A-336
S P E K T R U M AKUT
Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 7, 18. Februar 2000
Wissenschaftlicher Betrug
Manipulation bei Brustkrebs-Studie
D
ie Krebsmedizin hat offenbar einen neuen Be- trugsskandal. Nach einem Bericht der Ameri- kanischen Gesellschaft für Klinische Onkolo- gie (ASCO) hat Werner Bezwoda von der Universität Witwatersrand in Johannesburg die Ergebnisse einer Studie manipuliert, in der er eine Hochdosis-Chemo- therapie mit einer Standardtherapie verglichen hatte.In einem Vortrag auf der ASCO-Tagung hatte Bez- woda geschildert, 154 Patientinnen mit fortgeschritte- nem Brustkrebs behandelt zu haben. Seine Studie hatte für Aufsehen gesorgt, weil sie als erste randomi- sierte Phase-III-Studie eine klare Überlegenheit der Hochdosis-Chemotherapie über eine Standardthera- pie zu belegen schien; vorläufige Ergebnisse zweier weiterer Studien zeigten keinen signifikanten Unter- schied (Dt Ärztebl 2000; 97: A-245–250 [Heft 5]).
D
en Verdacht, dass die Ergebnisse manipuliert sein könnten, hatten US-Ärzte geschöpft.Weil sie die Studie wiederholen wollten, hat- ten sie den Onkologen um Einblick in seine Akten gebeten. Ende Januar hatten sie dann die Universität in Johannesburg informiert, an der Bezwoda den Lehrstuhl für Hämatologie und Onkologie hält. Ge- genüber der von der Universität eingesetzten Unter- suchungskommission hat der Arzt nach Darstellung der Universität bereits „einen schweren Verstoß ge- gen wissenschaftliche Redlichkeit und Integrität“ zu- gegeben. Worin dieser Verstoß genau besteht, ist bis- lang unklar. Nach einigen Presseberichten haben die Patientinnen der Kontrollgruppe nicht die Therapie erhalten, die Bezwoda angegeben hatte; nach ande- ren Meldungen konnte der Arzt nur von 50 der be- haupteten 154 Patientinnen Akten vorlegen.
D
ie „kalte Dusche“ trifft eine experimentelle Therapie, die unter Krebsmedizinern seit Jah- ren einen Dauerstreit provoziert. Seit Mitte der 90er-Jahre werben einige Onkologen sehr eupho- risch für die Hochdosis-Chemotherapie, vor allem bei metastasiertem Brustkrebs; in einigen Ländern hat das einen regelrechten „Run“ der Patientinnen aus- gelöst. Erst mit Verspätung und einigen Schwierigkei- ten sind dann Studien angelaufen, die die Therapie mit Standardtherapien vergleichen sollten. Mittler- weile ist klar, dass zu Euphorie kein Anlass besteht.„Wenn wir Bezwodas Studie streichen müssen, gibt es derzeit keine klaren Ergebnisse zum Vergleich zwi- schen Hochdosis- und Standardtherapie“, schildert die Gynäkologin Dr. Ulrike Nitz von der Universität Düsseldorf. „Die Studien, die eine klare Antwort ge- ben können, kommen erst noch.“ Klaus Koch