A54 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 1–2⏐⏐5. Januar 2009
S T A T U S
Teammitgliedern aufzubauen. Er ist umgänglich und geht darum Kon- flikten und Auseinandersetzungen möglichst aus dem Weg.
c Der Sicherheitstypvermeidet das Neue und die Veränderung. Er hält lieber am Bewährten fest – das macht ihn zu einem zuverlässigen, aber zugleich ängstlichen Teammit- glied, das den Teamentwicklungs- prozess bremst.
c Für den gewissenhaften Ty- pen schließlich ist es wichtig, alle Informationen hinterfragen und analytisch-präzise vorgehen zu kön- nen. Ihm mangelt es jedoch an Durchsetzungsfähigkeit und Tat- kraft – aber er sorgt auch für nach- prüfbare Teamergebnisse.
Ein Arzt sollte sich immer vor Augen halten, dass keiner der Typen und keine der Eigenschaften „gut“
oder „schlecht“ sind. Bei einer sol-
chen Kategorisierung handelt es sich nicht um moralische Werturtei- le. Vielmehr leistet jedes Teammit- glied einen wertvollen Beitrag zum Teamerfolg. Aber: Probleme, die in- nerhalb der Arbeitsgruppe auftreten, lassen sich oftmals auf die natürlich ablaufenden Verhaltensmuster bei den einzelnen Teammitgliedern zurückführen. Und darum sollte der Arzt zum Beispiel – um ein Extrem zu nennen – die durchsetzungsstar- ke, dominante Medizinische Fach- angestellte, die auf die Aufgabener- füllung dringt, nicht mit der eher langsamen, weil gewissenhaften Kollegin zusammenspannen, um gemeinsam eine Teamaufgabe an- zugehen.
Auch bei der Aufgabenverteilung hilft das Wissen um die bestimmen- den Verhaltensweisen weiter: „Es ist unsinnig, die kreative Mitarbeiterin mit organisatorischen Aufgaben zu quälen und zu belasten“, betont Pfeiffer, „und wenn es um die Entfa- chung des Teamgeistes geht, ist klar, dass dazu eher der Beziehungs- mensch geeignet ist.“
Wenn der Arzt bei der Teamzu- sammenstellung die prägenden Ver- haltensweisen beachtet, hat dies weitere Vorteile: Indem er die Un- terschiede in den Persönlichkeits- merkmalen kommuniziert, weckt er
in der Arbeitsgruppe das Verständ- nis füreinander. Jede Mitarbeiterin weiß nun, warum sich die anderen in bestimmten Situationen so und nicht anders verhalten. Erkennen heißt verstehen: Der risikofreudi- ge Kreative bringt eher Verständ- nis für den veränderungsunwilligen Sicherheitstypen auf, wenn ihm be- kannt ist, dass dieser nicht aus Bos- heit als Bremser auftritt, sondern weil ihm sein Charakter dies so vor- schreibt.
Die Teammitglieder nehmen Rücksicht aufeinander – dies ist vor allem bei der Konfliktbewältigung ein bedeutender Aspekt. Der Arzt kann konkret überlegen: Wie schaf- fe ich es, den menschenorientierten Beziehungstypen und den aufga- benfokussierten Sachtypen an einen Tisch zu bringen? Hinzu kommt:
Durch die Kenntnis seiner Persön- lichkeitsstruktur ist es dem Arzt möglich, die eigene Rolle im Team besser einzuschätzen. Er weiß nun, wie er auf die Mitarbeiter wirkt, und kann gegensteuern. Wenn er als do- minanter Teamleiter auf das selbst- bestimmte Teammitglied trifft, soll- te er sich anders verhalten als beim Umgang mit dem toleranten und an- passungswilligen Mitarbeiter. n Patric P. Kutscher E-Mail: kontakt@diktig.de
RECHTSREPORT
Die Anordnung, eine Approbation sofort ru- hen zu lassen, sowie das Einziehen der Ap- probationsurkunde stellen Eingriffe in Grund- rechte dar, die nur gerechtfertigt sind, wenn überwiegende öffentliche Belange vorliegen.
Das hat das Bundesverfassungsgericht ent- schieden.
Dem betroffenen Arzt wurde 1982 die Ap- probation erteilt. In seiner Praxis nahm er vor allem Dialysebehandlungen vor. Die Kas- senärztliche Vereinigung erstattete 2004 eine Anzeige wegen des Verdachts der Körperver- letzung aufgrund von medizinisch nicht indi- zierten Dialysebehandlungen. Im Juli 2005 widerrief sie die Vertragsarztzulassung. Im Januar 2007 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Körperverletzung und Betrug.
Über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist noch nicht entschieden worden.
Gegen den Beschluss, im Mai 2007 die Ap- probation sofort ruhen zu lassen, hatte sich der Arzt durch verschiedene gerichtliche Instanzen erfolglos gewehrt. Seine Verfassungsbeschwer- de hingegen hatte Erfolg. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist eine konkrete Gefahrenlage zwar zu bejahen. Allerdings wird diese Annahme nicht durch hinreichend kon- krete Tatsachen begründet. Die Anordnung, ei- ne Approbation sofort ruhen zu lassen, dient ausschließlich dem Schutz vor Gefährdungen während eines laufenden Hauptsacheverfah- rens. Der Arzt habe sich seit Februar 2005 je- doch so verhalten, dass sein Verhalten nicht zu beanstanden gewesen sei. Wenn aber schon
der Verfahrensdruck zu einer Verhaltensände- rung jedenfalls für die Dauer des Hauptsache- verfahrens führt, ist nach Auffassung des Bun- desverfassungsgerichts ein Sofortvollzug gera- de nicht erforderlich und muss unterbleiben.
Soweit die Vorinstanzen eine Wiederho- lungsgefahr aufgrund von Charaktereigen- schaften des Arztes und einer mangelnden Einsichtsfähigkeit trotz mehrerer ärztlicher Stellungnahmen erkannt hatten, reichten diese Überlegungen nicht aus, eine konkrete Gefähr- dung von Patienten zu begründen. Eine Appro- bation ruhen zu lassen, sei eine Präventivmaß- nahme ähnlich einem vorläufigen Berufsver- bot. Dadurch werde schwerwiegend in Grund- rechte eingegriffen. Deswegen sei im Einzelfall ein Abwarten bis zur Hauptverhandlung abzu- wägen. (Beschluss vom 19. Dezember 2007, Az.: 1 BvR 2157/07) RAin Barbara Berner
Approbationsentzug: schwerwiegender Eingriff in Grundrechte
Hand in Hand – Teamwork funktio- niert am ehesten, wenn die Charaktere der Mitarbeiterinnen gut zueinander- passen.