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Hinweise •Anregungen WIRTSCHAFT
D
as Steuerrecht ist für al- le, die nicht ständig da- mit zu tun haben, ein Buch mit sieben Siegeln. Vorteile werden häufig nicht ausge- schöpft und Entscheidun- gen für oder gegen eine Anlageform gelegentlich falsch getroffen.ne Rendite von 9,15 Pro- zent. Mit Hilfe der Nähe- rungsformel zur Rendite- berechnung
100 x Zinsertrag Kaufpreis Nennwert — Kaufpreis
Laufzeit Im Vordergrund der Anla-
geentscheidung stehen zu- meist Zinsertrag, Sicher- heit und Laufzeit. Das ist das Ergebnis einer vor we- nigen Jahren durchgeführ- ten repräsentativen Unter- suchung zum Sparverhal- ten der Bundesbürger. Für Sparer ist es aber wichtig zu wissen, daß unser Steu- errecht auch die Einkünfte aus Kapitalvermögen zur Einkommensteuer heran- zieht. Hierzu zählen Divi- denden und sonstige Bezü- ge aus Aktien, Zinsen aus Hypotheken und Grund- schulden. Ebenso sind Zin- sen aus festverzinslichen Wertpapieren, aus Sparein- lagen und Bankguthaben jeweils vermindert um eventuell anfallende Wer- bungskosten zu den Ein- künften aus Kapitalvermö- gen zu rechnen. Allerdings
— und dies ist eine Ausnah- me von der Regel — sind bestimmte Zinserträge steuerfrei. So zum Beispiel die Zinsen von Pfandbrie- fen und Kommunalobliga- tionen, die vor dem 1. Janu- ar 1955 ausgegeben wur- den, und deren Erlös zu mindestens 90 Prozent für die Finanzierung des sozi- alen Wohnungsbaus und der dadurch bedingten
Aufschließungsmaßnah- men vorgesehen war. Auch die Zinsen von Schuldver- schreibungen des Bundes und der Länder, die vor dem genannten Stichtag begeben wurden, sind un- ter bestimmten Umständen steuerfrei. Einen Katalog der steuerfreien Zinsen enthält § 3 a des Einkom- mensteuergesetzes.
Bezieher höherer Einkom- men sollten bei Wahl ihrer Anlage auf diese steuerbe-
freiten, aber auch auf nied- rigverzinste Papiere ach- ten, da bei der höchsten Progressionsstufe steuer- pflichtige Erträgnisse um mehr als die Hälfte vermin- dert werden. Auch bei einer niedrigeren Spitzensteuer- belastung sollte die steuer- liche Seite nicht vergessen werden.
Werbungskosten auf Zinserträge — pauschal bis 800 DM Wer weniger als 400 DM im Jahr an Zinsen verein- nahmt, braucht keine Steu- ern zu zahlen. Denn jedem Steuerpflichtigen stehen bei Einkünften aus Kapital- vermögen ein sogenannter
Werbungskosten-Pausch- betrag von 100 DM sowie ein Sparer-Freibetrag von 300 DM zu. Bei zusammen- veranlagten Ehegatten ver- doppeln sich jeweils die Beträge auf insgesamt 800 DM. Eheleute können so- mit über ein Wertpapierver- mögen von einigen tau- send Mark verfügen, ohne daß die Erträge hieraus zu versteuern wären.
Im Einzelfall können auch höhere Zinserträge als die aufgrund der Werbungsko- sten-Pauschale und des Sparer-Freibetrages er- rechneten 400 bzw. 800 DM steuerfrei sein, wenn ne- ben Freibetrag und Pau- schale die darüber hinaus- gehenden, tatsächlich ent- standenen Werbungsko- sten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gel- tend gemacht werden.
Der Begriff Werbungsko- sten wird bei den Einkünf- ten aus Kapitalvermögen verhältnismäßig eng aus-
gelegt. Es werden grund- sätzlich nur Aufwendungen anerkannt, die mit den ein- zelnen Einnahmen unmit- telbar zusammenhängen.
Sie müssen dem Erwerb, der Sicherung und der Er- haltung der Kapitaleinnah- men dienen. So sind bei- spielsweise Bankspesen für die Depotverwaltung der Wertpapiere oder Auf- wendungen, die einem Ak- tionär durch den Besuch einer Hauptversammlung entstehen, als Werbungs- kosten abzugsfähig. Hinge- gen sind Spesen beim An- und Verkauf von Wertpa- pieren keine Werbungsko- sten. Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die als Werbungskosten aner- kannt werden sollen, sind dem Finanzamt gegenüber stets im einzelnen nachzu- weisen.
Entscheidend ist die Rendite nach Steuern
Unabhängig von der Frage der Werbungskosten sollte der Anleger vor allem dann mit spitzem Bleistift rech- nen, wenn er ein besonders hoch zu versteuerndes Ein- kommen aufweist. Für ihn ist die Rendite nach Steu- ern weitaus wichtiger als die Rendite vor Steuern.
Nur wer sich diese Überle- gung zu eigen macht, trifft unter den angebotenen An- lagen die richtige Wahl. Ein Beispiel mit einem hoch- und einem niedrigverzinsli- chen Rentenwert macht das deutlich.
Wer zur Zeit 9prozentige Papiere mit einer Laufzeit von fünf Jahren zu einem Kurs von 99,50 Prozent er- wirbt, erzielt vor Steuern ei-
= Rendite
ist das leicht nachzuprü- fen. Angenommen, der An- leger hat einen persönli- chen Steuersatz von 50 Prozent, bleiben vom nomi- nellen Zinsertrag je Papier im Beispielsfall je 100 DM Nennwert 4,50 DM übrig.
Gemäß der angegebenen Formel rentiert damit das Papier nach Steuern mit 100 x 4, 50
99,50 100-99,50
5
= 4,62
Im Vergleich hierzu das Beispiel mit einem 6-Pro- zenter: Kauft der Anleger statt des hochverzinslichen Titels einen noch 5 Jahre laufenden 6-Prozenter, so kommt er vor Steuern auf 9,16 Prozent (bei einem Kaufkurs von 88,20). Diese Annahme einer in etwa gleichen Rendite vor Steu- ern ist durchaus reali- stisch, da niedrigverzinsli- che umlaufende Papiere den geringeren Nominal- zins durch einen niedrige- ren Kurs wieder ausglei- chen. Am Markt gibt es we- sentliche Renditeunter- schiede auf Dauer nicht.
Unter Berücksichtigung der persönlichen Steuer- last sieht die Rechnung für den Anleger bei einem Pa- pier mit niedrigerem Nomi- nalzins günstiger aus. Bei einem Kurs von 88,20 und einem Nominalzins von 6 Prozent ergibt sich eine Rendite nach Steuern von 5,76 Prozent.
Dr. Hermann Rischow Frankfurt
Hoch-
oder niedrigverzinsliche Rentenwerte für den
hochbesteuerten Anleger
72 Heft 31 vom 6. August 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe B