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Kindern & Jugendlichen

H E L M U T L O I D L

„Wir bauen eine bunte Schule“

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Angst und Zwangsstörungen (Ticks, Festhalten an Ritualen)

Essstörungen (Bulimie, Anorexie, Heißhunger-attacken)

Gewalt, Missbrauch, Rückzugsverhalten, Depressivität, Suizidgefährdung …

Alle diese Probleme erfordern eine Vernetzung der Ressourcen innerhalb und/oder außerhalb der Schule. Die zentrale Frage muss lauten: „Was braucht der betroffene Schüler/die betroffene Schülerin?“

Niemals sollten sich Betroffene ausschließlich damit befassen, was die Schule, die Lehrer/innen, die Eltern, … brauchen. An erster Stelle ist zu klären: „Welche Bedingungen erlauben es dem betroffenen Schüler/der Schülerin, sich in die Klassengemeinschaft einzugliedern und gemein-sam mit den anderen zu lernen?“ Dabei sind sicher oftmals unkonventionelle Strategien anzu-wenden, zumal natürlich immer die Sicherheit aller Kinder einer Klasse bzw. einer Schule mit bedacht werden muss.

HANDLUNGSSTRATEGIE

Die Handlungsstrategie sollte mit kleinen Schritten beginnen. Zu allererst einmal muss die klassen-führende Lehrerin/ der klassenklassen-führende Lehrer sich mit der Problematik auseinander setzen. Die Verantwortung der klassenführenden Lehrer/in-nen und Klassenvorstände/inLehrer/in-nen muss an jeder Schule definiert werden. Natürlich kann eine Person alleine nur sehr schwer einen schwierigen Fall lösen. Daher sollte anschließend die Schule gemeinsam am Problem arbeiten.

Erst dann, wenn alle Ressourcen der Schule erschöpft sind, werden andere Helfergruppen, wie Betreuungslehrer/innen, Sonderpädagogisches Zentrum, Jugendwohlfahrt, Kinderschutzzentrum, mit der Situation befasst.

Es gibt grundsätzlich keine verbindlichen Rezepte und Handlungsanweisungen, die einen sicheren Erfolg versprechen. Immer wieder stehen wir vor der Erkenntnis, dass erprobte Handlungsstrategien, welche für den Fall A passen, im Fall B sich als kontraproduktiv erweisen. Trotzdem möchte ich

einige Handlungsstrategien, die sich in meiner Praxis als erfolgreich erwiesen haben, empfehlen.

Problemklärung:

Schritt 1:

Häufig sind Lehrer/innen überzeugt, dass sie eine/n Schüler/in „nicht mehr aushalten“ oder ein Schüler/eine Schülerin einfach „nicht in die Klasse passt“. Werden sie allerdings gebeten, die Ursache ihres Unmutes zu sagen, fällt es sehr schwer, Störungen zu schildern. Hier hilft eine klare Verschriftlichungder auftretenden Proble-me. Dabei sollte sich die Lehrer/in um Objektivität bemühen, nicht interpretieren, sondern einfach die Vorfälle notieren. Oft ist dies sehr schwer, da verbale Attacken vielfach Sitte und Anstand verlet-zen. Die Verschriftlichung hilft Abstand zu gewin-nen, wenn dabei versucht wird, die Vorfälle zu beschreiben.

Eine erfolgreiche Strategie ist, Beobachtungen aller in der Klasse tätigen Lehrer/innen zu sammeln. Vergessen Sie nicht auf Religion, Werkerziehung, integrativer Förderunterricht etc.

Ein erster Schritt kann durchaus sein, einmal diese Beobachtungen nebeneinander zu stellen, zu vergleichen und die Reaktionen in ähnlichen Klassensituationen anzusehen.

Schritt 2:

Als hilfreich erweist es sich, Kollegen/innen einzuladen, in der Klasse zu hospitierenund ihre Wahrnehmung festzuhalten. Bitten Sie den hospi-tierenden Kollegen/die hospitierende Kollegin, nicht nur die Probleme des Kindes zu notieren, ersuchen Sie sie auch festzustellen, in welchen Bereichen die Stärken der Schülerin/des Schülers liegen. Vergleichen Sie diese Auflistung mit Ihrem Eindruck und erstellen Sie gemeinsam ein Stär-ken-/Schwächenprofil. Dieser Schritt kann oftmals schon eine Reihe von Lösungsansätzen in sich bergen, da die Kenntnis der Stärken eines Kindes sehr viel zu einer erfolgreichen Lösung beitragen kann.

Schritt 3:

Nachdem nun Basisinformationen vorliegen, sollte eine gemeinsame Besprechung des

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KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN MACHEN

oder Schulteams geplant werden, in deren Rahmen der Fall vorgetragen wird und man ge-meinsam versucht, an Hand der Fakten weitere Schritte zu planen. Diese Schritte können vielfältig sein und beziehen sich auf die pädagogische Kom-petenz der Schule. Oftmals gelingt es durch schul-interne Maßnahmen, die Bedürfnisse einer Schü-lerin, eines Schülers zu erfassen und damit die problematische Situation einer Lösung zuzuführen.

Allerdings bedarf es eines sehr guten Vertrauens-verhältnisses im Kollegium einer Schule. Nach wie vor werden diese Gespräche nicht geführt, da Lehrer/innen die Meinung vertreten, dass sie

„schlechte Lehrer/innen“ seien, wenn in ihrer Klasse problematische Fälle auftreten. Es ist Aufga-be der Leiter/innen, entsprechende Situationen herzustellen, die einerseits das Vertrauen der Kolle-genschaft stärken, es aber andererseits ermög-lichen, die Fachkompetenz des Kollegiums freizu-setzen. Das verlangt natürlich hohe Kompetenz in der Gesprächsführung bei Mitarbeiter/innen-Ge-sprächen.

Kontaktnahme mit den Eltern ist wichtig und sollte von Anfang an gepflegt werden! Allerdings muss man sensibel sein, denn nicht alle Eltern reagieren verständnisvoll. Es kann durchaus sein, dass auf die Gespräche mit Gewalt innerhalb der Familie reagiert wird oder dass Eltern eine Zusam-menarbeit mit der Schule ablehnen. In diesem Fall muss die Schulleitung in den Prozess mit eingebun-den wereingebun-den, die im Laufe des Verfahrens die Jugendwohlfahrt über die Situation zu informieren hat.

Rechtzeitigkeit des Handelns

Übereiltes und zu rasches Handeln kann in vielen Fällen die Situation eher verschlimmern als verbes-sern. Dies trifft in besonderer Weise auf Problem-felder zu, die einer sehr sensiblen Vorgangsweise bedürfen (z.B.: Missbrauch, Essstörungen, Suizid-gefährdung,…). Gerade in diesen Fällen erlebe ich häufig, dass die betroffenen Kolleginnen und Kolle-gen auf rasche LösunKolle-gen dränKolle-gen, da sie nur sehr schwer mit der Situation leben können und sofortige Hilfe für das betroffene Kind erwarten.

Trotzdem ist ein überlegtes Handeln überhasteten

Aktivitäten vorzuziehen. Man muss wissen: Es gibt für Lehrer/innen laut §84 StPO (Strafpro-zessordnung) keine automatische Anzeige-pflicht. Damit können für das betroffene Kind bzw. für betroffene Jugendliche Entscheidungen in Ruhe getroffen und besser bedacht werden. Aller-dings entbindet diese Tatsache nicht davon, die vorgesetzte Dienstbehörde und im gegebenen Fall die Jugendwohlfahrt (auf die der § 84 ebenfalls zu-trifft!) zu informieren, damit gemeinsam weitere Schritte geplant werden können. Keinesfalls kann in solchen Fällen eine Person alleine die Verant-wortung für das Handeln tragen.

