spaß und Witz lacht, sondern auch aus innerer Spannung, aus Verlegenheit, in Angst und Unsicherheit, aus Zorn, in Ratlosigkeit, aus Schadenfreude, aus Trauer, in Siegesgewissheit, aus Freude, aus Dankbarkeit, aus Freundlichkeit usw.

Die Schüler/innen haben auch gelernt zu verstehen, was hinter dem Auslachen einer Person stecken kann oder dass jemand mit seinem Grinsen die eigene Unsicherheit verdecken kann. Tritt dann im sozialen Prozess der Schulklasse eine heikle Situation ein, die zum Lachen Anlass gibt, genügt die Frage der Lehrperson, welche Form des Lachens hier wohl gemeint war. Eine Inter- pretation der Situation oder das Zerreden dieser ist nicht notwendig, die Frage selbst ist wirksam und trifft verantwortlich denkende Menschen.

Ähnlich verhält es sich beim Thema der zwischenmenschlichen Kommunikation.

Aufgrund des anfänglichen Gesprächstrainings haben die Schüler/innen gelernt, dass es

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Glückliche Schüler/innen – berufsufriedene Lehrer/innen

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sinnvoll ist, sich klar, reversibel und positiv auszudrücken (z.B. Ich-Botschaften). Äußert ein Schüler gegenüber einem Mitschüler in unflätiger Weise seinen Unwillen (unklar, nicht reversibel, negativ), dann genügt als Lehrerintervention die Frage, was er denn von seinem Mitschüler erwarte und wie er das positiv formulieren könne.

Nach einer gründlichen Auseinandersetzung der Schüler/innen mit ihrem eigenen Lerntyp und den daraus entwickelten individuellen Lernmethoden kann eine Lehrperson z.B. eine Schülerin nach einer unangemessenen Leistung fragen, ob sie glaube, dass jene in der eigenen Lernmethode begründet liege, oder ob sie eine andere Erklärung für die erbrachte Leistung habe.

Soziales Lernen geht systemisch denkend von der Annahme aus, dass Schüler/innen zur Selbst- und Mitverantwortung befähigt und imstande sind, die eigene Freiheit zwischen Anpassung und Widerstand sowie Einhaltung von Regeln und Anerkennung von Grenzen sinnvoll leben können.

Die Schülerpersönlichkeit wird ernst genommen und angeleitet, sich über die nahen und fernen Konsequenzen des eigenen Denkens (der Denk- muster) und Handelns klar zu werden.

Soziales Lernen ist ein didaktisches Prinzip, das einerseits vom Training bestimmter Elemente seinen Ausgang nimmt, durch „kleine Inter- ventionen“ diese vertieft und übt, andererseits auch „große Interventionen“ beabsichtigt, wie bewusste, geplante Rollenspiele, Planspiele, Übun- gen und Projekte.

Soziales Lernen verknüpft das individuelle Ler- nen mit dem Gruppenlernen und dem gesellschaft- lich-politischen Lernen. Die (selbst erfahrene) Lebenswirklichkeit der Schüler/ innen wird mit dem Unterrichtsstoff nach Möglichkeit verknüpft.

Soziales Lernen ist eine umfassende Lebensschu- le und nimmt den didaktischen Grundsatz im Volksschullehrplan und den Allgemeinen Teil des Lehrplans 2000 (für HS und AHS-Unterstufen) ernst. Soziales Lernen versucht durch Kooperation

im Klassenlehrerteam, Selbst- und Sozialkompe- tenz (die „dynamischen Fähigkeiten“) für die Schüler/innen erleb- und erlernbar zu machen.

In der Grundschule wird die Basis für das soziale Lernen gelegt. Die Annahme gilt als erwiesen, dass der Mensch sich umso besser entwickelt, je früher er gefördert wird. Soziales Lernen soll nicht nur im

„Lernfeld“ Klasse allein stattfinden, sondern muss die gesamte Schulgemeinschaft einbinden. Gefragt ist daher eine Schule, in der Schulpartnerschaft und sozialer Umgang ständig und bewusst gelebt werden.

Soziales Lernen gibt es bereits seit rund 30 Jahren an vielen Schulen (Grund- und Hauptschu- len, Gymnasien) in vielfältigen Varianten (didak- tischer Grundsatz an der VS, Klassenvor- standsstunde, KoKoKo-Stunde usw.) und Ausprägungen (alternativpädagogische Ansätze).

Es nimmt aber bisher im österreichischen Schulsystem eher eine isolierte Position ein.

Die zunehmend als schwierig erlebte Situation in sehr vielen Klassen (verhaltensauffällige Kinder), das Burn-out-Syndrom vieler Lehrer/innen, neue didaktische Forderungen (Lehrplan 2000) usw.

lassen nach neuen Wegen suchen, um weiterhin die Effizienz des Lernens sicher zu stellen. Außer- dem werden Möglichkeiten gesucht, auf das aggressive Verhalten mancher Schüler/innen ange- messen zu reagieren und den Lehrern/innen bei der Fülle ihrer Aufgaben zu helfen. Soziales Lernenerscheint als einer der gangbaren Wege.

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14

Nur – der schulische Alltag erzählt andere Ge- schichten. Geschichten von Kindern und Ju- gendlichen, die ständig anecken, weil sie zu schnell oder zu langsam, zu laut oder zu leise, zu wild oder zu schüchtern, zu klug oder zu dumm, ... also auf keinen Fall der Durchschnitt sind, der innerhalb unserer „Schulecken“ gemütlich Platz finden könnte.

Da wir die Schüler/innen anscheinend nicht be- friedigend verändern können, versuchen wir es doch einmal mit den „Ecken

und Kanten“ unserer Schule!

