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Archiv "Haftpflicht: Erzwungene Selbstverachtung" (12.03.1999)

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A-584 (8) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 10, 12. März 1999

S P E K T R U M LESERBRIEFE

nen wir aber nur bleiben, wenn wir die genuin ärztli- chen Merkmale unermüdlich wahren und hochhalten:

Wirkliches Sprechen mit den Patienten (einschließlich Zuhörenkönnen), Sorgfalt bei allen Primäruntersuchungen, verständliche (und selbstkri- tische) Erläuterung der Be- funde und des weiteren Vor- gehens. Dies erwartet der Patient (immer noch), und dies kann uns kein techni- scher Spezialist abnehmen (oder streitig machen). Ler- nen diese Haltung die Medi- zinstudenten heute noch?

Schon lange vor dem Staats- examen werden die berufs- politischen Weichen in die wirtschaftliche Zukunft und gesellschaftliche Akzeptanz unserer „Profession“ ge- stellt.

Prof. Dr. Otto P. Hornstein, Danziger Straße 5, 91080 Ut- tenreuth

Anderer Standpunkt

. . . Sie vergessen das oberste Ziel der ärztlichen Tätigkeit, nämlich das „nihil nocere“. Die Gesundheit des Patienten und das Leben des Patienten ist das höchste Gut, dem sich alle anderen Überle- gungen zu beugen haben.

Sie werden doch nicht al- len Ernstes behaupten, daß die Ärzte alle gleich gut sind.

Dies mag vielleicht für den Allgemeinarzt gelten, der die Standardgrundversorgung der Bevölkerung sicherstel- len soll. Bezüglich der soge-

nannten Spezialisten trifft dies auf keinen Fall zu. Ich bin operativ tätig, gleichzei- tig auch mehr und mehr Gut- achter in Haftpflichtprozes- sen. Ich kann Ihnen versi- chern, daß unter dem Deck- mantel des Konsensus und dem Streben nach homoge- ner Außenwirkung Dinge ge- schehen, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Zum Glück sind die Patienten ver- mehrt aufgeklärt, insbeson- dere durch die Medien, so daß die Patienten immer mehr das Bewußtsein ent- wickeln, daß gerade das, was die homogene Außenwir- kung ihnen zu Unrecht einre- den will, nicht zutrifft. Das häufigste Argument des Patienten lautet: Wenn ich ei- nen unfähigen Rechtsanwalt bemühe, verliere ich den Pro- zeß. Wenn ich einen unfähi- gen Arzt bemühe, verliere ich meine Gesundheit, in manchen Fällen sogar das Leben.

Ich vertrete einen völlig anderen Standpunkt. Ich be- zichtige die Vertreter des Konsensus und der homoge- nen Außenwirkung der be- wußten Täuschung der Pati- enten. Um des unbegründe- ten Vertrauens der Gesell- schaft in die Gruppe als Ganzes willen wird in fahrläs- siger Weise die Gefährdung der Gesundheit der einzelnen Patienten bis hin zum vorzei- tigen Ableben in Kauf ge- nommen . . .

Prof. Dr. Dr. med. Johann Bauer, Fasangartenstraße 4, 81737 München

„Mörderische Diagnose: Tötung behinderter Kinder bis zur Geburt“ heißt ein aktueller Report im Ersten Deutschen Fernsehen (ARD) am 18. März, ab 23 Uhr, für den der Bayerische Rundfunk verantwortlich zeichnet.

In dem Filmbericht von Silvia Matthies geht es um ethi- sche Fragen der Pränataldiagnostik, der medizinisch indi- zierten Abtreibung bei einer festgestellten oder nur vermu- teten Schädigung des Fötus. Exemplarisch wird das Thema beleuchtet am „Down-Syndrom“. In Szene gesetzt wird das Konfliktfeld zwischen Direktbetroffenen, Gynäkologen und Hebammen. Eingebettet ist das Thema in die derzeiti- ge Situation nach Neufassung des § 218 StGB, danach ist die 22-Wochen-Frist seit Ende 1995 aufgehoben. Berichtet wird über einen Vorschlag aus Kreisen des Vorstandes der Bundesärztekammer, der eine Wiedereinführung der 22- Wochen-Frist befürwortet. EB

TV-Tip

Haftpflicht

Zu dem Leserbrief „Grenzen erken- nen“ von Dr. Joachim Stein in Heft 3/1999:

Erzwungene Selbstverachtung

Der Leserbrief rührt mei- ner Meinung nach an dem schon seit längeren Zeiten totgeschwiegenen Tabuthe- ma, daß Ärzte eben auch nur Menschen mit ganz normalen Bedürfnissen sind. Es gibt

zwei gute Gründe dafür, daß das so ist und bleibt.