Einer der ersten Schritte muss eine Rücksprache mit den für die Schule verantwortlichen Be-treuungslehrern und Betreuungslehrerinnen des zuständigen Sonderpädagogischen Zentrums sein – damit begeben wir uns über den Schulstandort hi-naus und treten in ein neues „Netzwerk“ ein.

Netzwerkarbeit – Helferkonferenz

Schritt 4:

Sind die Ressourcen einer Schule ausgeschöpft und konnte keine Lösung gefunden werden, so müssen im Rahmen eines Netzwerkes (siehe Handlungs-anleitung der Schule) professionelle Helfersysteme mit eingebunden werden. Da die Inanspruchnahme von Helfersystemen sehr viel mit Vertrauen und persönlichen Einstellungen zu tun hat, kann keine

„Reihenfolge“ für die Kontaktnahme empfohlen werden. Professionelle Arbeit von Helferin-nen/Helfern wird verschieden rezipiert und kann nicht immer sofort den erwarteten Erfolg bringen.

Dies führt oft dazu, dass einzelne Schulen oder Lehrer/innen mit bestimmten Helferorganisa-tionen weniger gerne zusammen arbeiten. Dies ist zu akzeptieren, so lange es eine klare Struktur an der Schule gibt, die eine planvolle Einbindung in ein bestehendes Helfersystem ermöglicht. Nicht zu akzeptieren ist, wenn eine Schule keinerlei Helfersysteme anerkennt und lieber Kinder der Schule verweist, bevor sie sich auf eine Aus-einandersetzung im Rahmen einer Helferkonferenz einlässt. Keineswegs unbeachtet bleiben darf die gesetzliche Situation, die vorsieht, dass die Schul-leitung die Jugendwohlfahrt bei Verdacht der Erziehungsvernachlässigung zu informieren hat.

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Wie weit dann eine Zusammenarbeit möglich ist, liegt am Gesprächsverhältnis von Jugendwohlfahrt und Schule. Sinnvoll jedenfalls ist diese Zusam-menarbeit allemal, da dadurch oftmals erstmalig der Kontakt zu den Erziehungsberechtigten herge-stellt und ein vernünftiger Förderplan, der elter-liche Maßnahmen mit einschließt, erstellt werden kann.

Grundsätzlich sind Eltern über die Einbeziehung von Helfersystemen zu informieren, besonders dann, wenn in der Folge einer solchen Beratung im Netzwerk Maßnahmen ergriffen werden, die über den Regelunterricht hinausgehen. Über eine erste Kontaktnahme und erste Rücksprachen im Netz-werk einer Schule brauchen Erziehungsberechtigte nicht unbedingt sofort informiert zu werden, da diese ersten Kontakte zumeist nur informell sind und der ersten Abklärung der beobachteten Situa-tion dienen. Werden allerdings Maßnahmen ge-setzt, so ist es unvorstellbar, dass Eltern über diese Maßnahmen nicht informiert werden.

Zuständigkeiten

Sehr bedeutsam ist die Rolle, die den Beteiligten im Rahmen des Prozesses zufällt. Es ist enorm wich-tig, auf Zuständigkeiten zu achten. Schule ist eine Institution, die einen Bildungsauftrag zu erfüllen hat und keine Therapiestation. Aus diesem Grund wird Schule viele Anforderungen nicht er-füllen können. Ferner muss Schule lernen, dass das Scheitern eine durchaus normale Situation dar-stellt. Schule kennt nur „richtig“ oder „falsch“.

Mit dem Rotstift können aber Konfliktprobleme nie gelöst werden. Es sind alle Betroffenen (das sind nicht nur Kind und Eltern!) in den Prozess mit einzubinden und klare, nachvollziehbare Überein-künfte zu treffen, die schriftlich festgehalten und auch überprüft werden.

Benötigt eine Betroffene, ein Betroffener eine Therapie, so muss Schule lernen, die Person loszu-lassen und sie dem Therapeuten, der Therapeutin zu überantworten. Das ist für Lehrer/innen oft sehr schwer, weil sie ja „wissen, was die Schü-lerin, der Schüler braucht“ und die Therapie auf das „Wissen der Lehrer/innen“ keine Rücksicht nimmt!

