• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Arbeitszeitgesetz: Gründe gegen die Regelarbeitszeit" (02.12.2005)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Arbeitszeitgesetz: Gründe gegen die Regelarbeitszeit" (02.12.2005)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Gründe gegen die Regelarbeitszeit

Wie ich lese, droht unser Kol- lege F. U. Montgomery der Bundesregierung mit massi- ven Protesten der Kranken- hausärzte, wenn es zu einer weiteren Verschiebung bei der Umsetzung des Arbeitszeitge- setzes in den Krankenhäusern kommen sollte. Also ich und viele Kollegen mit mir werden nicht protestieren. Weiß Herr Dr. Montgomery nicht, dass viele Ärzte diese Drohung in keiner Weise mittragen, ja sich im Gegenteil durch die anste- hende Änderung ihrer gesam- ten Lebensplanung auch zum Teil existenziell gefährdet erleben? Eine Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit ei- nes Arztes auf 48 Stunden er- scheint nur auf den ersten Blick als gerechte und überfäl- lige Lösung. Sie ist es aber

nicht, und das aus mehreren Gründen:

• Mit der erforderlichen Split- tung der Anwesenheit am Ar- beitsplatz kommt es zu einer diskontinuierlichen Versor- gung der Patienten mit zahl- reichen „Reibungsverlusten“

an Information und Vertrau- en. Dies wird nicht nur am En- de des jeweils zu betrachten- den Tages, sondern auch ku- mulativ über längere Zeiträu- me zu einem Absinken der Qualität in der Patientenver- sorgung und ebenso zu einer Demotivation des Arztes führen, der nun noch weniger als bisher das Ergebnis seiner Arbeit in „einem Stück“ zu beobachten Gelegenheit hat.

Da ja auch Nebentätigkeiten, seien es Notarztdienste, wis- senschaftliche Arbeit oder Praxisvertretungen, nur inner- halb der 48 Stunden geleistet werden dürfen, ist damit auch

ein beispielloser Eingriff ins Privatleben des Einzelnen ver- bunden, ganz abgesehen da- von, dass alle diese Tätigkeiten bisher auch gesellschaftlich notwendig und wünschens- wert waren und das auch wei- ter sein werden.

• Die mühselige Entwicklung, Erstellung und Abrechnung der absolut unübersichtlichen Pläne im Hinblick auf die Stundenzahlen, die der einzel- ne Arzt in einem Konglomerat aus Regelarbeitszeit, Bereit- schaftszeit und Freizeitaus- gleich erbringen darf, kann und effektiv leistet, steht selbst im Zeitalter der rechnerge- stützten Verwaltungsarbeit in keinem Verhältnis zum Nut- zen. Fehlende Transparenz lähmt jedwede Lust am Arbei- ten. Diese unangebrachte Pe- danterie im Stundenzählen ist des ärztlichen Berufs einfach unwürdig und beleidigt uns

Ärzte. Hinzu kommt, dass zwar der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit zählt, aber kei- neswegs so bewertet wird, da es sich ja um eine rein arbeits- schutz-, nicht vergütungsrecht- liche Betrachtungsweise han- delt. Es kann also sein, dass der einzelne Arzt mit dem Er- bringen eines zusätzlichen Dienstes, zum Beispiel als Krankheitsvertretung, zwar viele Stunden im Kranken- haus verbringt und dann auch seine Höchstarbeitszeit er- reicht hat, trotzdem aber we- gen der geringeren Bewertung derselben Stunden seine mo- natliche Sollstundenzahl nicht leisten kann. Irgendwann wird alles einmal verrechnet, und dann erfährt man, wie viel man a) gearbeitet, b) verdient und c) verbleibenden Freizeit- ausgleich zu nehmen hat.

Möglicherweise fehlen auch Stunden, sodass es dann zu B R I E F E

(2)

Gehaltsabzügen kommt. Ist das nicht regelrecht schwach- sinnig? Ein Dreischichtsystem mit ausschließlicher Regelar- beitszeit ist sicher nur an weni- gen Zentren angebracht, da in den meisten Kliniken und Fachgebieten eben kein über 24 Stunden gleich bleibender Arbeitsanfall zu verzeichnen ist. Ganz abgesehen davon, dass wohl die wenigsten Ärzte ihr Glück in drei Schichten finden würden.