Unter der ethisch-mora- lischen Vorgabe einer un- ermüdlichen Einsatzbereit- schaft von Ärzten lassen sich hervorragend Stellen und da- mit Kosten sparen. Kosten- träger, auch einige leitende Betriebswirte und Ärzte kön- nen sich so freuen, weiterhin mit dem hohen Standard ih- rer Kasse oder ihres Hauses zu werben, während insbe- sondere der ärztliche Nach- wuchs trotz Arbeitszeitgesetz

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A-586 (10) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 10, 12. März 1999

S P E K T R U M LESERBRIEFE

mit regelmäßigen Überstun- den und zum Teil Stellen un- ter zustehendem Tariflohn bei Tausenden arbeitslosen Ärzten leben muß und einge- sessene Positionsinhaber vom hochbezahlten Krankenkas- senfunktionär bis zum nieder- gelassenen Großlabormedizi- ner sich goldene Nasen ver- dienen.

Solche unmenschliche Selbstüberhöhung taugt ideal zur verdrängenden narzißti- schen Selbstbespiegelung, wie ausdauernd und selbstlos man doch ist und vielleicht auch noch mehr (früher!) war. Um nicht verdrängte Be-

dürfnisse anhand alternativer Lebenswege bemerken zu müssen, überträgt man diese

„Ideale“ als ein Muß auf nachfolgende Generationen ohne jegliches Verständnis für Zusammenhänge außer- halb dieser Durchhalteparo- len. Man muß sich nicht wun- dern, wenn dann „weiche“

Patientenbedürfnisse außer- halb schulmedizinisch-wis- senschaftlich-technisch kor- rekter Grundversorgung bei soviel erzwungener ärztlicher Selbstverachtung einfach auf der Strecke bleiben.

Christian Ulrichs, Bergstraße 69, 45770 Marl

sich durch das Votum der für den Leiter der klinischen Prüfung zuständigen Ethik- Kommission „hinreichend beraten fühlt“. Bemerkens- werterweise wird damit ohne nähere Prüfung der Verbind- lichkeit landesrechtlicher Bestimmungen ihre Befol- gung der Beliebigkeit des einzelnen überlassen – eine für einen Rechtsstaat be- fremdliche Auffassung. Tat- sächlich hat das Bundesmini- sterium für Gesundheit zum Beispiel bei der Anhörung zur 8. Novelle des Arzneimit- telgesetzes, hat das Bun- desinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in ein- schlägigen Rundschreiben keinen Zweifel daran gelas- sen, daß durch die neue bun- desrechtliche Regelung und auf ihr gründende Verfah- rensweisen Oberer Bundes- behörden die Vorschriften des Landesrechtes – hierzu gehört das ärztliche Berufs- recht, wofür der Verfasser des Beitrages den antiquier- ten Ausdruck „Standes- recht“ verwendet – nicht berührt werden. Demnach hat der Arzt keine andere Wahl als die Befolgung der in der für ihn geltenden Berufs- ordnung enthaltenen Vor- schriften für die Anrufung von Ethik-Kommissionen bei der Beurteilung medizini- scher Forschungsvorhaben am Menschen. Ergänzend sei auf die dem Rechtsanwalt Burkhard Sträter durchaus bekannte Tatsache hingewie- sen, daß die Universitäten, gestützt auf das sogenannte Polizeirecht, für ihre An- gehörigen die Anrufung ei- ner Ethik-Kommission vor einer Beteiligung an einem solchen Projekt vorschreiben können. Viele Universitäten haben inzwischen von diesem Recht Gebrauch gemacht.

Von Beliebigkeit, eigenem Ermessen et cetera kann also nicht die Rede sein . . .