Dr. Martin Sieber hielt bei der Fachtagung des Kinder- und Jugendpsychiatrischen Zentrums Son-nenhof 2001 ein Referat, bei dem er das Verhältnis Therapie – Pädagogik klar anspricht:

„In der Erzählung „Räuber Hotzenplotz“ von Ottfried Preussler schlägt der hausbackene, grundsolide Seppel dem vorwitzigen Kasper vor, die Hüte zu tauschen, damit sie nicht vom bösen Zauberer und vom Räuber Hotzenplotz erkannt werden. Dieser scheinbar einfältige Vorschlag gibt der Geschichte die entscheidende Wendung zum Happyend: Tatsächlich werden die beiden zwar zunächst gefangen und Kasper muss, verkannt als der vermeintlich dumme und ungefährliche Sep-pel, im Schloss des Zauberers Kartoffeln schälen.

Mit seiner kasperhaften Schläue kann er aber den Zauberer überlisten und gleichzeitig bringt der Seppel mit seiner einfachen, gradlinigen Art den Räuber, bei dem er als vermuteter Kasper lebt, zur Raserei.

Ich erzähle diese Geschichte, die sicherlich vielen von Ihnen bekannt ist, da eine Kasper-Seppel-Dy-namik häufig auf kinder- und jugendpsychiat-rischen Stationen anzutreffen ist. Allerdings hat die dortige Kasper-Seppel-Dynamik nicht eine so leichte Wendung wie im Märchen, sondern sie trägt einen bitteren, vorwurfsvollen Unterton: Die Pädagogen fühlen sich oft als die Kartoffelschäler, die die Alltags-Arbeit verrichten müssen und von den vermeintlich hochgestochenen Psycho-Pirou-etten im Therapiezimmer ausgeschlossen sind. Es wird der Vorwurf erhoben, von den hinter ge-schlossenen Türen stattfindenden Sitzungen zu wenig zu erfahren. Immer wieder wird von den Pädagogen beklagt, dass die Therapeuten den pädagogischen Rahmen nicht unterstützten. Ottf-ried Preusslers Geschichte ist eine Aufforderung zum Hütetauschen: Therapeuten sollten Kar-toffelschälen, dies aber ohne dabei ihr Gesicht und ihr kasperhaftes, therapeutisches Know-how zu vergessen. Konkret heißt das: Therapeuten sollten dann, wenn es darum geht, naiv und selbstverständlich den Rahmen einer Station gegen Gewalttätigkeit zu schützen, nicht nur mit Deutungen herumkaspern, sondern den Päda-gogenhut aufsetzen und die Normalität des Alltags einer Station mitverteidigen. … Nur wenn

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KINDER UND JUGENDLICHE, DIE UNS SORGEN MACHEN

Verhalten

Es gibt für zielführendes Verhalten einige Regeln, die man beachten soll, um gemeinsame Gespräche optimal führen zu können. Nicht immer gelingt es, die Regeln einzuhalten. Dies ist oft von psychi-schen Gegebenheiten abhängig. Bitte bedenken Sie auch immer, dass die Beteiligten unter großem Stress stehen können und ihr Verhalten eine posi-tive Atmosphäre schafft, in der Lösungen gefunden und vereinbart werden können. Sie können aber auch durch ihr Verhalten endgültig jeden Lösungs-ansatz verhindern!

Vorsicht Falle!

Deuten Sie nicht vorschnell die Hintergründe („eh klar, die Mutter ist geschieden und der Vater trinkt!“ …) und generalisieren Sie bitte nicht. Es ist nicht legitim, von einem Fall auf den anderen zu schließen. Geben Sie bitte nicht vorschnell einen Rat, auch wenn er immer wieder von Ihnen ver-langt werden wird („Sagen Sie mir, was ich jetzt tun soll!“), sondern versuchen Sie die Beteiligten selbst zu Lösungen zu führen. Vermeiden Sie Be-lehrungen, die Sie mit Ihren Erfahrungen verknüpft an die Beteiligten weiter geben.