• Für die Lebensqualität bringt die Umsetzung des Ar- beitszeitgesetzes ganz und gar fatale Folgen mit sich, da jeder nun in vielen kleinen Zeitein- heiten, unterbrochen durch als solche nunmehr kaum auszu- machende Ruhezeiten, am Ar- beitsplatz erscheinen muss, um seine Sollstunden gesetzes- konform zu erbringen. Mehre- re Wochenenden komplett entweder tagsüber oder nachts anwesend sein zu müssen statt wie bisher an ein oder zwei einzelnen Wochenendtagen, das ist schon familien- und ge- nerell freizeitfeindlich . . .

• Was die eingangs erwähnte existenzielle Bedrohung an- geht: Für mich als Anästhesist gehören seit 24 Jahren Über- stunden in Form von Bereit- schaftsdiensten nicht nur zum beruflichen Alltag, sondern stellen in dieser nie infrage ge- stellten Kontinuität ihrer Not- wendigkeit einen festen Be- standteil meines Einkommens dar . . . Ihr Wegfall führt für die meisten Klinikärzte und pikan- terweise für diejenigen, die am meisten belastet waren, zu derartig erheblichen Gehalts- einbußen, dass sich ernsthafte Probleme bei der Bedienung von Hypotheken, Ausbildung von Kindern und Ähnlichem ergeben. Die aufgrund des ge- ringeren Verdienstes sinken-

den Rentenansprüche ver- schärfen das Problem . . . Zusammenfassend bedeutet dies alles, dass ein großer An- teil der Klinikärzte den Aktio- nen des Marburger Bundes skeptisch und sogar ablehnend gegenüberstehen dürfte. Statt vordergründig mit blindwüti- gem Aktionismus vermeintli- che Interessen der Klinikärzte zu vertreten, sollte zunächst einmal eine angemessene Grund- und Bereitschafts- dienstvergütung erkämpft werden. Des Weiteren muss der unbestritten gesetzeswid- rigen und unmenschlichen Praxis, Ärzte auch nach 24 Stunden Dienst noch weiterar- beiten zu lassen, durch ent- sprechende Kontrollen mit auch zeitnah nachfolgenden empfindlichen Strafen begeg- net werden . . . Das Angehen der Probleme von dieser Seite her wäre die bessere Lösung und würde sowohl dem Be- rufsbild des Arztes, der weit entfernt vom kleinlichen Zählen der Stunden und Überstunden einfach nur sei- ne Patienten versorgen will, als auch dem Schutz seiner Gesundheit und seiner Le- bensqualität besser gerecht werden . . .

Dr. med. Renate Kretzschmar, Melanchthonstraße 78, 12623 Berlin

Poster

Zu dem Beitrag „Keine lästige Pflicht“ von Priv.-Doz. Dr. med. Tho- mas Erren, M.P.H. et al. in Heft 42/2005:

Weniger ist mehr

Die Posterausstellung auf me- dizinischen Kongressen und Konferenzen dient zwei ver- schiedenen Seiten. Ärztliche

Kongressorganisatoren wün- schen sich eine hohe Anzahl von Postervorstellungen. Da- mit soll der wissenschaftliche Wert der Veranstaltung unter- strichen werden. Da jeder Po- sterautor ein potenziell anwe- sender Zahler ist, wird gleich- seitig mit der Anzahl der Po- ster das Kongressbudget er- höht. Posterautoren wieder- um möchten die Ergebnisse ihrer Arbeit präsentieren, aus eigenem Interesse oder fremd motiviert durch jeweilige Chefärzte, Doktorväter etc.

Den Wert der Posterausstel- lung gegenüber den Vorträgen erkennt man bereits am Zeit- plan des Kongresses. Meist ist der Posterrundgang mit der Mittagspause identisch und von der Zeit sehr knapp ge- plant. Die Verantwortlichen für den Rundgang sind ambi- valent motiviert. Zwei Pflicht- fragen an den Autor, weiter geht es zum nächsten Poster.

Die Postergestaltung offen- bart in nicht so seltenen Fällen einen ausgeprägten Mangel an darstellerischen Fertigkeiten.