Prof. Dr. med. Elmar Dop- pelfeld, Vorsitzender des Arbeitskreises Medizinischer Ethikkommissionen in der Bundesrepublik Deutsch- land, Ottostraße 12, 50859 Köln

Arzneimittel

Zu dem Beitrag „Arzneimittel-Richtli- nien: Spreu vom Weizen trennen“ von Heike Korzilius in Heft 3/1999:

Zweierlei Maß

Die neuen Arzneimittel- richtlinien stellen den Ver- such dar, Naturheilmittel zu- gunsten der teuren „innova- tiven“ Arzneimittel abzu- wickeln. Schätzungsweise 80 Prozent der Naturheilmittel würden aus der Leistungs- pflicht der GKV herausfal- len. Ganze Indikationsgrup- pen werden gestrichen, teil- weise aber bestimmte chemi- sche Mittel dabei ausgenom- men. Für einige Mittel gibt es keine therapeutischen Alter- nativen, zum Beispiel Im- munstimulanzien. Kombina- tionspräparate, ein gängiges Prinzip innerhalb der Phyto- therapie und Homöopathie, werden einseitig ausge- grenzt.

Chemische und Natur- heilmittel werden offensicht- lich mit zweierlei Maß ge- messen: Bei Antidementiva, Klimakteriumstherapeutika und Prostatamitteln muß für bestimmte chemische Sub- stanzen innerhalb von 24 Wochen der Therapieerfolg dokumentiert werden, für die übrigen Präparate – meist Phytotherapeutika – innerhalb von 12 Wochen. Es stellt die Verhältnisse gera- dezu auf den Kopf, wenn an die risikoärmeren, aber in der Regel langsamer und milder wirkenden Mittel die strengeren Maßstäbe gestellt werden. Wichtige Eckpfeiler naturheilkundlicher Thera- pie fallen ganz aus der Er- stattung heraus: die mikro- biologische Therapie – Be- standteil der ärztlichen Wei- terbildungsordnung „Natur- heilverfahren“. Demgegen- über werden dem unkritischen Einsatz der teuren, soge- nannten innovativen Arznei- mittel keinerlei Grenzen ge- setzt. Bei differenziertem Einsatz wären hier gewaltige Spareffekte zu erzielen . . .

Dr. Axel Wiebrecht, Isolde- straße 2, 12159 Berlin

Klinische Prüfung

Zu dem Bericht von Reinhard Hönig:

„Klinische Prüfungen: Wieviel Ethik ist nötig?“ in Heft 8/1999:

Eindeutiger Sachverhalt

Bei ärztlichen Entschei- dungen spielen Intuition und Erfahrung eine herausragen- de Rolle. Dies sollte Ärzte jedoch nicht veranlassen, sich bei berufsrechtlich ein- deutigen Sachverhalten vom Gefühl leiten beziehungs- weise von einseitigen juristi- schen Stellungnahmen ver- leiten zu lassen. Nach den Bestimmungen in der Berufs- ordnung der Mehrzahl der Landesärztekammern be- steht die eindeutige Ver- pflichtung des Arztes, sich bei der für ihn zuständigen Ethik-Kommission über die mit der klinischen Prüfung verbundenen berufsethischen und berufsrechtlichen Fra- gen beraten zu lassen.

Kommt er dieser Verpflich- tung nicht nach, muß er mit berufsrechtlichen Konse- quenzen rechnen. Im Kam- merbereich Nordrhein wur- de bereits eine Entscheidung zuungunsten des Arztes ge- troffen, ein weiteres Verfah- ren schwebt noch.

Darüber hinaus betreffen die Änderungen des § 40 AMG in der 8. Novelle des Arzneimittelgesetzes die Vor-

lagepflicht beim zuständigen Bundesinstitut: Hier reicht nun in der Tat die Vorlage des Votums der für den Leiter der klinischen Prüfung zu- ständigen Ethik-Kommission aus. Der Text des § 40 Satz 2 bezieht sich jedoch auf die Beratungspflicht durch eine nach Landesrecht gebildete unabhängige Ethik-Kommis- sion. Dieser Hinweis auf das Landesrecht läßt eine vorran- gige Interpretation des Ge- setzestextes im Sinne einer weiter bestehenden Bera- tungspflicht bei klinischen Prüfungen durch die zustän- digen Ethik-Kommissionen in den jeweiligen Bundeslän- dern zu.

Dr. med. Günter Hopf, Ärztekammer Nordrhein, Tersteegenstraße 31, 40474 Düsseldorf

Befolgung der Berufsordnung

Der Beitrag gibt die vor einigen Jahren von dem Rechtsanwalt Burkhard Strä- ter veröffentlichte Interpre- tation berufsrechtlicher Be- stimmungen über die Beteili- gung von Ethik-Kommissio- nen bei der Beratung multi- zentrischer Studien wieder.

Im wesentlichen wird dabei die Auffassung vertreten, der einzelne Prüfarzt könne die Anrufung der für ihn zustän- digen Ethik-Kommission da- von abhängig machen, ob er

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