Dazu sollten folgen- de Überlegungen einladen und Mut machen!

W

as wir täglich als L e h r e r / i n n e n erleben – näm- lich Schüler/innen, die anders als erwartet in ihrer Umwelt agieren, sich anders als gewohnt mit Lernen

auseinandersetzen –- wird immer noch als Ausnahmeerscheinung gewertet, als etwas Abson- derliches, das nicht sein soll, weil es anscheinend nicht sein darf!

REGENBOGENKINDER:

BUNTE VIELFALT IN UNSEREN KLASSEN

E VA P R A M M E R - S E M M L E R , B R I G I T T E L O I D L

Das Leben an einem Ort ist erst dann schön,

wenn Menschen ein gutes Verhältnis zueinander haben.

Konfuzius

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Regenbogenkinder: Bunte Vielfalt in unseren Klassen

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DIE SCHULE ALS RAUM

Schulräume sind von ähnlicher Bedeutung wie Pädagogen und Pädagoginnen. Sie prägen unser Wohlbefinden und unser Zusammenleben. Das Schulgebäude und der Klassenraum als Arbeits- platz für Schüler/innen und Lehrer/innen bestim- men entscheidend den schulischen Alltag.

Schüler/innen wollen sich bewegen oder ausru- hen und sich zurückziehen können, zuhören und still sein oder sich untereinander austauschen, aktiv etwas entdecken und erkunden oder sich helfen lassen, sich wohl fühlen und Kraft fürs Lernen verwenden können.

Die Gestaltung von Räumen drückt aus, was wir von deren Benutzern und Benutzerinnen erwarten und verlangen. Wenn wir von unseren Kindern und Jugendlichen Aktivitäten, Moti- vation, Interesse und Leistung erwarten, müssen wir Räume so verändern, dass sie zu Lernwerk- stätten und Lernfeldern werden, in denen Schüler/innen sich ihren Nei- gungen entsprechend wohl fühlen und ent- wickeln können und mit pädagogischer Unter- stützung zu eigenverantwortlichem Lernen unter Einbeziehung aller Wahrnehmungsebenen angelei- tet werden.

Das bedeutet, dass wir unsere Klassenräume multi- funktionell einrichten müssen. In unseren leider oft viel zu kleinen Räumlichkeiten ist das nicht immer leicht, oft sind uns hier sehr enge Grenzen gesetzt. Trotzdem muss nach Möglichkeiten gesucht werden, wenn nötig auch unter Einbeziehung von Nebenräumen, Gängen oder Hallen, entsprechende Strukturen zu schaffen.

Kommunikationsecken, Aktivitäts- und Experimen- tierplätze, Ruheräume, Schul- und Klassen- bibliotheken und Computer sollten heute zusätzlich zu Tafeln und Anschauungs- und Arbeitsmaterialien zur selbstverständlichen Ausrüstung eines Klassen- zimmers bzw. einer Schule zählen. In solchen Räumen kann ein angenehmes Klima der

Wertschätzung gedei- hen, direktives Leh- rer/innenverhalten kann abgebaut werden und

Formen partnerschaftlichen Lehrens und Lernens können sich entwickeln.

Das bedeutet weiters, dass wir den Tagesrhythmus den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen anpassen müssen.

50-Minuten-Einheiten entsprechen nicht dem biologischen Rhythmus eines Grundschulkindes. Um optimale Ergeb- nisse zu erzielen, sollten bei Kindern

und Jugendlichen ihrer Altersstufe gemäße inten- sive Lern- und Konzentrationsphasen im Ausmaß von 15 bis maximal 30 Minuten mit Aktivitäts- und Bewe- gungsphasen abwechseln. Schul- glocken und Gongs, die diesen Rhythmus schrill zu durch- brechen versuchen, sollten der Vergangenheit angehören.

Es liegt in der Verantwortlichkeit der Lehrer/innen, nach Gestaltungs- und Oganisations- möglichkeiten für den optimalen Ablauf eines Schultages am jeweiligen Standort zu suchen. Der Lohn für diese Mühe werden ent- spanntere, weniger gestresste und ruhigere Schü- ler/innen sein, die weniger disziplinäre Probleme verursachen.

DIE SCHULE ALS VERMITTLERIN

Stärkung der Sozial-Kompetenz:

ICH-KOMPETENZ

Soziale Kompetenz setzt voraus, dass das Kind bzw. der Jugendliche sich seiner Individualität, seiner Stärken und Schwächen, bewusst ist.

Sowohl Kinder als auch Jugendliche müssen erken- nen, dass Menschen Situationen ganz unter- schiedlich bewerten und verschiedene Schlüsse daraus ziehen. Es gibt vielfältige Motivationen und Gründe, fröhlich, beleidigt oder traurig zu sein.

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KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN MACHEN

Aber es macht Sinn, aus der individuellen Vielfalt ein „Wir“ zu konstruieren, weil sich damit viele Möglichkeiten und Kontakte eröffnen.

Die Schule muss den Schülern und Schülerinnen die Möglichkeit bieten, aus der Vielfalt der Angebote zu lernen und den dafür nötigen personellen, räumlichen, materiellen und zeit- lichen Rahmen zur Verfügung stellen.

Als Lehrer/innen müssen wir einerseits die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen, ihre Selbstachtung und ihr Selbst- bewusstsein, ihre Kreativität, ihr Denken und ihr Verantwortungsbewusstsein fördern, andererseits klare Grenzen definieren und für die Einhaltung gemeinsam festgelegter Regeln sorgen. In diesem Zusammenhang sind Kommunikation, Gesprächs- bereitschaft, Gesprächsfähigkeit und Konflikt- lösungskompetenz von großer Bedeutung.