Beachten Sie ihren Körper. Sie teilen mit Ihrer Körpersprache gelegentlich das Gegenteil von dem mit, was Sie verbal äußern! Versuchen Sie immer einen Einklang zwischen Ihren Gefühlen und Äußerungen zu finden. Gelingt dies nur schwer, bleiben Sie bitte in Ihren Argumenten ehrlich!

Gesprächs-Todsünden

Lassen Sie nie den Eindruck aufkommen, dass Sie die Gesprächspartner/innen nicht ernst nehmen und ihnen Verantwortungsgefühl für ihre Kinder absprechen. Es gibt nichts Schlimmeres als das Ge-fühl zu vermitteln, dass die Probleme bagatellisiert werden. Reagieren Sie als Gesprächspartner/in nie mit Ironie! Manchmal ist man versucht, zu moralisieren – bitte vermeiden Sie das. Stecken Sie das Kind nicht in eine „Schublade“, indem Sie es stigmatisieren und es auf Grund der Wohngegend oder der Familie durch eine bereits unverrückbare Meinung vorverurteilen. Natürlich ist es kontra-produktiv, Beteiligte zu beschimpfen und ihnen Fehler vorzuwerfen. Suchen Sie niemals Schuld, sondern gehen Sie von der augenblicklichen der Rahmen gehalten wird, können die

Therapeu-ten dann im zweiTherapeu-ten Schritt mit ihrer psychodyna-mischen Kenntnis zum Verständnis und zum Übersetzen der Szene in Worte beitragen.“

http://www.kjpz.ch/fachtagung2/referat_hut.html

Es ist daher vorher im Rahmen einer Helferkon-ferenz zu klären, wie die Zuständigkeiten verteilt sind und zu überlegen, welche Bereiche von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen der Konferenz übernommen werden können. Dabei sollten die Aufgaben auf alle Teilnehmer/innen verteilt wer-den und immer wieder der „andere Hut“ aufge-setzt werden, um zu verstehen, dass keine Beteilig-te und kein BeBeteilig-teiligBeteilig-ter die Erwartungen des jeweils anderen sofort erfüllen kann oder will.

Helfersysteme, bei denen man Hilfe holen kann:

Beratungslehrer/innen, SPZ-Leiter/innen, Schul-psychologie, Jugendwohlfahrt, Kinderschutzzent-ren, diverse professionelle Helfer, Betreuungs-gruppen, Schularzt/ärztin, …

Es hat sich als äußerst sinnvoll erwiesen, mit den zuständigen Sozialarbeitern und Sozialarbeiterin-nen der Jugendwohlfahrt schon Gespräche zu führen, bevor es zu schwierigen Situationen kom-mt und sie – wenn dies die Diensteinteilung der Jugendwohlfahrt erlaubt – einmal zu einer gemein-samen Konferenz einzuladen. Bei dieser Konferenz kann dann geklärt werden, was der jeweils andere (Schule/Jugendwohlfahrt) zu leisten imstande ist und was einfach nicht erwartet werden kann.

Auch die Jugendwohlfahrt braucht für Maßnah-men das Einverständnis der Eltern!

Evaluation

Es ist unbedingt wichtig, bei einer Helferkonferenz festzulegen, wer die Einhaltung der getroffenen Maßnahmen überwacht. Ferner ist es wichtig, immer sofort ein zweites Treffen zu vereinbaren, bei dem die Überprüfung der Auswirkungen der getroffenen Maßnahmen festgelegt wird. Außer-dem erweist es sich immer als günstig, einen Förderplan zu erstellen, der auch einen klaren Ablauf der Evaluation beinhaltet.

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Situation aus und versuchen Sie diese gemeinsam zu verbessern.

Verwechseln Sie eine Helferkonferenz niemals mit einer Gerichtsverhandlung!

Das hilft!