Häufig wird viel zu viel in das Poster gepresst, schließlich will man die Ergebnisse seines Ar- beitsfleißes präsentieren. Den- noch gilt: weniger ist mehr.

Wer es schafft, sich auf drei Hauptergebnisse zu reduzie- ren, hinterlässt beim Betrach- ter mehr als bei endlosem Aufzählen kleinster Tatsachen.

Die Autoren des Artikels wei- sen zu Recht auf die Bedeu- tung von Überschrift und Kernaussage der Zusammen- fassung hin. Ist beides stimmig,

wird der Beobachter auch län- ger verweilen. Dass ein Poster in der langen Reihe von viel- leicht Hunderten Postern auch grafischen Ansprüchen genü- gen sollte, wird oft sträflich missachtet. Schon der Aus- druck Poster impliziert doch, dass mit grafischer Gestaltung eine bestimmte Aussage er- zielt werden soll. Ein wenig Bild-Zeitungs-Stil kann Neugierige anlocken. Wenn dann Form und Inhalt eine Einheit bilden, kann sich der Posterrepräsentant auf inter- essante Gespräche freuen . . . Dr. Steffen Lüder,

Paul-Junius-Straße 20/31, 10367 Berlin

Naturalrabatt

Zu dem Lexikon „Naturalrabatt“ in Heft 21/2005:

Empörend

Gut, dass die Ärzte niemals Rabatte oder Zuwendungen irgendwelcher Art entgegen- nehmen . . . Sich derart nega- tiv gegen Apotheker auszu- sprechen und sich selber auf ein hohes moralisches Ross zu setzen ist in meinen Augen empörend. Weder Arztpraxis noch Apotheke sind ein ge- meinnütziger Verein. Sowohl der Arzt als auch der Apothe- ker möchten Geld verdienen.

Wenn dies nicht mehr der Fall sein soll, dann können der Arzt und auch der Apotheker als fest angestellte Dienstlei- ster im Sold der Krankenkas- sen ihre 40-Stunden-Wochen A

A3330 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 48⏐⏐2. Dezember 2005

B R I E F E

Anonym

Die Redaktion veröffentlicht keine ihr anonym zugehen- den Zuschriften, auch keine Briefe mit fingierten Adres- sen. Alle Leserbriefe werden vielmehr mit vollem Namen und voller Anschrift gebracht. Nur in besonderen Fällen können Briefe ohne Namensnennung publiziert werden – aber nur dann, wenn intern bekannt ist, wer geschrieben

hat.

Foto:BFR

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Das Seminarprogramm beginnt am Dienstag, 17. Januar, mit einer sechsteiligen Vortragsrei- he über den deutschen Impressionismus. Füh- render Vertreter war der Maler Max Lieber-

Rechtspopulisten sagen: Fast alle nationalen Gesetze werden durch „Europa“ dominiert.. Richtig ist: Heute arbeiten Regierungen, Rat und EU-Par- lament bei der europäischen

8 bis 8 Uhr (ohne Voranmeldung) Der ärztliche Bereitschaftsdienst für Kinder und Jugendliche ist unter der kostenfreien Rufnummer 116117 zu erreichen.

Da die Wertschätzung des ärztli- chen Ethos nicht nur bei der Bevölkerung, sondern auch bei den Ärzten zurückgegan- gen ist, sind diese nicht mehr.. bereit, eigene

Handlung ist ohne die notwendig in ihr liegende Verantwortung, welche den Kranken schützt, mög- lich, sei es die Entscheidung über eine Operation oder über die Art und Weise

Si- cher ist aber auch, dass bei der DÄ-Lektüre nicht wenige über nicht vertraute Einheiten verwundert oder gar erbost sind, und dann beginnt das Su- chen nach (gerade verlegten

Besonders empfindliche Personen (zum Beispiel Allergiker) können durch entsprechen- de Warnhinweise über die möglichen Gefahren informiert werden, oder es wird zum Beispiel

Ein besonde- rer Erfolg war die 1983 gestarte- te Aktion „Trimming 130", die ebenfalls vom dsb gemeinsam mit der Bundesärztekammer (so- wie weiteren Organisationen) ins