Um Kindern und Jugendlichen zu einem klaren und starken Selbstbild zu verhelfen, bieten sich neben vielfältigen Übungen zur Körpererfahrung (Körperumrissbilder, Hand- und Fußabdrücke, Körper abrollen und einwickeln,…) auch die intensive Beschäftigung mit dem eigenen Namen und der dazu gehörenden

Persönlichkeit an.

Woher stammt mein Name, was bedeutet er?

Was fällt mir zu meinem Namen ein?

Welche Eigenschaften besitze ich / besitze ich nicht?

Was kann ich besonders gut?

– Was fällt mir schwer?

ABC der Stärken verfassen Was mag ich gerne? – Was liebe ich nicht besonders?

Was schätzen andere Menschen an mir?

Welche unangenehmen Seiten oder Gewohnheiten besitze ich?

Wie kann ich damit umgehen lernen?

Ich und meine Gefühle – Gefühlebarometer, Gefühlekarten,…

Rollen tauschen: Wie sich mein Teddy (mein Hase, …) fühlt

Wenn-dann-Aussagen: Wenn ich wütend bin, dann …

Entwickeln eines persönlichen Zeichens oder Wappens

Fantasiereisen

Ich bin Ich: Schreiben und Gestalten eines Ich-Buches

Zeichnen einer Mind Map Spiele mit Namen:

• Namen-Bild = Symbol erfinden, das zu mir und meinem Namen passt

• Namen-Kreuzwörter = Namen der Kinder einer Klasse in Kreuzworträtselform anordnen

• Akrostichon = die Buchstaben des Namens, untereinander angeordnet, bilden den Anfangsbuchstaben für zum Namen passende Wörter oder Sätze.

Ulrike ist mein Name.

Leider nennen mich alle Uli.

Immer muss ich mich darüber ärgern.

ulkig lieb intelligent

• Anagramm = die Buchstaben des Namens werden so umgestellt, dass sich neue Wörter (auch Unsinnwörter) oder Wort- gruppen ergeben

(aus: brigitta falkner, anagramme bildtexte comics, Wien 1992, edition: das fröhliche wohnzimmer)

• Eigenschafts-Namen = Juliane Traumichnicht, …

• Ich-Texte und Ich-Aussagen verfassen

• Mein Platz in der Klasse – Mein liebstes Wir-Bild

I R E N E S

R I E S E N

E I N S E R

S E R I E N

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Regenbogenkinder: Bunte Vielfalt in unseren Klassen

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• Du – mein Freund, meine Freundin

• Rätsel raten: Beschreibungen in Stichwortform verfassen

In diesem Zusammenhang sei auf die große Anzahl von Spielen hingewiesen, die den Ich- und Be- ziehungsaufbau zum Thema haben:

Emotionale Spiele

Spiele zum Aufbauen von Vertrauen Spiele zum Problemlösen

Spiele zur Sprachförderung … Kinder und Jugendliche brauchen aber auch die Zuwendung und Achtung sowie die Fürsorge und Zeit ihrer Eltern.

Sie müssen Antworten auf ihre Fragen erhalten und mit positiven und negativen Emotionen auch im außerschulischen Bereich umgehen lernen. Hier muss uns Lehr- ern/Lehrerinnen intensive und um- fassende Elternarbeit ein wichtiges Anliegen sein bzw. werden.

Wenn wir eine leistungsbewusste Schule sein wollen, so brauchen wir Schüler/innen mit Selbstbewusstsein,

Verantwortungsbewusstsein und Entscheidungsfreude. Denn Leistungsbewusstsein setzt das alles voraus! Kinder und Jugendliche müssen wissen, was sie schon gut beherrschen und wo noch Übung und Unterstützung notwendig sind. Sie müssen selbstkritisch sein und Fremd- kritik als Hilfe zur Weiterentwicklung annehmen lernen. Zur Entwicklung dieser Fähigkeiten braucht es Zeit. Zeit, die wir als Unterrichtszeit de- finieren müssen. Zeit, die wir uns und unseren Schülern und Schülerinnen zur Verfügung stellen müssen, damit sie Erfahrungen, die stärken, sammeln können!

Stärkung der Sozial-Kompetenz:

WIR-KOMPETENZ

Eine positive emotionale Entwicklung bedeutet, dass man Verhaltensweisen aufweist, die die Sorge um andere widerspiegeln: Toleranz, Bereitschaft,

soziale Regeln einzuhalten, Respekt vor dem Mit- menschen, Verantwortungsgefühl, Freundlichkeit und Höflichkeit, Selbstvertrauen, Humor, Ehrlich- keit, Mitgefühl, Liebe, Vertrauen, Anteilnahme, ...

Für Schüler/innen bedeutet dies zum einen, sich individuell mit ihren Schwächen und Stärken, Fähigkeiten und Lernbedürfnissen verstanden zu fühlen und andererseits für das Gemeinsame einer ganzen Klasse mit Verantwortung tragen zu müssen.

Dazu brauchen Kinder und Jugendliche Fähig- keiten, die wir sie lehren müssen, indem wir sie zur Mitverantwortung einladen und sie als Mit-

gestalter/innen ernst nehmen.

Wir brauchen eine veränderte Ge- sprächskultur, bei der „Kulturtech- niken“ gelernt werden, die sich wie folgt beschreiben lassen: Klar seine Wünsche, Bedürfnisse und Ableh- nungen ausdrücken, Persönliches von sich mitteilen, um Hilfe bitten, Hilfe anbieten, positives Feedback geben, Kritikfähigkeit, Vorschläge machen, beim Thema bleiben,...

