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Archiv "Weiterbildung: „Föderalismus heißt nicht, dass jeder macht, was er will“" (30.05.2008)

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A1182 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 22⏐⏐30. Mai 2008

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er sachliche Ton tat der deut- lichen Kritik keinen Ab- bruch. Dr. med. H. Hellmut Koch konnte zum Stand der Umsetzung der (Muster-)Weiterbildungsord- nung in den einzelnen Landesärzte- kammern nur einen Teilerfolg ver- melden. Der Vorsitzende der Wei- terbildungsgremien der Bundesärz- tekammer (BÄK) und zugleich Prä- sident der Bayerischen Landesärzte- kammer berichtete den Delegierten zwar, dass inzwischen 16 der 17 Kammern den „Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin“ eingeführt haben. In 15 – ab Juni in 16 – Lan- desärztekammern kann der ärztliche Nachwuchs darüber hinaus wieder den Titel „Facharzt für Innere Medi- zin“ führen. Die Kammern folgen damit einem Beschluss des Deut- schen Ärztetages aus dem vergan- genen Jahr in Münster. Dieser hatte

aufgrund von EU-rechtlichen Vor- gaben Beschlüsse aus dem Jahr 2002 revidiert, die vorsahen, dass es künftig neben dem „Facharzt für In- nere und Allgemeinmedizin“ nur noch den Facharzt für Innere Medi- zin mit Schwerpunkt geben sollte.

Die EU-Kommission hatte kriti- siert, dass die Weiterbildungsnovel- le von 2002 in den Landesärztekam- mern nicht einheitlich umgesetzt worden sei.

Jetzt steht die ärztliche Selbstver- waltung vor einem ähnlichen Di- lemma. Im November 2007 teilte die Ärztekammer Berlin mit, dass sie abweichend von den Beschlüs- sen der Ärztetage in Rostock und Köln in den Jahren 2002 und 2003 den Facharzt für Allgemeinmedizin wieder einführte. Das gemeinsame Gebiet „Innere und Allgemeinmedi- zin“ gebe es damit nicht mehr, hieß

es. Nur wenig später beschloss die Landesärztekammer Baden-Würt- temberg, entgegen vorheriger Ärzte- tagsbeschlüsse, den Allgemein-In- ternisten nicht wiedereinzuführen.

Koch zufolge haben die Aufsichts- behörden der Länder die abweichen- den Entscheidungen inzwischen ge- nehmigt. „Es bleibt ihnen auch gar nichts anderes übrig“, sagte der Wei- terbildungsexperte dem Deutschen Ärzteblatt am Rande des Ärztetages in Ulm. „Die Beschlüsse sind rech- tens zustande gekommen, sie sind EU-kompatibel, sie passen nur nicht zum Rest der Republik.“ Das Pro- blem der Berliner Entscheidung sei, dass sie die Notifikation des neuen Titels „Facharzt für Innere und All- gemeinmedizin“ für die Hausärztin- nen und Hausärzte in Deutschland in Brüssel verhindere. Eine solche Lis- tung ist nur möglich, wenn der Titel bundesweit einheitlich gilt. „Das führt dazu, dass viele Kolleginnen und Kollegen, die eine gezielte Prü- fung zu diesem Facharzt gemacht haben, den neuen Titel nach wie vor nicht führen dürfen“, kritisierte Koch. Sie firmieren unverändert als Fachärzte für Allgemeinmedizin, der auf EU-Ebene gelisteten Be- zeichnung. Unklar ist Koch zufolge noch, ob die unterschiedlichen hausärztlichen Weiterbildungsgän- ge in Berlin und dem Rest des Lan- des juristische Konsequenzen nach sich ziehen. „Brüssel spricht davon, dass es nur eine spezifische Ausbil- dung in der Allgemeinmedizin gibt.

Wir haben aber jetzt zwei“, gab der Vorsitzende der Weiterbildungsgre- mien zu bedenken.

Probleme bereitet auch der feh- lende „Facharzt für Innere Medizin“

in Baden-Württemberg. Bleibt die TOP V Sachstandsbericht zur (Muster-)Weiterbildungsordnung

WEITERBILDUNG

„Föderalismus heißt nicht, dass jeder macht, was er will“

Der 111. Deutsche Ärztetag hat sich für eine bundesweit einheitliche Umsetzung der (Muster-)Weiterbildungsordnung ausgesprochen und ein Konzept zur Förderung der hausärztlichen Weiterbildung verabschiedet.

H. Hellmut Koch:

Die ärztliche Weiter- bildungsordnung eig- net sich nicht als Spielwiese für Einzel- interessen.

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 22⏐⏐30. Mai 2008 A1183

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dortige Landesärztekammer bei ih- rer Entscheidung, wird dieser Titel langfristig in Deutschland nicht mehr führbar sein. Koch setzt seine Hoffnungen auf Überzeugungsar- beit und die bislang noch abwarten- de Haltung der Politik. „Die Über- gangsbestimmungen in Baden-Würt- temberg ermöglichen es, den Titel ,Facharzt für Innere Medizin‘ noch bis zum Jahr 2014 zu vergeben. Das Problem drängt also nicht.“ Das än- dere aber nichts an dem grundle- genden Problem, dass „wir das, was die Mehrheit will, nicht umsetzen können“.

Ungewöhnlich deutlich kritisier- te Koch vor den Delegierten in Ulm, dass offenbar viele Sinn und Zweck der ärztlichen Weiterbildungsord- nung vergessen hätten. Es gehe dar- um, eine einheitliche Bildungsord- nung für den ärztlichen Nachwuchs zu schaffen, die eine transparente Struktur und klar definierte Begriffe aufweise. Das diene vor allem der Qualitätssicherung ärztlicher Arbeit und der optimalen Versorgung der Patientinnen und Patienten. Die ärzt- liche Weiterbildungsordnung eigne sich nicht als Spielwiese für Einzel- interessen, als Austragungsort für Machtspiele oder für die Erfüllung von Lebensträumen, erklärte Koch.

Das frustriere letztlich die jungen Ärztinnen und Ärzte, die wissen müssten, was sie erwarte. „Födera- lismus wird von vielen falsch ver- standen“, kritisierte der Vorsitzende der Weiterbildungsgremien. „Föde- ralismus heißt eben nicht, dass jeder macht, was er will.“

Hausarzt: Werben für einen tollen Beruf

Um zu gewährleisten, dass wichtige Entscheidungen einheitlich umge- setzt werden, hat der Ärztetag in Ulm einem sogenannten zweistufi- gen Normsetzungsverfahren zuge- stimmt. Danach soll ein Problem künftig zunächst in den Fachgremi- en der BÄK diskutiert werden. Dort gefasste Beschlüsse werden an den BÄK-Vorstand und von dort aus zur weiteren Beratung in die zuständi- gen Gremien und die Vorstände der Landesärztekammern überwiesen.

Etwaige Änderungsvorschläge ge- hen von der Landes- an die Bundes-

ebenen zurück. Erst wenn auf die- sem Weg eine Einigung erzielt werden könne, werde dem Deut- schen Ärztetag eine entsprechende Beschlussvorlage präsentiert, erläu- terte Koch. Die BÄK wolle mit die- sem Verfahren nicht das Ende der Debattenkultur einläuten, betonte der Weiterbildungsexperte. „Aber alle wissen dann, wo das gemeinsa- me Ziel liegt.“ Koch ist es wichtig, dass die ärztliche Selbstverwaltung auch weiterhin Handlungsfähigkeit beweist. Sonst werde sich die Poli- tik der Sache annehmen und die Weiterbildung für Deutschland zen- tral regeln.

Einigkeit herrschte bei den Dele- gierten des 111. Deutschen Ärzteta- ges in Ulm darüber, dass sich die Weiterbildungssituation für künfti- ge Hausärztinnen und Hausärzte verbessern muss. Die Vizepräsiden- tin der Bundesärztekammer, Dr.

med. Cornelia Goesmann, stellte am letzten Sitzungstag ein entsprechen- des Handlungskonzept vor. Erarbei- tet hatte es unter ihrem Vorsitz eine Arbeitsgruppe, der Vertreter der BÄK, der Landesärztekammern, der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung, der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und des Deutschen Hausärzteverbandes an- gehörten. Das Gremium erfüllte da- mit einen Auftrag des Ärztetages aus dem vergangenen Jahr.

Dem Konzept zufolge scheiden in den nächsten zehn Jahren aus Al- tersgründen bundesweit circa 42 Prozent der derzeit tätigen Hausärz- te aus dem Berufsleben aus. In den neuen Bundesländern sind es sogar bis zu 50 Prozent. Um die Zahl der Fachärzte für Innere und Allgemein- medizin zu steigern, müsse schon bei den Studierenden für den Beruf des Hausarztes geworben werden, hieß es in dem Entschlussantrag, der den Delegierten des Ärztetages zur Abstimmung vorlag. Auch die Wei- terbildungsbedingungen in der All- gemeinmedizin müssten sich ver- bessern. Zurzeit sei es noch so, dass die notwendigen Wechsel der Fächer meist einen Wechsel der Ar- beitsstätte erforderten, oft sogar ei- nen Umzug. Außerdem habe der Wechsel vom stationären in den ambulanten Weiterbildungsabschnitt

häufig deutliche finanzielle Ein- bußen zur Folge, kritisierte die Ar- beitsgruppe. Deshalb müssten die Weiterbildung durch ein vorab fest- gelegtes Curriculum strukturiert und die Arbeitsbedingungen durch Weiterbildungsverbünde erleichtert werden. Außerdem müssten die Weiterbildungsassistenten auch im ambulanten Bereich tarifgerecht vergütet werden. „Wir brauchen ei- ne strukturierte Weiterbildung, die geplant durchlaufen werden kann“, betonte Goesmann. Überdies sei ei- ne Gesetzesänderung erforderlich, um die finanzielle Förderung allge- meinmedizinischer Weiterbildungs- stellen künftig zentral auf Landes- ebene zu steuern. Dadurch könne man die Abschottung zwischen den

Förderregionen sowie zwischen am- bulantem und stationärem Bereich überwinden.

„Die jungen Ärztinnen und Ärzte wenden sich immer mehr von Deutschland ab“, bilanzierte Wei- terbildungsexperte Koch. „Und zwar nicht nur wegen der Arbeitsbe- dingungen und des Geldes, sondern auch wegen der Weiterbildung.“

Einheitliche Rahmenbedingungen und klare Strukturen hält er deshalb für unabdingbar. Was den fehlenden hausärztlichen Nachwuchs betrifft, steht für Koch fest: „Wir müssen aufhören zu jammern und bereits den Studierenden vermitteln, was für ein toller Beruf das ist.“ I Heike Korzilius

Cornelia Goes- mann:Wir brauchen eine strukturierte Weiterbildung, die geplant durchlaufen werden kann.

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