Versuchen Sie in allen Situationen aktiv zuzu-hören. Das ist besonders schwierig und verlangt ein aktives sich Einlassen auf die Teilneh-mer/innen des Gespräches. Geben Sie ermutigen-de Rückmeldungen (Kopf nicken, zustimmenermutigen-de Äußerungen, Körpersprache) und verstärken Sie die Beteiligten durch Wiederholung bzw. durch gezielte Fragestellungen. Lassen Sie immer wieder durchblicken, dass sie Ihre Gesprächspartner/in-nen ernst nehmen und belehren Sie sie nicht!

Sprechen Sie auch die Gefühle an und fragen Sie nach – „Wie geht es Ihnen, wenn Sie dies oder jenes feststellen?“ Geben Sie über Ihre Gefühle Rückmeldungen: „Mir geht es nicht gut, wenn ich die Sachlage so betrachte!“ Versuchen Sie Miss-verständnisse während des Gespräches zu klären.

Wenig professionell ist es, sich nach einem Ge-spräch über die GeGe-sprächsführung zu beklagen, Briefe zu schreiben oder sonstige Missfallens-äußerungen zu tätigen, die während des Ge-spräches aufgearbeitet hätten werden sollen. Ihre Verantwortung ist, die Fakten objektiv und möglichst ohne Verfärbung zur Sprache zu bringen – es soll davon geredet werden, was Sache ist.

Dieser Handlungsleitfaden wird Ihnen helfen, mit den „besonderen“ Menschen eine „besondere“

Lernsituation aufzubauen, die auf besondere Be-dürfnisse Rücksicht nimmt.

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W

ir kennen sie, diese Kinder, die uns eigentlich Sorgen machen. Sie sind nicht „verhaltensauffällig im üblichen Sinn“. Die Art, wie sie sich im Un-terricht und im Bereich der Schule präsen-tieren, lassen die Schlussfolgerung zu, dass ihre familiären Bedingungen zu wünschen übrig lassen ...

Sie heißt Stefanie, 9 Jahre alt, 3.Klasse Volks-schule...

(Eine Lehrerin berichtet ...)

Die Eltern sind, soweit ich weiß, geschieden. Eine jüngere Schwester geht noch in den Kindergarten.

Die Mutter ist berufstätig ...

Beim Elternsprechtag wirkt die Mutter recht einsichtig, aber irgendwie überfordert und auch sehr bedacht darauf, dass zu Hause alles in Ordnung sei.

Stefanie erzählt mir, dass es den Vater in der Familie nicht mehr gibt, die Mutter nun so viel arbeiten müsse und immer wieder dringt durch, dass Stefanie auch Betreuungsverpflichtungen gegenüber ihrem jüngeren Geschwisterchen wahrnehmen muss.

Es ist irgendwie merkbar, dass die Familie in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt, und manchmal ist es sehr beschwerlich, den Werk-beitrag oder einen anderen Beitrag für eine Schul-veranstaltung von der Mutter einzufordern.

So ganz am Rande ist vielleicht auch Gewalt ein Thema und gegebenenfalls gibt die Mutter das auch zu, dass ihr manchmal „die Hand auskom-mt“, wenn ihr alles zuviel wird. – Keine massive Gewalt – keine sichtbaren Verletzungsspuren – aber doch.

Stefanie wirkt im Unterricht weitgehend angepasst – manchmal vielleicht etwas traurig – oder auch über das normale Maß vorlaut und aggressiv – aber trotzdem ganz gut führbar.

Die Hausübungen macht sie etwas schlampig – man merkt einfach, dass sie vielfach sich selbst überlassen ist. Die Nachmittagsbetreuung, wie sie von der Gemeinde angeboten wird, täte ihr vielleicht sehr gut – aber das will die Mutter nicht...

Im Ort ist die Familie nicht sonderlich beliebt;

manche Eltern sind sogar sehr bestrebt, dass ihr Kind den Umgang mit Stefanie meidet. Die Auswahl einer Sitznachbarin kann im Klassenverband schon beträchtliche Spannungen auslösen. – Freunde und Freundinnen hat sie in der Klasse keine ...

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