Wir müssen aber auch ein verändertes Bewusstsein in Bezug auf Konflikte erarbeiten. Konflikte sind Teil mensch- lichen Zusammenlebens, sind der Auftakt dafür, gemeinsam Lösungen zu suchen und zu finden. Kinder und Jugendliche brauchen dazu die Fähigkeiten des Zuhörens, die Fähigkeit, Gefühle auszudrücken, das Verständnis für die Hand- lungsweise und die Gefühle anderer Personen und sie brauchen Kreativität und Ideen, um mit ihren Vorschlägen beitragen zu können, Konflikte zu lösen.

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KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN MACHEN

Hier einige Vorschläge, die Hilfe sein oder Lösungsansätze bieten könnten:

Rollenspiele Stegreifspiele Interaktionsspiele

Stummer Dialog: Körpersprache, pantomimische Darstellungen Fantasiereisen

kreatives Visualisieren Meditationen

Gefühlswahrnehmungsübungen

„Liebesbriefe“ schreiben Interviews führen und geben

Gesprächsregeln gemeinsam erarbeiten Streiten nach Regeln

Raufen nach Regeln

Plus/Minus: Selbstbeurteilung und Fremdbeurteilung im Gesprächskreis Diskussionsrunden

Stärkung der Sach-Kompetenz

Alle Erziehungs- und Bildungsprozesse knüpfen an den Erlebnis- und Erfahrungsbereich des Kindes bzw. des Jugendlichen an und erweitern so seinen Horizont. Schule als Wissensvermittlerin – das ist die originäre Aufgabe von Schule. Damit aber Schüler/innen erfolgreich sein und ihre Lernziele erreichen können, müssen Lehrer/innen ihre Lernkultur verstehen und in ihre Überlegungen mit einbeziehen.

Kinder und Jugendliche haben unterschiedliche Interessen, ein unterschiedliches Arbeitstempo und sind unterschiedlich belastbar, haben unter- schiedliche Stärken und Schwächen. Diesen Be- dürfnissen muss im Rahmen unseres Unterrichtes Rechnung getragen werden. Anschaulichkeit, Lebensnähe und Handlungsbezug sowie alters- gemäße Aufgabenstellung und vielfältige, multisen- sorische Formen des Lernens, Übens und Wiederholens sind Grundelemente eines entwicklungsgemäßen, schülerzentrierten Unterrichtes, auf die nicht verzich- tet werden darf.

Wir sollten uns schon längst von der liebgewon- nenen Idee verabschiedet haben, Lernen als eine Leistung zu sehen, die über einen gemeinsamen Nenner erfassbar ist. Wenn aber Lernen keinem Durchschnitt mehr entspricht, so kann wohl Lehren auch nicht mehr auf einen Durchschnitt zugeschnitten sein!

Stärkung der Handlungs-Kompetenz

Das Ziel ist genau so wichtig wie der Weg dorthin.

Wir müssen auch lernen, unseren Schülern und Schülerinnen Lösungskompetenzen zuzutrauen.

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Regenbogenkinder: Bunte Vielfalt in unseren Klassen

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Es gibt nicht nur einen Weg zur richtigen Lösung.

Gehen wir doch ein Stück mit den Kindern und Jugendlichen mit und lassen wir uns ihr Denken und ihre Strategien zeigen.

Ziel unseres Unterrichtes muss es sein, Kompetenz sowohl auf kognitiver als auch auf sozialer Ebene zu vermitteln und Raum zur Persönlichkeits- bildung zu geben. Wenn es uns gelingt, in den Schülern und Schülerinnen Schlüsselqualifi- kationen wie Selbstbewusstsein, Eigenverantwor- tung, Kommunikationsfähigkeit, Konfliktlösungs- kompetenz und Teamfähigkeit wachsen zu lassen, dann werden wir unser Ziel erreichen:

handlungskompetente Persönlichkeiten, die ge- lernt haben, selbstbewusst ihre Ergebnisse zu präsentieren und sich harmonisch in die Gemein- schaft einzufügen.

Jean Paul Sartre sagte einmal:

„Über Pädagogik reden heißt, über alles gleichzei- tig zu reden!“

Also bleiben wir beim Thema! Wir sprachen über Ecken und Kanten unserer Schule, an denen sich immer mehr Schüler/innen stoßen. Fassen Sie diesen Artikel als Einladung auf, an „Ecken und Kanten“ zu meißeln und zu gestalten, in der Hoffnung, dann weniger Verletzte zu haben!

Literatur

Pfeiffer, Karin: Das friedliche Klassenzimmer Peter Stolz Verlag, 2000

Chibici-Revneanu, Eva-Maria: Vom starken Ich zum neuen Du

Veritas Verlag, Linz, 2000

Lichtenegger, Barbara: Ge(h)fühle!

Veritas Verlag, Linz, 1997

Stadler, Herbert: Verhaltensauffälligkeit und Lehrerkompetenz

Pädag. Institut Bgld., 7000 Eisenstadt, 1999 Portmann, Rosemarie: Spiele, die stark machen Don Bosco Verlag, München, 1998

Monschein, Maria: Spiele zur Sprachförderung, Band 1 Don Bosco Verlag, München, 1997

Monschein, Maria: Spiele zur Sprachförderung, Band 2 Don Bosco Verlag, München, 1998

falkner, brigitta: anagramme bildtexte comics das fröhliche wohnzimmer – edition, Wien, 1992 Badegruber, Bernd: Spiele zum Problemlösen, Band 1 Veritas Verlag, Linz, 1994

Badegruber, Bernd: Spiele zum Problemlösen, Band 2 Veritas Verlag, Linz, 1994

Badegruber, Bernd: Geschichten zum Problemlösen Veritas Verlag, Linz, 1993

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20

WICHTIGE ELEMENTE DER SCHULHAUSKULTUR

V

ielschichtige Prozesse und Entwicklungen finden im Zusammenleben an der Schule statt. Um Fehlentwicklungen – insbesondere Gewaltphänomenen – vorzubeugen, ist die Prä- ventionsarbeit ein wesentlicher Bestandteil der Schulhauskultur. Es sollen Bedingungen geschaffen oder verändert werden, um Problemen zuvorzu- kommen bzw. sie zu verhindern.

Diese Prävention orientiert sich

an den Ressourcen (Stärken und Fähigkeiten) aller an der Schule beteiligten Personen, am Wohlbefinden von Schülern, Schülerinnen und Lehrern, Lehrerinnen,

am förderlichen Lern- und Sozialklima.

Definition der Schulhauskultur:

„Als Schulhauskultur bezeichnet man die Ge- samtheit aller Vorgänge im Schulhaus, an denen Lehrer/innen, Eltern, Schüler/innen und Schul- behörden beteiligt sind, sowie die geschriebenen und vor allem ungeschriebenen Normen und Regeln, die das Zusammenleben bestimmen.“

(A. Guggenbühl,1999)

Daraus ergeben sich

5 präventive Ansatzpunkte zur Erreichung einer Schulhauskultur:

Teamentwicklung pädagogische Leitsätze Rahmenbedingungen Kooperation

Konfliktfähigkeit

1. Teamentwicklung im Lehrkörper

Schulhauskultur muss gemeinsam von den Lehrerinnen und Lehrern gestaltet werden. Ziel ist die generelle Steigerung des Wohlbefindens aller.

In einem erfolgreichen Team werden die besonderen Fähigkeiten und Kräfte der einzelnen optimal genutzt. Die Mitglieder des Teams fühlen sich für die Umsetzung der gemeinsamen Ziele und Wertvorstellungen verantwortlich.

Ausdruck für guten Teamgeist sind persönliche Gespräche,

Austausch von Unterrichtsmaterialien, Zusammenarbeit im Unterricht, Durchführung von Schulprojekten und schulischen Aktivitäten,

Elternarbeit.

SCHULHAUSKULTUR ALS PRÄVENTIVES HANDELN

D R . S T E FA N I E D E R N O S C H E G G ,

D R . E M M A K I E S E N H O F E R , D R . A G N E S L A N G , D D R . P E T E R S E Y F R I E D , D R . O T M A R W I E S M E Y R

(21)

Die Zusammenarbeit mit den Eltern ist ein zentraler Punkt der Schulhauskultur.

Zu beachten ist:

Lehrer/innen und Eltern erarbeiten mit den Kindern bzw. Jugendlichen gemeinsame Richtlinien für die Bildungs- und

Erziehungsaufgaben, ehe akute Probleme auftreten.

Unterschiedliche Sichtweisen und Bewertungen der Schulrealität helfen bei Problemlösungen, solange sie nicht emotionalisiert werden und Schuldzuweisungen stattfinden.

In Problemsituationen sollte nach gemeinsamen Lösungen und nicht nach Wahrheiten gesucht werden.

Lehrer/innen signalisieren Dialogbereitschaft.

Gegenseitiger Respekt ist Maxime im Gesprächsverlauf.

Umgang mit schwierigen Situationen (Verweigerung): Leiter/innen informieren, Mediation, Einbeziehen von inner- und außerschulischen Einrichtungen (z.B. SPZ, Jugendwohlfahrt).

5. Konfliktfähigkeit

Der Umgang mit Konflikten muss gemeinsam gelernt werden.

Alle müssen lernen

mit Schwierigkeiten (Wegschauen der Lehrperson, Überforderung, ...) umzugehen, Spannungen auszuhalten,

unterschiedliche Standpunkte wahrzunehmen,

Unterschiede auszuhalten, Lösungen zu finden,

durch positive Auseinandersetzung und aktive Fortbildung eine „Streitkultur“ zu entwickeln.

Für Gewaltprävention gilt:

Spielregeln müssen ohne akute Situation entwickelt werden.

Auf Provokationen muss frühzeitig reagiert werden.

Schulhauskultur als präventives Handeln

21

2. Verbindliche pädagogische Leitsätze Sie sind Referenzpunkte, auf die man sich bei Konflikten beziehen kann. Sie geben Orientierung und bilden einen pädagogischen Grundkonsens.

Das Lehrerteam erstellt ein gemeinsames Werteprofil und gemeinsame Leitsätze im Rahmen der Leitbildentwicklung.

Diese Schulleitsätze sollen folgende Aspekte beinhalten:

gegenseitige Offenheit, Achtung und Toleranz,

Sorge um ein gutes Schulklima,

gegenseitige Unterstützung bei der Arbeit, Erhaltung der Lehr- und Lernfreude und der Kreativität,

innovative Unterrichtsgestaltung, Steigerung der Leistungsbereitschaft der Schüler/innen,

Förderung der Zusammenarbeit mit den Eltern,

konstruktiven Umgang mit Konflikten, Förderung der Mitsprache und

Mitverantwortung,

Einhaltung der vereinbarten Verhaltensregeln.

3. Verbesserung der Rahmenbedingungen der Schule durch Kooperation mit Behörden Zur Qualitätssicherung der Schulhauskultur bedarf es auch einer engen Kooperation zwischen Schulleitung und Behörden im Bezug auf

Schulentwicklungsprojekte und Schulprofil, qualitätsorientierte Bildungsangebote, bedarfsorientierte materielle und personelle Ressourcenverteilung,

Aufbau unterstützender Strukturen, Konflikt- und Krisenmanagement.

4. Kooperation mit Eltern

Die Schule ist eine Ganzheit, die wesentlich durch die Beziehung zwischen den Schulpartnern ge- staltet wird.

Niemand kann sich der Mitgestaltung entziehen, solange er der Institution angehört.

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22

Literatur

Guggenbühl, A.: Aggression und Gewalt in der Schule Schulhauskultur als Antwort

Zürich; Ed. JKM, 1999

Guggenbühl, A.: Dem Dämon in die Augen schauen:

Gewaltprävention in der Schule Zürich; Schweizer Spiegel-Verlag, 1996

KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN MACHEN

Alle müssen gemeinsam gegen Gewalt aktiv werden.

Klare Positionen müssen bezogen werden.

Gewaltphänomene sind häufig Gruppenphäno- mene.

Wichtig ist es, die Ressourcen in der Gemeinschaft zu nutzen, d.h. die positiven Kräfte in der Klasse zu stärken, Anlässe von Gewalt zu analysieren, Gewalt nicht durch Verharmlosung, Entschul- digungen, Wegschauen zu verstärken, sondern zu thematisieren.

SITUATIONSANALYSE U.

PROZESSDIAGNOSE

Wie gehen wir miteinander um (Schulklima)?

Wie werden die Störungen wahrgenommen und wer ist besonders davon betroffen?

Wie wird auf die Schwierigkeiten reagiert?

Auswirkungen auf Mitschüler/innen (Klasse) Lehrer/innenreaktion

Elternreaktion

Welche Maßnahmen zeigten unerwünschte Auswirkungen?

Welche Maßnahmen haben sich bewährt?

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit von der Leitung mit den Eltern und Lehrern/Lehrerinnen?

KLÄREN DES KONTEXTES, UMFELDANALYSE

In welchem Zusammenhang steht das schwierige Schüler/innenverhalten?

Gibt es unterschiedliche Sichtweisen zu den bestehenden Problemen?

Gibt es Bedingungen, die sich förderlich oder hemmend auf erwünschtes Schüler/innenverhalten auswirken?

Welchen Einflüssen unterliegen die handelnden Personen? (Druck von Kollegen/Kolleginnen, Eltern..) Welche Umfeldbedingungen wurden bereits verändert?

Was haben sie bewirkt?

ZIELE ERARBEITEN, GEMEINSAM NACH LÖSUNGEN SUCHEN

Welche Ziele haben die handelnden Personen?

Worin unterscheiden sich die Ziele der handelnden Personen?

Gibt es gemeinsame Ziele?

Welche Ziele sollten vorrangig angestrebt werden?

Was soll die Umsetzung gemeinsamer Ziele bewirken?

Was ist der erste Schritt bei der Zielerreichung?

Wer beteiligt sich bei der Umsetzung gemeinsamer Ziele und Lösungen?

Welche verbindlichen Vereinbarungen werden getroffen?

Wer setzt was mit wem bis wann um?

PÄDAGOGISCHE LEITLINIEN DER SCHULE

Welche pädagogischen Grundsätze vertritt die Schule?

Gibt es Kommunikationsplattformen?

Welchen gemeinsamen pädagogischen Leitlinien fühlt sich das Lehrerkollegium verpflichtet?

Sind diese Maßnahmen Schülern/Schülerinnen und Eltern bekannt?

Brauchen sie Unterstützung von anderen Institutionen?

Welche konkreten pädagogischen Maßnahmen leiten sich davon ab?

ENTWICKLUNG DER SCHULKULTUR

Inwiefern werden die Leitlinien auf ihre Aktualität hin überprüft?

Finden zu diesen Themen pädagogische Konferenzen statt?

Wie werden die Ergebnisse von Arbeitsgruppen genutzt?

Finden regelmäßige Reflexionen der Maßnahmen statt?

EVALUATION

Wo liegen die Stärken der Schule?

Welche kulturellen Veranstaltungen und Projekte sind geplant?

Welche Schwerpunkte hat die Schule und wie präsentiert sie sich in der Öffentlichkeit?

Gibt es Ablaufpläne zum Konflikt- und Krisenmanagement?

PSYCHOLOGISCH-PÄDAGOGISCHE SCHRITTE

ZU EINER POSITIVEN VERHALTENSKULTUR AN DER SCHULE

„Nicht der Konflikt ist das Problem, sondern der Umgang mit dem Konflikt.“

(23)

23

Ziel der Peer-Mediation ist es daher, Kindern und Jugendlichen eine Ausbildung zukommen zu las- sen, die sie befähigt, bei Gleichaltrigen – ihren Peers – in einem Konflikt zwischen zwei Parteien als Mediator/in einzugreifen.

WAS IST NUN EIGENTLICH EIN MEDIATOR, EINE MEDIATORIN ?

Ein Mediator, eine Mediatorin

ist eine dritte Partei, die nicht unmittelbar vom Konflikt betroffen ist und das Vertrauen der Konfliktparteien genießt

hilft den Streitparteien, die Grundregeln des Umgangs miteinander zu beachten

versucht die Kommunikation wiederherzu- stellen und aufrecht zu erhalten

ist behilflich beim Suchen von Lösungen, mit denen alle Beteiligten einverstanden sind Mediation findet auf der Grundlage einer entsprechenden Ausbildung statt und läuft im Regelfall nach folgender Struktur ab:

M

ediation wurde bereits in den 60er Jahren in den USA erfolgreich ange- wandt und entwickelt sich zunehmend zu einem wichtigen Bestandteil der Konflikt- bearbeitung. Nicht nur in der Wirtschaft, bei Beziehungsproblemen, bei Scheidungen, sondern auch im pädagogischen Bereich werden Media- toren und Mediatorinnen tätig. Diese verfügen über Kompetenzen, die auch von Kindern und Jugendlichen erworben werden können.

Kinder und Jugendliche werden in ihrer Entwicklung stark vom Verhalten Gleichaltriger – ihrer Peer-Group geprägt. Diese Tatsache wird im pädagogischen Konzept der Peer-Mediation ge- nutzt, wobei hier nur Konflikte zwischen Mitschü- lern und Mitschülerinnen geregelt werden.

Die Ergebnisse aus der Jugendforschung zeigen, dass Jugendliche

leichter als neutrale Personen anerkannt werden,

die gleiche Sprache sprechen und

sich gut in die Position der Konfliktbeteiligten versetzen können.

PEER-MEDIATION

SCHÜLER/INNEN ALS STREITSCHLICHTER/INNEN

I L S E J A K O B

(24)

24

KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN MACHEN

EINLEITUNG

Begrüßen und Vorstellen Prinzip der Mediation erklären

Rolle des Mediators/der Mediatorin erläu- tern

Vertraulichkeit zusichern Gesprächsregeln erklären

SICHTWEISEN DER KONFLIKTPARTEIEN

Die Konfliktparteien tragen ihre Sicht- weisen nacheinander vor

„Spiegeln“ der Aussagen der Konfliktpar- teien (d.h. Sichtweisen der Konfliktpar- teien werden wechselweise wiederholt) Zusammenfassen: Worum geht es in dem Konflikt?

VERTIEFUNG UND

KONFLIKTHINTERGRUND

Nachfragen

Motive und Gefühle herausfinden, Gefühle benennen

Gemeinsame Interessen hervorheben

LÖSUNGSSUCHE

Lösungsideen per Brainstorming sammeln.

Mediator/in hält sich zurück, Lösungen kommen von den Konfliktparteien Vorlesen und Sortieren der Lösungen Vorschläge auswählen, mit denen beide Parteien einverstanden sind

VEREINBARUNG

Von allen Beteiligten Vereinbarung (=Schlichtungsvertrag) unterschreiben lassen

Verabschieden

(25)

Peer-Mediation – Schüler/innen als Streitschlicher/innen

25

Erfahrungen mit Peer-Mediation in den USA, Großbritannien aber auch in deutschen und öster- reichischen Schulen sind überwiegend positiv, so- dass auch in Österreich Peer-Mediation zuneh- mend Eingang in die Schulen findet bzw. finden sollte. Voraussetzung dafür ist, ausgewählten Schülern und Schülerinnen im Rahmen der Schule jene Ausbildung zukommen zu lassen, die sie dazu befähigt.

Die Ausbildung der Peers, die sich danach Streit- schlichter/innen, Streithelfer/innen oder Konfliktlotsen nennen, muss sorgfältig vorberei- tet und durchgeführt werden. Für das Training eignen sich beispielsweise unverbindliche Übun- gen, die geblockt durchgeführt werden können unter Anleitung einer Lehrkraft, die über die entsprechende Ausbildung verfügt. Voraussetzung dafür ist, dass das Prinzip der Mediation von mög- lichst allen Lehrkräften der Schule als hilfreich und förderlich für das soziale Klima an der Schule gesehen wird und die ausgebildeten Schüler/innen sorgsam und achtsam bei der Umsetzung ihrer Kompetenzen begleitet und gefördert werden.

Für ein erfolgreiches Projekt zur Peer-Media- tion an der eigenen Schule muss daher vor- weg geklärt werden:

Ist das Thema ein Anliegen für die Schullei- tung, für die Lehrkräfte und möglichst auch für die Eltern? – Gibt es dazu Vereinbarungen im Schulprogramm?

Steht ein ausgebildeter Mediator, eine ausge- bildete Mediatorin der Schule zur Verfügung ? – Kann vielleicht der Betreuungslehrer, die Betreuungslehrerin für diese Aufgabe herange- zogen werden?

Wie wird die Tätigkeit des Mediators, der Mediatorin abgegolten? – Gibt es Ressourcen für eine unverbindliche Übung?

Planung und Durchführung des Trainings:

Erfahrungswerte gibt es in O.Ö. auf der Grund- stufe II

Information der Schüler/innen und Eltern über die Möglichkeit einer Mediation

Interessierte Schüler/innen auswählen: Diese sollen die Schüler/innen in Bezug auf Auslän- deranteil, Geschlecht, Leistung und auf sozia- les Umfeld möglichst gut repräsentieren.

Suchen und Einrichten eines geschützten Rau- mes, in dem Mediation stattfinden kann Regelung organisatorischer Fragen: Wann kann Mediation an unserer Schule stattfinden?

Wie gehen wir mit Akutfällen um?

Namen für die Mediatoren- und Mediatorin- nengruppe überlegen

Gründliches Training der ausgewählten Streitschlichter/innen in wöchentlichen Ein- heiten, Wochenendseminaren, Übungsblö- cken, Projekten ...

Das Grundlagentraining von 20 – 40 Stunden ist unbedingt notwendig, besser wäre eine Ausbildung mit 80 Einheiten.

Wesentliche Inhalte einer Ausbildungsreihe sollen sein:

Gegenseitiges KENNENLERNEN, Vertrauen entwickeln

ICH – DU – MITEINANDER (Eigen- und Fremdwahrnehmung)

Übungen zum aktiven ZUHÖREN – Erweite- rung der verbalen und nonverbalen Aus- drucksfähigkeit

Formulieren von ICH – Botschaften

Kennenlernen der WIN-WIN Methode: Jeder der Beteiligten soll durch Übereinkunft

„gewinnen“.

Aktives TRAINIEREN von Mediationsgesprä- chen an Hand von Fallbeispielen

Überreichung von Zertifikaten bei Abschluss der Ausbildung

Weitere begleitende Aktivitäten:

Laufende Info-Arbeiten wie Plakate malen, Flugblätter schreiben, Vorstellen bei Schulver- anstaltungen, Veröffentlichungen in der Schü- lerzeitung und in anderen Medien, Videofilm drehen...

Regelmäßiges Treffen und Coachen durch die Betreuer/innen

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26

KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN MACHEN

Peer-Mediation zeigt Möglichkeiten, der Gewalt in Schulen entgegenzuwirken und Konfliktkultur zu fördern.

Die Liste der ausgebildeten Mediatoren und Mediatorinnen liegt am Pädagogischen Institut und bei den Bezirksschulräten auf.

Literatur

Bildungsteam Berlin-Brandenburg , Alltagskonflikte durchspielen, Verlag an der Ruhr 2001

Drew, Naomie, Kinder lernen zusammen streiten, Verlag an der Ruhr 2002

Faller, Kurt, Konflikte selber lösen, Hessen 1999 Faller, Kurt, Mediation in der pädagog. Arbeit, Hessen 1999

Leiß, Margit, Kaeding Peer, Peer- Mediation an Schulen, Arbeitsgruppe Beratung und Trainning , Hamburg 1997

Smith , Charles, Hauen ist doof, Verlag an der Ruhr 2000

Akin, Terri , Gefühle spielen immer mit, Verlag an der Ruhr 1993

Gordon, Thomas, Lehrer – Schüler – Konferenz, Heyne, 1997

Grossmann, Christina, Projekt Soziales Lernen, Verlag an der Ruhr 2002

Buthmann , Aerne, Thon, Anne, Fair streiten lernen, Verlag an der Ruhr 2002

Hiawyn , O. , Kitamura, S., Der wütende Willi, Verlag an der Ruhr 1993

Lisner , S., Der wütende Willi – Arbeitsmappe, Verlag an der Ruhr 1993

Walker , Jamie, Gewaltfreier Umgang mit Konflikten, Cornelsen Verlag 1995

Badegruber , Bernd, Kinder ohne Gewalt, Veritas 1996

Finney , Susan, Zusammen kann ich das, Verlag an der Ruhr 2001

Höper , Kutzleb, Stobbe, Die spielende Gruppe, Verlag an der Ruhr, 1998

Schilling, D., Soziales Lernen in der Grundschule, Verlag an der Ruhr 1998

(27)

telt, als er/sie mit verbalen Äußerungen einfordert.

Es kommt zu sogenannten Doppelbotschaften, die bei den Schülern/innen genau das gegenteilige Verhalten hervorrufen können. Gerade unsere

„verhaltensoriginellen“ Schüler/innen, die sehr häufig zu den kinestethischen Lerntypen zählen, reagieren auf solch widersprüchliche Botschaften auf Körperebene und können dadurch in ihrem eigenen Verhalten beeinflusst werden.

Sehen Sie dieses Konzept als Anregung, wenn Sie mit Ihrer derzeitigen Unterrichtssituation (Arbeits- lärm, Ordnungsrahmen, ...) nicht zufrieden sind.

Wie die Erfahrung zeigt, haben kleine Ursachen oft große Auswirkungen, sowohl im positiven als auch im negativen Sinn.

Ich habe dieses Konzept in einem Seminar bei Frau Buchner vor ca. 5 Jahren kennengelernt und seit- her in den verschiedensten Gruppen bzw. Klassen ausprobiert. Immer wieder verblüfft mich die Wirkung meiner gezielt eingesetzten Körperspra- che in der Unterrichtsarbeit. Bei konsequenter Anwendung gelingt es nach meiner Erfahrung auch in schwierigen Klassen ein für alle Schü- ler/innen angenehmes Arbeitsklima herzustellen.

Besonders die Ruhe und Konzentration in der Phase der Alleinarbeit, in der man die berühmte

27

K

inder und Jugendliche brauchen Grenzen und Regeln, um sich im Zusammenleben mit anderen geborgen zu fühlen.

Solche Regeln können Rituale sein, die den Schulalltag strukturieren helfen. Besonders verhal- tensauffällige Schüler/innen benötigen die Sicher- heit durch solche Strukturen, die ihnen zeigen, dass sie sich auf den/die Lehrer/in als Bezugsper- son verlassen können. Zugleich ist es möglich, Reibungspunkte im Unterrichtsablauf zu vermei- den, die häufig beim Übergang von einer Arbeits- phase in die nächste entstehen.

Eine Möglichkeit solche kindgerechte Strukturen zu schaffen, bietet das Konzept des „Classroom Managements“ von Christina Buchner.

Christina Buchner ist Leiterin einer Grundschule in Bayern, Autorin zahlreicher pädagogischer Bücher und entwickelte dieses Konzept im Laufe ihrer Unterrichtstätigkeit auf der Basis des neurolingu- istischen Programmierens (NLP).

Dabei geht es in erster Linie um den bewussten und kontrollierten Einsatz von Körpersprache und Stimme durch den/die Lehrer/in.

Sehr häufig passiert es, dass der/die Lehrer/in über seinen/ihren Körper andere Signale vermit-

SCHAFFUNG KINDGERECHTER

STRUKTUREN IM UNTERRICHT

M A RT I N A Z I N T L

Referenzen

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